Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik OPV-Komparator-Grenzfrequenz


von Sebastian B. (sebastian_b837)


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Hallo,
habe jetzt mit der Suche zumindest nichts für meinen Open-Loop-Fall 
gefunden, der aufgrund der hohen Verstärkung mein Problem erschwert.

Im Zuge unseres Labors, in dem es um verschiedene OPV-Schaltungen gehen 
wird, soll zu Beginn der Operationsverstärker selbst genauer betrachtet 
und einige Kennwerte messtechnisch ermittelt werden.
Gewählt wurde ein TL072, aufgebaut als simple Komparatorschaltung, der 
invertierende Eingang und somit die Schaltschwelle liegt auf Masse.
Aufgabenstellung ist unter anderem nun mittels Funktionsgenerator, 
Netzteil und Oszi die -3dB-Grenzfrequenz als auch die Transitfrequenz zu 
bestimmen.

Das stellt sich in meinen Augen jedoch, vor allem wie in unserem Fall 
als Steckbrettschaltung, als extrem schwierig umsetzbar heraus.
Für die -3dB-Grenzfrequenz müsste sich also eine Verstärkung von 3 dB 
unter der Leerlaufverstärkung des TL 072 V_0 = 200 V/mV einstellen,
das wären trotzdem noch V_g = 141421. Die Differenzenspannung müsste 
also um diesen Wert verstärkt werden.

Ich hätte jetzt theoretisch versucht ein Sinussignal am Eingang 
anzulegen und die Frequenz so lange erhöht, bis die Amplitude des 
Ausgangssignals den Wert der Eingangsamplitude multipliziert mit dem 
Wert der Verstärkung in der Grenzfrequenz erreicht hätte: U_a = V_g * 
U_e.
Hierfür müsste ich aber aufgrund der hohen Leerlaufverstärkung im 
Open-Loop-Fall extrem kleine Eingangsamplituden verwenden, welche ich 
mit einem einfachen Funktionsgenerator und Steckbrettaufbau nicht 
erreichen kann.
Eine andere Option, welche ich mir noch einfallen lies, wäre 2 beliebige 
Punkte zu wählen im logarithmischen den Amplitudengang zu skizzieren und 
diese zu interpolieren. Der Schnittpunkt mit der Leerlaufverstärkung 
abzüglich 3dB wäre dann ja wieder bei der Grenzfrequenz. Nur was nehme 
ich in diesem Fall für eine genaue Leerlaufverstärkung? Es gibt zwar 
diesen typischen Wert von 200 V/mV im Datenblatt, am Ende ist jedoch 
trotzdem alles vor allem recht temperaturabhängig.

Ich habe auch ein paar alte Aufgabenlösungen zu dieser Fragestellung 
(aus ehemaligen Semestern), diese sind für mich jedoch alle nicht 
zufriedenstellend gelöst.
Teilweise wurden für die Grenzfrequenz dieser Open-Loop-Schaltung 
Frequenzen im zweistelligen kHz Bereich gefunden (nach Amplitudengang 
knickt es hier ja sofort ab und müsste bei wenigen Hertz liegen?), 
manchmal wurde auch die Ausgangsspannungsdifferenz des Komparators (also 
+-Vcc) als maximale Verstärkung angenommen, mit 1/sqrt(2) multipliziert 
(-3dB) und die Eingangsfrequenz so lange erhöht bis das Ausgangssignal 
diese Amplitude angenommen hat.
Dieses Verfahren erscheint mir jedoch auch als wenig sinnvoll, da die 
Ausgangsspannung ja nichts mit der Verstärkung und einer -3dB-Dämpfung 
dieser zu tun hat. Weiter haben die Grenzen der Ausgangsspannung, 
beschränkt durch die Versorgungsniveaus, nichts mit der real möglichen 
Verstärkung des OPVs zu tun?

Fällt irgendjemanden etwas dazu ein? Sind meine Gedankengänge richtig 
oder habe ich schon einen riesen Fehler drin?
Was haltet ihr von den Lösungen der letzetn Jahre, ergibt da doch etwas 
Sinn?
Oder hat vielleicht jemand noch einen anderen Lösungsansatz? Es ist 
eigentlich nur eine kleine Teilaufgabe, also zu umständlich sollte das 
nicht lösbar sein.

Vielen Dank und schönen Sonntag!

von Michael B. (laberkopp)


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Sebastian B. schrieb:
> Fällt irgendjemanden etwas dazu ein?

Bei Komparatoren eine -3dB Grenzfrequenzen messen zu wollen ist grober 
Unsinn und zeugt von massiv mangeldem Verständnis über Elektronik.

Du kannst die Reaktionszeit messen, da geht man nicht mit Mehahertz ran, 
sondern überprüft nur die Flanke eines langsameren Signals, von 10% auf 
90%, und du wirst merken, daß der OpAmp bei weitem nicht so schnell ist 
wie laut Datenblatt, weil er in Sättigung ist und erst aus der Sättigung 
rauskommen muss, schlieslich ist der OpAmp nicht als Komparator gebaut.

Nimm, wenn es schnell sein muss, für Komparatorschaltungen lieber einen 
dedizierten Komparator.

Und achte beim TL071 auf phase reversal.

von Sebastian B. (sebastian_b837)


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Michael B. schrieb:
> Bei Komparatoren eine -3dB Grenzfrequenzen messen zu wollen ist grober
> Unsinn

Genau das ist im Endeffekt auch meine Meinung. Denke mit hochgenauen 
Messungen wäre es schon realisierbar, aber vor allem beim Komparator 
sagt sie nahezu gar nichts aus und eine Kenntnis über diese würde nichts 
bringen.
Aber die Aufgabenstellung ist seitens eines wissenschaftlichen 
Mitarbeiters o.ä. vor Jahren so ausgedacht worden, also das war nicht 
mein Einfall.
Aber gut, ich wollte nur sicher gehen, dass ich mir nichts falsches 
denke, aber dann macht die ganze Aufgabenstellung wirklich wenig Sinn.
Dann werde ich ansprechen diese für zukünftige Jahre zu ändern.

Slew Rate habe ich bereits gemessen, die war auch gefragt.
Es geht an sich ja nicht um die Komparatorschaltung und ihren nutzen 
selbst, sondern einfach um den Versuch eine Grenzfrequenz zu ermitteln, 
also ist der TL072 schon okay.

von Christian S. (roehrenvorheizer)


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Vielleicht ist hier ansatzweise etwas passendes dabei:

https://www.elektronik-kompendium.de/public/schaerer/opaschm.htm

MfG

von T Rroll (Gast)


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Es ist eine maximal schlechte Idee einen OpAmp als Komparator verwenden 
zu wollen. Beim Komparator ist der Gleichtaktbereich, sowie der 
Differenzspannungsbereich gleich der Versorgungsspannung. Bei manchen 
OpAmps ist der Differenzspannungsbereich zB auf eine Diodenspannung 
limitiert. Weil der normale Betriebszustand eines Opamps in 
Gegenkopplung ist, bedeutet das Differenz-eingangsspannung gleich Null. 
Also kann man da eine antiparallele diode zwischen den Eingaengen haben. 
Bei einem Komparator ist das ein unzulaessiger Eingriff in die 
Schaltung, denn positiver und negativer Eingang muessen vollstaendig 
unabhaengig sein. Sonst geht die Beschaltung mit der einstellbaren 
Hysterese nicht.

Also alles in die Tonne, nochmals.

Eine charakteristische Groese eines Komparators ist zB die Slewrate, und 
die Verzoegerung in Abhanegigkeit der Differenzspannung.

von Sebastian B. (sebastian_b837)


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T Rroll schrieb:
> Also alles in die Tonne, nochmals.

Ich kann die mir gegebene Aufgabenstellung aber nicht einfach ändern:D
Mir ging es ja um die allgemeine Sinnhaftigkeit der Fragestellung, 
Änderungen bezüglich einer besseren Komparatorschaltung sind gar nicht 
das Ziel gewesen, sondern nur die genauere Betrachtung von Kenngrößen 
eines OPVs.

von Christian S. (roehrenvorheizer)


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Wir haben mal früher so einen ähnlichen Laborversuch gemacht.
Es wurde am OPV eine sehr hohe Verstärkung eingestellt mit z.B. 100 Ohm 
und 100kOhm, Spannungsteiler am Ausgang, um die rückgeführte Spannung 
nochmals zu verringern bei nicht zu hoher Impedanz, dann Offset 
abgeglichen und über einen extremen Spannungsteiler ein Sinussignal 
drauf gegeben. Man kann dann messen, daß etwa zwischen 10 und 50 Hz die 
Ausgangsamplitude stark abfällt. Da hast Du dann die 3dB-Bandbreite und 
kannst auf die Leerlaufverstärkung schließen. Nur einen Komparator haben 
wir dafür nicht benutzt. Eher LM324 und TL081.

MfG

: Bearbeitet durch User
von Sebastian B. (sebastian_b837)


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Christian S. schrieb:
> Es wurde am OPV eine sehr hohe Verstärkung eingestellt mit z.B. 100 Ohm
> und 100kOhm, dann Offset abgeglichen und über einen extremen
> Spannungsteiler ein Sinussignal drauf gegeben.

Das wäre dann halt keine open-loop-Bestimmung am Komparator mehr, ja. 
Aber zumindest näherungsweise und selbst wenn könnte man mit der 
Grenzfrequenz eines Verstärkers und der Bandbreite beispielsweise später 
mehr anfangen.

Ich denke ich werde anregen die ganzen Versuche mit einer 
Verstärkerschaltung durchzuführen (muss ja nicht mit dieser hohen 
Verstärkung zur Annäherung sein), dann macht alles etwas mehr Sinn und 
die Leute könnten sowas wie das Verstärkungs-Bandbreite-Produkt genauer 
untersuchen.

von U. M. (oeletronika)


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> Sebastian B. schrieb:
> Gewählt wurde ein TL072, aufgebaut als simple Komparatorschaltung,
> Aufgabenstellung ist unter anderem nun mittels Funktionsgenerator,
> Netzteil und Oszi die -3dB-Grenzfrequenz als auch die Transitfrequenz zu
> bestimmen.
Das es für einen OPV im Komparatorbetrieb keinen Sinnmacht, Parameter zu 
bestimmen, die nur für den linearen Betrieb gedacht sind(mit 
Rückkopplung, ohne Übersteuerung des OPV), wurde ja schon besprochen.
Trotzdem kann für den vorliegenden Fall sicher irgendwie eine eine 
Gremzfrequenz bestimmen, bei der das gerade noch so mit der 
Komparatorfunktion geht.

> Für die -3dB-Grenzfrequenz müsste sich also eine Verstärkung von 3 dB
> unter der Leerlaufverstärkung des TL 072 V_0 = 200 V/mV einstellen,
Nö, im Komparatorbetrieb muß nur bei Überschreiten der Schaltschelle am 
Eingang der Ausgang von einer Endlage in die andere umschalten.
Es gibt am Ausgang also nur Low oder high.

> das wären trotzdem noch V_g = 141421. Die Differenzenspannung müsste
> also um diesen Wert verstärkt werden.
Du kannst hier idealisiert von einer unendlichen Verstärkung ausgehen.

> Ich hätte jetzt theoretisch versucht ein Sinussignal am Eingang
> anzulegen und die Frequenz so lange erhöht, bis die Amplitude des
> Ausgangssignals den Wert der Eingangsamplitude multipliziert mit dem
> Wert der Verstärkung in der Grenzfrequenz erreicht hätte: U_a = V_g *
> U_e.
Viel zu kompliziert gedacht! Es gibt nur die 2 Ausgangswerte.
Lege eine AC-Spannung am Eingang an und prüfe, bis zu welcher 
Grenzfrequenz der Ausgang noch mitmacht (sprich, die Endlagen erreicht).
Das wird einmal durch die Slew Rate am Ausgangs bestimmt, aber auch 
durch die Totzeit, die der OPV hat, damit er aus der Übersteuerung 
überhaupt erstmal heraus kommt. Letzteres kann viel länger dauern als 
der Pegelwechsel am Ausgang.

> Teilweise wurden für die Grenzfrequenz dieser Open-Loop-Schaltung
> Frequenzen im zweistelligen kHz Bereich gefunden
Kann durchaus sein, wegen der Übersteuerung.

> Fällt irgendjemanden etwas dazu ein? Sind meine Gedankengänge richtig
> oder habe ich schon einen riesen Fehler drin?
Versuche nicht mit Modellen zu argumentieren, deren konkrete 
Randbedingungen überhaupt nicht gegeben sind. Alle Formeln für den 
linearen Verstärkerbetrieb kannst du bei massiver Übersteuerung 
vergessen.

Es gibt wohl keine dynamischen Parameter für solche OPV im 
Komparatorbetrieb. Man kann einen OPV trotzdem als solchen nutzen, muß 
sich aber über die Grenzen im Klaren sein.

> Was haltet ihr von den Lösungen der letzetn Jahre, ergibt da doch etwas
> Sinn?
Biete doch mal sinnvollere Lösungen für die Zukunft an.
Gruß Öletronika

von T Rroll (Gast)


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Bei den OpAmps gibt's ueblicherweise Application Notes, die beschreiben 
wie welche Parameter gemessen werden.

von der schreckliche Sven (Gast)


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T Rroll schrieb:
> Es ist eine maximal schlechte Idee einen OpAmp als Komparator verwenden
> zu wollen.

Das stimmt nicht.
Gerade der hier ausgewählte (TL072) eignet sich prima als Komparator.

von T Rroll (Gast)


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Was soll ich sagen ...
"eignet sich prima" - sollte heissen - "zickt nicht rum".

Slewrate  TL072  : 13V/us ... Schnarch
large signal response time : LM393M  300ns

Sollte man insofern nicht vergleichen wie durchschnittliche Komparatoren 
ueblicherweise Opencollector haben. Hier der langsame LM393.

von der schreckliche Sven (Gast)


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T Rroll schrieb:
> Slewrate  TL072  : 13V/us ... Schnarch

Wo steht geschrieben, daß ein Komparator schnell sein muß??
Übrigens ist der LM393 auch ein Schnarchzapfen. Schau mal nach 
"Propagation Delay".

von Jacko (Gast)


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Wenn es denn UNBEDINGT -3dB sein müssen, kannst du ja versuchen, den 
Nebeneffekt dazu zu erfasen: die 45°-Phasenverschiebung.

Musst du nur festlegen, ob an der positiven, oder negativen Flanke
gemessen wird - die Erholungszeiten von OPs bei Übersteuerung sind 
üblicherweise nicht symmetrisch. - Womit du noch ein Argument für eine 
sinnfreie Aufgabenstellung hast. ;-)

von Günter Lenz (Gast)


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Sebastian B. schrieb:
>Oder hat vielleicht jemand noch einen anderen Lösungsansatz?

Mach einfach aus den OPV durch Mitkopplung
einen Schmitt-Trigger. Durch Rückkopplung auf den
-Eingang fängt er an zu schwingen, messe diese
Frequenz, damit hast du die Grenzfrequenz.

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