Forum: Offtopic Radioaktivität: Betaspektroskopie


von Christoph E. (stoppi)



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Hallo!

Nachdem ich bereits erfolgreich Gammaspektroskopie betreiben kann 
(sowohl mit kommerziellen als auch selbst gebauten 
Multichannel-Analyzer) habe ich mich an eines der letzten noch 
ausständigen Projekte zum Thema Radioaktivität gewagt und zwar ein 
Betaspektroskop. Mit Spektroskop ist hier nicht wie beim optischen 
Vertreter die Bestimmung der Lichtintensität in Abhängigkeit von der 
Wellenlänge gemeint, sondern die Anzahl an Teilchen (z.B. bei 
Betastrahlen eben Elektronen oder Positronen) in Abhängigkeit von deren 
Energie.

Hier gibt es übrigens einen sehr guten Artikel zum Thema 
Alphaspektroskopie: Beitrag "Alpha-Spektrometer für Soundkarte/Mikrophoneingang (DIY Particle Detector)"

Das Alphaspektrum besteht eigentlich nur aus einer einzelnen "Linie", da 
sämtliche von einem Atom emittierten Heliumkerne diesselbe Energie 
besitzen.

Zum Beispiel besitzen die Alphateilchen von Americium-241 eine Energie 
von 5,49 MeV. Da sie alle die selbe Energie besitzen und zum Abstoppen 
an Luft viele Stöße notwendig sind (Stichwort Gesetz der großen Zahl), 
kommen Alphastrahlen abhängig vom Isotop immer gleich weit. In Luft nur 
wenige Zentimeter. Dadurch ergibt sich bei Aufnahmen eines 
Alphastrahlers in einer Nebelkammer das Bild eines Rasierpinsels (siehe 
Abbildung).

Bei Betastrahlen ist dies anders. Betrachten wir zum Beispiel den 
Beta-plus-Zerfall: Dabei wandelt sich ein Neutron in ein Proton und ein 
Elektron um. Die Energie des Elektrons ist aber nicht immer gleich und 
reicht von 0 bis zu einem bestimmten Maximalwert abhängig vom 
radioaktiven Element (kontinuierliches Spektrum). Dies konnte man zwecks 
Energieerhaltung nur so erklären, dass hier ein weiteres Teilchen 
entstehen muss. Wolfgang Pauli (NP Physik 1932) postulierte 1930 die 
Existenz eines weiteren, beim Betazerfall entstehenden Teilchens, dem 
Neutrino (genau Anti-Elektron-Neutrino). Dieses und das Elektron teilen 
sich die beim Zerfall frei werdende Energie.

Diese Energieverteilung des Elektrons möchte ich mit meinem Versuch 
gerne bestimmen. Dabei mache ich mir den Umstand zunutze, dass auf 
bewegte Elektronen in einem Magnetfeld eine Kraft senkrecht auf seine 
Geschwindigkeit v und senkrecht auf das Magnetfeld B wirkt. Schießt man 
Elektronen also senkrecht in ein homogenes Magnetfeld, so bewegt sich 
das Elektron auf einer Kreisbahn. Dessen Radius hängt nun von der 
Energie des Elektrons und der Stärke des Magnetfelds ab. Je stärker das 
Magnetfeld, desto kleiner wird der Bahnradius. Und je höher die Energie 
des Elektrons (Anm.: Hier muss man schon relativistisch rechnen), desto 
größer ist der Bahnradius.

Als Betastrahler verwende ich Strontium-90 (maximale Elektronenenergie = 
546 keV), welches in den Betastrahler Yttrium-90 (max. Elektronenenergie 
= 2282 keV) zerfällt. Zwei Ferrit-Scheibenmagnete mit 70mm Durchmesser 
sorgen für die notwendige, energieabhängige Ablenkung der Elektronen.

Am Rand der Magnete wird nun der Geigerzähler bei einem bestimmten 
Ablenkwinkel alpha postiert und die Zählrate gemessen. Dies wiederholt 
man nun für sämtliche Ablenkwinkel [0°,180°]. Auf diese Weise erhält man 
also die Teilchenintensität in Abhängigkeit vom Ablenkwinkel, der 
wiederum ein Maß für die Elektronenenergie ist.

Die Flussdichte im Zwischenraum der beiden Magnete habe ich mit meinem 
Teslameter zu 0.15T bestimmt. Demnach müssten die Elektronen von 
Yttrium-90 einen minimalen Ablenkwinkel von ca. 60° aufweisen. Mal 
schauen, was das Experiment liefert...

von Icke ®. (49636b65)


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Christoph E. schrieb:
> Als Betastrahler verwende ich Strontium-90

Gibts das in der Apotheke? Aber interessant. Viel Erfolg.

von Marek N. (Gast)


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Interessantes Projekt, weiter so!

Ich habe mich schon immer gefragt, wie so ein "Spektrum von 
ionisierenden Tielchen" gemessen werden kann. Der Ansatz über die 
Lorentz-Kraft scheint plausibel, wo doch die Geschwindigkeit (mit dem 
Quadrat) in die Energie eingeht.
Ein homogenes Magnetfeld, was sogar einstellbar ist lässt sich auch mit 
einem Helmholz-Spulenpaar erzeugen, aber das weißt du bestimmt schon.

Didaktische Fußnote: Wenn die Strahlungsarten alpha, beta, gamma heißen, 
dann ist es nicht voreilhaft, die Winkel ebenso zu nennen ;-)

von Ben S. (bensch123)


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Icke ®. schrieb:
> Gibts das in der Apotheke? Aber interessant. Viel Erfolg.

Er hofft wohl, als zweite Marie Curie in die Geschichte einzugehen.
Wieso hantiert man freiwilig mit so einem Zeug zu Hause rum?

: Bearbeitet durch User
von Andrew T. (marsufant)


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@ Christoph: Lob für Dein Projekt, sehr gut gemacht.
und weiter Daumen drück!

Hast Du vor es auf  eine (eigene) Webseite zu stellen?  Das wäre für die 
Übersichtlichkeit sicher gut.

von Christoph E. (stoppi)



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Danke für die Kommentare.

Hier habe ich meine Versuche zum Thema Radioaktivität und kosmische 
Strahlung zusammengefasst: 
https://forum.mosfetkiller.de/viewtopic.php?f=3&t=62389&sid=6ff181381389216e952b297bc654a2fe

@Marek: Danke für den Hinweis mit den Winkelbezeichnungen. Das gleiche 
habe ich mir schon beim Herleiten gedacht. Habe die Winkel nun in phi 
und theta umbenannt...

Ein erster Testlauf mit dem Geigerzähler verlief erfolgreich. Die 
Zählrate begann wirklich ab ca. 60° Ablenkwinkel zu steigen :-)

Als Geigerzähler verwende ich meinen Selbstbau mit ZP1401 
alpha/beta/gamma Zählrohr.

von Christoph E. (stoppi)



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Heute habe ich eine Messreihe erfolgreich durchführen können. Die 
Zählrate beginnt wie zu erwarten war bei einem Ablenkwinkel von ca. 60° 
bzw. einer Energie von rund 2200 keV (Yttrium-90 mit E_max = 2282 keV) 
zu steigen. Bei Energien im Bereich von <= 500 keV beginnt der zweite 
Peak vom Strontium-90 (E_max = 546 keV).

Der Verlauf meines Graphen ähnelt doch sehr stark einem im Internet 
veröffentlichten.

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