Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Verständnisfrage zu P-Channel Mosfet Beschaltung - wozu die Diode?


von THORsten (Gast)


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Hallo zusammen,

ich versuche gerade eine Schaltung (Platine) nachzuvollziehen. Leider 
gibt es die Firma, die das Gerät hergestellt hat, nicht mehr.

Folgenden Ausschnitt verstehe ich nicht ganz.

Zur Funktion:
Hier wird von einem Optokoppler aus eine Spannung von +72V geschaltet.
Bei der Last handelt es sich um einen Heizung für eine Industriearmatur 
(Damit sie im Winter nicht einfriert). Also eine ohmsche Last.

Kann mir jemand erklären, wozu die Zener Diode D2 da sein soll?

Ich verstehe die Funktion nicht...

Vielen Dank für sachdienliche Hinweise ;)

Thorsten

: Verschoben durch Moderator
von Lothar M. (Firma: Titel) (lkmiller) (Moderator) Benutzerseite


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THORsten schrieb:
> Ich verstehe die Funktion nicht...
Sieh es mal so, dass da jemand nicht die Heizung sondern eine 
Stromquelle anschließen könnte. Dann wären die Bauteile hilfreich.

Das ist übrigens keine simple Z-Diode, sondern eine TVS Diode. Und wenn 
du danach googelst, dann findest du auch heraus, wofür der Entwickler 
die vorgesehen hat.

Und immer im Kopf  behalten: es gibt auch schlechte 
Hardwareentwickler...

Beitrag #5448085 wurde von einem Moderator gelöscht.
von MaWin (Gast)


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72V / (6k8+15k) * 6k8 = 22.45.
UGSmax des IRF5210 ist 20V.

Die P6KE100 ist kein Schutz, der MOSFET wird sowieso gegrillt.

Auch bei Kurzschluss am Ausgang hilft niemand dem MOSFET.

Die Erklärung für die Schaltung: Der Entwickler war dumm.

von THORsten (Gast)


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Guten Morgen,

vielen Dank für eure Antworten.

@MaWin: Damit erklärst auf jeden Fall schon mal zwei Umstände:

1) Die Platine musste tatsächlich regelmäßig zur Reparatur
   (Der Grund war angeblich "Gewitterschaden")

2) Die Herstellerfirma existiert nicht mehr.


@Lothar:

Ahaaa - ok, so herum habe ich das noch nicht betrachtet.
Verstehe ich das richtig, dass bei Strom von außen
(a) die Diode D1 dafür sorgt, dass die Spannung nicht beim Mosfet 
ankommt
und
(b) stattdessen die Diode D2 aufmacht und den Strom dann nicht nur gegen 
GND ableitet, sondern auf dem Weg dahin auch verbrät?

....sofern die eingehende Spannung größer als die Breakdown-Voltage 
(min. 95V / max. 105V) ist?

Könnte das ein ESD Schutz sein?

Dann jedoch: Die Diode D1 hat eine Spitzensperrspannung von 100V. Selbst 
wenn bei höherer Spannung die TVS Diode aufmacht, wäre es dann nicht 
trotzdem Zufall, welchen Weg der Strom jetzt nimmt? Oder sind die TVS 
Dioden garantiert schneller auf als die SM5401 kaputt?

LG, Thorsten

von Lothar M. (Firma: Titel) (lkmiller) (Moderator) Benutzerseite


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THORsten schrieb:
> und den Strom dann nicht nur gegen GND ableitet, sondern auf dem Weg
> dahin auch verbrät?
Der Strom wird nicht "verbraten", sondern bestenfalls die Leistung, die 
durch ihn entsteht. Allerdings ist das hier nur in begrenztem Maß 
möglich, denn die TVS-Diode ist eigentlich nicht zur dauerhaften 
Spannungsbegrenzung geeignet, weil sie den Strom bei den 95V, bei denen 
sie zu leiten beginnt, nur sehr kurz ableiten kann. Die TVS-Diode hat 
"600W peak pulse capability at 10/1000μs waveform", sie kann also nur 
kurze ESD-Impulse ableiten.

> Dann jedoch: Die Diode D1 hat eine Spitzensperrspannung von 100V. Selbst
> wenn bei höherer Spannung die TVS Diode aufmacht, wäre es dann nicht
> trotzdem Zufall, welchen Weg der Strom jetzt nimmt? Oder sind die TVS
> Dioden garantiert schneller auf als die SM5401 kaputt?
Naja, die D1 geht ja nicht bei 101V gleich sofort kaputt, sie hilft aber 
tatsächlich nicht wirklich. Und vor Allem kommt es jetzt auf das Layout 
an: die TVS-Diode muss direkt an den Anschlussklemme sitzen, damit so 
ein Spannungsimpuls gleich gar nicht auf die Leiterplatte kommt. Dann 
ist sie mit einer "Fast response time: typically less than 1.0ps from 0 
Volts to BV min" auch schnell genug, um dort einzugreifen.

> 1) Die Platine musste tatsächlich regelmäßig zur Reparatur
Was war dann jeweils kaputt?

>    (Der Grund war angeblich "Gewitterschaden")
Dort hängt also eine längere Leitung dran, die ins Freie führt? Und in 
die ESD-Impulse von Gewittern einkoppeln können?
Dann ist die TVS-Diode als ESD-Schutz durchaus sinnvoll. Allerdings 
hätte ich zwischen diese Diodenverbindung und die einkoppelnde Heizung 
noch eine (Gleichtakt)Drossel gesetzt, um den Stromanstieg auf diese 
Weise zu verlangsamen.

MaWin schrieb:
> UGSmax des IRF5210 ist 20V.
Und auch wenn der dann auf dem Labortisch nicht gleich kaputtgeht, muss 
von aussen nicht viel mehr dazukommen, um das Gateoxid zu durchschlagen.

> 72V / (6k8+15k) * 6k8 = 22.45.
Und dazu kommt noch, dass die 72V evtl. auch mal 75V oder gar 80V sind. 
Dazu muss nicht mal unbedingt ein Gewitter in der Nähe sein. Ein kurzer 
Spannungspeak auf dem Netz reicht da aus.

Ich würde einfach mal den 6k8 auf 3k3 verkleinern und schauen, ob immer 
noch so viele "Blitzschäden" auftreten.

: Bearbeitet durch Moderator
von THORsten (Gast)


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Moin Moin,

> Und vor Allem kommt es jetzt auf das Layout
> an: die TVS-Diode muss direkt an den Anschlussklemme sitzen, damit so
> ein Spannungsimpuls gleich gar nicht auf die Leiterplatte kommt.

Habe mir die Leiterbahnen gerade nochmal genauer angesehen.
Die TVS Diode sitzt "relativ" nah an der Klemme.
Nach Deinen Ausführungen empfinde ich das Routing dann allerdings etwas 
unglücklich.
Anschlussklemme
  => ca. 10mm Trace
  => Via auf Bottom
  => weitere 30mm Trace um ein paar THT Bauteile herum
  => Via auf Top
=> TVS Diode.

Also, platziert ist die Diode nah an der Klemme,
aber die Leiterbahnen sind etwas merkwürdig... zumal man meiner Meinung 
nach auch auf dem Top-Layer hätte bleiben können. Hmmm...


> Was war dann jeweils kaputt?

Das Fehlerbild war, dass die Heizung nicht abgeschaltet werden konnte. 
Daher nehme ich mal an, dass der Mosfet den Hut genommen hat. Genau weiß 
ich es aber nicht, da ich noch nicht lange hier in der Firma bin.
Im Lebenslauf steht halt "Gewitterschaden", aber ich habe daran so meine 
Zweifel - im Witter gewittert's ja eigentlich auch eher selten.


> Dort hängt also eine längere Leitung dran, die ins Freie führt? Und in
> die ESD-Impulse von Gewittern einkoppeln können?

Ja - die Platine sitzt unten an einem Silo in einem Steuerschrank. Das 
Kabel für die Heizung läuft dann ca. 12m nach oben auf das Dach des 
Silos.
Allerdings in einem geerdeten Edelstahlrohr.


Vielen Dank auf jeden Fall schonmal für die Erklärungen. Die Idee hinter 
der Diode habe ich verstanden.
Die Widerstände habe ich so angepasst, dass Ugs jetzt 18V ist.
Werde die Heizung jetzt mal ein paar Tage testen und dann ggf. mal 5 
Ersatzplatinen bauen.

Diese hier wäre equivalent zur P6KE100CA, oder?

http://www.littelfuse.de/products/tvs-diodes/surface-mount/p6smb/p6smb100ca.aspx

Vielen Dank nochmal

von Lothar M. (Firma: Titel) (lkmiller) (Moderator) Benutzerseite


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THORsten schrieb:
> Das Fehlerbild war, dass die Heizung nicht abgeschaltet werden konnte.
> Daher nehme ich mal an, dass der Mosfet den Hut genommen hat.
Das liegt ziemlich sicher an dem falsch dimensionierten Spannungsteiler.

> Die Widerstände habe ich so angepasst, dass Ugs jetzt 18V ist.
Warum so viel?
10V reichen dicke, da kann das Ding um die 100A! Nimm den 3k3. Fertig.

> Diese hier wäre equivalent zur P6KE100CA, oder?
Ja. Und die Diode direkt zwischen den Anschluss und GND ohne lange 
Herumrouterei.

von Matthias S. (Firma: matzetronics) (mschoeldgen)


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Um sich ein wenig von den 72V unabhängig zu machen, würde auch eine 
Z-Diode mit 10-12V tun. Dann ists auch wurscht, ob die 72V genau 
eingehalten werden.

von THORsten (Gast)


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Danke Lothar - werde Ugs auf 10V runtersetzen.

Noch zwei Fragen, wenn's Dir nichts ausmacht ;)

Der GND für die Heizung wird ebenfalls über ein Mosfet geschaltet. Hier 
ist allerdings keine TVS Diode. Wäre es dann nicht sinnvoll, beide 
Seiten auf diese Weise zu schützen?
Wobei ich ggf. auch dazu tendiere, den N-Mosfet für GND dann komplett 
wegzulassen... aber rein interessehalber.

Zweite Frage:
Was passiert denn mit der Diode, wenn Sie einmal angeschlagen hat?
Mal vorausgesetzt, es handelt sich um einen kurzen Impuls entsprechend 
der Specs. Üblicherweise kaputt? Und wenn ja, wird sie dann permanent 
leitend?

Das ist vermutlich schwer vorauszusehen, daher "üblicherweise".


Einen schönen Tag,

Thorsten

von MaWin (Gast)


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THORsten schrieb:
> Die Widerstände habe ich so angepasst, dass Ugs jetzt 18V ist.

10V reichen und eine 15V Z-Diode parallel zum oberen Widerstand wäre 
deutlich besser, der 15k bekommt dann 0.25W ab, legt man ihn auf über 1W 
aus wäre eine Verringerung der 15k auf 4k7  noch besser.

von MiWi (Gast)


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Matthias S. schrieb:
> Um sich ein wenig von den 72V unabhängig zu machen, würde auch eine
> Z-Diode mit 10-12V tun. Dann ists auch wurscht, ob die 72V genau
> eingehalten werden.

Und um sich noch mehr von den 72V unabhängig zu machen (vor allem bei 
Unterspannung) füge man am Emitter vom BCX41 einen Widerstand nach GND 
ein, der diesen Transistor zu einer Stromquelle (bzw. Stromsenke) 
verändert und rechne das ganze dann mit dem dimensionierten Konstanstrom 
durch.

Selberzeichnen, selber rechnen und gut ist`s.

MiWi

von Matthias S. (Firma: matzetronics) (mschoeldgen)


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THORsten schrieb:
> Üblicherweise kaputt? Und wenn ja, wird sie dann permanent
> leitend?

Das wäre der Normalfall und dafür ist sie auch gebaut. Deswegen sollte 
da schon irgendwo eine Sicherung oder eine anderweitige Strombegrenzung 
im Spiel sein, denn die TVS Diode schliesst kurz.

von Lothar M. (Firma: Titel) (lkmiller) (Moderator) Benutzerseite


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THORsten schrieb:
> Der GND für die Heizung wird ebenfalls über ein Mosfet geschaltet.
Echt jetzt? Die Heizung wird an + und an - geschaltet? Kein Wunder, 
dass es die Firma nicht mehr gibt.

Lass mal den Schaltplan der gesamten Ansteuerung um die Heizung sehen...

THORsten schrieb:
> Was passiert denn mit der Diode, wenn Sie einmal angeschlagen hat? Mal
> vorausgesetzt, es handelt sich um einen kurzen Impuls entsprechend der
> Specs. Üblicherweise kaputt?
Nein. Denn Diode hält einen 10µs-Impuls laut der Spec tausendmal pro 
Sekunde auf Dauer aus.

von Md M. (Firma: Potilatormanufaktur) (mdma)


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Lothar M. schrieb:
> Echt jetzt? Die Heizung wird an + und an - geschaltet? Kein Wunder,
> dass es die Firma nicht mehr gibt.

Aus Neugier: Was ist daran schlecht und was ist möglicherweise Zweck des 
ganzen?

von Lothar M. (Firma: Titel) (lkmiller) (Moderator) Benutzerseite


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Md M. schrieb:
> Aus Neugier: Was ist daran schlecht
Es sind zu viele Bauteile, die Geld kosten und kaputt gehen können.

> und was ist möglicherweise Zweck des ganzen?
Um da was sagen zu können müsste man mehr zur Umgebung und zur Last und 
zum Einsatzgebiet wissen...

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