Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Uralte Schaltung Linearnetzteil Erklärung?!


von L. N. (derneumann)


Angehängte Dateien:

Lesenswert?

Hallo,

mein Opa hat mir vor ca. 10 Jahren ein Linearnetzteil basierend auf 
einer Schaltung aus seinen jungen Jahren (so denke ich?) gebaut und mir 
damals den Schaltplan mitgegeben.

Der Spannungsregelungsteil ist mir soweit klar, was ich nicht mal 
ansatzweise verstehe, ist die Stromregelung.

Was macht der 7805 da, was passiert wenn die rote LED durchbrennen 
sollte, was ist der 4k7 Widerstand über dem 7805 (anderes Zeichen als 
der 40k Poti daneben)? Was zum Henker geht da überhaupt mit den ganzen 
Transistoren ab?

Was ich erkennen kann, ist dass der 0,3 Ohm Widerstand der Shunt ist und 
der KU607 daneben der Stromregelnde Transistor. Danach steige ich 
ziemlich komplett aus.

Einerseits möchte ich die Schaltung einfach interessehalber verstehen, 
andererseits funktioniert die Stromregelung nicht richtig und ich weiß 
nicht mehr ob das immer schon so war oder ob da was kaputt gegangen ist.
Sobald ich den Strombegrenzungspoti auch nur ein bisschen von seiner 
Max. Stellung wegdrehe, fällt sofort die Ausgangsspannung und die rote 
LED leuchtet, auch wenn ich weit vom eingestellten Stromlimit weg bin.

Danke!

von Possetitjel (Gast)


Lesenswert?

L. N. schrieb:

> was ich nicht mal ansatzweise verstehe, ist die
> Stromregelung.

Ohne das gründlich analysiert zu haben: Ich schätze,
das ist eine Überstrom-Abschaltung, keine Strom-
regelung.

Schaltpläne für derartige "elektronische Sicherungen"
waren eine Zeit lang sehr in Mode.

von Jörg W. (dl8dtl) (Moderator) Benutzerseite


Lesenswert?

L. N. schrieb:

> Was macht der 7805 da,

Stromregelung für die LED (zusammen mit dem Vorwiderstand)?

> was passiert wenn die rote LED durchbrennen
> sollte,

Dann sieht man nicht mehr, dass das Netzteil in der Strombegrenzung
ist. ;-)

Sieht mir so aus, als wäre die LED nur ein Indikator, vermutlich
wird sie auch erst bei einer sehr großen Regeldifferenz der
Stromregelung (bspw. Kurzschluss) ansprechen.

> was ist der 4k7 Widerstand über dem 7805 (anderes Zeichen als
> der 40k Poti daneben)?

Einstellregler, um den maximalen Strom der Stromregelung zu justieren.

> Was zum Henker geht da überhaupt mit den ganzen
> Transistoren ab?

Normalerweise bekommt der Dreifach-Darlington (KF508, BD238, KU607)
über den 2,7-kΩ-Widerstand so viel Ansteuerung, dass er voll
durchsteuert (Regelung befindet sich im CV-Modus).

Steigt der Ausgangsstrom so weit an, dass der 2SC1815 über die
BE-Schwellspannung kommt, dann reduziert dieser die Ansteuerung
des Darlingtons, sodass der Ausgangsstrom reduziert wird.

> Was ich erkennen kann, ist dass der 0,3 Ohm Widerstand der Shunt ist und
> der KU607 daneben der Stromregelnde Transistor.

Ja.  Damit kannst du auch ungefähr die Ansprechschwellen abschätzen:

40-kΩ-Poti (sehr ungewöhnlicher Wert) auf 0, nur noch der
4,7-kΩ-Einstellregler ist wirksam.  Sagen wir, er steht auf 2 kΩ,
und die BE-Strecke des 2SC1815 braucht im Betrieb etwa 0,6 V, dann
müssen über KU607 und 0,3-Ω-Shunt 3,6 V anliegen.  Das wären dann
wohl so um die 10 A.  Am anderen Ende sollten sich etwa 2 A ergeben
(10 kΩ : 45 kΩ reduziert die Spannung nur sehr wenig, also grob
0,6 V / 0,3 Ω).

von Jörg W. (dl8dtl) (Moderator) Benutzerseite


Lesenswert?

Possetitjel schrieb:
> Ohne das gründlich analysiert zu haben: Ich schätze, das ist eine
> Überstrom-Abschaltung, keine Strom- regelung.

Dafür müsste es irgendeine Mitkopplung + Hysterese geben (wie beim
Schmitttrigger), die sehe ich erstmal nicht.  Für mich sieht das schon
wie ein simpler Regelverstärker aus.

von karadur (Gast)


Lesenswert?

Die Schaltung stimmt so sicher nicht.

Die Dioden am Trafo passen so schon mal nicht.  GND am Mittelpunkt des 
Trafos passt eher. Da werden noch mehr Fehler sein.

von Gerhard O. (gerhard_)


Lesenswert?

Die Schaltung sieht einer bekannten Sicherungsschaltung von Radio Rim 
sehr ähnlich.

https://www.radiomuseum.org/r/rim_elektronische_sicherung_si_i.html

Hier noch ein Änderungsvorschlag: Wenn man will könnte man die 
Transistoren so wie in der Link gezeigt auf PNP Typen auswechseln und am 
Eingang des LM317 anordnen. Diese Änderung würde dann die 
Ausgangspannung besser regulieren. Siehe hier:

https://i.pinimg.com/originals/31/7b/65/317b6580be41d1f6b9d1032c31394bd0.jpg

: Bearbeitet durch User
von Jörg W. (dl8dtl) (Moderator) Benutzerseite


Lesenswert?

karadur schrieb:
> Die Dioden am Trafo passen so schon mal nicht.

Ist mir allerdings auch aufgefallen.

Ändert aber nichts daran, dass die Stromregelung eigentlich
funktionieren sollte.

von Possetitjel (Gast)


Lesenswert?

Jörg W. schrieb:

> Steigt der Ausgangsstrom so weit an, dass der 2SC1815
> über die BE-Schwellspannung kommt, dann reduziert
> dieser die Ansteuerung des Darlingtons, sodass der
> Ausgangsstrom reduziert wird.

Richtig.

Und hier sitzt die Mitkopplung: Wenn der Ausgangsstrom
reduziert wird, sinkt natürlich das Emitterpotenzial des
KU607, und mit ihm das Emitterpotenzial des 2SC1815. Der
Basisstrom durch den 2SC1815 steigt, und die Sache kippt.

von Gerhard O. (gerhard_)


Lesenswert?

Jörg W. schrieb:
> karadur schrieb:
>> Die Dioden am Trafo passen so schon mal nicht.
>
> Ist mir allerdings auch aufgefallen.
>
> Ändert aber nichts daran, dass die Stromregelung eigentlich
> funktionieren sollte.

Das ist wirklich nur eine Sicherung. Ohne wirklichen Stromfluß sind die 
ersten zwei Transistoren beim Einschalten gleich stromfliessend und die 
Ausgangspannung erscheint am Ausgang. Wenn je nach Einstellung des 
Spannungsteiler am Eingang des ersten Transistor dieser startet zu 
leiten wenn der Spannungsabfall der Gesamtschaltung durch Stromfluß am 
Ausgang größer wird, würgt der dann den Basisstrom vom zweiten 
Transistor ab und die ganze Schaltung flippt in den quasi stromlosen 
Zustand(Es fließt ein kleiner Selbsterhaltungsstrom vom 
kurzgeschlossenen Ausgang) Sie kehrt erst dann wieder in den 
Normalzustand zurück wenn man die Spannung kurzzeitig ausschaltet.

Nachtrag:

Bei einem Kurzschluss leuchtet die LED gegen Ground von den 5V vom 7805. 
Beachten, daß bei größeren Ausgangsspannungen als 10V die 
Durchbruchsspannung der LED überschritten wird und beschädigt werden 
könnte. Es empfiehlt sich eine 1N4148 in Durchlassrichtung mit der LED 
miteinzureihen.

: Bearbeitet durch User
von L. N. (derneumann)


Lesenswert?

Vielen Dank! Sobald ich wieder ein paar ruhige Minuten habe, werde ich 
versuchen den Schaltplan mit euren Ausführungen noch einmal 
nachzuvollziehen.

Möglicherweise kommen dann weitere (Detail-)Fragen :-)

von Jörg W. (dl8dtl) (Moderator) Benutzerseite


Lesenswert?

Possetitjel schrieb:
> Und hier sitzt die Mitkopplung

OK, passt.

von Michael B. (laberkopp)


Angehängte Dateien:

Lesenswert?

L. N. schrieb:
> andererseits funktioniert die Stromregelung nicht richtig

Es ist keine Stromregelung.

Es ist eine Überstromabschaltung.

Völlig nutzlos, da nicht mal mit einstellbarer Trägheit.

Die Schaltung ist noch von vor 10 Jahren, sondern von vor 50 Jahren.

Damals hat man noch nicht begriffen, daß Labornetzteile Spannungs- und 
Stromquellen sein sollten.

Die obere Schaltung ist die elektronische Sicherung, wurde von den 
andeen schon erklärt.

Die untere Schaltung mit dem 7805 ist eine Anzeige ob die 
Ausgangsspannung unter 3V liegt. Die wurde aber von einem Laien 
dazukonstruiert, der nicht wusste, daß eine LED keine höhere Spannung im 
Rückwärtsbetrieb überleben muss, sondern meist nur 5V Ureverse hat. Dein 
Exemplar überlebt aber wohl die 30V.

von Michael B. (laberkopp)


Angehängte Dateien:

Lesenswert?

Die Gleichrichtung muss anders sein, und ein LM317 hält zwar 39V aus, 
ein 29V~ Trafo liefert auch 29*1.414-1V (Gleichrichter) 40V, aber nicht 
im Lererlauf und nicht bei der erlaubten Netzspannungstoleranz von 
+/-10%, dann kommen eher 29*1.1*1.1*1.414-1= 48V raus und der LM317 
dürfte zerplatzen wenn er sein Datenblatt kennt, man braucht einen 
LM317HV.

Dein Opa hat also einfach Glück, daß bei ihm die Bauteile bisher 
überleben. Ich würde das meiner empfindlichen und eventuell teuren 
angeschlossenen Elektronik nicht zumuten, an einer Spannungsversorgung 
zu hängen, deren Chips ausserhalb der absolute maximum ratings ihres 
Datenblatts betrieben werden und beim durchlegieren mir meine Elektronik 
auch noch kaputt machen.

von Jörg W. (dl8dtl) (Moderator) Benutzerseite


Lesenswert?

Michael B. schrieb:
> Dein Opa hat also einfach Glück, daß bei ihm die Bauteile bisher
> überleben.

Vielleicht hat er auch nur „generisch“ LM317 drangeschrieben, weil
das heute jeder besser versteht, hat aber in Wirklichkeit einen
B3171 aus der Kiste geholt … das ist das DDR-Äquivalent zum LM317HV.

von L. N. (derneumann)


Lesenswert?

Jörg W. schrieb:
> Michael B. schrieb:
>> Dein Opa hat also einfach Glück, daß bei ihm die Bauteile bisher
>> überleben.
>
> Vielleicht hat er auch nur „generisch“ LM317 drangeschrieben, weil
> das heute jeder besser versteht, hat aber in Wirklichkeit einen
> B3171 aus der Kiste geholt … das ist das DDR-Äquivalent zum LM317HV.

ich werd da mal bei gelegenheit reinschauen ;-) doof ist er ja nicht der 
opa, gelernt hat er radios zu reparieren und der jüngste war er auch 
nicht mehr, als er mir das netzteil aus einem alten PC gehäuse und 
seinem teilebestand zurechtgespenglert und den schaltplan gezeichnet hat 
;-)

ob es DDR teile in der tschechoslowakei gab, weiß ich allerdings 
nicht...

von Jörg W. (dl8dtl) (Moderator) Benutzerseite


Lesenswert?

L. N. schrieb:
> ob es DDR teile in der tschechoslowakei gab, weiß ich allerdings
> nicht...

Teils, teils.  Andererseits war Einkaufstourismus damals durchaus gang
und gäbe.

von Karl B. (gustav)


Lesenswert?

Hi,
das vom TO gezeigte Schaltbild erinnert mich an:

Beitrag "Re: Gleichrichter und Trafo werden heiss"

und

Beitrag "Re: Gleichrichter und Trafo werden heiss"

Die "Shutdown"-Funktion ist recht ungewöhnlich, funktioniert aber.
Wird der Ausgang für ca. 1 Sekunde satt kurzgeschlossen, geht 
Ausgangsspannung so lange auf Null, bis Ladeelko nach Abschaltung wieder 
entladen ist.
Damit verhindet man unnötiges Energieverbraten.
"Restart" ist sicherheitshalber erst nach ca. 20 Sekunden möglich.

ciao
gustav

: Bearbeitet durch User
Bitte melde dich an um einen Beitrag zu schreiben. Anmeldung ist kostenlos und dauert nur eine Minute.
Bestehender Account
Schon ein Account bei Google/GoogleMail? Keine Anmeldung erforderlich!
Mit Google-Account einloggen
Noch kein Account? Hier anmelden.