Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Klebende Kontakte an zwangsgeführten Relais


von Daniel F. (finki)


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Hallo zusammen,

Nach langem passiven mitlesen habe ich jetzt doch mal eine Frage zu 
einem Thema, bei dem ich mich nicht wirklich auskenne. Vielleicht kann 
mir ja der Ein oder Andere hier helfen.

Und zwar geht es um einen häufigen Fehler an Anlagen in der Firma in der 
ich arbeite. Kunden reklamieren "klebende Relais" an einem Modul. Leider 
konnten wir noch den Fehler noch nicht reproduzieren. Die Relais sind 
zwangsgeführt, weil sie einen Teil des Sicherheitskreises überbrücken 
können und sollen.

Ich habe zwei Thesen:

1. Die Kontakte kleben wirklich
2. Die Relais werden "langsamer" und die Steuerung meldet zu schnell 
einen Fehler.

Ich habe mir mal ein paar reklamierte Module geschnappt und die Relais 
aufgeschnitten. Jetzt sehe ich mir die Kontakte an und bin mir aber gar 
nicht sicher wie ein Relais nach ca. 100.000 Schaltungen aussehen darf? 
Geschaltet werden an einigen Kontakten (Schließer-Kontakte) hochohmige 
Eingänge an der Steuerung und an einigen Kontakten Relais bzw. auch 
Schütze.

Auf dem Bild im Anhang sieht man einen Öffner-Kontakt. Würde eurer 
Erfahrung nach ein Kontakt kleben können, wenn er so aussieht? Der Dreck 
auf den Kontakten kommt vermutlich vom aufsägen. Den mal ignorieren. Auf 
meiner Dropbox wäre eine Übersicht aller Kontakte:

https://www.dropbox.com/s/0g0s657t0bdf0k1/20202311_Zusammenfassung_Kontakte.jpg?dl=0

Vielen Dank schonmal für eure Mühen

Finki

von Andrew T. (marsufant)


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Daniel F. schrieb:
> Ich habe mir mal ein paar reklamierte Module geschnappt und die Relais
> aufgeschnitten. Jetzt sehe ich mir die Kontakte an und bin mir aber gar
> nicht sicher wie ein Relais nach ca. 100.000 Schaltungen aussehen darf?
> Geschaltet werden an einigen Kontakten (Schließer-Kontakte) hochohmige
> Eingänge an der Steuerung und an einigen Kontakten Relais bzw. auch
> Schütze.

Und welche Kontakte kleben?
Die hochohmigen Kreise, oder die Schütz/Relaisspulenkreise?

Wenn letzteres, Belastungsdaten und ggfs. verbaute Snubber etc wären gut 
hier zu wissen.

>
> Auf dem Bild im Anhang sieht man einen Öffner-Kontakt. Würde eurer
> Erfahrung nach ein Kontakt kleben können, wenn er so aussieht? Der Dreck
> auf den Kontakten kommt vermutlich vom aufsägen. Den mal ignorieren.

Dann bitte mal  den "Dreck" per Druckluft entfernen und ERST DANN 
fotografieren.


> Auf
> meiner Dropbox wäre eine Übersicht aller Kontakte:
>
> 
https://www.dropbox.com/s/0g0s657t0bdf0k1/20202311_Zusammenfassung_Kontakte.jpg?dl=0

Stell mal zum Vergleich das Bild ein "unbenutztes " Relais - Kontaktes 
HIER ein.

Es ist immer müßig, wen man sich erst duch andere Server klicken muß. 
Daher mach es uns hier a bisserl einfacher.
Denn:
>
> Vielen Dank schonmal für eure Mühen

: Bearbeitet durch User
von Daniel F. (finki)


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Hallo Andrew,

vielen Dank für deine schnelle Rückmeldung. Morgen bekomme ich ein neues 
Relais, welches ich dann mal aufschneiden und fotografieren werde. Dann 
stelle ich die Bilder hier rein.


Kurz ein paar weitere Informationen:

>Und welche Kontakte kleben? Die hochohmigen Kreise, oder die 
Schütz/Relaisspulenkreise?

Das kann ich leider nicht sagen. Die Kontakte sind zwangsgeführt. Wenn 
eines klebt, schalten alle nicht mehr. Es sind 3 dieser Relais 
miteinander verschaltet, was das Ganze nicht viel einfacher macht.

>Dann bitte mal  den "Dreck" per Druckluft entfernen und ERST DANN
fotografieren.

Erledigt. Resultat siehe Anhang. Mal einen Kontakt als Beispiel. Ich 
finde die restlichen Kontakte sehen ähnlich aus, deswegen lade ich 
erstmal eines hoch.
Auf dem Foto sieht man eine Vertiefung am Kontakt. Die Oberfläche an der 
Vertiefung sieht angegriffen aus. Oder täusche ich mich da? Als ob an 
der Stelle die Oberfläche schon abgetragen ist (es ist eine 
Nickel-Gold-Oberfläche mit einem speziellen Kontaktöl, dessen 
Zusammensetzung Hersteller leider nicht preisgibt). Ich prüfe morgen 
dann mal ob die Vertiefung schon von Anfang an vorhanden ist.

Grüße

Finki

von ●DesIntegrator ●. (Firma: FULL PALATINSK) (desinfector) Benutzerseite


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ich finde eher, das die Kontakte jungfräulich aussehen.
Da hätte ich dunkle Schmauchspuren erwartet

von Udo S. (urschmitt)


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Diese Kegel bzw Trichter ist doch bei einem neuen Kontakt nicht 
vorhanden.
Ich kenne solche Bilder von alten KFZ Unterbrecherzündungen. Da sahen 
die Kontakte am Ende ihres Lebenszyklusses auch so aus.
Bitte mal ein Bild eines neuen Kontaktes, ich würde wetten, der hat 
dieses Loch, bzw den Kegel nicht.

Andrew T. schrieb:
> Wenn letzteres, Belastungsdaten und ggfs. verbaute Snubber etc wären gut
> hier zu wissen.

Sehe ich auch so.

: Bearbeitet durch User
von Lothar M. (Firma: Titel) (lkmiller) (Moderator) Benutzerseite


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● Des I. schrieb:
> ich finde eher, das die Kontakte jungfräulich aussehen.
Sehe ich auch so. Denn sonst müsste das abgetragene Material ja auf der 
anderen Seite des Kontakts zu sehen sein.
Und zudem würde mich wundern, wenn das massive Goldkontakte wären. Die 
sind doch bestenfalls oberflächlich vergoldet, oder nicht?

"Kleben" kommt meist von zu hohem Einschaltstrom (Motoranlauf, 
kapazitive Last). Die Relais sehen dann so aus wie dort im Video im 
Beitrag "Re: Relais hält sich fest"

Daniel F. schrieb:
> mit einem speziellen Kontaktöl
Interessant.
Ich hatte schon Relais, die durch eingedrungenes und verharztes Öl 
"langsamer" geworden sind und 3 Sekunden für den "vollen Hub" 
brauchten...

: Bearbeitet durch Moderator
von ●DesIntegrator ●. (Firma: FULL PALATINSK) (desinfector) Benutzerseite


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Nun wird man (Da Firmenkram) nicht wirklich zu erfahren bekommen,
wie das Relais genau sitzt.

bleibt an der Spule evtl eine (Rest-)Spannung
aufgrund eines anderen Fehlers in der Schaltung stehen?

Eine Spannung, die ein Relais halten lässt,
kann wesentlich geringer sein, als die,
die zum vollständigen Schalten benötigt wird.

Wirkt ein externes Magnetfeld ein?
Wenns stark genug ist, lasen sich Relais auch sozusagen
als "High-Power Reed" missbrauchen. hab das hier für eine Leuchte
genutzt, die hier in der Garage leuchten soll, wenn das Tor am oberen 
Anschlag offen ist.

und:
Sollte es gar einen Produktionsfehler geben,
weshalb im Kern nach dem Abschalten ein Restmagnetismus verbleibt?
-Plagiat und es wurde ein anderer Eisenkern genutzt?

Ich habe jedenfalls bereits tausende Relais/Schütze geschlachtet.
Kontakte aus Vollgold waren noch nie darunter.

von Karl B. (gustav)


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Hi,
tippe auf Ursache im zu schaltenden Design.
Sieht aus, als ob mit dem Relaiskontakt ein Kondensator geschaltet wird.
Oder das Nachzünden des Lichtbogens.
https://de.wikipedia.org/wiki/Lichtbogen

ciao
gustav

: Bearbeitet durch User
von MaWin (Gast)


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Daniel F. schrieb:
> Geschaltet werden an einigen Kontakten (Schließer-Kontakte) hochohmige
> Eingänge an der Steuerung und an einigen Kontakten Relais bzw. auch
> Schütze

Das sind 2 völlig unterschiedliche Aufgaben.

Für die hochohmigen Eingänge braucht man vergoldete Kontakte weil wenig 
Strom fliesst, für die Schütze braucht man Kontakte die auch bei 
Einbrand nicht kleben, früher Cadmium, heute weissichnicht, und 
natürlich möglichst eine Freilaufdiode oder einen Snubber über dem 
Kontakt.

Es gibt Relais, bei denen Hochstromkontakte hauchvergoldet sind, was für 
geringe Ströme funktioniert und beim ersten Mal benutzen mit Hochstrom 
wegbrennt, aber so sehen eure Kontakte nicht aus.

von HildeK (Gast)


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● Des I. schrieb:
> ich finde eher, das die Kontakte jungfräulich aussehen.

Ja, ich auch. Wie sollten sie den neu besser aussehen?

Wenn da eine Hemmung drin ist, könnte das nicht an der mechanischen 
Zwangsführung liegen? Zu viel Reibung?

von Anker (Gast)


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..ich denke auch, die Kontakte sind eher als unverschlissen bis 
Neuwertig zu bezeichnen. Die Vertiefung ist Absicht und wird wohl 
während des Vernietens der Kontaktpille mit der Feder erzeugt um nicht 
nur einen Auflagepunkt, sondern einen Ring zu erzeugen.
Abbrand sieht völlig anders aus..da hat auch Nichts geklebt.
Ich würde die Ursache dann eher in der Gegend des Ankers bzw. der Stößel 
suchen, entweder Remanenz die den Anker im angezogenen Zustand festhält 
(das gibts, hab ich schon gesehen) oder aber mechanische Probleme durch 
verspannten Einbau des Relais.

von Anker (Gast)


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Nochwas: ein unvollständig abschaltender Treiber (Reststrom durch 
Transistor wegen Erwärmung) ist auch möglich.

von MaWin (Gast)


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Anker schrieb:
> Nochwas: ein unvollständig abschaltender Treiber (Reststrom durch
> Transistor wegen Erwärmung) ist auch möglich.

Vielleicht fehlt auch die Freilaufdiode und der Transistor bleibt nach 
Avalanche-Durchbruch wie ein Thyristor einfach an.

von ●DesIntegrator ●. (Firma: FULL PALATINSK) (desinfector) Benutzerseite


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Da ich gerade eine grössere Menge
an Kontakten zur Schmelzung vorbereite:

Hier mal Kontakte, die lange im Gebrauch waren...

von Lothar M. (Firma: Titel) (lkmiller) (Moderator) Benutzerseite


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● Des I. schrieb:
> Eine Spannung, die ein Relais halten lässt,
> kann wesentlich geringer sein, als die, die zum vollständigen Schalten
> benötigt wird.
Ein Relais mit 24Vdc-Spule hält möglicherweise auch noch mit einer 
Spulenspannung von 1,2V:
1
Ist die eingekoppelte Spannung größer als die in der „Relaisnorm“ IEC 61810-1 geforderte Rückfallspannung, so kann das Relais im Extremfall nicht mehr abfallen.
2
Diese Rückfallspannung liegt für DC-Relais bei ≥0,05 x UN ...
Zitiert aus:
https://www.phoenixcontact.com/assets/downloads_ed/global/web_dwl_technical_info/105396_de_00.pdf

Und zu den Definitionen siehe dort auf Seite 321:
https://www.finder-relais.net/de/Finder-technische-erlaeuterungen-de.pdf

: Bearbeitet durch Moderator
von ●DesIntegrator ●. (Firma: FULL PALATINSK) (desinfector) Benutzerseite


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Lothar M. schrieb:
> Ein Relais mit 24Vdc-Spule hält möglicherweise auch noch mit einer
> Spulenspannung von 1,2V:

Und wenn ein Relais zu dicht an einem Lautsprecher ist,
könnte dessen Magnetfeld gerade so zum Relais hin ausserichtet sein,
dass der Kern im Relais auch noch etwas magnetisiert wird.

Zum vollständigen Betrieb als "Magnetschalter" reicht es nicht,
aber wenns durch die Spulenspannung angezogen hat,
bleibt es durch das äussere Magnetfeld hängen,
wenn die Spulenspannung abgeschaltet ist.

von Daniel F. (finki)


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Sooo, ihr habt wirklich tolle Ideen und Informationen, dass ich gleich 
geschaut habe und so vertieft ware, dass ich gar nicht mehr 
zurückgeschrieben habe.

Im Anhang siehe eine jungfräulichen Kontakt direkt aus dem Lager. Jetzt 
sehe ich auch, dass der alte Kontakt quasi ungebraucht ist.

Ich habe mir die ganze Schaltung mal zu gemüte geführt. War nicht 
einfach, da über mehrere Baugruppen und Zeichnungen verteilt.

Die Spulen der Relais liegen an 24V. Ground wird gesteuert. Das eine 
Relais wird über einen ULN2003L gesteuert. Ein weiteres Relais wird über 
einen Reedkontakt gesteuert. Ein weiteres Relais ist eine Kombination 
aller drei Relais. Ansonsten ist da keine weitere Peripherie dran.

>Ein Relais mit 24Vdc-Spule hält möglicherweise auch noch mit einer
>Spulenspannung von 1,2V:
Habe ich geprüft. Das neue Relais fällt bei 5,4V ab. Das ältere fällt 
bei 4,7V ab.
In nächster Zeit werde ich mal am System prüfen, ob am ULN2003L 
irgendwelche Spannungen vorhanden bleiben. Und auch den 
Näherungsschalter werde ich mir mal genauer anschauen.

Zum Thema Magnetfeld. Das Modul ist in einem Steuerungsschrank verbaut. 
Direkt nebendran ist ein 24V Netzteil. Das werde ich auch mal 
überprüfen.

Vielen Dank auf jedenfall für die vielen Rückmeldungen.


Grüße

Finki

: Bearbeitet durch User
von ●DesIntegrator ●. (Firma: FULL PALATINSK) (desinfector) Benutzerseite


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Daniel F. schrieb:
> Ground wird gesteuert

äh?

wenn da ein Netzteil daneben steckt, würde ich denken, dass das
keine Probleme macht.
Ein Netzteil macht eher Wackelfelder, egal ob Eisenschwein oder SNT

Weitere Ideen würden (denke ich) nur kommen,
wenn ich die Anlage selbst sehen würde.

von Lothar M. (Firma: Titel) (lkmiller) (Moderator) Benutzerseite


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Daniel F. schrieb:
> Zum Thema Magnetfeld. Das Modul ist in einem Steuerungsschrank verbaut.
> Direkt nebendran ist ein 24V Netzteil.
Ein Schaltnetzteil kann dir recht einfach die Eingangsstufe des 
DCF-Empfängers "überfahren", so dass die zuregelt und deshalb taub wird 
für das Funksignal.

https://www.google.com/search?q=schaltregler+stört+dcf77
https://www.google.com/search?q=schaltnetzteil+stört+dcf77

von mkausulm (Gast)


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Bevor du hier vlt. alle elektromechanischen Fehlermöglichkeiten checkts, 
prüfe doch noch folgendes:

Sind die Relaisgehäuse wirklich gasdicht?
Sind Kontaktölrückstände erkennbar die vlt. verharzten?

Putzen ist wahrscheinlich nicht möglich, nur zerstörerisches öffnen ist 
möglich. Aber vielleich ein Testaufbau daneben mit geputzten Relais?

Ich hatte mal den speziellen Fall dass eben zwangsgeführte Relais 
ausfielen. Ob sie jetzt klebten, weiss ich nicht mehr. Sie hatten auf 
jeden Fall Kontaktprobleme, waren hochohmig geworden.
Deren Schaltgerät befand sich in einem Schaltschrank neben einem 
Extruder für Kunststofffolien. Diese Maschine blies riesige Folien aus 
flüssigen Kunststoff (vlt PA), dabei bliess sie optisch nicht sichtbare 
Polymere aus dem Kunststoff mit raus, was irgendwann irgendwie in die 
Relais eindrang und sich dort chemisch nachweisbar absetzte. Optisch 
haste nix gesehen. Man roch es aber gut. Lange Diskussion mit namhaften 
Relaishersteller ....

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