Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik 1N4005 Diodenkennlinie Sperrstrom


von Andreas K. (nick7)



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Hallo,

ich habe letztens eine Strom-Spannungskennlinie einer kommerziellen 
1N4005 Diode aufgezeichnet. Die lineare Darstellung der Kennlinie schaut 
aus wie erwartet und der Sperrstrom scheint auf dem ersten Blick 0 A zu 
sein. Stelle ich aber nun die Kennlinie in logarithmischer Form dar, 
sieht man, dass der logarithmische Strom im Sperrbereich zwischen 10^-ll 
und 10^-9 hin und her wackelt. Hat jemand eine Ahnung warum diese 
"Wobble" entstehen?

Ich danke für eure Antwort im Voraus!

von Kevin K. (nemon) Benutzerseite


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Hast du dich schon einmal ernsthaft mit dem Messen von Strömen < 1 µA 
beschäftigt?

von Stefan F. (Gast)


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Wie hast du denn Pica-Ampere gemessen?

Ich vermute, dass du die Fähigkeiten deiner Messgeräte und deines 
Aufbaus massiv überschätzt.

von Lothar M. (Firma: Titel) (lkmiller) (Moderator) Benutzerseite


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Andreas K. schrieb:
> Strom-Spannungskennlinie einer kommerziellen 1N4005 Diode aufgezeichnet.
Womit?

> Hat jemand eine Ahnung warum diese "Wobble" entstehen?
Luftfeuchtigkeit am Messaufbau? Oder Störeinkopplungen in den 
Messaufbau? Wie sah der denn so aus?

: Bearbeitet durch Moderator
von Stefan F. (Gast)


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Stefan F. schrieb:
> Wie hast du denn Pica-Ampere gemessen?

Pico-Ampere (mit o) war gemeint

von Hp M. (nachtmix)


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Ich könnte mir vorstellen, dass du da eine Interferenz von Messrate und 
Netzfrequenz aufgezeichnet hast, zumal bei angeblichen 0V der Strom 
nicht 0 ist.
Supraleitung wird dafür nicht der Grund sein, aber wahrscheinlich die 
Gleichrichtung einer störenden Wechselspannungseinkopplung an der Diode.

Bei Dioden im Glasgehäuse ist auch Lichtempfindlichkeit ein bekannter 
Störfaktor, aber das Kunststoffgehäuse der 1N4005 wird ziemlich 
lichtdicht sein.

von Jemand (Gast)


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Hallo

Im Klartext geschrieben: Bis in den µA Bereich sind Messungen im 
"normalen" Umfeld noch relativ problemarm und man braucht sich wenig bis 
keine weiter Gedanken machen.
Aber irgendwann kommt man in einen Bereich wo sich Antenneneffekte, 
Induktion wo es doch "keine" gibt... doch wirksam werden, eventuell die 
AD Wandler die letzten Bits nutzen und was immer es sonst noch gibt was 
man schnell wieder vergessen hat nachdem es mal bei den Grundlagen Thema 
war (Weil halt selten von Belang - selten ist aber nicht niemals...).

So schön die Dekaden Bezeichnungen und Potenzschreibweise auch ist:
Nicht vergessen wie weit diese Werte auseinander liegen.
Manchmal Schadet es nicht mal das µA mit allen Nachkommastellen auf zu 
schreiben, bei pA ist das hin in wieder noch mehr angebracht.
Zu schnell gewöhnt man sich an den Gebrauch, verliert aber ein Gefühl 
dafür um welche Werte es sich eigentlich handelt.

Leicht OT:
Das Stelle ich mir in der Astronomie und in der theoretischen Physik als 
echte "Problem" vor.
Ob irgendein Astronom sich wirklich vorstellen kann (vom "Bauch" her) 
wieviel in Lichtjahr ist, oder der Physiker der sich mit den 
Kernbausteinen und Quantenmechanik irgendwas unter die 10 hoch - 43 
Metern vorstellen die wohl irgendwie das kleinst mögliche ist (?)

von Dieter (Gast)


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So ein Problem und merkwürdige Driften hatte ich vor 22 Jahren beim 
Messen von großflächigen Halbleitersensoren (Sperrstrom) beim MaxPlanck. 
Die Assistentin meinte das Messproblem durch den Austausch mit einer 
Studentin zu lösen.

von (prx) A. K. (prx)


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Die Satz "wer misst misst Mist" ist prägnant genug, um ihn sich 
einprägen zu können. ;-)

von Andreas K. (nick7)


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Lothar M. schrieb:
> Andreas K. schrieb:
>> Strom-Spannungskennlinie einer kommerziellen 1N4005 Diode aufgezeichnet.
> Womit?
>
>> Hat jemand eine Ahnung warum diese "Wobble" entstehen?
> Luftfeuchtigkeit am Messaufbau? Oder Störeinkopplungen in den
> Messaufbau? Wie sah der denn so aus?

Gemessen habe ich mit einem Potentiostat (Gamry Reference 600, um es 
genauer zu sagen) in Laborumgebung (konstante Raumtemperatur, geringe 
Luftfeuchtigkeit, Laborbeleuchtung etc.)
Vermutlich überschätze ich tatsächlich die Fähigkeit meines 
Messgerätes...

Oder könnten vielleicht externe Störungen, wie beispielsweise 
elektromagnetische Felder, eine Ursache sein (Eine Abschirmung mit einem 
Faradaykäfig wäre in dem Fall eine Lösung)?

Dieter schrieb:
> So ein Problem und merkwürdige Driften hatte ich vor 22 Jahren beim
> Messen von großflächigen Halbleitersensoren (Sperrstrom) beim MaxPlanck.
> Die Assistentin meinte das Messproblem durch den Austausch mit einer
> Studentin zu lösen

Same here! Ich arbeite gerade selber an selbstbeschichteten 
großflächigen Halbleitersensoren und mir sind diese Wobble zum ersten 
mal bei deren Vermessung aufgefallen. Anfangs dachte ich es liegt an der 
selbstbeschichteten Halbleiteroberfläche, weshalb ich dann eine 
kommerzielle Diode vermessen habe. Nun siehe da... Man sieht den selben 
Effekt. Nur eben warum?

von Falk B. (falk)


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Andreas K. schrieb:
> Gemessen habe ich mit einem Potentiostat (Gamry Reference 600, um es
> genauer zu sagen)

Link? Datenblatt?

> in Laborumgebung (konstante Raumtemperatur, geringe
> Luftfeuchtigkeit, Laborbeleuchtung etc.)

Wie sah der Aufbau aus? Bei Sub-nA Strömen ist das nicht mehr trivial.

> Oder könnten vielleicht externe Störungen, wie beispielsweise
> elektromagnetische Felder, eine Ursache sein

Sicher.

> (Eine Abschirmung mit einem
> Faradaykäfig wäre in dem Fall eine Lösung)?

Sie kann helfen, wenn man es richtig macht.

> kommerzielle Diode vermessen habe. Nun siehe da... Man sieht den selben
> Effekt. Nur eben warum?

Weil du einen Fehler in deinem Meßaufbau hast. Ich hab in einem Buch 
Kennlinien von zwei Dutzend Dioden, die gehen runter bis in den pA 
Bereich und sind alle recht linear (bei doppelt logarithmischer 
Darstellung)

von Helmut S. (helmuts)


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Für solche Messungen solltets du das Bauteil in einen metallischen 
Kasten legen. Außerdem sollten die Messleitungen abgeschirmt sein.

Schau dir mal Bild 4.16 und 4.17 auf Seite 4.15 an.
https://www.mouser.com/pdfDocs/Keithley_Low_Level_Measurements_7Ed.pdf

von Yalu X. (yalu) (Moderator)


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Die Kennlinien erscheinen mir viel zu glatt für eine reale Messung.

War beim Erstellen der Diagramme vielleicht eine Glättungsfunktion
aktiv?

Wo liegen die tatsächlichen Messpunkte? Vielleicht kannst du ja eine
Textdatei mit den numerischen Messwerten (Spannung und Strom) posten.

Auch wenn die Antwort vermutlich "nein" ist: Ist die Messung
reproduzierbar?

von GEKU (Gast)


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Wie sieht die Messung mit einem Widerstand statt der Diode aus. Wichtig: 
gleicher Messaufbau.

von Lothar M. (Firma: Titel) (lkmiller) (Moderator) Benutzerseite


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GEKU schrieb:
> Wichtig: gleicher Messaufbau.
Und: Handy aus!

von Yalu X. (yalu) (Moderator)


Angehängte Dateien:

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Ich habe gestern Abend spaßeshalber mal ausprobiert, inwieweit die
Messung des Diodensperrstroms auch mit einfachen Hobbymitteln möglich
ist.

Dazu habe ich aus einem TLC272, einem Kerko (1nF oder 10nF) und einem
Taster auf einem Steckbrett einen Integrierer aufgebaut (schaltung.png).
Ein Labornetzgerät liefert dabei die Testspannung (0..60V) für die
Diode. Der Sperrstrom wird im Kondensator über mehrere Sekunden
akkumuliert und der zeitliche Spannungsverlauf (eine lineare Rampe) auf
einem Oszi angezeigt. Aus der Anstiegsgeschwindigkeit lässt sich mittels
I=C·dU/dt der Strom berechnen.

Vor der eigentlichen Sperrstrommessung habe ich mehrere Testmessungen
mit einem 10MΩ-Widerstand an verschiedenen Spannungen durchgeführt und
damit nachgewiesen, dass das Verfahren prinzipiell funktioniert. Des
Weiteren konnte ich damit die genaue Kapazität des Kondensators (inkl.
der parasitären Kapazitäten des Steckbbretts) bestimmen.

Ein Vorteil des Integrationsverfahrens liegt darin, dass bei längerer
Integrationsdauer der Fehler durch AC-Störungen praktisch vollständig
eliminiert werden kann. Was aber bleibt, sind der Leckstrom des
Kondensators, Kriechströme auf Grund von Verunreinigungen auf dem
Steckbrett sowie der Eingangsstrom des Opamps (der dank Mosfets aber
sehr, sehr gering ist).

Zur Bestimmung dieser Ströme habe ich den Kondensator aufgeladen und
(ohne angeschlossene Diode oder Widerstand) das langsame Abfallen der
Spannung auf dem Oszi beobachtet. Es entsteht die typische Entladekurve
eines RC-Glieds (U₀·exp(-t/RC)), aus der der parasitäre Widerstand R
berechnet werden kann: R=480GΩ. Bei der in der Diodenmessung maximal
verwendeten Kondensatorspannung von 3V beträgt der Leckstrom etwa 6pA,
weswegen ich ihn in den folgenden Messungen vernachlässigte. Man könnte
die parasitären 480GΩ in der Auswertung berücksichtigen, da müsste ich
aber erst noch etwas herumrechnen.

Die Sperrstrommessung führte zuerst an einer 1N4148 durch, weil diese
laut Datenblatt einen geringen Sperrstrom von nur wenigen nA aufweist.
Mit C=10nF ergeben sich Anstiegsgeschwindigkeiten des Ausgangssignals je
nach angelegter Testspannung von ein paar Hundert mV/s.

Bei der 1N4001 erwartete ich eigentlich einen höheren Sperrstrom.
Überraschenderweise war er aber deutlich niedriger als bei der 1N4148,
was evtl. daran liegt, dass die 1N4001 eine umgelabelte 1N4007 ist.
Um die Integrationszeiten (und damit auch der Einfluss des Leckstroms)
in Grenzen zu halten, habe ich C auf 1nF reduziert.

Die Messergebnisse (messung.png) sehen sehr plausibel aus und stimmen
qualitativ gut mit den Diagrammen in den Datenblättern überein. Bei
beiden Dioden sind die Sperrströme niedriger als im Datenblatt
angegeben, was aber mit der niedrigeren Umgebungstemperatur (20°C statt
25°C), und einer glücklichen Hand bei der Auswahl der getesteten
Exemplare erklärt werden kann.

Vor und während einer Messung darf man keinesfalls in der Nähe der
Schaltung ausatmen, sonst wird das Ergebnis beliebig ungenau. Ebenso
wirken sich schon leichte Temperaturänderungen merklich aus das Ergebnis
aus. Dazu reicht schon die Strahlungswärme einer LED-Taschenlampe.
Als ich testweise einen der Anschlussdrähte der Diode mit dem Lötkolben
für 2 Sekunden angetippt habe, erhöhte sich der Strom etwa um den Faktor
10, und es dauerte eine Stunde, bis er wieder auf den ursprünglichen
Wert abgefallen ist.

Das das Messverfahren relativ zeitaufwendig ist, bietet sich natürlich
die Automatisierung mittels eines µC an, der die Testspannung und den
Entladeschalter steuert, den Spannungsanstieg per Komparator und Timer
misst, die anschließenden Berechnungen inkl. der Kompensations des
Leckstroms ausführt und jeweils eine komplette Kennlinie auf einem
Display ausgibt oder an einen PC überträgt. Wenn mir mal langweilig ist,
werde ich das evtl. in Angriff nehmen.

von Yalu X. (yalu) (Moderator)


Angehängte Dateien:

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Ach ja, ich habe mal das Diagramm 1N4005_Logarithmische_Darstellung.png
des TE entlogarithmiert unter der Annahme, dass an den drei Stellen, wo
die Kurve die x-Achse trifft, jeweils ein Vorzeichenwechsel stattfindet
(kennlinie.png). Dass diese Kennlinie nicht einmal monoton ist, deutet
auf ein massives Problem bei der Messung hin.

Es könnte aber auch sein, dass bei der Erstellung des Diagramms eine
Kurvenglättung mittels Splines o.ä. vor der Logarithmierung angewandt
wurde, was zu einem nichtmonotonen Verlauf zwischen den Messpunkten
führen kann. Normalerweise merkt man von diesem Effekt nichts, durch die
nachträgliche Logarithmierung wird er aber extrem verstärkt.

von Karl B. (gustav)


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Hi,

Yalu X. schrieb:
> (U₀·exp(-t/RC)

Etwas gewöhnungsbedürftig.
Ich kenn das so:
U=Uo mal (1-e hoch minus x)
wobei x = t durch R mal C


nicht briggscher log sondern Euler ln.

ciao
gustav

: Bearbeitet durch User
von Dieter (Gast)


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Die merkwuerdigen Messungen sind leider schon richtig. Einige der 
Einschnuerungen bekommt man nur weg, wenn man den Chip komplett frei 
legt.

von Wolfgang (Gast)


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Karl B. schrieb:
> Etwas gewöhnungsbedürftig.
> Ich kenn das so:
> U=Uo mal (1-e hoch minus x)
> wobei x = t durch R mal C

Das kommt drauf an, ob du die Lade- oder die Entladekurve betrachtest. 
Das ist ein Unterschied, der sich auch in der mathematischen 
Beschreibung der Kurve widerspiegelt.

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