Forum: Mechanik, Gehäuse, Werkzeug Reballing, womit anfangen?


von Olli Z. (z80freak)


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Ich würde gern einen BGA64 Flash von einer Platine herunterlöten und 
durch einen neuen ersetzen. Hintergrund ist, das ich beim Programmieren 
via JTAG Fehler angezeigt bekomme das sich in vielen Sektoren bestimmte 
Bits nicht auf 0 stellen lassen. Bei anderen Boards klappte das 
problemlos.

Nun habe ich mir einen solchen Flash-Speicher besorgt und auch den 
vermeintlich defekten mit einem Mini-Rework-Station W.E.P 858D+ 
runtergelötet. Damit ich später den neuen Chip möglichst exakt 
positionieren kann (sind ja keine Führungsnasen oder sowas vorhanden) 
habe ich ihn ringsrum mit Capton-Tape abgeklebt, was das wie eine Maske 
wirkt. So hoffe ich :-)

Den alten Chip habe ich mit 300° von oben solange erhitzt bis ich ihn 
mit der Pinzette bewegen konnte und dann abgehoben. Dabei sind alle Pads 
heil geblieben, sowohl auf dem Chip als auch auf der Platine. 
Anschließend habe ich die Platine mit Entlötlitze (Techspray No-Clean) 
und etwas (China AMTECH RMA, also gefälschtes) Flußmittel vom Zinn 
befreit. Sieht soweit gut aus.

Nun mein Problem, wie bekomme ich den neuen Chip drauf? Beim alten war 
ich mit der Temperatur jetzt nicht zimperlich, weil der vermutlich eh 
kaputt war. Aber laut Datenblatt hält der S29GL512N nicht so viel 
Temperatur aus. Ich weiss jetzt auch nicht welches Lot sich auf dem 
neuen Flash befindet und würde es sicherheitshalber austauschen gegen 
eines mit niedrigem Schmelzpunkt. Dazu müsste ich den Chip reballen. 
Reicht da so ein Einsteigerset von Ebay aus? Worauf sollte ich achten?

Hauptproblem ist ja immer das man nicht sieht ob wirklich alle Balls 
aufgeschmolzen sind und Kontaktieren. Röntgen kann ich nicht.

Ist für sowas Heißluft überhaupt geeignet oder geht das nur mit IR?
Von unten kann ich kaum Hitze drauf geben, weil dort auch etliche 
Bauteile liegen.

Ich sag schonmal vielen Dank für Vorschläge zu Geräten und Verfahren. 
Wie gesagt, das ist alles Hobby, sollte sich also auch preislich dort 
bewegen. Geräte für mehrere hundert oder tausend Euro kann ich mir nicht 
anschaffen.

Achja, falls jemand weiss wo man so einen Chip-Tausch auch als 
Lohnarbeit bekommt, oder jemand von Euch mir das gegen ein Entgeld 
machen würde der das kann, bitte schreibt mich an. Da wär ich natürlich 
ganz froh drum :-)

von Blub (Gast)


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Heiz die Platine von unten mit ner 100-200 W Halogenlampe vor. Dann oben 
alles abdecken mit Alu außer den Chip und dann gib ihm. Du wirst merken 
wenn sich der Chip leicht senkt, dann ist es geschehen.

von Olli Z. (z80freak)


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von Olli Z. (z80freak)


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Blub schrieb:
> Heiz die Platine von unten mit ner 100-200 W Halogenlampe vor. Dann oben
> alles abdecken mit Alu außer den Chip und dann gib ihm. Du wirst merken
> wenn sich der Chip leicht senkt, dann ist es geschehen.

Ich habe natürlich in einem ersten Test mal probiert den Original-Chip 
wieder einzulöten. Es ist nur so das ich sehr lange drauf halten muss 
und sehr viel Hizte brauche und am Ende waren es doch nur ein paar Pads 
die geschmolzen sind.
Dabei hatte ich die Platine vorher mit Heißluft ordentlich vorgehzeit 
(200° in der Hoffnung das die Bauteile darunter das weckstecken).

Vielleicht verwende ich einfach nur das falsche Lot?

von Olaf (Gast)


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> Damit ich später den neuen Chip möglichst exakt
> positionieren kann (sind ja keine Führungsnasen oder sowas vorhanden)
> habe ich ihn ringsrum mit Capton-Tape abgeklebt,

Unoetig. Du musst das IC nur so grob positioniert haben. Sobald das Zinn 
fluessig ist zieht es das IC richtig auf die Pins. Genauer gesagt willst 
du eigentlich kein zu 100% perfekt ausgerichtes BGA weil du an der 
kleinen Bewegung siehst das nun alles fluessig ist.

> Ist für sowas Heißluft überhaupt geeignet oder geht das nur mit IR?
> Von unten kann ich kaum Hitze drauf geben, weil dort auch etliche
> Bauteile liegen.

Heissluft ist kein Problem. Es kann bei manchen Platinen aber sinnvoll 
sein sie auf einer Heizplatte liegen zu haben und sie komplett auf 
80-100Grad vorgeheizt zu haben. Gerade bei BGA-Platinen mit vielen Lagen 
und durchgehenden Masselayern macht sowas einem das Leben einfacher.

> Nun mein Problem, wie bekomme ich den neuen Chip drauf? Beim alten war
> ich mit der Temperatur jetzt nicht zimperlich, weil der vermutlich eh
> kaputt war. Aber laut Datenblatt hält der S29GL512N nicht so viel
> Temperatur aus.

Der haelt sicherlich die normale ueblichen Loetprofile mit 260Grad 
mindestens zweimal aus. In der Praxis deutlich mehr. Den Fehler den die 
meisten machen, zu heiss und zu schnell. Lieber ein bisschen Zeit lassen 
damit der Foen auch die Platine erwaermen kann und nicht nur das IC. Und 
nicht mit Flussmittel sparen!

Wenn dir die Platine wichtig ist dann uebe erst an irgendeiner anderen 
Platine! Das ganze ist sehr einfach wenn man ein Gefuehl dafuer hat. Hat 
man das noch nicht dann geht es schief!

Olaf

von Olli Z. (z80freak)


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Klingt gut soweit. Dann sollte ich mir mal so ein Ceranfeld oder sowas 
besorgen? Ich denke eine einfache Metallheizplatte wär sicher nicht so 
gut?

Diese Dinger auf ebay sind ja aber doch auch nichts anderes, oder?
https://www.ebay.de/itm/Neue-Honton-HT-1212-Bga-Reballing-Heizplatte-Vorwarmstation-110-V-220-V-ox/332763363797?hash=item4d7a3df9d5:g:WfYAAOSwiLxbcrGp:rk:123:pf:0

Dann mach ich das Capton Tape wieder weg und male mir nur grob mit 
Filzer die Ecken auf damit es nicht einen Pin daneben liegt. Der BGA64 
hat 1x1mm Pin-Abstand und die Ballgröße ist wohl 0,5 oder 0,6mm.

Zum Reballing noch kurz: Es gibt da zahlreiche "Sets" für 40-50€. Leider 
sind die dafür vorliegenden Schablonen (man braucht wohl diese 90x90 mm 
Platten mit 4-fach Lochung) meist nur für bestimmte Grafikkarten und 
Spielekonsolen-Chips. Ich find da keine "normalen", also BGA64. Sowas 
finde ich nur als Universal-Schablonen und die haben aber nicht die 
Maße/Lochung für die Halter...

: Bearbeitet durch User
von Olaf (Gast)


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> Dann mach ich das Capton Tape wieder weg und male mir nur grob mit
> Filzer die Ecken auf damit es nicht einen Pin daneben liegt.

Wenn du schon unbedingt malen willst dann male im 45Grad Winkel ein 
Kreuz.
Wenn du dann das BGA an allen vier Ecken auf die Linie liegen siehst 
sollte es halbwegs richtig liegen.

Ausserdem schau dir mal bei Youtube ein paar Videos von Louis Rossmann 
an.
Der loetet vermutlich 10BGAs pro Tag und danach weisst du das die meiste 
Angst ueberfluessig ist. :)

Ola

von Cerberus (Gast)


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Bei Youtube gibts Videos mit Anleitungen zum Reballing.
Man braucht eine passende Schablone, Fluxerpaste und die Lotkugeln in
passender Größe. Eine Heizplatte oder wie oben schon vorgeschlagen
eine Hallogenlampe reichen zum Reworking. Um die Temperaturen gut
im Griff zu behalten sollte man sich ein IR-Pyrometer zulegen.
Damit kann man dann vernünftig arbeiten. Unter 150° sind die Chips
noch nicht gefährdet. Man sollte wie im Pizzaofen ein Lötprofil fahren,
ohne gleich das ganze Board zu gefährden. Wenn alle Parameter stimmen,
schwimmt der Chip fast von allein in die richtige Position.
Wenn das Board dann wieder funktioniert hat das Reballing geklappt.

von Olli Z. (z80freak)



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Habe mir jetzt solch eine "Apparatur" bestellt. Ziehmliches Gefummel bis 
man Chip und Schablone aufeinander abgestimmt hat. Würde heute eher was 
mit Klemmvorrichtigung zum schrauen nehmen. Naja, Lehrgeld...

Laut dem was man im Internet so sieht soll man ...
- den Chip leicht mit Flussmittel einschmieren damit die Balls daran 
haften bleiben.
- Dann Schablone drauf, Balls rein, rummachen wie beim 
Kugelgeschicklichkeitsspiel.
- Anschließend Chip mit der Vorrichtung nach unten ziehen und fehlende 
Balls manuell draufsetzen bzw. verschobene korrigieren.
- Anschließend erhitzen bis alle Balls an den Pads angeschmolzen sind 
und halten
- Alles mit der Zahnbürste (nicht mit der eigenen ;-) reinigen

Habe ich auch versucht, aber ich sobald ich Heißluft anlege, selbst auf 
Stufe 1 und genug Abstand, schmilzt das Flußmittel und die Balls 
verschieben sich. Ich würde mal sagen das sie das auch mit IR Erhitzung 
machen würden...

Wie soll das gehen? Als Flußmittel nehme ich das "China" Amtech RMA-223. 
Gibt es da evtl. besser geeignetes? Löthonig, also richtig zäh?

: Bearbeitet durch User
von Gerd E. (robberknight)


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Olli Z. schrieb:
> Habe ich auch versucht, aber ich sobald ich Heißluft anlege, selbst auf
> Stufe 1 und genug Abstand, schmilzt das Flußmittel und die Balls
> verschieben sich.

Klar. Jedes Flussmittelgel wird spätestens bei 90°C oder so flüssig. 
Damit bekommst Du die da nie und nimmer luftstromfest draufgeklebt bis 
die Schmelztemperatur des Lötzinns erreicht wird.

> Als Flußmittel nehme ich das "China" Amtech RMA-223.
> Gibt es da evtl. besser geeignetes? Löthonig, also richtig zäh?

Echtes Amtech ist auf jeden Fall merklich besser als die Chinakopie, 
bekommt man hier in D z.B. von TME günstig, auch als Privatkunde. Das 
wird aber natürlich auch flüssig.

Kannst Du nicht die Schablone mit erhitzen, so daß die die Lotkugeln am 
Platz hält?

Ist diese Positionier-Apparatur aus Kunststoff oder Metall? Wenn Metall, 
wird ihr die Hitze vermutlich weniger anhaben. Wenn Kunstoff, wird sie 
schmelzen. Dann brauchst Du eine andere Methode die Schablone auf dem IC 
zu positionieren, z.B. von Hand und dann mit hitzebeständigen 
Kapton-Klebebändern festkleben.

von Gurgl (Gast)


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Olli Z. schrieb:
> Ich würde mal sagen das sie das auch mit IR Erhitzung
> machen würden...

Schmelzen ja, das Verschieben kommt durch den Luftstrom von deinem Föhn 
- merkste was?

von Olli Z. (z80freak)


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>> Ich würde mal sagen das sie das auch mit IR Erhitzung
>> machen würden...
> Schmelzen ja, das Verschieben kommt durch den Luftstrom von deinem Föhn
> - merkste was?

Jein, denn neben dem sehr feinen Luftstrom kommt da vor allem sowas wie 
Oberflächenspannung ins Spiel und das zieht benachbarte Bällchen an, 
wenn sich zwischen diesen auch nur geringfügig mehr Flußmittel befindet 
als zwischen anderen.

Denn was ich merke ist, das sehr viele Balls genau da bleiben wo sie 
sind, Luftstrom hin, Luftstrom her. Nur einige wenige tun das nicht und 
ich habe vorher drauf geachtet das alle in etwa gleichen Abstand haben.

Und ich rede hier von einem BGA64, also eigentlich nichts dramatisches. 
Wie mag das erst bei einem RICHTIGEN BGA sein, wie einer CPU?

> Echtes Amtech ist auf jeden Fall merklich besser als die Chinakopie,
Ist mir schon klar, werde ich mir auch mal zulegen. Welches denn? In 
einigen Videos/Berichten finde ich NC-559 in anderen das RMA-223.

> Kannst Du nicht die Schablone mit erhitzen, so daß die die Lotkugeln am
Platz hält?

Auch das habe ich mal versucht, ganz zu Anfang, aber das Metall schirmt 
auch leider sehr gut ab. Zudem waren die Balls dann teilweise nicht mehr 
rund und verklemmten das abziehen der Schablone. Irgendwie war das 
unbefriedigend.

> Ist diese Positionier-Apparatur aus Kunststoff oder Metall?
Oh, ich dachte man konnte das am Foto gut erkennen, aus Metall (Alu).

Heißt das nun das ich mir so eine IR-Station für 150,- € kaufen 
muss/sollte? Ich will das ja nur mal gelegentlich machen, bzw. einfach 
können wenn ich es mal machen muss...

: Bearbeitet durch User
von Gerd E. (robberknight)


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Olli Z. schrieb:
>> Echtes Amtech ist auf jeden Fall merklich besser als die Chinakopie,
> Ist mir schon klar, werde ich mir auch mal zulegen. Welches denn? In
> einigen Videos/Berichten finde ich NC-559 in anderen das RMA-223.

Das echte RMA-223 ist ein kleinen Tick besser, stinkt dafür aber 
bestialisch. Außerdem ist Reinigung hinterher empfohlen. Das geht aber 
nicht mehr richtig wenn Du den BGA mal aufgelötet hast.

Ich nehme daher immer das echte NC-559.

von Gurgl (Gast)


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Olli Z. schrieb:
> Heißt das nun das ich mir so eine IR-Station für 150,- € kaufen
> muss/sollte?

Darauf läuft es wohl hinaus.

von Olli Z. (z80freak)


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Gerd E. schrieb:
> Ich nehme daher immer das echte NC-559.

Danke für den Tipp, dann werd ich mir da mal was von besorgen und hoffen 
das es das Problem löst.
Die Pasteb die auf den Videos so draufgeschmiert werden sehen jedenfalls 
viel zäher aus als das RMA Zeugs aus der Spritze.

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