Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Stromwandler, Trafo und Co


von BlueAudio (Gast)


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Hallo zusammen,

ich habe mal eine Frage zum Thema Stromwanlder bzw. Trafo.

Generell erzeugt ein Strom durch einen Leiter ein Magnetfeld bzw. die 
µFach höhere Flussdichte in Kernmaterialien. Bei einer Spule ist die 
erzeugte Flussdichte proportional zum Strom sowie zur Windungsanzahl.

Nach dem Induktionsgesetz ist die Ausgangsspannung an einer zweiten 
Wicklung z.B. auf dem selben Kern Proportional zur Windungszahl und zur 
zeitlichen Ableitung der FLussdichte dB/dt.

Soweit so gut.

Jetzt gibt es ja aber auch Stromwandler, die ja im Prinzip nichts 
anderes sind als genau oben beschriebener Aufbau. Hier wird allerdings 
damit geworben, dass der Ausgangsstrom größtenteils unabhängig von der 
angeschlossenen Last ist. Das steht doch jetzt im Widerspruch zum 
Induktionsgesetz mit dB/dt

Müsste so ein Stromwandler nicht eine Stromproportionale 
AusgangsSPANNUNG haben?

Ich kriege gerade gedanklich das alles nicht zusammen. Vielleicht kann 
mir ja jemand den entscheidenden Hinweis geben.

von Achim S. (Gast)


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BlueAudio schrieb:
> Jetzt gibt es ja aber auch Stromwandler, die ja im Prinzip nichts
> anderes sind als genau oben beschriebener Aufbau. Hier wird allerdings
> damit geworben, dass der Ausgangsstrom größtenteils unabhängig von der
> angeschlossenen Last ist. Das steht doch jetzt im Widerspruch zum
> Induktionsgesetz mit dB/dt

Kannst du mal eine solche Werbung verlinken?

Wenn du mit "Last" den Bürdenwiderstand auf der Sekundärseite meinst: 
für den ist üblicherweise ein bestimmter Maximalwert vorgegeben. 
Oberhalb dieses Werts wird der Stromwandler ungenau (und wenn man es ins 
Extrem treibt kann er auch kaputt gehen).

Unterhalb des erlaubten Maximalwerts kannst du unterschiedliche Werte 
des Widerstands einsetzen und bekommst dabei jeweils den gleichen Strom 
auf der Sekundärseite (aber unterschiedliche Spannungen). 
Dementsprechend variiert dabei auch der Spannungsabfall auf der 
Primärseite (was ok ist, da auf der Primärseite der Strom vorgegeben 
ist, nicht der induktive Spannungsabfall am Stromwandler).

BlueAudio schrieb:
> Müsste so ein Stromwandler nicht eine Stromproportionale
> AusgangsSPANNUNG haben?

Nein, Eingangsspannung und Ausgangsspannung stehen in einem gewissen 
Verhältnis (und über die Variation des Widerstands änderst du die 
Ausgangsspannung und wirkst auf den induktiven Spannungsabfall am 
Eingang zurück). Aber solange alles im erlaubten Bereich läuft 
interessieren beim Stromwandler die Ströme auf Eingangs- und 
Ausgangsseite, nicht die Spannungen.

von BlueAudio (Gast)


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Achim S. schrieb:
> Kannst du mal eine solche Werbung verlinken?

Ich hab jetzt kein Datenblatt parat, aber bei LEM und vielen anderen 
wird in der Regel ein Maxmimal und Minimalwert für die Bürde angegeben.

Wird innerhalb dieser Grenzen belastet, gilt laut deren Aussage dass der 
Strom in der Sekundärwicklung nur von Iprimär abhängt. Bei größerer 
Bürde wird sekundär also auch mehr Leistung entnommen wegen P = I^2*R

Ich bekomme das ganze jetzt noch nicht mit dem Induktionsgesetz 
zusammen.

Das sagt mir ja dass die Ausgangsspannung sowohl vom Primärstrom abhängt 
mit U ~ dB/dt was ja widerrum eine Funktion der Frequenz (dt-Anteil) als 
auch der Stromstärke ist. Weder die Frequenz noch die Stromstärke primär 
hängen aber von der Bürde ab. Danach würde ich ja die bereits genannte 
Stromproportionale Ausgangsspannung haben.

Wo ist an der Stelle mein Denkfehler? Wieso können diese Stromwandler 
einen Frequenz- und Bürdeabhängigen Ausgangsstrom haben?

Ich vermute mein Verständnisproblem liegt irgendwo bei der Belasteten 
vs. unbelasteten Sekundärwicklung.

von Teo D. (teoderix)


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BlueAudio schrieb:
> Ich vermute mein Verständnisproblem liegt irgendwo bei der Belasteten
> vs. unbelasteten Sekundärwicklung.

Im erlaubten bürdenbereich arbeitet er quasi im kurzschlussbetrieb.

von Dieter (Gast)


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Geworben, das passt dazu. Auffallen wollen um jeden Preis mit 
unvollstaendigen Aussagen.

Vielleicht mal ein Fachbuch in die Hand nehmen, wie zum Beispiel 
Elektrotechnik Tabellen, Westermann oder Europa Verlag.

Der Stromwandler soll nur sehr geringen induktiven Stromanteil 
verursachen im Lastkreis, soll das heissen.

von BlueAudio (Gast)


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Teo D. schrieb:
> Im erlaubten bürdenbereich arbeitet er quasi im kurzschlussbetrieb.

Hast du noch einen Tipp warum für die Betrachtung im Kurzschlussbetrieb 
und mit Strömen auf einmal keine Frequenzabhängigkeit mehr besteht?

Also warum die Ausgangsspannung sehr wohl frequenzabhängig ist, die 
Ausgangsströme aber nicht?

von Teo D. (teoderix)


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Oh Gott, nein. :)
Das ist >40J her. Da müsste ich erst noch ein paaaar Stunden 
investieren, um das beantworten zu können.

Wollt dir nur einen andere Sichtweise offenbaren.....

von Falk B. (falk)


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@ BlueAudio (Gast)

>µFach höhere Flussdichte in Kernmaterialien. Bei einer Spule ist die
>erzeugte Flussdichte proportional zum Strom sowie zur Windungsanzahl.

Naja, jain. Man kann und sollte in bestrimmen Situationen die 
Primärwicklung besser über die Spannungs-zeit-Fläche betrachten, denn 
DIE ist es, welche den Stromfluß verursacht.

>Nach dem Induktionsgesetz ist die Ausgangsspannung an einer zweiten
>Wicklung z.B. auf dem selben Kern Proportional zur Windungszahl und zur
>zeitlichen Ableitung der FLussdichte dB/dt.

Ja. Normaler Trafo halt.

>Jetzt gibt es ja aber auch Stromwandler, die ja im Prinzip nichts
>anderes sind als genau oben beschriebener Aufbau.

Ja, siehe Stromwandler.

>Hier wird allerdings
>damit geworben, dass der Ausgangsstrom größtenteils unabhängig von der
>angeschlossenen Last ist. Das steht doch jetzt im Widerspruch zum
>Induktionsgesetz mit dB/dt

Nö. Der Trafo an sich arbeitet fast genau so wie ein normaler Trafo, 
allerdings irritiert die meisten Leute das eher hohe Windungsverhältnis 
und die Primärwindungszahl 1 ;-)

>Müsste so ein Stromwandler nicht eine Stromproportionale
>AusgangsSPANNUNG haben?

Hat er ja, mit einer möglichst niederohmigen Bürde.

>Ich kriege gerade gedanklich das alles nicht zusammen. Vielleicht kann
>mir ja jemand den entscheidenden Hinweis geben.

Ist eigentlich nicht so schwer.

Ein Stromwandler ist mehr oder minder nur ein Shunt, der mittles Trafo 
sowohl galvanisch getrennt als auch maximal "verkleinert" wird. 
Beispiel.
Ein Stromwandler mit Ü=1000:1 transformiert Widerstände mit Rp = Ü^2 * 
Rs, sprich 1 Million:1, d.h. 100 Ohm  Sekundärbürde werden zu 100 
Mikroohm = 0,1 Milliohm primärseitig. Jetzt hängt man den Stromwandler 
in einen Lastkreis mit z.B. 230V. Selbst wenn dort 10A durch die Last 
fließen, ändert das am primärseitg transformierten Spannungsabfall kaum 
was, denn 0,1 Milliohm x 10A = 1mV. D.h. die Primärspannung am 
Stromwandler ist 1mV, das x1000 auf 1V sekundärseitig hochtransformiert 
wird, der Strom logischerweise 1000:1 auf 10mA runter.
Wenn aber nur 1mV primärseitig am Stromwandler abfallen, bleibt der 
"Rest" für die Last im 230V Stromkreis. Diese wirkt als "Vorwiderstand" 
für den Stromwandler. Und da der Spannungsabfall um mehrere 
Größenordnungen über dem Spannungsabfall des Stromwandlers liegt, wird 
dieser quasi mit Konstantstrom gespeist. Ob da nun 1mV oder 3mV abfallen 
ist egal. Also kann man den Stromwandler in recht weiten Bereichen mit 
unterschiedlichen Bürdewiderständen betreiben, der Ausgangsstrom bleibt 
konstant. Die Begrenzung kommt einzig und allein durch den Kern des 
Stromwandlers. Wenn der zuviel Spannungs-Zeit-Fläche "sieht", geht er in 
die magnetische Sättigung und die Transformationswirkung geht praktisch 
verloren. Der Wandler geht nicht kaputt, aber außer Magnetisierungsstrom 
fließt dann nix mehr im Wandler.

von BlueAudio (Gast)


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Danke.

Kannst du eventuell noch was zum Thema Bandbreite sagen? Laut dB/dt ~ 
dI/dt müsste ein Transformator ja eigentlich bei konstanter 
Stromamplitude eine mit der Frequenz variable Ausgangsspannung bzw. 
Strom haben oder habe ich da etwas übersehen?

von Mark S. (voltwide)


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Du hast das Prinzip noch nicht verstanden.
Ein Stromwandler arbeitet - im Unterschied zum üblichen Transformator - 
im Kurzschlussbetrieb.

Die Ersatzschaltung läßt sich reduzieren auf eine Drossel im 
Primärkreis, der ein recht niedriger Widerstand parallel geschaltet ist.
Das wäre der rücktransformierte Bürdewiderstand.
Das was dort an Spannung abfällt, wird mit einem üblichen Trafo 
hochtransformiert.

Die Bandbreitenbegrenzung nach unten ergibt sich aus dem Hochpass aus 
Drossel und Parallelwiderstand.
Die Bandbreitenbegrenzung nach oben ergibt sich aus dem Tiefpaß von 
Streu-/Koppelinduktivität und Bürdewiderstand.
Innerhalb seiner Grenzen arbeitet der Stromwandler praktisch 
frequenz-unabhängig.

von spess53 (Gast)


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Hi

Es gibt recht unterschiedliche Arten von Stromwandlern:

www.lem.com/images/stories/files/Products/P1_5_1_industry/ch24101d.pdf

MfG Spess

von Falk B. (falk)


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@BlueAudio (Gast)

>annst du eventuell noch was zum Thema Bandbreite sagen?

Je größer die Bandbreite sein soll, umso geringer sollte/muss die 
Primärinduktivität sein. Die normalen 50 Hz Dinger gehen bis ein paar 
kHz, mit Einzelpulsen kommt man sogar teilweise bis an 1 us Anstiegszeit 
ran. Für Schaltnetzteile im 2-3 stelligen kHz Bereich gibt es 
HF-taugliche Stromwandler, die haben meist kleinere 
Übersetzungsverhältnisse im Bereich 10-200:1 und auch deutlich kleinere 
Kerne und Hauptinduktivitäten.

>Laut dB/dt ~
>dI/dt müsste ein Transformator ja eigentlich bei konstanter
>Stromamplitude eine mit der Frequenz variable Ausgangsspannung bzw.
>Strom haben

Nein, das ist ein Irrtum.

> oder habe ich da etwas übersehen?

Ja. Daß bei der Transformation sich das di/dt zweimal rauskürzt. Das 
kann ich aber auf die Schnelle nicht hinzaubern, da muss ich länger 
drüber nachdenken.

von Achim S. (Gast)


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BlueAudio schrieb:
> Laut dB/dt ~
> dI/dt müsste ein Transformator ja eigentlich bei konstanter
> Stromamplitude eine mit der Frequenz variable Ausgangsspannung bzw.
> Strom haben oder habe ich da etwas übersehen?

Der Beitrag von Mark Space gibt auf diese Frage schon die wesentliche 
Antwort. Nur noch von mir zur Ergänzung: beim di/dt musst du den 
Gesamtstrom betrachten, nicht nur den Primärstrom. Der Strom auf der 
Primärseite würde zwar ein B aufbauen, aber der Strom auf der 
Sekundärseite reduziert dieses B wieder(und damit auch das dB/dt). Bei 
einem idealen magnetischen Kreis (ohne Streufluss) und bei einem idealen 
Kurzschluss auf der Sekundärseite (ohne Widerstand) würde das B (und das 
dB/dt) gegen Null gehen.

Im Ersatzschaltbild von Mark Space wird das so betrachtet, dass der 
Strom sich aussuchen kann, ob er über die Hauptinduktivität fließt (und 
damit ein B aufbaut) oder ob er über den transformierten 
Sekundärwiderstand fließt (und damit nur in der Streuinduktivität ein 
B-Feld aufbaut):
Mark S. schrieb:
> Die Ersatzschaltung läßt sich reduzieren auf eine Drossel im
> Primärkreis, der ein recht niedriger Widerstand parallel geschaltet ist.

Beim Stromwandler im Kurzschlussbetriebt fließt der eingeprägt Strom vor 
allem über den niederohmigen Parallelwiderstand ab, nicht über die 
Hauptinduktivität. Müsste er über die Hauptinduktivität fließen, dann 
ergäbe sich das von dir vermutete Frequenzverhalten. Da er aber über den 
niederohmigen Parallelwiderstand (d.h. den transformierten 
Bürdenwiderstand) ausweichen kann, hast du nicht diesen Anstieg der 
Spannung bei höheren Frequenzen.

Würdest du den Primärstrom einprägen und die Sekundärseite nicht 
"kurzschließen" sondern hochohmig betreiben, dann hättest du tatsächlich 
den beschriebenen Anstieg der induzierten Spannung bei höheren 
Frequenzen. So läuft das z.B. bei Rogowskispulen als Stromsensor.

von Strandläufer (Gast)


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Vielen Dank für die interessanten Ausführungen!

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