Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Negativer Innenwiderstand


von Tobias (obsidar)


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Guten Morgen liebe Leute,

für mich hat sich folgende Problemstellung ergeben:

Für ein kleineres Projekt soll ich einen Schaltplan für einen 
Drucksensor mit Temperaturkompensation, auf der Vorlage von Tietze und 
Schenk, erstellen.

Wer gerade das Buch zur Hand hat, möge doch bitte Seite 797 oder wohl 
eher 1124 aufschlagen. Wer das Buch nicht hat, darf sich gerne das 
beigefügte Bild anschauen.

Die dortige Konstantstromquelle scheint eine Variation der 
Howland-Strompumpe zu sein, wenn ich richtig bin.

Nun soll das Ganze einen negativen Innenwiderstand besitzen. Soweit so 
gut, das hat meine Simulation auch so ergeben. Allerdings erreiche ich 
durch die Simulation, selbst mit den aus dem Buch vorgegebenen 
Widerstandswerten nicht den berechneten und gewünschten Innenwiderstand 
von -7,05kOhm. (Die Werte aus dem Buch sind ebenfalls auf dem Bild zu 
finden)

Kann mir jemand verraten, ob ich bisher die Messpunkte einfach nur 
falsch angesetzt habe oder ob ich vielleicht sogar komplett auf dem 
Holzweg unterwegs bin?

Gruß
Tobi

: Bearbeitet durch User
von hinz (Gast)


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Tobias B. schrieb:
> Wer gerade das Buch zur Hand hat, möge doch bitte Seite 797 oder wohl
> eher 1124 aufschlagen.

In welcher der 15 Auflagen?

von Tobias (obsidar)


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Tut mir Leid, ich hätte natürlich statt einer einfachen Seitenzahl eher 
das Kapitel benennen sollen.

Die Seitenzahlen 797 und 1124 treffen auf die 12. Auflage zu.

Seite 797 bezieht sich dabei auf das Kapitel "Gesteuerte Quellen und 
Impedanzwandler" mit dem Unterkapitel "Spannungsgesteuerte Stromquellen" 
bzw. "Stromquellen für geerdete Verbraucher".

Und zum anderen spricht Seite 1124 die "Sensorik" bzw. unter dem Kapitel 
"Druckmessung" die "Temperaturkompensation von Drucksensoren" an.

von Klaus R. (klara)


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Tobias B. schrieb:
> Allerdings erreiche ich
> durch die Simulation, selbst mit den aus dem Buch vorgegebenen
> Widerstandswerten nicht den berechneten und gewünschten Innenwiderstand
> von -7,05kOhm.

Wie hast Du denn den Innenwiderstand ermittelt?
mfg Klaus

von Tobias (obsidar)


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@ Klaus

Für die Berechnung des Innenwiderstands bin ich einfach der Anleitung 
des Buchs gefolgt und habe das Ergebnis nachgerechnet.

Falls Dich die einzelnen Rechenschritte interessieren, liste ich sie Dir 
hier einmal auf:

Noch einmal zur Information. Die Werte enstammen einem Beispiel aus dem 
Buch.

TK_R = 1350ppm/K ; TK_S = -2350ppm/K ; R_B = 3kOhm ; I_K = 1mA ; U_Ref = 
2,5V ; R1 = 10kOhm

R3 = U_Ref/I_K = 2,5kOhm

Ri = (|TK_S|/(TK_R-|TK_S|)) * R_B = -7,05kOhm

R2 = R4 = R1*(1+(R3/Ri)) = 6,45kOhm

R5 = R3+R1 = 12,5kOhm

So sind, nach der Anleitung durch das Buch, die einzelnen 
Widerstandswerte zustandegekommen.


Falls Du nun allerdings meinst, wie ich den Innenwiderstand per 
Simulation ermittelt habe dann versuche ich Dir das hier zu erklären:

Ein Widerstand generell berechnet sich ja durch U/I. Hier beginnt 
allerdings schon meine Problemstellung. Welche Spannung muss ich durch 
welchen Strom teilen?
Wenn ich die Erklärung des Buches richtig interpretiert habe, dann muss 
ich die Spannung über R3 durch den Strom durch R3 teilen und erhalte den 
berechneten/gewünschten Innenwiderstand.

Dies ist jedoch nicht der Fall und das ist mein Problem.
Die Polarität stimmt soweit, also ich erhalte einen negativen 
Innenwiderstand. Allerdings ist die Größe des Widerstands dem 
gewünschten Wert nicht einmal ähnlich.

: Bearbeitet durch User
von Klaus R. (klara)


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Tobias B. schrieb:
> Falls Du nun allerdings meinst, wie ich den Innenwiderstand per
> Simulation ermittelt habe dann versuche ich Dir das hier zu erklären:

Ich hätte da noch eine Lösung für LTspice die Helmut S. vorgestellt hat.

Beitrag "Re: Innenwiderstand bestimmen mit LTspice?"
mfg klaus

von Tobias (obsidar)


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@ Klaus

Das sieht nach einer interessanten Variante aus. Da bei mir allerdings 
die Frequenz keine Rolle spielt, würde ich doch lieber bei der 
Arbeitspunktanalyse bleiben.

von Yalu X. (yalu) (Moderator)


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Der Innenwiderstand der Quelle ist allgemein


Mit den Werten in der Schaltung ist Ri = -4,54 kΩ. Um bei unveränderten
R1, R3 und R5 auf Ri = -7,05 kΩ zu kommen, muss R2 = R4 = 7,382 kΩ sein.

In LTspice kannst du den Innenwiderstand dadurch bestimmen, dass du die
Ausgangsspannung über dem negierten Ausgangsstrom plotten lässt und mit
zwei Cursoren die Steigung der resultierenden Gerade bestimmst (Slope:
-7049,28).

Ich habe übrigens die besagte Auflage des Tietze und Schenk, kann aber
die Rechnung auf S. 1123 nicht ganz nachvollziehen. Irgendwo muss da ja
auch ein Fehler sein, sonst käme der nicht ein falscher Innenwiderstand
heraus.

Edit: Fehlerhafte Vorzeichen geändert und R2 und R4 entsprechend neu 
berechnet.

: Bearbeitet durch Moderator
von hinz (Gast)


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Yalu X. schrieb:
> In LTspice kannst du den Innenwiderstand dadurch bestimmen, dass du die
> Ausgangsspannung über dem Ausgangsstrom plotten lässt und mit zwei
> Cursoren die Steigung der resultierenden Gerade bestimmst (Slope:
> -7053,73).

Oder einfach V(out)/I(out) plotten lassen.

von Yalu X. (yalu) (Moderator)


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hinz schrieb:
> Oder einfach V(out)/I(out) plotten lassen.

Das wäre zu einfach.

Der Innenwiderstand ist definiert als -dV(out)/dI(out) was i.Allg. und
insbesondere im vorliegenden Fall ungleich ±V(out)/I(out).

Edit: Fehlerhaftes Vorzeichen geändert.

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von Martin B. (ratazong)


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Tobias B. schrieb:
> Wenn ich die Erklärung des Buches richtig interpretiert habe, dann muss
> ich die Spannung über R3 durch den Strom durch R3 teilen und erhalte den
> berechneten/gewünschten Innenwiderstand.

Durch R2 fliesst doch auch noch Strom, oder? Und den musst du noch mit 
einberechnen.

von Tobias (obsidar)


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@ Yalu

Vielen lieben Dank für deine Antworten. Du hast mir sehr weitergeholfen!

Die Lösung ist natürlich immer wieder derart naheliegend, dass man da 
garnicht von selbst  draufkommt.
Man nennt den Innenwiderstand nicht umsonst auch differentieller 
Widerstand.

Deine Formel für den Innenwiderstand werde ich mir jetzt noch anschauen 
und versuchen zu verstehen und dann dürfte das Thema für meine eigenen 
Zwecke auch vollständig durchleuchtet sein.

Vielen Dank nochmal!


@ Martin

Ja du hast Recht. Da ich zu diesem Moment nicht weiter wusste, habe ich 
allerlei Zusammensetzungen versucht um einen nahezu "anständigen" Wert 
zu erhalten. Da dies allerdings nicht geklappt hat, habe ich mich bei 
der Formulierung der Frage dann eher an den Wortlaut des vermeintlich 
richtigen Buches gehalten.
Wie sich nun herausgestellt hat, scheint die Rechnung aus dem Buch 
falsch zu sein.

: Bearbeitet durch User
von Walter S. (avatar)


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werden da vielleicht zwei Aufgabenstellungen vermischt:

hier geht es um Temperaturkompensation

Tobias B. schrieb:
> Ri = (|TK_S|/(TK_R-|TK_S|)) * R_B = -7,05kOhm


und da ist keine Rede mehr davon:

Yalu X. schrieb:
> Ri=R3R4(R2+R5)R1R5−R4(R2+R3)

von georg (Gast)


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Tobias B. schrieb:
> Man nennt den Innenwiderstand nicht umsonst auch differentieller
> Widerstand.

Es gibt eben nicht nur einen Innenwiderstand, sondern eins, zwei, viele: 
den gewöhnlichen U/I, der aber auch nicht bei jedem U bzw. I gleich sein 
muss, und den differentiellen Widerstand dU/dI, der sowieso für einen 
bestimmten Arbeitspunkt definiert ist. Von der Frequenz wollen wir 
lieber garnicht erst reden.

Georg

von Tobias (obsidar)


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@ Walter

Zum Teil warden hier zwei Aufgabenstellungen miteinander vermischt, ja.

Der erste Aufgabenteil besteht quasi darin einen analogen Drucksensor so 
anzusteuern bzw. zu versorgen, dass Temperatureinflüsse keine Rolle 
spielen.

Die Temperatur beeinflusst zum einen die Widerstandswerte des Sensors 
und zum anderen die Druckempfindlichkeit.
Durch diese Zusammenhänge kommt, nach Tietze und Schenk, die folgende 
Formel für einen gewünschten Ri zustande:

Ri = (|TK_S|/(TK_R-|TK_S|)) * R_B = -7,05kOhm

Der Drucksensor muss also mit einer Quelle versorgt warden, die eben 
diesen gewünschten Innenwiderstand besitzt.

Hier kommt nun also die zweite Aufgabenstellung zustande.
Und zwar die Dimensionierung der Widerstandswerte der Stromquelle.

Genaueres zu der ganzen Thematik kannst du im Tietze und Schenk im 
Kapitel "Temperaturkompensation von Drucksensoren" nachlesen.



@ Georg

Da hast du natürlich recht.



Yalu X. schrieb:
> Der Innenwiderstand der Quelle ist allgemein
>
>

Könntest Du mir bitte erklären, wie Du zu dieser Formel gekommen bist?
Es fällt mir schwer das nachzuvollziehen, da ich mit doppelten 
Rückkopplungen quasi nicht vertraut bin.

von Peter D. (peda)


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Tobias B. schrieb:
> Für ein kleineres Projekt soll ich einen Schaltplan für einen
> Drucksensor mit Temperaturkompensation, auf der Vorlage von Tietze und
> Schenk, erstellen.

Heutzutage kauft man keine teuren Präzisionswiderstände mit exotischen 
Werten mehr. Man kann zwar bei Vishay beliebige Werte bestellen, aber 
die Lieferzeit liegt mindestens bei 12..16 Wochen. Nur wenige 
Standardwerte sind lagernd.
Einfacher ist daher, man liest Druck und Temperatur getrennt ein und 
verrechnet sie im MC.
MCs lieben es, zu rechnen, denn dafür wurden sie entwickelt.

von Tobias (obsidar)


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@ Peter

Ja da hast Du Recht.

Allerdings ist es für das Projekt nicht vorgesehen einen Mikrocontroller 
oder Temperaturfühler zu benutzen.

Daher die "selbstgebastelte" Temperaturkompensation eines voll-analogen 
Drucksensors.

von Yalu X. (yalu) (Moderator)


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Tobias B. schrieb:
> Könntest Du mir bitte erklären, wie Du zu dieser Formel gekommen bist?

Aufstellen der drei Knotenpunktgleichungen (s. auch Anhang):

Auflösen nach Ua ergibt:

Der Innenwiderstand ist Ua abgeleitet nach Ia:

Edit: Fehlerhafte Vorzeichen geändert.

: Bearbeitet durch Moderator
von hinz (Gast)


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Yalu X. schrieb:
> hinz schrieb:
>> Oder einfach V(out)/I(out) plotten lassen.
>
> Das wäre zu einfach.
>
> Der Innenwiderstand ist definiert als dV(out)/dI(out) was i.Allg. und
> insbesondere im vorliegenden Fall ungleich V(out)/I(out) ist.

Ableiten kann LTSpice auch.

von Peter D. (peda)


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Was ich nicht verstehe, wie soll ein negativer Widerstand die 
Temperaturabhängigkeit kompensieren?

von Tobias (obsidar)


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Peter D. schrieb:
> Was ich nicht verstehe, wie soll ein negativer Widerstand die
> Temperaturabhängigkeit kompensieren?

Ich zitiere Dir hierzu aus dem Buch:

"Eine Methode zur Temperaturkompensation, die ohne einen zusätzlichen 
Temperaturfühler auskommt, besteht darin, die Temperaturabhängigkeit der 
Brückenwiderstände selbst zur Temperaturkompensation zu nutzen.
Wenn man die Brücke statt mit einer konstanten Spannung Uref mit einem 
konstanten Strom Iref betreibt, steigt die Spannung an der Brücke mit 
der Temperatur in demselben Maß wie ihr Widerstand. Leider reicht jedoch 
die Spannungszunahme von TK_R = 1350ppm/K nicht aus, um die 
Empfindlichkeitsabnahme von TK_S = -2350ppm/k zu kompensieren.
Gibt man der Stromquelle jedoch einen negative Innenwiderstand, steigt 
der Strom I_B mit zunehmender Spannung. ..."

Auszug aus der 12. Auflage des Tietze und Schenk, Seiten 1122+1123, 
Temperaturkompensation von Drucksensoren.

von Tobias (obsidar)


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Yalu X. schrieb:
> Auflösen nach Ua ergibt:
>
>
> Der Innenwiderstand ist Ua abgeleitet nach Ia:
>


Es tut mir Leid, dass ich dich derart mit Fragen tormentiere.

Soweit habe ich deinen kompletten Ansatz verstanden und auch anerkannt, 
dass deine Formel stimmt.

Nach langer Rechnerei und mehreren Versuchen, muss ich allerdings 
gestehen, dass ich deine Formel nicht ganz genau erreiche.

Das ist mein mehrmaliges Ergebnis geworden. Statt R1R5 steht bei mir 
leider R1R2 im Nenner und ich finde nicht meinen Fehler.

Daher die Frage, nach welchen Variablen du deine Knotengleichungen 
aufgelöst hast oder generell wie du die Gleichungen bearbeitet hast.

Ich für meinen Teil habe die erste Gleichung nach Ua, die zweite nach Uy 
und die dritte nach Ux aufgelöst und danach jeweils ineinander 
eingesetzt, vereinfacht und umgestellt.

: Bearbeitet durch User
von Tobias (obsidar)


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Ok, neuer Stand.

Ich habe die Formel nun endgültig herleiten können.

Mir ist beim Kürzen ein kleiner aber gravierender Fehler aufgefallen.


Vielen Dank nochmals an alle, die mir hierbei weitergeholfen haben!

Meinerseits besteht kein Diskussionsbedarf mehr, da alles klar ist, 
insofern kann dieser Thread geschlossen warden, falls dies in diesem 
Forum genauso wie in anderen Foren sein sollte.

von Peter D. (peda)


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Hat jemand mal eine Herstellerbezeichnung oder einen Link zum Datenblatt 
derartiger Sensoren?
Ich finde nirgends Angaben zu dieser Art Temperaturkompensation.

von Klaus R. (klara)


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Peter D. schrieb:
> Ich finde nirgends Angaben zu dieser Art Temperaturkompensation.

Vielleicht hilft Dir dieser Link weiter. Wäre vermutlich auch für Tobias 
etwas professioneller.

http://www.ti.com/lit/ds/symlink/pga300.pdf
mfg klaus

von Yalu X. (yalu) (Moderator)


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In meinen obigen Beiträgen bin ich irrtümlicherqweise davon ausgegangen,
dass der Innenwiderstand der Stromquelle Ri = dUa / dIa ist. Da fehlt
aber ein negatives Vorzeichenm. Richtig ist also Ri = -dUa / dIa.

Davon sind insbesondere auch die im Beitrag vom 05.03.2018 21:26
berechneten Werte für R2 und R4 betroffen, die nun deutlich kleiner
ausfallen.

Ich habe die Beiträge entsprechend korrigiert und jeweils einen
entsprechenden Edit-Vermerk angefügt.


In der hier diskutierten 12. Auflage des Tietze & Schenk wird übrigens
auf Seite 1105 die gleiche Schaltung mit anderer Dimensionierung der
Widerstände zur Linearisierung eines Pt100 genutzt. Hier ist die
Berechnung korrekt.

Ein Teil der Verwirrung entsteht auch dadurch, dass die Beispiele auf
den Seiten 1124 und 1105 zwar auf die Howland-Stromquelle auf Seite 797
verweisen, sich in Wirklichkeit aber auf die entsprechende Schaltung aus
der 11. Auflage beziehen. Dort sind die Bezeichnung der Widerstände und
die Beziehungen zwischen den einzelnen Widerständen anders.

Ich gehe aber davon aus, dass all dies in neueren Auflagen korrigiert
worden ist.

: Bearbeitet durch Moderator
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