Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Verlustleistung in Villard/Greinacher-Schaltung


von Sven P. (Gast)


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Hallo,

nur so ein Gedankenexperiment:

Zuerst das Kondensatorparadoxon:
Schaltet man einen auf eine beliebige Spannung U0 aufgeladenen 
Kondensator C1 parallel zu einem ungeladenen, gleichgroßen Kondensator 
C2, dann hat man stationär zwei auf die gleiche, niedrigere Spannung U1 
aufgeladene Kondensatoren. Paradoxerweise hat man dabei aber die hälfte 
der ursprünglich im System (also in C1) enthaltenen Energie in Verlust 
umgesetzt.

Jetzt die Spannungsvervielfacher-Schaltungen nach Villard oder 
Greinacher oder Cockcroft-Walton (die Kondensator-Dioden-Leiter):
Diese Schaltungen leben ja davon, Kondensatoren zyklisch umzuladen.

Aufgrund von Simulation, Messung und Literatur weiß ich, dass die 
Schaltung für sich recht effizient ist, zumindest deutlich effizienter, 
als man aufgrund des Kondensator-Paradoxons annehmen würde.

Wie erkläre ich mir das?
Rechnerisch finde ich keinen richtigen Zugang, der das anschaulich 
darlegt.

Ich bin gespannt!
Grüße,
K

: Verschoben durch User
von Dieter W. (dds5)


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Das Paradoxon schlägt nur dann in voller Härte zu, wenn einer der 
Kondensatoren völlig leer ist.
Je kleiner der Spannungshub ist um so geringer werden die Verluste.

Sonst würden ja auch die Ladungspumpen wie z.B. im MAX232 nicht gescheit 
funktionieren.

von Hp M. (nachtmix)


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Sven P. schrieb:
> Paradoxerweise hat man dabei aber die hälfte
> der ursprünglich im System (also in C1) enthaltenen Energie in Verlust
> umgesetzt.

Nicht unbedingt.
Wenn das Zusammenschalten verlustlos geschieht, und  die  Verbindung 
auch später keine Verluste hat, z.B. ein Supraleiter, pendelt die 
"verlorene Energie"  zwischen den Kondensatoren hin und her.
Schuld daran ist die nicht zu vermeidende Induktivität der Verbindung: 
Du hast einen Schwingkreis gebaut.
In der Praxis wird dieser Energiebetrag aber durch ohmsche und 
dielektrische Verluste recht bald in Wärme umgesetzt, evtl. auch als 
elektromagnetische Welle abgestrahlt.

Wenn man die Induktivität vorsätzlich groß macht, z.B. die 
Primärwicklung eines Netztrafos verwendet, und auch die Kondensatoren 
nicht zu klein wählt, kann man diese gedämpfte Schwingung auch gut mit 
einem Zeigerinstrument (Voltmeter oder Amperemeter) beobachten.

Bei den genannten Spannungsvervielfacherschaltungen ist hauptsächlich 
die Flußspannung der Dioden (=Schalter) für die Verluste verantwortlich.


P.S.:

Sven P. schrieb:
> Aufgrund von Simulation, Messung und Literatur weiß ich, dass die
> Schaltung für sich recht effizient ist, zumindest deutlich effizienter,
> als man aufgrund des Kondensator-Paradoxons annehmen würde.
>
> Wie erkläre ich mir das?

Weil dort die Kondensatoren bei richtiger Dimensionierung eben keine 
grossen Spannungshübe erleben und, bis auf die genannten 
Diodenflußspannungen, praktisch alle die gleiche Spannung haben.

: Bearbeitet durch User
von Falk B. (falk)


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Sven P. schrieb:

> Kondensator C1 parallel zu einem ungeladenen, gleichgroßen Kondensator
> C2, dann hat man stationär zwei auf die gleiche, niedrigere Spannung U1
> aufgeladene Kondensatoren. Paradoxerweise hat man dabei aber die hälfte
> der ursprünglich im System (also in C1) enthaltenen Energie in Verlust
> umgesetzt.

Ja.

Die Lösung wurde schon genannt. Wenn der Spannungsunterschied gering 
ist, steigt der Wirkungsgrad und kann sich bis nahe 100% bewegen. Das 
kann man leicht ausrechnen.

Beitrag "Re: Kräftige Ladepumpe 12V?"

von Sven P. (Gast)


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Die Erklärung leuchtet ein...

Das heißt, die Kaskade ist quasi im eingschwungenen Zustand erst 
effizient.

Und es heißt auch, die Effizienz der Kaskade sinkt, wenn man ihr Strom 
entnimmt, denn dadurch vergrößert sich der Spannungshub ja wieder.

von Falk B. (falk)


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Sven P. schrieb:
> Die Erklärung leuchtet ein...
>
> Das heißt, die Kaskade ist quasi im eingschwungenen Zustand erst
> effizient.

Ja.

> Und es heißt auch, die Effizienz der Kaskade sinkt, wenn man ihr Strom
> entnimmt, denn dadurch vergrößert sich der Spannungshub ja wieder.

Ja, aber wenn sie gescheit dimentsioniert ist, ist sie immer noch sehr 
effizient. Der Spannungsripple liegt dabei typischerweise unter 10%.

von Klaus R. (klara)


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Sven P. schrieb:
> Schaltet man einen auf eine beliebige Spannung U0 aufgeladenen
> Kondensator C1 parallel zu einem ungeladenen, gleichgroßen Kondensator
> C2, dann hat man stationär zwei auf die gleiche, niedrigere Spannung U1
> aufgeladene Kondensatoren.

Der Kondensator hat eine Ladung = C x U. Wenn das C jetzt verdoppelt 
wird fällt U auf die Hälfte, die Größe der Ladung bleibt gleich. Wenn 
man nicht ganz pingelig ist, wird bei diesem Vorgang nichts in Wärme 
umgesetzt.
mfg Klaus

von Hp M. (nachtmix)


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Klaus R. schrieb:
> Wenn das C jetzt verdoppelt
> wird fällt U auf die Hälfte, die Größe der Ladung bleibt gleich. Wenn
> man nicht ganz pingelig ist, wird bei diesem Vorgang nichts in Wärme
> umgesetzt.

Doch!
Zwar bleibt die Ladung gleich, aber nicht die gespeicherte Energie, weil 
die proportional zu C*U² ist.

von Klaus R. (klara)


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Hp M. schrieb:
>> Wenn
>> man nicht ganz pingelig ist, wird bei diesem Vorgang nichts in Wärme
>> umgesetzt.
>
> Doch!

Sven P. schrieb:
> Paradoxerweise hat man dabei aber die hälfte
> der ursprünglich im System (also in C1) enthaltenen Energie in Verlust
> umgesetzt.

Dann haben wir einen Energieverlust ohne das Wärme im Spiel ist. Das ist 
allerdings Paradox!

Wiederum heißt es ja, es geht keine Energie verloren, sie wird nur 
umgewandelt (Energieerhaltungssatz).
mfg Klaus

: Bearbeitet durch User
von Helmut S. (helmuts)


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Klaus R. schrieb:
> Dann haben wir einen Energieverlust ohne das Wärme im Spiel ist. Das ist
> allerdings Paradox!

Du hast dafür einen Schalter benutzt. In dem Schalter geht Energie 
verloren egal ob der 1mOhm oder 1kOhm hat. Bei 1mOhm geht es halt 
schneller aber dafür mit mehr Leistung.

: Bearbeitet durch User
von Hp M. (nachtmix)


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Klaus R. schrieb:
> Dann haben wir einen Energieverlust ohne das Wärme im Spiel ist.

Hast du nie den Blitz beim Schalten gesehen?
Das ist kein kaltes Licht, sondern ein etliche tausend Kelvin heisses 
Plasma!

von Sven P. (Gast)


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Seufz.

von Harald W. (wilhelms)


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Sven P. schrieb:

> Seufz.

Was seufzt (säufst) Du denn so?

von Klaus R. (klara)


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Helmut S. schrieb:
> Klaus R. schrieb:
>> Dann haben wir einen Energieverlust ohne das Wärme im Spiel ist. Das ist
>> allerdings Paradox!
>
> Du hast dafür einen Schalter benutzt. In dem Schalter geht Energie
> verloren egal ob der 1mOhm oder 1kOhm hat. Bei 1mOhm geht es halt
> schneller aber dafür mit mehr Leistung.

OK Helmut,
ich habe das Schweizer Taschenmesser befragt. Das Beispiel mit den 
beiden Kondensatoren ist dabei ziemlich extrem weil der geladene 
Kondensator in einen ungeladenen Kondensator umgeladen wird.

Die Spannung beträgt 100 V und die Kondensatoren haben 1 mF, also nichts 
besonderes, haben aber auch keinen ESR. Die Schalter haben Ron = 1 mOhm 
und Roff = 1 M. Letzterer Wert ist genügend hoch. Ich habe die 
Schaltverluste gemessen. Als Quelle habe ich einen Puls mit einer 
Einschaltflanke von 10 ns genommen. Zuerst wird S1 für 10 ms 
eingeschaltet. S2 ist geöffnet.
Danach wird S1 geöffnet und S2 nach 10,1 ms eingeschaltet.
Um die Energien an S1 und S2 vergleichen zu können wurde ein Intervall 
von 10 µs gewählt. Das genügt für beide Ladevorgänge.

S1 RMS = 515 kW und 5,14 Joule
S2 RMS = 262 kW und 2,62 Joule

Hp M. schrieb:
> Zwar bleibt die Ladung gleich, aber nicht die gespeicherte Energie, weil
> die proportional zu C*U² ist.

Also von einem Kondensatorparadoxon würde ich jetzt nicht mehr sprechen. 
In der Tat wurde die potentielle Energie in C1 beim Ladungsausgleich zur 
Hälfte durch S2 mit 1 mOhm in Wärmeenergie gewandelt. Die Spannung an 
beiden Kondensatoren ist gleich, beträgt nur noch 50 V. So paßt auch 
C*U².
Also nix mit Woodoo, eher ein Gag für das erste Semester.
mfg klaus

von Alex D. (allu)


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Sven P. schrieb:
> Paradoxerweise hat man dabei aber die hälfte
> der ursprünglich im System (also in C1) enthaltenen Energie in Verlust
> umgesetzt.

Diese Hälfte wird in dem kleinen Blitz beim zusammenschalten der 
Kondersatoren verbraten.

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