Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Einfache Trafofragen


von Trafo (Gast)


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Hallo,

zwei Fragen zu einem Übertrager:

Wenn ich aus 240V~ 12V~ machen will, wie viele Windungen sind dann auf 
primär und Sekundärseite nötig?

Ich meine 20:1 ist mir schon klar, aber kommt man tatsächlich mit dieser 
einen Windung aus, oder ist ein Trafo mit 40:2, 60:3, 100:5 am Ende aus 
fertigungstechnischer Sicht die bessere Wahl?

Und dann ist mir noch eine zweite Sache durch den Kopf gegangen... 
können eigentlich auch z.B. Windungszahlen 20:1,5 erzeugt werden, so 
dass man auch Zwischenwerte wandeln kann?

: Verschoben durch Moderator
von Stefan F. (Gast)


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Trafo schrieb:
> kommt man tatsächlich mit dieser einen Windung aus?

Dir Primärseite ist hier eher der Knackpunkt. 20 Windungen haben nur 
eine sehr geringe Induktivität, deswegen fließt dann ein sehr hoher 
Strom. So ein  Trafo würde fast ausschließlich Wärmeverluste 
produzieren.

In der Praxis nutzt man so viel Platz wie möglich für möglichst viele 
primäre Windungen. Die sekundäre Wicklung ergibt sich dann daraus.

> können eigentlich auch z.B. Windungszahlen 20:1,5 erzeugt werden, so
> dass man auch Zwischenwerte wandeln kann?

Ja, das ist durchaus möglich. Sieht man öfters in HF Transformatoren, wo 
man es tatsächlich mit einstelligen Windungszahlen zu tun hat.

von dolf (Gast)


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electronicdeveloper.de/InduktivitaetNetztransformator.aspx

da kannst das berechnen.
mfg

von Georg G. (df2au)


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Die notwendige Windungszahl ist abhängig von der Frequenz, der Kerngröße 
und dem Kernmaterial.
Das kann man alles rechnen. Der Praktiker hat Tabellen für die gängigen 
Kerne.
"Halbe" Windungen sind eher ungebräuchlich.

von hinz (Gast)


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von Vorn N. (eprofi)


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Die Auslegung eines Trafos ist immer ein Kompromiss zwischen Kosten und 
Nutzen.
Wenn zu wenig Primärwindungen drauf sind, wird der Kern mehr gesättigt, 
dadurch sinkt die Primärinduktivität und steigen Ruhestrom 
(Kufperverluste) und Kernverluste (Eisenverluste).
Bei Kurzzeitbetrieb (z.B. Mikrowellentrafo) nimmt man das in Kauf.
Bei einem Trafo, der rund um die Uhr am Netz hängt, kostet das im Laufe 
der Jahre richtig Geld (Stromrechnung).

Verwendet man zu viele Primärwindungen, sind die Wicklungswiderstände 
unnötig hoch und man bekommt hohe Kupferverluste.

Es gibt Tabellen und Formeln, anhand derer man die typischen 
Volt/Windung ableiten kann. Meist kann man das anhand der Leistung des 
Trafos überschlägig bestimmen.

Stefanus schrieb:
> In der Praxis nutzt man so viel Platz wie möglich für möglichst viele
> primäre Windungen. Die sekundäre Wicklung ergibt sich dann daraus.
Das stimmt nur zum Teil:
Klar nutzt man das Wickelfenster idealerweise voll aus, d.h. man wickelt 
drauf was draufpasst. Aber mit welchem Drahtdurchmesser? Und daraus 
ergibt sich auch die Windungszahl.
Stefanus, ohne dir zu nahe treten zu wollen, Du postest manchmal 
Halbwissen.
Bitte schreibe nur, wenn du dir absolut sicher bist, dass es stimmt.

: Bearbeitet durch User
von Forist (Gast)


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Trafo schrieb:
> Wenn ich aus 240V~ 12V~ machen will, wie viele Windungen sind dann auf
> primär und Sekundärseite nötig?

Es wird immer schlimmer.
Was hat soetwas mit Fragen rund um Mikrocontroller und sonstige digitale 
Elektronik zu tun?

von Pandur S. (jetztnicht)


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Und nein, das Spannungsverhaeltnis ist nicht gleich dem 
Wicklungsverhaeltnis. Je nach Trafoleistung bricht die Sekundaerspannung 
bei Nennstrom im Verhaeltnis zur Leerlaufspannung ein. Dies wird 
kompensiert durch mehr Sekundaer Windungen. Desgleichen ist die 
Leerlaufspannung dann hoeher wie die Nennspannung bei Nennstrom. Bei 
einem Megawatt Trafo ist diese Ueberhoehung ein Stueck unterhalb eines 
Prozentes, waehrend die Ueberhoehung bei einem 1W Trafo auch einen 
Faktor 3 sein kann.

Bedeutet die Leerlaufspannung kann die zulaessige Eingangsspannung eines 
Spannungsreglers ueberschreiten. z bei einem LM7815, welcher bis 
vielleicht 35V am Eingang gut ist. Ein 15VAC Trafo bringt dann 40VAC im 
Leerlauf, die gleichgerischtete Spannung geht auf 60V. was weder der 
Elko, noch der spannungregler toll finden.

von Werner H. (werner45)


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...nur mal nebenbei bemerkt: eine halbe Windung gibt es NICHT, nur 
ganze.
Bei einer halben Windung ergänzen der Anschlußdraht und die Rückleitung 
(Gehäuse) wieder zu einer ganzen.
Es gab mal induktive Spannungsteiler, die aufgrund des ganzzahligen 
Windungsverhältnisses extrem genau teilen. Vielleicht gibt es sie noch 
in der Präzisionsmeßtechnik.

von Stefan F. (Gast)


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Werner H. schrieb:
> ...nur mal nebenbei bemerkt: eine halbe Windung gibt es NICHT, nur
> ganze.

Du hast wohl noch keine Radios zerlegt...

Natürlich gibt es das. Sie sind sogar so normal, dass man sie als 
fertiges Bauteil kaufen kann. Beispiele mit 3,5 Windungen:

https://www.minikits.com.au/COIL-3.5T-3.5D-0.7W
https://electronics-diy.com/product_details.php?pid=147&name=3.5%20Turns%20High%20Precision%20Variable%20Coil%20(65%20-%2079nH)
https://www.tme.eu/en/details/rrh8-2-35-k5b/ferrite-inductors/richco/

Auch in Transformatoren (für HF) sind halbe Windungen durchaus üblich.

von Amen (Gast)


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Du glaubst auch alles!

von Pandur S. (jetztnicht)


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Allenfalls kann die halbe Windung um den Seitenschenkel eines E-Kernes 
gehen, dort ist noch der halbe fluss....

von Blackbird (Gast)


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Werner H. schrieb:
> ...nur mal nebenbei bemerkt: eine halbe Windung gibt es NICHT, nur
> ganze.
> Bei einer halben Windung ergänzen der Anschlußdraht und die Rückleitung
> (Gehäuse) wieder zu einer ganzen.

Naja, logischerweise ist bei einem StromKREIS immer eine ganzzahlige 
"Windungszahl" vorhanden. Aber nicht an jeder Stelle des von Dir 
angenommemen "Stromkreises" ist auch ein Eisen- oder Ferritkern in der 
Nähe.

Und damit gibt es auch halbe und viertel und .... Windungen.


Blackbird

von oszi40 (Gast)


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Trafo schrieb:
> Wenn ich aus 240V~ 12V~ machen will

Na dann lies mal schön in Jogis Röhrenbude wie das schon seit Ewigkeiten 
funktioniert. http://www.jogis-roehrenbude.de/Transformator.htm

von MaWin (Gast)


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oszi40 schrieb:
> Na dann lies mal schön in Jogis Röhrenbude wie das schon seit Ewigkeiten
> funktioniert.

Oder
https://dse-faq.elektronik-kompendium.de/dse-faq.htm#F.9

von N. A. (bigeasy)


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Georg G. schrieb:
> der Kerngröße

(effektiver) magnetischer Querschnitt, mehr nicht.

von N. A. (bigeasy)


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Stefan ⛄ F. schrieb:
> Natürlich gibt es das. Sie sind sogar so normal, dass man sie als
> fertiges Bauteil kaufen kann. Beispiele mit 3,5 Windungen:

Käse, das Thema gab es vor kurzem erst. Nimm eine Stromzange und probier 
aus wie sich eine halbe im Vergleich zu einer ganzen Windung verhält.

von Felix U. (ubfx)


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Vorn N. schrieb:
> Wenn zu wenig Primärwindungen drauf sind, wird der Kern mehr gesättigt,
> dadurch sinkt die Primärinduktivität

Kannst du das mal genauer erklären? Wieso sollte der gleiche Kern bei 
weniger Windungen mehr gesättigt werden?

von Mark S. (voltwide)


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Felix U. schrieb:
> Vorn N. schrieb:
>> Wenn zu wenig Primärwindungen drauf sind, wird der Kern mehr gesättigt,
>> dadurch sinkt die Primärinduktivität
>
> Kannst du das mal genauer erklären? Wieso sollte der gleiche Kern bei
> weniger Windungen mehr gesättigt werden?

Davon ausgehend dass sich die angelegte Spannung gleichmäßig auf die 
einzelnen Windungen aufteilt hast Du also bei halber Windungszahl 
doppelte Spannung/1Wdg - und damit den doppelten magnetischen Fluss. Und 
damit kommst Du der Kernsättigung ein gutes Stück näher oder 
überschreitest sie. Näheres erfährst Du im Physikbuch Deiner Wahl unter 
Elektromagnetismus, Selbstinduktion, Transformator...

: Bearbeitet durch User
von Hennes (Gast)


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Hallo

Joggel E. schrieb:
> Und nein, das Spannungsverhaeltnis ist nicht gleich dem
> Wicklungsverhaeltnis. Je nach Trafoleistung bricht die Sekundaerspannung
> bei Nennstrom im Verhaeltnis zur Leerlaufspannung ein. Dies wird
> kompensiert durch mehr Sekundaer Windungen. Desgleichen ist die
> Leerlaufspannung dann hoeher wie die Nennspannung bei Nennstrom. Bei
> einem Megawatt Trafo ist diese Ueberhoehung ein Stueck unterhalb eines
> Prozentes, waehrend die Ueberhoehung bei einem 1W Trafo auch einen
> Faktor 3 sein kann.


Das stimmt - aber warum wird das Trotzdem auch in Fachbüchern die sich 
an angehende (werden wollende) Fachleute wenden erstmal so behauptet - 
meist sogar als Formel dargestellt?

Schlechte Lernmethode? Oder steht da dann doch mehr hinter?

Und vor allem: Wie berechnet sich denn die Überhöhung ?
Wie es der Sinn jeder Berechnung in der Praxis ist also bevor man etwas 
realisiert, hier also den Trafo aufbaut, natürlich auch ohne(!) die 
Nutzung von Erfahrungswerten und "aus den nichts" hervor gezauberten 
Tabellen.

Insgesamt sind hier zwar schon einige gute Beiträge aufgetaucht die aber 
leider letztendlich immer recht nah an der Oberfläche kratzen bzw. 
(natürlich wichtig und richtig) mit der Theorie kommen.
Aber irgendwie kann ja nicht alles auf Erfahrungswerte und irgendwie 
ausgewürfelten Eisen- vs. Kupferverluste Abwägungen (und welches 
Kernmaterial - Welche Eisensorte, welche Blechstärke, ...) beruhen und , 
das muss doch eindeutiger machbar sein, vor allem weil es doch im 
Vergleich zu anderen Sparten der E-Technik und Elektronik immer noch 
sehr viele Trafohersteller (und auch Motoren- wo ja auch viel von den 
Wicklungen und Kernmaterial abhängt) gibt, und das oft auch noch kleine 
Betriebe sind.

Hennes

von Mark S. (voltwide)


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In den Lehrbüchern beschränkt man sich auf den Idealfall - d.h. die 
einfachste Darstellung um sich dem Thema zu nähern. Das ist nun mal 
Schulbuchwissen. In der Praxis wird es aufgrund der zu 
berücksichtigenden Materialien und deren Eigenschaften dann kompliziert. 
Da reden wir von Expertenwissen. Es geht einfach nur um den Unterschied 
vereinfachter Theorie und der harten Praxis: Theoretisch gibt es keinen!

von Vorn N. (eprofi)


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Man kann tatsächlich Trafos mit nicht-ganzzahligen Windungszahlen bauen, 
aber dabei sollte man schon wissen, was man tut.
Hier ist "The Magnetics Design Handbook for Switching Power Supplies" 
von Lloyd H. Dixon, Jr:
https://www.ti.com/seclit/ml/slup132/slup132.pdf
Im Anhang auf Seite R6-1 (112 von 123) findet man "How to Design a 
Transformer with Fractional Turns" von Lloyd H. Dixon, Jr
Dessen Veröffentlichungen finde ich sehr gut dargestellt und lehrreich.

https://www.ti.com/seclit/ml/slup200/slup200.pdf ist nur der Anhang R6, 
dieses PDF ist besser, weil der Text OCR-bearbeitet und markier- und 
kopierbar ist.

: Bearbeitet durch User
von Günter Lenz (Gast)


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von Felix U. schrieb:
>Kannst du das mal genauer erklären? Wieso sollte der gleiche Kern bei
>weniger Windungen mehr gesättigt werden?

Die Sättigung ist abhängig von Strom mal Windungszahl.
Nun könnte man ja denken, weniger Windungen = weniger
Sättigung. Der Strom nimmt dann aber quadratisch zu.
Oder andersrum, die Induktivität steigt quadratisch
mit den Windungszahlen.

https://www.elektronik-kompendium.de/sites/grd/1003181.htm

von Falk B. (falk)


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von npn (Gast)


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Forist schrieb:
> Trafo schrieb:
>> Wenn ich aus 240V~ 12V~ machen will, wie viele Windungen sind dann auf
>> primär und Sekundärseite nötig?
>
> Es wird immer schlimmer.
> Was hat soetwas mit Fragen rund um Mikrocontroller und sonstige digitale
> Elektronik zu tun?

...unser Blockwart ist wieder da!

von Elektrofan (Gast)


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> Und vor allem: Wie berechnet sich denn die Überhöhung ?

Netztransformatoren (jedenfalls solche, die üblicherweise in der
Elektronik eingesetzt werden), werden für rein ohmsche Nennbelastung
spezifiziert.
Meist wird auch die Leerlaufspannung bzw. -überhöhung angegeben.

Beispiel: Hängt an einem Trafo mit 12 V und 60 VA ein Widerstand
von 2,4 Ohm, fliessen genau 5 A.
(Bei Nennspannung, z.B. 230 V, am Eingang.)

Am Ersatzschaltbild
https://de.wikipedia.org/wiki/Realer_Transformator
erkennt man sofort, dass die Spannung im Leerlauf höher ist.
(Bei rein kapazitiver Belastung u.U. noch höher ...)

Berechnen kann man das, wenn man alle Werte kennt.
In der Praxis genügen oft die Wicklungswiderstände -
der primäre muss natürlich auf die Sekundärseite umgerechnet sein.
---
Bei "ganz kleinen" Trafos (z.B. 1 VA) geht das schlechter,
weil diese im Leerlauf stark in die Sättigung gehen.
---
Bei richtig "grossen" Transformatoren (EVU) werden Leerlaufübersetzung
und relative Kurzschlussspannung angegeben;
bei Drehstromtrafos muss man weiterhin die Schaltgruppe wissen.

von Wasserträger (Gast)


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Blackbird schrieb:
>> Bei einer halben Windung ergänzen der Anschlußdraht und die Rückleitung
>> (Gehäuse) wieder zu einer ganzen.
>
> Naja, logischerweise ist bei einem StromKREIS immer eine ganzzahlige
> "Windungszahl" vorhanden. Aber nicht an jeder Stelle des von Dir
> angenommemen "Stromkreises" ist auch ein Eisen- oder Ferritkern in
> der Nähe.

Zuallererst mal ist besagter Stromkreis nicht (nur) angenommen, er ist
ja real (Anführungsstriche verdient der Begriff hier erst recht 
nicht).


Weshalb @Werners Darlegung (statt "Annahme") so weit - bis hin zu 
einem
gewissen Punkt (dem der diversen Kerngeometrien, gefolgt von den im PDF
von Dixon dargelegten Möglichkeiten (Flußaufteilung)) - schon stimmt.


Relevanter Faktor ist also der Anteil am gesamten magnetischen Fluß(!).



Bleiben wir - zur Vereinfachung - einmal bei Ring- oder z.B. UU-, UI-,
CC- oder LL- Kernen (wobei man dann also auch nur die Wahl zwischen
"Windung umschließt den gesamten magnetischen Fluß" oder im Gegenzug
"Windung verdient gar nicht diesen Namen, umschließt einzig Luft" hat).


Eine Windung, welche weniger NAHE am Kern verläuft ("lockerer
gewickelt" - bis hin zu einer riesigen Schleife (viele Meter) egal) -

ist NICHT

"von einem geringeren Anteil des gesamten magn. Flusses durchflossen",

und bleibt (nahe/fern ist unwichtig) eine_volle_Windung ...


Natürlich steigt ihr (paras.) ohmscher Widerstand - allerdings auch
ihre Induktivität... denn auch Luft "arbeitet" gewissermaßen mit bei
der magnetischen Kopplung etc.


Nun verstehst Du auch, wieso ich widerspreche, oder, @Blackbird?  ;->

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