Forum: Mikrocontroller und Digitale Elektronik Flankensteilheit an digitalen uc-Ausgängen


von Frank (Gast)


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In manchen Mikrocontroller kann man ja bei den Ausgängen die 
Flankensteilheit durch Konfiguration wählen.

Können die "abgerundeten Flanken" bei Digitalschaltungen eigentlich auch 
zu Problemen führen, selbst wenn der mögliche Ausgangspegel für eine 
bestimmte Dauer erreicht wird?

von Stefan F. (Gast)


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Ja natürlich. In der Regel stehen die Anforderungen zur Flankensteilheit 
in den Datenblättern. Einem einfachen GPIO Pin dürfte die 
Flankensteilheit egal sein, aber bei Leitungen, die Taktsignale führen 
(wie z.B. I²C, UART, SPI Clock) spielt das schon eine wichtige Rolle. Zu 
flache Flanken können z.B. dazu führen, dass fälschlicherweise mehrere 
Taktimpulse ausgeführt werden, wo es eigentlich genau einer sein sollte.

von Wolfgang (Gast)


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Stefanus F. schrieb:
> Zu flache Flanken können z.B. dazu führen, dass fälschlicherweise mehrere
> Taktimpulse ausgeführt werden, wo es eigentlich genau einer sein sollte.

Das passiert genau dann, wenn wegen Signalreflektionen oder Störungen 
die Flanken nicht streng monoton steigend beim Eingang ankommen. Da 
helfen Schmitt-Trigger-Eingänge, deren Hysterese über der doppelten 
Schwingungsamplitude liegt oder andere Maßnahmen, die das Klingeln 
verhindern.

von Roth (Gast)


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Wolfgang schrieb:
Da helfen Schmitt-Trigger-Eingänge

mmh. Hätte jetzt vermutet, dass Schmitt-Trigger das Taktverhältnis (L/H) 
verändern und auf die maximale Geschwindigkeit (negativ) Einfluss 
nehmen.

von Stefan F. (Gast)


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Jede Maßnahme hat Seiteneffekte.
Eine weiterer (gewollter) Seiteneffekt des Schmitt-Triggers ist, dass er 
die Flanke steiler macht.

von Frank (Gast)


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Super, vielen Dank für die Infos! Das kann ich nachvollziehen.

Wie geht man bei der Auslegung dann vor?
Wäre (aus EMV-Sicht) ein guter Weg, das Signal mit einem Oszilloskop 
aufzuzeichnen lt. Anforderungen im Datenblatt des Empfängers und unter 
Berücksichtigung einer Reserve das Signal anzupassen?

..oder geht man einen anderen Weg und/oder muss noch andere Aspekte 
berücksigtigen?

von supergrobi (Gast)


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> Wie geht man bei der Auslegung dann vor?

In dem Mann zumindest mal das Datenblatt liest.
Dann brauchte Mann hier auch nicht dumm nachfragen.

"I/O AC characteristics"

Der Default-Wert taugt demzufolge fuer Signale mit max. 400 kHz *)
und hat Anstiegszeiten von 625 ns *).




*) Beratungsmuster

von 2 Cent (Gast)


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Frank schrieb:
> noch andere Aspekte
-Rauschen: eine "langsam" wechselnde (niemals rauschfreie) Flanke wird 
jitter zur Folge haben, dann kann auch ein Herr Otto Herbert Schmitt 
nichts mehr retten.

Ob das ganze problematisch wird hängt davon ab wie timingkritisch das zu 
übertragende Signal ist.

HTH

von BoB B. (Gast)


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Hallo

Ein sehr interessantes Thema was leider im Hobbybereich und 
Bastelbereich meist nur recht oberflächlich, besonders im Zusammenhang 
mit µC behandelt wird, falls es überhaupt ein Thema ist.
Gibt es irgendwo dazu allgemeine aber schon tiefer gehende Informationen 
bzw. Einsteigerliteratur zum Thema Flankensteilheit?
Wikipedia liefert leider nur das sowieso "allgemein" bekannte wenn es um 
um Rechteck und Schaltsignale geht, das kenne ich und wohl die meisten 
Anderen hier schon.
Andere Literatur handelt das Thema leider oft extrem theoretisch und nur 
schwer (gar nicht) verständlich für den praxisorientierten und 
mathematisch "normal" gebildeten Hobbyisten und Bastler ab.
Auf das Thema Flankensteilheit im Zusammenhang mit den sowieso nicht 
einfach zu verstehenden Gebiet der Filter (wenn es um die Details geht) 
würde ich gerne erst mal verzichten.

Ist Flankensteilheit auch so ein Themenbereich wo es entweder "fast gar 
nichts" oder nur eben "Alles und maximal schwer verständlich", (ohne 
viel Vorwissen in der Mathematik) gibt?

BoB B.

von supergrobi (Gast)


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> allgemeine aber schon tiefer gehende Informationen

finden sich in den Family Guides diverser Logikserien.

Von 4000er CMOS bis 74AC...

von 2 Cent (Gast)


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BoB B. schrieb:
> Ist Flankensteilheit auch so ein Themenbereich wo es entweder "fast gar
> nichts" oder nur eben "Alles und maximal schwer verständlich", (ohne
> viel Vorwissen in der Mathematik) gibt?
So ungefähr leider ja.

Erklärungsversuch: In der Digitaltechnik gibt es nur zwei Zustände; "0" 
oder "1". Klingt einfach, ist aber falsch LOL
Der Moment des Wechsels der Zustände aka "Flanke" ist niemals perfekt, 
sondern ein analoger Vorgang. Dabei werden eigentlich "verbotene" 
Spannungsbereiche (mehr oder weniger schnell) durchfahren. 
"Normalerweise" sollte das keine Rolle spielen, aber...

Wenn du es dann genau wissen willst (oder musst) dann musst du auch 
entsprechend genau hingucken. Je genauer desto komplexer werden die 
Zusammenhänge. Sehr komplexe und komplizierte Dinge kann man nunmal 
nicht "einfach" erklären.


OT
Beispiel eines Nichtfussballers (sowas kann nur mir einfallen, bin 
Anti-Fussballer)

Einfache Beobachtung
Ursache--->Wirkung
Ball getreten, Fussball ist im Tor. Fussball ist einfach :D


Genaueres hinschauen
Ursache---Wirkungsweise--->Wirkung
Ball an der richtigen Stelle getreten, elastischer Stoß Fussballschuh 
gegen gegen FussballBall, Windstille, TOOOR!


Noch genaueres hinschauen
Ursache---Wirkungsweise---Überraschungseffekte--->Wirkung
Welche Aufgabe hat eigentlich der Torhüter? Und warum geben die nicht 
jedem Spieler einen Ball, wär doch viel einfacher?

Je genauer ich hinschaue, desto Komplexer wird das ganze. Füßball ist 
mir zu kompliziert, auch wenn schon viele Leute mir das zu Erklären 
versucht haben, so genau will ichs dann garnicht wissen :D

Trotzdem schau ich gern mal den Profis zu:
https://www.youtube.com/watch?v=5ySydBZ5vO8

von Uwe B. (Firma: TU Darmstadt) (uwebonnes)


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Zu langsame Flanke koennen durch Stoerungen im Umschaltpunkt gestoert 
werden, zu schnelle Flanken erzeugen sich Ihre Stoerungen durch 
Reflexionen selber...

von U. M. (oeletronika)


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Hallo,
> BoB B. schrieb:
> Ein sehr interessantes Thema was leider im Hobbybereich und
> Bastelbereich meist nur recht oberflächlich, besonders im Zusammenhang
> mit µC behandelt wird, falls es überhaupt ein Thema ist.
Eigentlich ist es gerade im Hobby- und Laienbereich ein ernstes Thema, 
weil sich viele Bastler üble Störsender basteln, ohne dass sie davon 
wissen. Besonders die für LED-Anwendungen ständig publizierte PWM und 
auch die digitale Steuerurung von LED-Stripes sind EMV-mäßig oft ein 
Elend.


> Gibt es irgendwo dazu allgemeine aber schon tiefer gehende Informationen
> bzw. Einsteigerliteratur zum Thema Flankensteilheit?
Natürlich gibt es fiefer gehende Infos, aber eher nicht auf dem Niveau 
von Einsteigern und ohne mathematische Basiskenntnisse.
Wer schon mal von Fourier-Transformation und Spektralanalyse von 
Signalen gehört hat, der weiß zumindest um die Zusammenhänge zwischen 
Flankensteilheit und Frequenzspektrum eines Signals.
https://de.wikipedia.org/wiki/Fourier-Transformation

> Wikipedia liefert leider nur das sowieso "allgemein" bekannte wenn es um
> um Rechteck und Schaltsignale geht, das kenne ich und wohl die meisten
> Anderen hier schon.
Und was interresiert dich darüber hinaus?

> Andere Literatur handelt das Thema leider oft extrem theoretisch und nur
> schwer (gar nicht) verständlich für den praxisorientierten und
> mathematisch "normal" gebildeten Hobbyisten und Bastler ab.
Hier habe ich gelegentlich Hinweise zum Thema Flankensteilheit und EMV 
gegeben.
Beitrag "Re: 5V Differentielles Signal erzeugen"
Beitrag "Re: Abschirmung, wie befestigen?"
Beitrag "Re: Digitales Signal sicher übertragen"

> Auf das Thema Flankensteilheit im Zusammenhang mit den sowieso nicht
> einfach zu verstehenden Gebiet der Filter (wenn es um die Details geht)
> würde ich gerne erst mal verzichten.
Als Grunderkenntnis sollte auch jedem Elektronikbastler klar sein, dass 
die Oberwellen in Schaltflanken mit ihren möglichweise sehr hohen 
Frequenzen die Signalleitung zu einem Wellenleiter machen. Als 
Faustreglel kann man eine Leitung mit einer Länge größer als Lambda/10 
als kritisch bezüglich HF-Effekte annehmen (Lambda = höchste 
anzunehmende relevante Frequenz).

> Ist Flankensteilheit auch so ein Themenbereich wo es entweder "fast gar
> nichts" oder nur eben "Alles und maximal schwer verständlich", (ohne
> viel Vorwissen in der Mathematik) gibt?
Eigentlich ist es mit etwas Grundwissen rel.leicht zu bewerten, ob man 
eine kritische Anwendung hat oder eher nicht.

So zeigt schon eine sehr einfache Abschätzung oder Messung der 
Flankensteilheit, mit welchem Frequenzbereich man rechen muß. Ob man im 
Bereich von 1ns (Frequenzen im GHz-Bereich) oder eher 1us (MHz-Bereich) 
liegt, macht eben den Unterschied, ob ein paar cm Leitung schon 
HF-Effekte zeigen oder ob es erst bei paar Metern Länge zum Problem 
werden.

Eine Grundregel kann ich aber jedem an Herz legen. Mache die Übertragung 
so schnell wie nötig aber so langsam wie möglich (bezieht sich dann auch 
auf die Anstiegsgeschw. der Signalflanken). So spart man sich meist viel 
Ärger.
Gruß Öletronika

: Bearbeitet durch User
von Stefan F. (Gast)


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Du könntest z.B. wie ich eine Ausbildung zum Kommunikationselektroniker 
machen, oder zum Amateurfunker. Da lernst du eine Menge zum Thema 
Signalübertragung. Natürlich gibt es dazu auch jede Menge Fachbücher.

Sobald ein Kabel das Gehäuse verlässt, ist das Thema durchaus auch für 
Hobbyelektroniker relevant.

Twisted Pair Ethernet ist von 10Mbit auf 100Mbit gekommen - ohne irgend 
etwas am Kabel zu ändern. In den 80er Jahren konnten schweineteure 
Modems nur 9600 Baud übertragen, heute sind wir bei der 50.000 fachen 
Datenrate auf dem selben Kabel und zum vergleichbaren Preis! Das liegt 
nicht nur an kürzeren Strecken. Die alten RS232 Schnittstellen sind 
dreckiger Rotz verglichen mit dem schon damals aktuellen Stand der 
Technik.

Dass digitale Anlagen ihre Daten mit den Regeln der analogen Welt 
übertragen müssen, das musste die IT erstmal in ihren Kopf bekommen.

Den Ratschlägen von Öletronika stimme ich absolut zu.

von 2 Cent (Gast)


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U. M. schrieb:
> Hallo,
>> BoB B. schrieb:
>> Ein sehr interessantes Thema was leider im Hobbybereich und
>> Bastelbereich meist nur recht oberflächlich, besonders im Zusammenhang
>> mit µC behandelt wird, falls es überhaupt ein Thema ist.
> Eigentlich ist es gerade im Hobby- und Laienbereich ein ernstes Thema,
> weil sich viele Bastler üble Störsender basteln, ohne dass sie davon
> wissen. Besonders die für LED-Anwendungen ständig publizierte PWM und
> auch die digitale Steuerurung von LED-Stripes sind EMV-mäßig oft ein
> Elend.
In Flughafennähe ACK. Wo kein Kläger, da kein Richter. Wo kein kein 
gestörter, da kein Kläger.
-"ernstes Thema" ist es; aber ein "Frickler" kann das nicht einschätzen. 
Nichts hinzuzufügen. Alles im Thread bereits vorhanden.

Stefanus F. schrieb:
> Dass digitale Anlagen ihre Daten mit den Regeln der analogen Welt
> übertragen müssen, das musste die IT erstmal in ihren Kopf bekommen.
Yepp! In wenigen Worten bestens Formuliert :D

von Karl B. (gustav)


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U. M. schrieb:
> Lambda = höchste
> anzunehmende relevante Frequenz).

Hi,
Lambda ist Wellenlänge also: Geschwindigkeit geteilt durch Frequenz.

https://de.wikipedia.org/wiki/Wellenl%C3%A4nge

ciao
gustav

von U. M. (oeletronika)


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> Karl B. schrieb:
>> Lambda = höchste
>> anzunehmende relevante Frequenz).
> Hi,
> Lambda ist Wellenlänge also: Geschwindigkeit geteilt durch Frequenz.
Ja, ist von mir nicht physikalisch korrekt formuliert.
Sollte heißen: Wellenlänge der höchsten anzunehmenden Frequenz.
Gruß Öletronika

: Bearbeitet durch User
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