Hallo! Nachdem ich bereits erfolgreich Gammaspektroskopie betreiben kann (sowohl mit kommerziellen als auch selbst gebauten Multichannel-Analyzer) habe ich mich an eines der letzten noch ausständigen Projekte zum Thema Radioaktivität gewagt und zwar ein Betaspektroskop. Mit Spektroskop ist hier nicht wie beim optischen Vertreter die Bestimmung der Lichtintensität in Abhängigkeit von der Wellenlänge gemeint, sondern die Anzahl an Teilchen (z.B. bei Betastrahlen eben Elektronen oder Positronen) in Abhängigkeit von deren Energie. Hier gibt es übrigens einen sehr guten Artikel zum Thema Alphaspektroskopie: Beitrag "Alpha-Spektrometer für Soundkarte/Mikrophoneingang (DIY Particle Detector)" Das Alphaspektrum besteht eigentlich nur aus einer einzelnen "Linie", da sämtliche von einem Atom emittierten Heliumkerne diesselbe Energie besitzen. Zum Beispiel besitzen die Alphateilchen von Americium-241 eine Energie von 5,49 MeV. Da sie alle die selbe Energie besitzen und zum Abstoppen an Luft viele Stöße notwendig sind (Stichwort Gesetz der großen Zahl), kommen Alphastrahlen abhängig vom Isotop immer gleich weit. In Luft nur wenige Zentimeter. Dadurch ergibt sich bei Aufnahmen eines Alphastrahlers in einer Nebelkammer das Bild eines Rasierpinsels (siehe Abbildung). Bei Betastrahlen ist dies anders. Betrachten wir zum Beispiel den Beta-plus-Zerfall: Dabei wandelt sich ein Neutron in ein Proton und ein Elektron um. Die Energie des Elektrons ist aber nicht immer gleich und reicht von 0 bis zu einem bestimmten Maximalwert abhängig vom radioaktiven Element (kontinuierliches Spektrum). Dies konnte man zwecks Energieerhaltung nur so erklären, dass hier ein weiteres Teilchen entstehen muss. Wolfgang Pauli (NP Physik 1932) postulierte 1930 die Existenz eines weiteren, beim Betazerfall entstehenden Teilchens, dem Neutrino (genau Anti-Elektron-Neutrino). Dieses und das Elektron teilen sich die beim Zerfall frei werdende Energie. Diese Energieverteilung des Elektrons möchte ich mit meinem Versuch gerne bestimmen. Dabei mache ich mir den Umstand zunutze, dass auf bewegte Elektronen in einem Magnetfeld eine Kraft senkrecht auf seine Geschwindigkeit v und senkrecht auf das Magnetfeld B wirkt. Schießt man Elektronen also senkrecht in ein homogenes Magnetfeld, so bewegt sich das Elektron auf einer Kreisbahn. Dessen Radius hängt nun von der Energie des Elektrons und der Stärke des Magnetfelds ab. Je stärker das Magnetfeld, desto kleiner wird der Bahnradius. Und je höher die Energie des Elektrons (Anm.: Hier muss man schon relativistisch rechnen), desto größer ist der Bahnradius. Als Betastrahler verwende ich Strontium-90 (maximale Elektronenenergie = 546 keV), welches in den Betastrahler Yttrium-90 (max. Elektronenenergie = 2282 keV) zerfällt. Zwei Ferrit-Scheibenmagnete mit 70mm Durchmesser sorgen für die notwendige, energieabhängige Ablenkung der Elektronen. Am Rand der Magnete wird nun der Geigerzähler bei einem bestimmten Ablenkwinkel alpha postiert und die Zählrate gemessen. Dies wiederholt man nun für sämtliche Ablenkwinkel [0°,180°]. Auf diese Weise erhält man also die Teilchenintensität in Abhängigkeit vom Ablenkwinkel, der wiederum ein Maß für die Elektronenenergie ist. Die Flussdichte im Zwischenraum der beiden Magnete habe ich mit meinem Teslameter zu 0.15T bestimmt. Demnach müssten die Elektronen von Yttrium-90 einen minimalen Ablenkwinkel von ca. 60° aufweisen. Mal schauen, was das Experiment liefert...
Christoph E. schrieb: > Als Betastrahler verwende ich Strontium-90 Gibts das in der Apotheke? Aber interessant. Viel Erfolg.
Interessantes Projekt, weiter so! Ich habe mich schon immer gefragt, wie so ein "Spektrum von ionisierenden Tielchen" gemessen werden kann. Der Ansatz über die Lorentz-Kraft scheint plausibel, wo doch die Geschwindigkeit (mit dem Quadrat) in die Energie eingeht. Ein homogenes Magnetfeld, was sogar einstellbar ist lässt sich auch mit einem Helmholz-Spulenpaar erzeugen, aber das weißt du bestimmt schon. Didaktische Fußnote: Wenn die Strahlungsarten alpha, beta, gamma heißen, dann ist es nicht voreilhaft, die Winkel ebenso zu nennen ;-)
Icke ®. schrieb: > Gibts das in der Apotheke? Aber interessant. Viel Erfolg. Er hofft wohl, als zweite Marie Curie in die Geschichte einzugehen. Wieso hantiert man freiwilig mit so einem Zeug zu Hause rum?
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Bearbeitet durch User
@ Christoph: Lob für Dein Projekt, sehr gut gemacht. und weiter Daumen drück! Hast Du vor es auf eine (eigene) Webseite zu stellen? Das wäre für die Übersichtlichkeit sicher gut.
Danke für die Kommentare. Hier habe ich meine Versuche zum Thema Radioaktivität und kosmische Strahlung zusammengefasst: https://forum.mosfetkiller.de/viewtopic.php?f=3&t=62389&sid=6ff181381389216e952b297bc654a2fe @Marek: Danke für den Hinweis mit den Winkelbezeichnungen. Das gleiche habe ich mir schon beim Herleiten gedacht. Habe die Winkel nun in phi und theta umbenannt... Ein erster Testlauf mit dem Geigerzähler verlief erfolgreich. Die Zählrate begann wirklich ab ca. 60° Ablenkwinkel zu steigen :-) Als Geigerzähler verwende ich meinen Selbstbau mit ZP1401 alpha/beta/gamma Zählrohr.
Heute habe ich eine Messreihe erfolgreich durchführen können. Die Zählrate beginnt wie zu erwarten war bei einem Ablenkwinkel von ca. 60° bzw. einer Energie von rund 2200 keV (Yttrium-90 mit E_max = 2282 keV) zu steigen. Bei Energien im Bereich von <= 500 keV beginnt der zweite Peak vom Strontium-90 (E_max = 546 keV). Der Verlauf meines Graphen ähnelt doch sehr stark einem im Internet veröffentlichten.
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