Forum: FPGA, VHDL & Co. Ein FPGA für >100k ?


von Elektrokurt (Gast)


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Hallo

Ich habe gerade bei Mouser nach FPGAs gesucht und folgendes entdeckt:

https://www.mouser.at/ProductDetail/Xilinx/XCVU47P-L2FSVH2892E?qs=sGAEpiMZZMvoScKlWpK8TBRV19f8MAVDsH5H0I0Z44c%3D

Ein FPGA für einen Bruttopreis von ca. 107k Euro. im  FBGA-2892 
Gehäuse.
Schön, nur wofür wird das verwendendet?
Ich war mir bewusst dass die Teile gerne 800 Euro kosten, das habe ich 
auch durchaus verstanden für Basistationen oder Messgeräte, aber 107K?
In welchem Produkt würde man so etwas anwenden?

LG

von abc. (Gast)


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Wenn du das Design eines neuen (ARM)-Prozessors testen möchtest, bevor 
du es in einen ASIC gießt ;-)

von Teo D. (teoderix)


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Elektrokurt schrieb:
> In welchem Produkt würde man so etwas anwenden?

Warum glaubst du, sind Crusemissels und Atomraketen so teuer....

von Methusalic (Gast)


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Elektrokurt schrieb:
> In welchem Produkt würde man so etwas anwenden?

Benutz bitte die Suchfuktion, das wurde hier schon öfters diskutiert:

Beitrag "teure FPGAs - welche Verwendung?"
Beitrag "Warum Preise so unterschiedlich bei FPGAs"

von Methusalic (Gast)


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... neue FPGA's werden als  'Engineering sample' gern zum Zehnfachen 
Preis verkauft. Strahlungshärtung ist auch so ein Preistreiber, aber wer 
will schon das dem tollen Telecom-Satelliten auf der Umlaufbahn im 
Sonnenwind die Pins wegfliegen:

https://www.eejournal.com/article/20150414-space/

von Andreas S. (Firma: Schweigstill IT) (schweigstill) Benutzerseite


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Elektrokurt schrieb:
> Ein FPGA für einen Bruttopreis von ca. 107k Euro. im  FBGA-2892
> Gehäuse.

Den typischen Kunden solcher Bausteine interessiert aber nicht der 
Bruttopreis, da er vorsteuerabzugsberechtigt ist. Aber Du wolltest 
unbedingt eine möglichst große Zahl nennen.

Auch schon deutlich kleinere FPGA und Prozessoren werden zu ähnlichen 
oder noch höheren Preisen gehandelt, und zwar in den raumfahrttauglichen 
Ausführungen.

> Schön, nur wofür wird das verwendendet?
> Ich war mir bewusst dass die Teile gerne 800 Euro kosten, das habe ich
> auch durchaus verstanden für Basistationen oder Messgeräte, aber 107K?
> In welchem Produkt würde man so etwas anwenden?

Solche Bauelemente am oberen Ende der Fahnenstange sind immer deutlich 
überproportional teuer, da die Stückzahlen klein sind, es (zumindest 
kurzzeitig) keine Konkurrenz auf dem Markt gibt und der Kunde diese 
Leistung aber dringend benötigt. Typische Anwendungen wären z.B. 
Radarsignalverarbeitung, Deep Packet Inspection, Netzwerkrouter. Das 
ganze dann auch noch für militärische Anwendungen oder Geheimdienste.

Die Alternative bestünde vielfach darin, einen eigenen Chip zu 
schnitzen, in dem womöglich noch experimentelle Algorithmen laufen. Und 
wenn das nicht so funktioniert wie erwartet, wirft man einen Maskensatz 
für 50 Mio. Euro in die Tonne. Da sind solche High-End-FPGA doch 
deutlich billiger.

Mittlerweile werden FPGA auch für den sog. Hochfrequenzhandel an Börsen 
eingesetzt. Das ist die Perversion schlechthin. Da geht es mittlerweile 
um jede Nanosekunde Signallaufzeit. Wer seinen Rechner mit nur wenigen 
Metern Kabellänge direkt im Rechenzentrum in der Wall Street ans Netz 
ankorken kann, hat gewonnen. Bei den gigantischen Handelsvolumina und 
möglichen Gewinnen und Verlusten kommt es auch nicht mehr auf die 
Hardwarekosten an.

https://www.xilinx.com/applications/data-center/financial-technology.html

Für Bitcoin und Co. rechnen sich die dicken FPGA heutzutage aber nicht 
mehr, da man noch höhere Leistungen benötigt. Aber die ersten 
Bitcoin-Mining-Maschinen waren durchaus FPGA-basiert. Für diejenigen, 
die bei neuen Kryptowährungen von Anfang an dabei sind, ist Zeit 
alles. Und wenn man den eigenen Miner eine Woche vor der Konkurrenz am 
Laufen hat, dann haben sich auch solche 100 kEur-FPGA schnell 
amortisiert. Wenn die Kryptowährung aber floppt, hat man viel Geld aus 
dem Fenster geworfen.

Warum schaust Du Dir denn eigentlich nicht selbst auf den 
Xilinx-Webseiten an, für welche Zielmärkte und Anwendungen deren 
Produkte bestimmt sind?

von Elektrokurt (Gast)


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Andreas S. schrieb:
> Warum schaust Du Dir denn eigentlich nicht selbst auf den
> Xilinx-Webseiten an, für welche Zielmärkte und Anwendungen deren
> Produkte bestimmt sind?

Nun, ich kann mir solche vagen Dinge natürlich auch denken, ich hoffte 
eher auf ein:;
Ja, die haben wir dort und da verwendet, einfach aus Interesse.

Andreas S. schrieb:
> Aber Du wolltest
> unbedingt eine möglichst große Zahl nennen.

Nicht wirklich, das umrechnen auf Brutto im Kopf mache ich fast 
automatisch, gerade bei Mouser.

Andreas S. schrieb:
> Elektrokurt schrieb:
>> Ein FPGA für einen Bruttopreis von ca. 107k Euro. im  FBGA-2892
>> Gehäuse.
>
> Den typischen Kunden solcher Bausteine interessiert aber nicht der
> Bruttopreis, da er vorsteuerabzugsberechtigt ist. Aber Du wolltest
> unbedingt eine möglichst große Zahl nennen.
>
> Auch schon deutlich kleinere FPGA und Prozessoren werden zu ähnlichen
> oder noch höheren Preisen gehandelt, und zwar in den raumfahrttauglichen
> Ausführungen.
>
>> Schön, nur wofür wird das verwendendet?
>> Ich war mir bewusst dass die Teile gerne 800 Euro kosten, das habe ich
>> auch durchaus verstanden für Basistationen oder Messgeräte, aber 107K?
>> In welchem Produkt würde man so etwas anwenden?
>
> Solche Bauelemente am oberen Ende der Fahnenstange sind immer deutlich
> überproportional teuer, da die Stückzahlen klein sind, es (zumindest
> kurzzeitig) keine Konkurrenz auf dem Markt gibt und der Kunde diese
> Leistung aber dringend benötigt. Typische Anwendungen wären z.B.
> Radarsignalverarbeitung, Deep Packet Inspection, Netzwerkrouter. Das
> ganze dann auch noch für militärische Anwendungen oder Geheimdienste.
>
> Die Alternative bestünde vielfach darin, einen eigenen Chip zu
> schnitzen, in dem womöglich noch experimentelle Algorithmen laufen. Und
> wenn das nicht so funktioniert wie erwartet, wirft man einen Maskensatz
> für 50 Mio. Euro in die Tonne. Da sind solche High-End-FPGA doch
> deutlich billiger.
>
> Mittlerweile werden FPGA auch für den sog. Hochfrequenzhandel an Börsen
> eingesetzt. Das ist die Perversion schlechthin. Da geht es mittlerweile
> um jede Nanosekunde Signallaufzeit. Wer seinen Rechner mit nur wenigen
> Metern Kabellänge direkt im Rechenzentrum in der Wall Street ans Netz
> ankorken kann, hat gewonnen. Bei den gigantischen Handelsvolumina und
> möglichen Gewinnen und Verlusten kommt es auch nicht mehr auf die
> Hardwarekosten an.
>
> https://www.xilinx.com/applications/data-center/financial-technology.html
>
> Für Bitcoin und Co. rechnen sich die dicken FPGA heutzutage aber nicht
> mehr, da man noch höhere Leistungen benötigt. Aber die ersten
> Bitcoin-Mining-Maschinen waren durchaus FPGA-basiert. Für diejenigen,
> die bei neuen Kryptowährungen von Anfang an dabei sind, ist Zeit
> alles. Und wenn man den eigenen Miner eine Woche vor der Konkurrenz am
> Laufen hat, dann haben sich auch solche 100 kEur-FPGA schnell
> amortisiert. Wenn die Kryptowährung aber floppt, hat man viel Geld aus
> dem Fenster geworfen.
>
> Warum schaust Du Dir denn eigentlich nicht selbst auf den
> Xilinx-Webseiten an, für welche Zielmärkte und Anwendungen deren
> Produkte bestimmt sind?

Ok Danke.

von Tobias B. (Firma: www.elpra.de) (ttobsen) Benutzerseite


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Zur Ergaenzung:

https://hackaday.com/2019/09/24/who-could-possibly-need-an-fpga-with-9m-logic-cells-and-35b-transistors/

Auch die Kommentare sind zum Teil ganz interessant.

von Jippi (Gast)


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Der Versand ist kostenlos :-D

von Xare (Gast)


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Andreas S. schrieb:
> Mittlerweile werden FPGA auch für den sog. Hochfrequenzhandel an Börsen
> eingesetzt. Das ist die Perversion schlechthin. Da geht es mittlerweile
> um jede Nanosekunde Signallaufzeit. Wer seinen Rechner mit nur wenigen
> Metern Kabellänge direkt im Rechenzentrum in der Wall Street ans Netz
> ankorken kann, hat gewonnen. Bei den gigantischen Handelsvolumina und
> möglichen Gewinnen und Verlusten kommt es auch nicht mehr auf die
> Hardwarekosten an.
>
> https://www.xilinx.com/applications/data-center/financial-technology.html

Zum Thema "pervers" und wer sich mal beispielhaft ein konkretes 
Endprodukt ansehen möchte

Arista 7130 (zugekauft von Metamako, die waybackmachine hat noch ein 
paar mehr Datenblätter und Broschüren)
https://www.arista.com/en/products/7130-series
https://www.arista.com/assets/data/pdf/7130-product-overview.pdf

Kein "normaler" Netzwerkswitch (L2/L3), sondern so etwas wie ein 
konfigurierbares Patchpanel ("crosspoint switch") auf L1-Basis (also 
physical layer). Port-Port Latenz ist 4ns (!) und ein Prospekt, den ich 
gerade nicht mehr finde, warb mit Aussagen wie sinngemäß "Die 
Port-Port-Latenz des Geräts entspricht lediglich 1m Glasfaser."
Man kann das Teil mit 0, 1, oder 3 eingebauten Xilinx FPGAs kaufen und 
die externen Ports auch an diese hängen, sowie die FPGAs untereinander 
verbinden. Ein Appnote sagt zur Anwendung: auf einem FPGA lässt man den 
Trading-Algorithmus laufen, auf dem anderen den 
Risikoanalysealgorithmus, der den Trader ggf. unterbricht wenn es zu 
heikel wird. Wer genaue längere Holdover Time bei Ausfall der PTP 
Grandmaster Clock braucht, kann sich auch für Varianten mit OCXO oder 
Rubidiumuhr entscheiden.

Da läuft also die Bank vollautomatisiert auf dem FPGA. Schöne neue 
Welt...

Wir haben uns mal in der Arbeit (Steuerung, verteiltes Echtzeitsystem) 
ein Demogerät (ohne FPGAs und Clock) für Netzwerkmessungen/Timestamping 
und Portmirroring ausgeliehen. Ein interessantes Gerät, aber leider nur 
mit 10 GbE.

von Jörg W. (dl8dtl) (Moderator) Benutzerseite


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abc. schrieb:
> Wenn du das Design eines neuen (ARM)-Prozessors testen möchtest, bevor
> du es in einen ASIC gießt ;-)

Muss nichtmal ganz so komplex sein.

Als der AT86RF215 damals bei Atmel hier in Dresden entwickelt worden 
ist, wurden für die Vorab-Emulation auch FPGAs für je einige 10000 Euro 
benötigt, da das Design in keine der bereits von vorangegangenen 
Projekten existierenden kleineren FPGAs mehr gepasst hat. Da ist es dann 
schon eine relevante Entscheidung, ob man drei FPGAs kaufen muss, oder 
ob die Entwicklung mit nur zwei Stück auskommt. ;-)

Simulieren kann man natürlich auch (und macht man), aber die 
simulierbare Real-Zeit hält sich für ein komplexes Design in Grenzen 
(eine ganze Sekunde zu simulieren, ist da schon grenzwertig), und die 
Simulator-Hersteller lassen sich auch nach Nutzungszeit bezahlen. Im 
Gegensatz dazu ist die Emulation im FPGA echtzeitfähig, man kann das 
Design damit tage- und wochenlang testen.

: Bearbeitet durch Moderator
von Stefan H. (Firma: dm2sh) (stefan_helmert)


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Das ist ja langweilig. Ich suche einen FPGA, der mir ein DGX-2 in 
Echtzeit nachbildet.

von Phil E. (aktiver_mitleser)


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Realer usecase: wir schauen uns für unsere ASIC-Entwicklung grade sehr 
genau das neueste Intel-FPGA mit 10M LUTs an. Gegenüber den Kosten für 
einen zweiten oder dritten Maskensatz und dem entgangenen Umsatz wegen 
späterem Verkaufsstart ist auch eine Handvoll von den FPGAs billiger. 
Die real gezahlten Preise sind natürlich auch andere als die die Mouser 
“ohne Verhandlung“ auf die Website stellt.

Zweiter Usecase: in meinem Studium hab ich an nem Projekt “FPGA im 
Satellit“ mitgearbeitet. Die weltraumgeeigneten FPGAs die da zum Einsatz 
kamen lagen auch bei ~100k. Gründe dafür liegen u.a. an anderer 
Technologie (Strahlungshärtung durch z.B. 12-Transistor-SRAM statt 
6-Transistor-SRAM), höhere Entwicklungskosten (z.B. Chips bestrahlen 
lassen) und den deutlich kleineren Stückzahlen.

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