Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Unterschiede bei Relais-Typen


von Markus (Gast)


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Hallo,

eigentlich bin ich nur auf der Suche nach einem Print-Relais, das mit 5V 
angesteuert wird und einen Motor mit 300W schalten kann.

Dabei bin ich auf folgende Typen gestoßen:

Typ  - Schaltspannung - Schaltleistung

Signalrelais - 250 V AC - 2700 VA
Leistungsrelais - 250 V AC - 1250 VA
Inrushrelais - 440 V AC - ?

Hat die Typ-Bezeichnung irgendeine Bedeutung? Hätte mal erwartet, dass 
ich ein Leistungsrelais brauche, offenbar könnte ich aber auch ein 
Signalrelais nehmen, oder?

Und was ist ein Inrushrelais?

Danke und Grüße
Markus

von Lothar M. (Firma: Titel) (lkmiller) (Moderator) Benutzerseite


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Markus schrieb:
> Hat die Typ-Bezeichnung irgendeine Bedeutung? Hätte mal erwartet, dass
> ich ein Leistungsrelais brauche, offenbar könnte ich aber auch ein
> Signalrelais nehmen, oder?
Ja. Wenn die Kontaktbelastbarkeit (Anlaufstrom beachten!) und das 
Kontaktmaterial passt. Aber denk angesichts der induktiven Last an den 
Snubber.

> Und was ist ein Inrushrelais?
Schalt mal ein Schaltnetzteil oder ein paar LED-Lampen mit einem 
normalen AgNi-Kontakt...
Siehe z.B. den Beitrag "Re: Netzteil lässt Relais sofort verkleben"

: Bearbeitet durch Moderator
von Markus (Gast)


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Snubber? Ist das einfach die Freilaufdiode?
OK, verstehe das nun mit dem Inrush-Relais, Danke.

Bei der weiteren Suche habe ich noch gesehen, dass es auch bistabile 
Relais gibt. Das wäre vielleicht eine gute Option, weil der Motor schon 
eine Weile laufen würde.

Leider habe ich bei R*chelt (dort werde ich die übrigen Teile bestellen) 
kein Angebot dazu gefunden, irgendwie funktioniert die Suche nicht und 
Filter gibt es dafür keinen.

Vielleicht kennt jemand ein solches Relais:
- bistabil
- Ansteuerung mit 5V
- Schaltspannung: Netzspannung (230V AC)
- Schaltleistung: > 300 W (Motor)
- Print (für Lochrasterplatine)

von Achim S. (Gast)


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Markus schrieb:
> Hat die Typ-Bezeichnung irgendeine Bedeutung? Hätte mal erwartet, dass
> ich ein Leistungsrelais brauche, offenbar könnte ich aber auch ein
> Signalrelais nehmen, oder?

Signalrelais haben gegenüber Leistungsrelais die Besonderheit, dass sie 
keinen Mindeststrom brauchen um dauerhaft niederohmig zu bleiben. Das 
erreichen sie z.B. durch eine Vergoldung der Kontakte. Wenn du mit einem 
Signalrelais den Motor schaltest kann es sein, dass die Vergoldung nach 
dem erst Schalten weg ist. Dann ist der Vorteil des Signalrelais weg. 
Die 2700VA deines Signalrelais dürften für ohmsche oder schwach 
induktive Lasten bei AC gelten. Bei DC oder für induktive Lasten haben 
sie wahrscheinlich eine viel geringere Schaltleistung (Stichwort 
Gebrauchskategorie). Aber wenn dein Motor mit AC betrieben wird könnte 
dein Signalrelais auch dauerhaft für ihn funktionern (mit weggebrannter 
Goldschicht), da die 2700VA deutlich über den 300W des Motors liegen.

Leistungsrelais benötigen einen Mindeststrom der Last (wetting current), 
sonst wachsen im Lauf der Zeit isolierende Schichten auf den Kontakten. 
Dafür können sie oft besser mit "kritischeren" Gebrauchskategorien 
umgehen als Signalrelais (also z.B. DC abschalten, induktive Lasten 
Schalten...)

Zum Inrush-Relais: beim Einschalten von kapazitiven Lasten fließt im 
ersten Kontaktmoment ein hoher Spitzenstrom. Beim Prellen des Kontakts 
zündet dabei fast unvermeidbar ein Lichtbogen, und wenn der genügend 
Energie liefert um das Kontaktmaterial zu schmelzen, klebt es nach dem 
Einschaltprellen zusammen - du kannst nicht mehr abschalten. 
Inrush-Relais haben deshalb besonders hochschmelzende 
Kontaktmaterialien. Oder sogar getrennte Kontakt (ein voreilender 
Wolfram-Kontakt für das Einschaltprellen, ein später kommender Kontakt 
aus niederohmigerem Material, für die Dauerleistung).

Markus schrieb:
> Snubber? Ist das einfach die Freilaufdiode?

Freilaufdiode auf der Lastseite könntest du einsetzen, wenn die Last mit 
DC versorgt wird. Iat bei dir nicht der Fall, deswegen google nach 
Snubber.

DC abzuschalten könnte für das Relais sehr viel anspruchsvoller sein als 
AC (weil der Lichtbogen nicht von selbst im Nulldurchgang erlöscht).

von Karl B. (gustav)


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Markus schrieb:
> Snubber? Ist das einfach die Freilaufdiode?

Hi,
auf der AC-Lastseite nein.
Die Berechnung kann anhand des Nomogramms erfolgen.
Dabei ist zu beachten, dass eine völlige Trennung nicht gegeben ist.
Es fließt also immer ein kleiner, bestimmter Strom noch.
Zur völligen Trennung ist ein Sicherheitsschalter noch nötig.

ciao
gustav

von Markus (Gast)


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Oh, das mit dem Snubber scheint nicht ganz einfach zu sein, muss mich da 
mal einlesen. ABer vielen Dank für den Tipp, hätte da überhaupt nicht 
dran gedacht!

Und ganz vielen Dank auch für die ausführliche Erklärung der 
Relais-Typen, da konnte ich wirklich etwas lernen!

Das mit dem bistabilen Relais verstehe ich schon richtig, oder? Also, 
man braucht nur z.B. für 10ms die Spule einschalten, dann schaltet das 
Relais um und hält den Kontakt. Wenn die 2. Spule kurz eingeschaltet 
wird, schaltet das Relais um.

von Markus (Gast)


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Habe jetzt das hier gefunden:
https://www.reichelt.de/inrushrelais-5v-1-schliesser-20a-bistabil-hfe20-1-005-1ht-p127008.html?&trstct=pos_11&nbc=1

Es ist zwar ein Inrush-Relais, aber das würde für den Motor doch 
funktionieren, oder?

Und zum Schalten einer kleinen ohmschen / kapazitiven Last mit nur ca. 
2W könnte ich doch sicher das gleiche nehmen, oder?

von Lothar M. (Firma: Titel) (lkmiller) (Moderator) Benutzerseite


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Markus schrieb:
> Also, man braucht nur z.B. für 10ms die Spule einschalten, dann
> schaltet das Relais um und hält den Kontakt.
Ja. Aber das Relais schaltet eben bei einem Ausfall der Steuerung nicht 
mehr von alleine ab. Oder es bleibt auch bei/nach einem Stromausfall 
eingeschaltet (wenn die Steuerung es nciht mehr abschalten kann).

Markus schrieb:
> Es ist zwar ein Inrush-Relais, aber das würde für den Motor doch
> funktionieren, oder?
Ja.

> Und zum Schalten einer kleinen ohmschen / kapazitiven Last mit nur ca.
> 2W könnte ich doch sicher das gleiche nehmen, oder?
Ja.

von Markus (Gast)


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Danke, dann schreibe ich das mal auf meine Bestellliste.

Es ist kein Problem, wenn der Motor bei Ausfall der Steuerung an bleibt. 
Spätestens nach 1 Tag würde ich das merken und kann den Stecker ziehen.

Also vielen Dank für die hilfreichen Antworten!

Ich freue mich sehr, dass ich in dieses Forum gestolpert bin!

von Karl B. (gustav)


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Markus schrieb:
> Das mit dem bistabilen Relais verstehe ich schon richtig, oder?

Hi,
die Funktionsweisen können unterschiedlich sein. Stromstoßrelais wird 
auch oft genannt. Das ist aber etwas anderes. Hier wird eine Spule 
erregt, und zum Beispiel über eine Sperrzahnrad-Mechanik erreicht, dass 
der Kontakt einmal geöffnet oder geschlossen wird. Dabei ist der 
Schaltzustand am Anfang eben unbekannt.
Dann gibt es die umpolbaren Relais, bei denen sich der Schaltzustand mit 
der Polarität an der Spule ändert.
Dann die Zweispulen-Relais, (oder eine Spule mit Mittelanzapfung), für 
jeden Schaltzustand eine Spule. Im Prinzip funktionieren die genauso wie 
die "gepolten Relais". Meistens sitzt am Kontaktsatz ein 
Permanentmagnet, der abhängig von der Spulenpolarität eine Kraft ausübt 
oder nicht.
Das heißt, steht der Kontaktsatz schon in Stellung "Ein", und die 
"Ein"-Spule wird bestromt, passiert nichts.
Oder wenn beide Spulen exakt gleichzeitig bestromt werden, kann 
Zufallsergebnis bei herauskommen.
Deswegen ist eine Logik vor den Relais vielleicht besser, die solche 
Doppeldeutigkeiten ausschließt.
Vorzug, wie von @Lothar schon gesagt, Schaltzustand bleibt ohne 
Bestromung bestehen. Oder vorheriger Schaltzustand nach Wiedereintritt 
der Netzspannung wird beibehalten, was man bei Motoren n i c h t haben 
will.
Die laufen dann von alleine los, wenn vorher Relais in Stellung "Ein".
Und womöglich genau in dem Moment, wenn ich das Kreissägenblatt 
austausche.
Um das zu verhindern, werden extra schon in Schalter eingebaute 
"Unterspannungsauslöser" eingebaut. Und das sind Relais, deren Spulen 
ständig bestromt werden müssen.
Dann überlege, ob es für Deinen Anwendungszweck die richtigen Relais 
sind.

ciao
gustav

P.S.: Es gab den mittelalterlichen Begriff "retournierbares Relais" 
irgend wann einmal. Bei "Wiki" findet den nicht mehr. Im 
französischsprachigen Raum war der mal gang und gäbe.
Bei dem gepolten Relais kann man schön die "Magnetwippe" sehen. Hat drei 
Anschlüsse, also Spule mit Mittelanzapfung. Mit Indikator. Kann auch von 
Hand betätigt werden.

: Bearbeitet durch User
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