Forum: Platinen Platine ohne Gehäuse betreiben/verkaufen, geht das?


von Andre (Gast)


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Gibt es eine Norm/Richtlinie, die Gehäuse verpflichtend vorschreibt?

Ich denke dabei an Demo-Boards, LED Spielereien wie z.B. den 
Platinen-Weihnachtsbaum, Touch-Buttons, ...
Allgemein Platinen, die man nur sehr umständlich oder gar nicht in einem 
Gehäuse unterbringen könnte.

Die Schaltungen laufen alle mit 12V oder 5V, versorgt von einem 
Schutzklasse II Steckernetzteil. Also grundsätzlich ungefährlich beim 
Berühren, im schlimmsten Fall bringt man die Schaltung etwas 
durcheinander.

Weiß jemand ob man eine Platine ohne Gehäuse
- zuhause betreiben darf?
- als Bausatz verkaufen darf?

Danke!

von MaWin (Gast)


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Darf man. Du siehst ja auch genug Beispiele.
Deine Spannung ist SELV, erst ab 25V~ oder 60V= ist ein Berührschutz 
gefordert.
Ohne Gehäuse und Netzteil ist es auch kein Gerät, ohne Funk brauchst du 
keine CE Prüfungen einzuhalten (EMV wird dem Gehäuseerinbau auferlegt, 
'in ein ausreichend abschirmendes Gehäuse einzubauen'), musst nur RoHS 
erfüllen.
Aber du musst Entsorgung per Stiftung EAR gewährleisten, wohl als 166 
EUR/Jahr Kleinmenge.
Ebenso muss deine Verpackung bei LUCID gemeldet, im Voraus bezahlt und 
dann monatlich (kostenlos) gemeldet werden.
Wenn sich das Produkt sn Gewerbetreibende wendet 'Eval board' entfallt 
die Entsorgung.
Ist es Kinderspielzeug, muss eventuell die Spielzeugrichtlinie beachtet 
werden.
Verkauf ins (europäische) Ausland quasi unmöglich, du müsstest eine 
landessprachliche Bedienungsanleitung beilegen und im dortigen WEEE 
System registriert sein.

von Maxe (Gast)


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Prinzipiell sollte nichts dagegen sprechen. Letztlich ist es halt so, 
dass das Teil unter normalen Einsatzbedingungen auch funktionieren muss. 
Es darf nicht abrauchen, wenn Metallteile an offene Kontakte kommen oder 
aehnliches.

von hans (Gast)


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MaWin schrieb:
> ohne Funk brauchst du keine CE Prüfungen einzuhalten (EMV wird dem
> Gehäuseerinbau auferlegt, 'in ein ausreichend abschirmendes Gehäuse
> einzubauen')

Das halte ich für ein Gerücht. Du musst zumindest nachweisen das (und 
dem Kunden mitteilen wie) man die Platine sauber bekommt.

Sprich ein Test in einem vor dir als passend erachteten Gehäuse in einem 
repräsentativen Aufbau.

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von MaWin (Gast)


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hans schrieb:
> dem Kunden mitteilen wie

Habe ich.

Wer so viel Schiss hat wie du, ist als Unternehmer charakterlich 
ungeeignet.

von Markus M. (adrock)


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Das mit dem EAR ist ja nichts neues, aber LUCID kannte ich noch nicht.

Gibt es auf irgendwo konkrete Spezifikationen wie hoch dafür die 
Abgaben sind? Auf der Webseite hört sich das alles völlig schwammig an.

Angenommen ich verkaufe PCBs mit ein paar Bauteilen drauf in kleinen 
Plastiktütchen die ich in Umschlägen per Post verschicke. Ist das da 
überhaupt relevant?

von Michael B. (laberkopp)


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Markus M. schrieb:
> Gibt es auf irgendwo konkrete Spezifikationen wie hoch dafür die
> Abgaben sind?

Wie immer bei den durch Lobbykonzerne konkurrenzverhindernd 
geschriebenen Gestezen: Die Kleinen werden übermässig zur Kasse gebeten, 
so sher daß sich oftmals der Markteintritt nicht mehr lohnt. Die 
kleinste Menge geht gleich bis 50kg Verpackungsgewicht und kostet so 
35-44 EUR, je nach Anbieter.

Wer da im Jahr nur 10 Produkte verkauft, kann seinen Laden gleich wieder 
zu machen. Korruption rulez.

von Sebastian (Gast)


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Mal ohne Anspruch der Rechtsberatung: LUCID ist nicht 
elektronikspezifisch, sondern betrifft alle gewerblichen Versender. Man 
zahlt nicht an diese Verwaltungsstelle selbst, die bekommt nur die 
Mengenmeldungen. Das Entsorgungskontingent für die Verpackung kauft man 
bei einem registrierten Verpackungsentsorger online, etwa 50 Euro 
sollten den Jahresbedarf eines kleineren Händlers an Pappe und Klebeband 
abdecken.

von Sebastian (Gast)


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Oh, Michael B. war schneller, und er hat ganz recht.

von Cyblord -. (cyblord)


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Markus M. schrieb:
> Angenommen ich verkaufe PCBs mit ein paar Bauteilen drauf in kleinen
> Plastiktütchen die ich in Umschlägen per Post verschicke. Ist das da
> überhaupt relevant?

Tu es doch einfach. Was denkst du kann schlimmstenfalls passieren?

von Andre (Gast)


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Danke, da sind viele Stichworte zum recherchieren dabei!

Also das "Problem" an dem Projekt ist, es geht um ein Kunst/Deko-Objekt 
ähnlich dem erwähnten LED Weihnachtsbaum. Als Gehäuse käme deswegen nur 
eine Scheibe aus Acrylglas in Frage, ansonsten sieht man davon nichts 
mehr.

Also ich lese jetzt folgende Baustellen raus:

- RoHS
-> ist kein Problem, muss nur passend bestellt werden

- EAR & LUCID
-> anmelden & erledigt

- EMV, CE
-> kein Gehäuse, also kein "Gerät"... Die I/Os sind im einstelligen kHz 
Bereich unterwegs, das spannendste ist eine 1kHz PWM mit 300mA Last. Ich 
schätze die billigen China LED Streifen strahlen mehr ab, werde mich 
aber trotzdem in die Grenzwerte & Messmöglichkeiten einlesen.

- Spielzeug & Ausland
-> nicht relevant für dieses Projekt

- "nicht abrauchen"
-> Tja das wird schwierig. Sicherung & ESD Schutz ist vorhanden, die 
Wohnung wird es also nicht in Brand stecken. Aber unzerstörbar ist es 
nicht, wenn man wild Brücken legt wird irgendwas kaputt gehen.

Ich werde mir die AGBs & Handbücher von ähnlichen Deko-Bausätzen 
durchlesen. Vielleicht finden sich dort noch Hinweise gegen was man sich 
absichern muss.

von QQ (Gast)


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Da du vermutlich umfangreiche kommerzielle Absichten hast, bietet dir 
der Anwalt deines Vertrauens mehr Rechtssicherheit als die Erfahrungen 
der Foristen. Vielleicht bietet die IHK auch einen gewissen Service an.

von Hans W. (Firma: Wilhelm.Consulting) (hans-)


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MaWin schrieb:
> hans schrieb:
>> dem Kunden mitteilen wie
>
> Habe ich.
>
> Wer so viel Schiss hat wie du, ist als Unternehmer charakterlich
> ungeeignet.

Schön, dass hier nun anscheinend absichtlich zu Gesetzesverstößen 
geraten wird...

Dabei dürfte das hier alles gar nicht so schlimm sein.


Andre schrieb:
> - EMV, CE
> -> kein Gehäuse, also kein "Gerät"... Die I/Os sind im einstelligen kHz
> Bereich unterwegs, das spannendste ist eine 1kHz PWM mit 300mA Last. Ich
> schätze die billigen China LED Streifen strahlen mehr ab, werde mich
> aber trotzdem in die Grenzwerte & Messmöglichkeiten einlesen.

Vorsicht! "Gerät" definiert sich nicht über ein Gehäuse!
Eigentlich ist's egal was du in Verkehr bringst. Es muss halt passen.

Übrigens bist du bei 1kHz (Quartz oders so eh nicht vergessen?) auf den 
Leitungen eigentlich bei der EMV Richtlinie "draußen". Zumindest bei den 
Emissionen...

Dann gäbe es auch noch eine Methode über die CISPR14-1 und CISPR14-2 
sich zu "drücken".
Da gibt's Ausnahmen für "Experimentierkits" (ist in der Norm spannend 
definiert).
Wenn du in die Kategorie fällst, würdest du nix testen müssen.

Falls du bei den technischen Anforderungen (also EMV, Safety) 
Unterstützung brauchst => PM. Solche Strategiedokumente mache ich für 
Kunden öfter.

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: Bearbeitet durch User
von Cyblord -. (cyblord)


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Hans W. schrieb:
> Schön, dass hier nun anscheinend absichtlich zu vorsätzlichen
> Gesetzesverstößen geraten wird...

Ich sage mal so, die aktuellen Vorgaben sind für Kleinunternehmer die 
ein paar Stück im Jahr verkaufen wollen schlicht nicht einzuhalten. Aber 
ich kenne auch wenige die dafür belangt wurden.
Das größte Problem sind Abmahnungen der Mitbewerber. Aber wenn man klein 
genug ist, taucht man auf deren Radar nicht auf.

: Bearbeitet durch User
Beitrag #6315110 wurde von einem Moderator gelöscht.
von Markus M. (adrock)


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Cyblord -. schrieb:
> Das größte Problem sind Abmahnungen der Mitbewerber. Aber wenn man klein
> genug ist, taucht man auf deren Radar nicht auf.

Genau das ist das Problem. Sagen wir mal ich bin Einzelunternehmer um 
irgendwas offiziell gewerblich verkaufen zu dürfen, mache es auf eBay. 
Schwupps sieht's irgendein (Möchtegern-)Mitbewerber oder sonstiger das 
Angebot, macht einen Testkauf, keine WEEE Nummer, kein Eintrag im 
Verpackungsregister -> Abmahnung.

Die Frage ist wo genau die Grenze zwischen "Liebhaberei" und 
"gewerbsmäßigem Verkauf mit Gewinnabsicht" gezogen wird. Bei 10, 20, 50, 
100 PCBs?

von MaWin (Gast)


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Markus M. schrieb:
> ie Frage ist wo genau die Grenze zwischen "Liebhaberei" und
> "gewerbsmäßigem Verkauf mit Gewinnabsicht" gezogen wird.

Einnahmen von 410 EUR und 5 Verkäufen

Siehe: https://dse-faq.elektronik-kompendium.de/dse-faq.htm#F.20.1

von Cyblord -. (cyblord)


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Markus M. schrieb:
> Sagen wir mal ich bin Einzelunternehmer um
> irgendwas offiziell gewerblich verkaufen zu dürfen, mache es auf eBay.
> Schwupps sieht's irgendein (Möchtegern-)Mitbewerber oder sonstiger das
> Angebot, macht einen Testkauf, keine WEEE Nummer, kein Eintrag im
> Verpackungsregister -> Abmahnung.

Ja und wie hoch schätzt du die Wahrscheinlichkeit ein dass jemand das 
wirklich tut? Und wie hoch schätzt du die Summe ein die du dann wirklich 
(evt. nach Gerichtsverfahren) zahlen musst?
Einfach Risiko gegen Chance rechnen.

von MaWin (Gast)


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Cyblord -. schrieb:
> wie hoch schätzt du die Wahrscheinlichkeit ein dass jemand das wirklich
> tut?

100%.
Es gibt Anwälte, die leben von nichts anderem.

von Max G. (l0wside) Benutzerseite


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Ich kann nur auf meine Posts von letztem Jahr verweisen. Daran hat sich 
nichts geändert:
Beitrag "Re: Wenn ihr so tolle Sachen baut, warum verkauft ihr sie nicht?"
Beitrag "Re: Wenn ihr so tolle Sachen baut, warum verkauft ihr sie nicht?"

In der Summe: es gibt ein paar Hürden, aber völlig unüberwindbar sind 
sie nicht.

von Osterhase (Gast)


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Cyblord -. schrieb:
> Ja und wie hoch schätzt du die Wahrscheinlichkeit ein dass jemand das
> wirklich tut?

Schreib irgendwas mit Schrittmotor ran und der horst Weihnachtsmann hier 
aus dem Forum lässt Dich sofort abmahnen. Ich glaube der lebt mehr von 
Abmahnungen als seinen Platinen...

von Thorsten O. (Firma: mechapro GmbH) (ostermann) Benutzerseite


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Normalerweise interessiert mich solches annonymes Geschwurbel nicht. Da 
du dich hier mit deinen Anschuldigungen aber hart an der Grenze zu übler 
Nachrede bewegst, und relativ eindeutig ist wer gemeint ist, will ich 
das hier nicht unwidersprochen stehen lassen. Du wirst deine Vorwürfe 
sicherlich belegen können? Ansonsten solltest du dich mit solchen 
Äußerungen besser zurückhalten, das Strafmaß bei übler Nachrede ist 
nicht ohne [1]. Und ich kann dir versichern, dass ich weitere solche 
Äußerungen nicht hinnehmen werde...

Und ergänzend zur Info: Von Abmahnungen kann ein 
Geschädigter/Abmahnender nicht leben, weil er abgesehen von der 
Erstattung der tatsächlich angefallenen Anwaltskosten kein Geld bekommt. 
Lediglich in dem Fall, wo jemand so dämlich ist, gegen eine bereits 
abgegebene, strafbewehrte Unterlassungserklärung zu verstoßen wird es 
finanziell interessant. Den Fall hatte ich leider noch nicht.

Mit freundlichen Grüßen
Thorsten Ostermann

[1] https://dejure.org/gesetze/StGB/186.html

von Soul E. (Gast)


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Cyblord -. schrieb:

> Ich sage mal so, die aktuellen Vorgaben sind für Kleinunternehmer die
> ein paar Stück im Jahr verkaufen wollen schlicht nicht einzuhalten.

Bastler, die in ihren Garagen irgendwelche Produkte zusammenbauen und in 
den Verkehr bringen, sind in der EU auch nicht wirklich gerne gesehen. 
Die Gesetzgebung bevorzugt da doch klar die Großunternehmen.

Das Gleiche gilt für Händler. Dem Einpersonenladen wird das Leben mit 
Regeln schwergemacht, die für Amazon und Alibaba eher unproblematisch 
sind.

von Weihnachtshase (Gast)


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Osterhase schrieb:
> Schreib irgendwas mit Schrittmotor ran und der horst Weihnachtsmann hier
> aus dem Forum lässt Dich sofort abmahnen. Ich glaube der lebt mehr von
> Abmahnungen als seinen Platinen...

Danke für die Vorwarnung, hatte den Erwähnten bisher eigentlich für 
seriös gehalten und hatte sogar geplant was von ihm zu kaufen. Zum Glück 
habe ich rechtzeitig diesen Thread gefunden.

von Max G. (l0wside) Benutzerseite


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Gibt es dazu irgendetwas Nachlesbares? Google hat nichts gefunden, oder 
ich habe die falschen Stichworte verwendet.
Thorstens Wortwahl lässt aber darauf schließen, dass er schon die eine 
oder andere Abmahnung verschickt hat. Könnt ihr (oder auch Thorsten) 
also ohne Weihnachts{hasen,mann}getue mal sagen, was Sache ist? Nicht 
jede Abmahnung ist notwendigerweise unberechtigt.

Danke.

von Thorsten O. (Firma: mechapro GmbH) (ostermann) Benutzerseite


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Hallo Max,

ich habe mal den Ordner "Recht" aus dem Schrank gezogen und etwas 
abgestaubt. In den letzten 10 Jahren(!) gab es da in Summe 4 
Streitfälle, davon 2 wegen Urheberrechts-Verletzungen *), einen wegen 
Markenrecht und zuletzt ein Fall wegen penetranter E-Mail Werbung ohne 
meine Einwilligung durch ein deutsches Unternehmen. Alles Streifälle 
zwischen Unternehmen/Unternehmern, die sich juristisch eigentlich etwas 
besser auskennen sollten als Privatpersonen.

Mit freundlichen Grüßen
Thorsten Ostermann

*) Verwendung von von mir erstellten Inhalten (Texte und Bilder) ohne 
meine Zustimmung auf Webseiten von Wettbewerbern.

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