Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik ADC Bipolare Kanäle potentialfrei messen


von Michael S. (damicha82)


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Hallo,

ich stehe mal wieder etwas auf dem Schlauch.
Ich muss mehrere bis zu 4 Kanäle potentialfrei messen können. Ich möchte 
+-10V bei einem typ Multimeter Eingangswiderstand von 10MOhm messen. 
Geschwindigkeit ist eher gemütlich bis 10Hz bei mind. 12bit Auflösung.

Am liebsten würde ich ein IC wie den LTC1859 verwendenden und 
Differentiell messen. Jedoch verstehe ich nicht wie dieser IC die AGND 
der Einzelnen Kanäle trennt (über den COM-PIN ??). Laut Datenblatt soll 
COM mit AGND und  Eingangsmasse verbunden werden.

Muss ich am Ende doch alle Kanäle galvanisch trennen mit allem was dazu 
gehört?

Wenn die Massen hochohmig getrennt wären, würde mir das schon reichen.

Danke schon mal im vorraus

von Achim S. (Gast)


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Michael S. schrieb:
> Am liebsten würde ich ein IC wie den LTC1859 verwendenden und
> Differentiell messen. Jedoch verstehe ich nicht wie dieser IC die AGND
> der Einzelnen Kanäle trennt (über den COM-PIN ??).

Gar nicht. Der ADC misst zwar differentiell (d.h. er wertet nur die 
Differenz zwichen beiden Eingängen an und nicht deren Wert bezogen auf 
GND). Aber er misst nicht potentialfrei (d.h. es reicht nicht, dass die 
Differenzspannung beider Eingänge im erlaubten Bereich liegt. Sondern 
die Spannung an jedem einzelnen Eingang bezogen auf GND muss ebenfalls 
im erlaubten Bereich liegen).

Siehe auch Note 3 zum analog input range:
When these pin voltages are taken below ground or above AVDD = DVDD = 
OVDD = VDD, they will be clamped by internal diode
Das gilt für jeden Eingangspin, nicht nur für die Differenzspannungen.

Wenn du diesen Massebezug nicht durch die Signalquelle sicherstellen 
kannst, dann brauchst du tatsächlich vor dem ADC Trennverstärker.

Michael S. schrieb:
> Muss ich am Ende doch alle Kanäle galvanisch trennen mit allem was dazu
> gehört?

Es scheint so.

von Lothar M. (Firma: Titel) (lkmiller) (Moderator) Benutzerseite


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Michael S. schrieb:
> Jedoch verstehe ich nicht wie dieser IC die AGND der Einzelnen Kanäle
> trennt (über den COM-PIN ??).
Gar nicht.
Alle Eingänge und vor Allem die maximalen Spanungen sind auf den GND 
bezogen und düfren lt. Datenblatt nicht mehr als 0,3V davon abweichen:
Ground Voltage Difference DGND, AGND1, AGND2, AGND3 ...... ±0.3V

> Muss ich am Ende doch alle Kanäle galvanisch trennen mit allem was dazu
> gehört?
Wenn du vollkommen potentialfrei messen willst und auch musst, dann 
schon.

Aber beschreib doch einfach mal deine Messaufgabe: woher kommen diese 
differentiellen Eingangswerte?

von Michael S. (damicha82)


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Erstmal vielen Dank euch beiden für die Erklärungen.
Sieht so aus als müsste ich doch etwas mehr Aufwand betreiben. Aber so 
sei es denn.

Es soll eine Universelle Messkarte werden, deshalb die getrennten GNDs.

Trennverstärker werde ich mir mal anschauen.

Cu

Micha

von georg (Gast)


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Michael S. schrieb:
> Muss ich am Ende doch alle Kanäle galvanisch trennen mit allem was dazu
> gehört?

Ja. Dafür gibt es 2 Möglichkeiten:

1 Analoge Trennverstärker vor den ADC-Eingängen. Das erfordert viel 
Knowhow, da kommt wohl nur fertig kaufen in Frage.

2 Selbständige Controller mit ADC für jeden Eingang und galvanische 
Trennung bei der digitalen Übertragung der Ergebnisse. Das ist für den 
Selbstbau geeigneter, weil man digital ohne Genauigkeitsverlust einfach 
per Optokoppler galvanisch trennen kann.

Georg

von Michael S. (damicha82)


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Hallo,

ich habe mir mal ein paar Gednken zur Messung gemacht.
So müsste es doch funktionieren (siehe Bild). Der PGA ist für kleinere 
Spannungen am Eingang bis +-200mV, dann kann ich die Verstärkung auf 100 
stellen.

von georg (Gast)


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Michael S. schrieb:
> So müsste es doch funktionieren (siehe Bild)

Du brauchst natürlich noch für jeden Kanal eine galvanisch getrennte 
Versorgungsspannung (DC-DC-Wandler), und ev. noch eine 
Referenzspannungsquelle.

Georg

von Achim S. (Gast)


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georg schrieb:
> Du brauchst natürlich noch für jeden Kanal eine galvanisch getrennte
> Versorgungsspannung (DC-DC-Wandler)

Und wenn mit dem PGA103U dieser hier gemeint ist:
http://www.ti.com/lit/ds/symlink/pga103.pdf
dann sollte es gleich eine bipolare galvanisch getrennte Versorgung 
sein. Burr Brown hat - solange es sie als selbständige Firma gab - 
meiner Erinnerung nach nie etwas in Richtung Rail-2-Rail gebaut.

von Michael S. (damicha82)


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Ja genau die habe ich nur nicht eingezeichnet.
Wird eine +-12V Konverter mit zwei 5V Reglern und einer LT1009 Referenz.

von MiWi (Gast)


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Michael S. schrieb:
> Ja genau die habe ich nur nicht eingezeichnet.
> Wird eine +-12V Konverter mit zwei 5V Reglern und einer LT1009 Referenz.

Wenn Du dir zutraust ein bischen digitalen Vodoozauber zu betreiben 
könntest Du einen AD7401 verwenden, der hat 16bit Auflösung, eine 
eigebaute Referenz und eine recht robuste glavanische Trennung, Du 
brauchst nur mehr einen DCDC-Wandler mit 5V und ein paar mW...

Da Du keine hohe Geschwindigkeit brauchst kannst Du auch durch einfaches 
Bitzählen das Eingangssignal "erkennen"

Die Messbereichsumschaltung kannst Du mit Signalrelais machen, da ist 
die Isolierung meistens ausreichend.

Sowas ähnliches funktioniert hier ausreichend stabil seit etlichen 
Jahren.

MiWi

von Michael S. (damicha82)


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Ok der AD7401 hört sich ja interessant an, aber ich glaube da werde ich 
mal mit rum experimentieren wenn ich etwas mehr Zeit habe ;)

Stellt sich mir nur noch die Frage warum der PGA103U  so 10^18 Ohm 
Eingangswiderstand hat, dann aber einen Biasstrom von 50nA hat??? Das 
verstehe ich nicht, bei so einem hohen Eingangsstrom habe ich ja einen 
Riesen Fehler an den Eingangswiderständen.

von Angus (Gast)


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Guck dir die Si890x mit direkter isolierter Datenschnittstelle an. Uart, 
Spi,.
Vielleicht passen die für dich.

von Achim S. (Gast)


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Michael S. schrieb:
> bei so einem hohen Eingangsstrom habe ich ja einen
> Riesen Fehler an den Eingangswiderständen.

kommt darauf an, wie groß die Eingangswiderstände sind. Wenn der 
Widerstand der Quelle "nur" im kOhm Bereich ist, dann liegt der Fehler 
nur im µV Bereich - und damit weit unter dem Offsetfehler des 
Verstärkers. Wenn du Quellenwiderstände im Bereich vieler MOhm hast, 
dann lohnt es sich tatsächlich, nach einen Verstärker mit geringerem 
Biasstrom zu suchen.

Michael S. schrieb:
> Stellt sich mir nur noch die Frage warum der PGA103U  so 10^18 Ohm
> Eingangswiderstand hat

Hocher Eingangswiderstand bedeutet: der Strom ändert sich kaum, wenn die 
Eingangsspannung sich ändert. Du hast also einen kaum 
spannungsabhängigen Konstantstrom von typ. 50nA.

von Achim S. (Gast)


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wobei....

woher hast du die 10^18 Ohm? 10^10 Ohm könnte ich mir als 
Eingangswiderstand des PGA vorstellen. 10^18Ohm sprengt mein 
Vorstellungsvermögen.

von Dietrich L. (dietrichl)


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Michael S. schrieb:
> Stellt sich mir nur noch die Frage warum der PGA103U  so 10^18 Ohm
> Eingangswiderstand hat

Ich sehe im Datenblatt als typ. Wert 10^8 Ω ...

von Michael S. (damicha82)


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@Angus
Die Si890x sind ja echt geniale Bauteile. Ist ja schon fast alles drin 
was man benötigt. Leider mit 10bit etwas zu ungenau für meine Zwecke. 
Auf jeden fall kommt der Baustein in meine Liste "Künftig zu 
verwendender Bauteile" weit nach oben :)

@Achim S.
Achso verstehe der Biasstrom ist quasi immer da, nur bei Änderungen am 
Eingang bewirkt er eine zusätzliche Änderung am Eingangsstrom. In meinen 
OPAmp Quellen wird sowas nie erwähnt. Gut das ihr Jungs das alles wisst.
Jup im Datenblatt stehen wirklich 10^18Ohm. Ist wohl ein MOS-FET 
Eingang...
Hatte vor einen festen Eingangswiderstand-Attenuator von 10Mohm zu 
realisieren. Werde wohl etwas runter gehen müssen, vlt. so 1MOhm.

@All
Vielen Dank für eure schnelle und kompetente Hilfe. Ich denke so werde 
ich meine Aufgabe gut erfüllen können. :D

von Achim S. (Gast)


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Michael S. schrieb:
> Jup im Datenblatt stehen wirklich 10^18Ohm.

Kannst du das mal verlinken und die entsprechende Stelle nennen? Ich 
finde diese Angabe im Datenblatt nicht.

von Michael S. (damicha82)


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Gerne doch.
Im Datenblatt Seite 2.
http://www.ti.com/lit/ds/sbos031/sbos031.pdf

Edit:
Mein Fehler, ist sehr klein die Zahl und mein Gehirn hat da eine 1 vor 
der 8 gesehen wo keine ist.
Sorry

: Bearbeitet durch User
von Gustl B. (-gb-)


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Moin, ich habe sowas schon gemacht und ist jetzt im Einsatz an einer 
Uni.

ADC ist ein LTC2325 bit 16Bit und 5MSample/s und 4 Kanälen.
Digitalisolator ist ein Si866x für Sampleclock, Chipselect und die vier 
Datenausgänge.
Strom wird über einen TRACO TMR_6_0521 übertragen. Von 5V am Eingang 
nach ±5V am Ausgang.

von Michael S. (damicha82)


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Wenn ich das richtig im Datenblatt sehe, sind die GNDs der 4 Kanäle auch 
mit der Masse verbunden. IN- darf auch nicht unter 0V fallen. Wie hast 
du das denn gelöst?

Wird AGND über den RefoutN immer an dem aktuellen Kanal geschaltet, so 
dass Gleichzeitig die GNDs der anderen Kanäle getrennt sind?

von Gustl B. (-gb-)


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Mit differentiellen Verstärkern. Ich habe vor jeden Eingang einen 
LTC6363 
https://www.analog.com/media/en/technical-documentation/data-sheets/ltc6363.pdf 
gesetzt.
Einen Eingang auf Masse und der Andere darf dann drum herum schwingen. 
Der Ausgang schwingt dann um V_CM.
Es gibt da von Analog ein schickes Tool:
https://www.analog.com/en/design-center/interactive-design-tools/adi-diffampcalc.html

Da kann ich den AD8138 empfehlen, ist auch ein Diff-AMP aber schneller, 
rauscht aber mehr wie der LTC6363.
Ich habe den LTC6363 mit ±5V versorgt. Ich hänge noch eine Schaltung an.

: Bearbeitet durch User
von Michael S. (damicha82)


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Danke sehr, werde ich mir mal genuer anschauen. Wie mann sieht gibt es 
viele Möglichkeiten das Thema zu erschlagen.

von Gustl B. (-gb-)


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Allerdings. Aber: Wenn es galvanisch getrennt sein soll, dann musst Du 
irgendwie den Strom auch trennen. Und das bringt zusätzliches Rauschen. 
Da muss man ordentlich filtern.

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