Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Luminanzfilter für Composite-Videosignale (PAL und NTSC) konstruieren


von Olli Z. (z80freak)


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Hallo, ich beschäftige mich seit kurzem mit dem Thema 
Videosignalverabeitung und versuche mir die Basics anzueignen. An einem 
Punkt hänge ich gerade fest, der Aufspaltung eines FBAS Composite 
Signals in ein Luminanz- und Chromonanz-Signal. Hierzu wird 
klassischerweise ein Tiefpass-Filter für Y (Luminanz) und ein Bandpass 
für C (Chrominanz) verwendet, soviel habe ich verstanden. Hier haben mir 
in einem anderen Thread auch schon andere Forenmitglieder wertvolle 
Hilfe geleistet, jedoch glaube ich das das Thema einen eigenen Thread 
verträgt.

Jetzt möchte ich das praktisch umsetzen und zwar sowohl für PAL als auch 
NTSC Composite Signale. Hierzu möchte ich verstehen wie diese Filter 
konstruiert, dimensioniert und berechnet werden und natürlich wie sie 
funltionieren.

Zum testen habe ich einen Fluke PAL/NTSC Testbildgenerator, ein Rigol 
1104Z DSO, einen Racal Dana 1991 Frequenzzähler, einen Rigol DSG1032X 
Frequenzgenerator, ein Vectorscope und div. andere Messgeräte sowie 
elektronische Bauteile zur Verfügung und scheue mich auch nicht 
notwendige und kaufbare Komponenten nachzuerwerben. Auch mangelt es mir 
nicht an Motivation :-)

von Matthias S. (Firma: matzetronics) (mschoeldgen)


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Ein mir gerade vorliegender PAL Chroma Bandpass (4,43MHz) der simplen 
Art:
1
FBAS     47pF        100pF
2
>--------||-+---+----||----+-----> Chroma
3
            |   |          |
4
            -   S         --- 820pF
5
       680R| |  S 10µH    ---
6
           | |  S          |
7
            -   |          |
8
GND         |   |          |
9
O-----------+---+----------+-----O
aus dem Datenblatt des TEA5620 PAL Dekoders. Dabei sorgt der 680 Ohm 
Widerstand für einen etwas breiteren Durchlass, als der Schwingkreis 
alleine hätte. Um auf 3,58Mhz zu kommen, würde ich persönlich die Spule 
etwas vergrössern und nicht den 820pF Kondensator, da das Pegel klauen 
würde.

von Nautilus (Gast)


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Olli Z. schrieb:
> klassischerweise ein Tiefpass-Filter für Y (Luminanz)

Der Frequenzbereich eines CCIR Fernsehsignals geht bis 5 MHz. Mit einem 
Tiefpass werden die Frequenzen oberhalb des Farbträgers unterdrückt. Das 
Bild auf dem Bildschirm verliert somit an Schärfe. Deshalb sind zur 
Unterdrückung des Farbträgers Saugkreise oder bei den letzten 
Generationen Kammfilter (IC) eingesetzt worden. In einigen Entwicklungen 
wurde auch gleich der Farbträger am Saugkreis ausgekoppelt.

Ich kenne aber keinen, der Farbfernsehgeräte mit PAL ausgerüstet hatte, 
der diese Filter selbst berechnet hätte. Als Vorlage dienten 
Industrieschaltungen aus der Funktechnik oder vergleichbarer Literatur. 
Das größere Problem war der Ausgleich der durch die unterschiedlichen 
Bandbreiten des Leuchtdichtekanals (5 MHz) und Farbkanals (1,2 MHz) 
verursachten Laufzeitunterschiede.  Dieser wurde im analog aufgebauten 
Gerät mit einer Laufzeitkette im Y-Kanal ausgeglichen. Diese war nur in 
bestimmten Werten (etwa 700 ns) erhältlich. Stimmte dieser Wert nicht 
waren Leuchtdichtesignal und die Farbdifferenzsignale nicht 
deckungsgleich und das Bild wirkte verwaschen.

von Nichtverzweifelter (Gast)


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Schau Dir Schaltpläne von Videorecordern an. Da die alle das 
FBAS-Signalgemisch in Y und Chroma zerlegen mussten, findest Du, was Du 
suchst.
Alle farbtauglichen Systeme mussten diese Aufteilung vornehmen, weswegen 
Du entsprechende Schaltungsteile bereits in VCR, dann VHS etc. über 
Jahrzehnte hinweg vorfindest. Von ganz, ganz analog mit diskreten 
Einzelteilen bis zu "No Filters"-"chip only" Lösungen.

von Matthias S. (Firma: matzetronics) (mschoeldgen)


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LT Spice hilft da übrigens auch. Habe mal den o.a. Schaltplan 
reingeklopft und von 3 bis 8 Mhz durchgewobbelt. Ändert man z.B. die 
Spule auf 15µH und den 100pF auf 82pF, ist das schon ein brauchbares 
Filter für NTSC Chroma.

von Olli Z. (z80freak)


Angehängte Dateien:

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Matthias S. schrieb:
> Ein mir gerade vorliegender PAL Chroma Bandpass (4,43MHz) der simplen
> Art:
Habe mich auch gerade mal an Deiner versucht mit LTSpice. Anbei mein 
Ergebnis und mein LT-File zum überprüfen.
Eingespeist habe ich ein AC-Signal mit 1Vpp 1-6 MHz.

von Olli Z. (z80freak)


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Es gibt aufgrund der langen Analog-Ära sicher unzählige passive und 
aktive Filter auf dem Markt, vielleicht hat ja jemand Erfahrung mit 
einem Chip oder einem Aufbau den man leicht nachbauen kann für PAL/NTSC?
In der Tat würde ich gern mal einen einfachen Tiefpass/Bandpass mit 
einem Kammfilter und vielleicht sogar mit einem Digitalfilter 
vergleichen wollen.
Oder sollte ich mir nun via Google einfach mal "irgendwas" besorgen?

SAA-4960 (PAL)
TDA9183 (NTSC)

Oder gibt es "übliche Verdächtige" die häufig und gern eingesetzt 
wurden? Gern mit DIL/DIP Gehäuse und nicht unbedingt SMD mit 144 
Beinchen ;-)

von Matthias S. (Firma: matzetronics) (mschoeldgen)


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Ich habe mal einige Schaltpläne nach Y/C Separatoren abgesucht, aber in 
den heutigen Apparaten ist das alles in einem Chip drin, weil die Herren 
Kontrukteure Abgleichpunkte (und vor allem Spulen) abgrundtief hassen.

In alten U-Matic Plänen findet sich was, aber die Bandpassspulen haben 
keine Werte, sondern nur Sony Ersatzteilnummern - hilft also auch nicht 
viel. Darüber haben sich nur wenige Leute Gedanken gemacht, weil sowas 
halt nie kaputt geht ausser, wenn man draufhaut. Und in diesem Fall ist 
vom Gerät sowieso so viel defekt, das mans nicht repariert hat.

Der beste Tipp sind vermutlich Datenblätter von Dekodern, also z.B. 
TDA3562, der alte TDA3510, der o.a. TEA5620 aka AN5620, oder Multinormer 
wie TDA4555 und TDA4556.

von Olli Z. (z80freak)


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Super Idee, ich denke das mit den passiv aufgebauten Filtern ist gut zum 
lernen, aber gut für die praktische Anwendung werden die Chips sein.

Unabhängig davon werde ich mal Deinen Schaltungsvorschlag aufbauen und 
mit den simulierten Ergebnissen überprüfen.

Sag mal, wie messe ich denn Durchlasskurven mittels DSO und 
Frequenzgenerator (Wobbler) aus?

von Matthias S. (Firma: matzetronics) (mschoeldgen)


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Olli Z. schrieb:
> Sag mal, wie messe ich denn Durchlasskurven mittels DSO und
> Frequenzgenerator (Wobbler) aus?

Am besten laufen DSO und Wobbler synchron wie bei einem Spektrum 
Analyzer. Der Wobbler liefert im allgemeinen einen Sägezahn Ausgang, den 
man auf den X Eingang des Oszis legt, dann scannt der Oszis von alleine 
parallel zum Wobbelsignal. Der Y-Kanal kriegt den Ausgang vom Filter. Am 
Schirm hat man dann die Durchlasskurve.

Anderer Ansatz - du nimmst dein SDR mit Gnuradio(-Companion) oder 
PothosSDR, machst dir eine Histogramm oder Spektrumanalyzer drauf und 
fütterst dein Filter mit flachem (rosa) Rauschen. Dabei ist lediglich 
wichtig, das die Rauschquelle breitbandig ist.
Nächster Ansatz - du nimmst sowas wie HackRF oder SimpleVNA und benutzt 
das als Oszillator und Receiver. Mit reinen Empfangs-SDR geht das aber 
nicht, denn du brauchst ja eine Signalquelle.
Bin schon ganz kribbelig, weil mein HackRF heute geliefert werden soll 
:-P

von Joachim B. (jar)


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Olli Z. schrieb:
> Es gibt aufgrund der langen Analog-Ära sicher unzählige passive und
> aktive Filter auf dem Markt, vielleicht hat ja jemand Erfahrung mit
> einem Chip oder einem Aufbau den man leicht nachbauen kann für PAL/NTSC?
> In der Tat würde ich gern mal einen einfachen Tiefpass/Bandpass mit
> einem Kammfilter und vielleicht sogar mit einem Digitalfilter
> vergleichen wollen.
> Oder sollte ich mir nun via Google einfach mal "irgendwas" besorgen?

wie ich schon schrieb, ich würde nach TV mit passiven Farbfiltern suchen 
am Besten auf Pal Modulen, die Spulen können unverändert übernommen 
werden verändern die Bandbreite b nur marginal (QL ~ Qges = fres / b), 
frequenzbestimmend sind hier nur die Kondensatoren die locker auf 
3,58MHz von 4,43MHz geändert werden müssen.

aus fres = 1 / (2 x PI x SQR( L x C) ) kannst du ja den neuen C rechnen.

x = * (komme mit der Forenformatierung nicht klar)

Hatte damals zumindest bei meinem Grundig funktioniert, PAL 
Halbzeilenschalter ist dann aber eine andere Baustelle.

von Olli Z. (z80freak)


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Wäre auch der Einsatz eines "beliebigen" Integrierten Comb-Filter Chips 
eine Alternative?
Z.b. dem TDA9183 (NTSC). Gibt es solche die einfach Composite Video rein 
und supersauber getrenntes Y und C am Ausgang hat?

von Matthias S. (Firma: matzetronics) (mschoeldgen)


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Olli Z. schrieb:
> Gibt es solche die einfach Composite Video rein
> und supersauber getrenntes Y und C am Ausgang hat?

Wenn man ich das Datenblatt richtig verstehe, ist genau das der Job des 
TDA9183. Er benötigt zum korrekten Funktionieren den Farbträger oder den 
Farbträger * 2.

von Olli Z. (z80freak)


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Wozu und was ist der SC Eingang gut und woher bekomme ich den? SC = 
Sandcastle pulse.

von Olli Z. (z80freak)


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Den Chip gibt es auch als TDA9181 für Multistandard. Da wählt man switch 
PAL/NTSC via 2 select-lines. Leider beide mal wieder nicht zu bekommen 
hierzulande. Selbst Mouser muss passen...

von Andi B. (andi_b2)


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Da würde ich raten, einen alten S-VHS Recorder zu schlachten und den 
betreffenden Schaltungsteil davon zu verwenden. Außer du hast das 
originale Testboard des IC Herstellers, mitsamt dessen Appnotes. Die 
waren aber üblicherweise nicht öffentlich erhältlich, weil solche ICs in 
Zusammenarbeit von IC-Hersteller und VCR/TV Entwickler gebaut und 
optimiert wurden. Und nur die Entwickler der betreffenden Firmen, 
kannten dann die Feinheiten auf die es da oft ankommt. Wenn ich nur 
alleine an die Temperaturkompensation denke....

Diese Philips Dinger sehen ja sehr kompakt und hochintegriert aus. Sind 
mindestens eine, zwei Generationen neuer als die die ich kenne. Keine 
Ahnung ob Philips das brauchbar gebacken bekommen hat. Deren ICs in 
diesen Bereichen, waren da von sehr unterschiedlicher Qualität. Wie 
gesagt, wenn du ein Gerät schlachten kannst wo der oder ein anderer 
drinnen ist, dann gehe diesen Weg.

von Axel R. (axlr)


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Olli Z. schrieb:
> Wozu und was ist der SC Eingang gut und woher bekomme ich den? SC =
> Sandcastle pulse.
lange her... ;)
Beitrag "TV - sandcastle impuls aufbau/Specs.?"
ist da was für dich dabei?

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