Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Erklärung Kompensation Operationsverstärker


von OPV (Gast)


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Moinmoin,

ich würde ganz gerne in einer Techniker-Aufstiegsfortbildung einen 
einfachen OPV als Beispiel für eine integrierte Transistorschaltung 
hernehmen. Differenzverstärker, Emitterschaltung und Emitterfolger sind 
leicht erklärt, aber bei einer anschaulichen Erklärung weshalb es C1 
bedarf stecke ich fest. Könnt ihr mir da weiterhelfen, vielleicht sogar 
mit einer Literaturempfehlung?

Danke und viele Grüße! :)

von OPVAntworter (Gast)


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Hi OPV,

schau mal hier:
https://de.wikipedia.org/wiki/Millereffekt

viele Gruesse,

"OPVAntworter" :-)

von OPV (Gast)


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Vielen Dank für den schnellen Hinweis! :)

Das der Kondensator zur Kompensation dient um die OpenLoop-Verstärkung 
vorm Erreichen von 180° am invertierenden Eingang unter 0dB zu drücken, 
ist mir bekannt. Die Notwendigkeit hierzu kann über das Noisegain auch 
relativ simpel hergeleitet werden.

Nur warum wird das so erreicht? Also wieso fällt die Verstärkung der 
Emitterstufe durch Einfügen dieses Kondensators mit der Frequenz ab?

Und wo wir gerade dabei sind, wie kann man die Simulation ändern um die 
OpenLoop-Verstärkung zu plotten?

Viele Grüße!

von Stefan F. (Gast)


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OPV schrieb:
> Also wieso fällt die Verstärkung der
> Emitterstufe durch Einfügen dieses Kondensators mit der Frequenz ab?

Weil: Wenn die Spannung an der Basis steigt, sinkt die Spannung am 
Kollektor. Durch den Kondensator wird die Basis wieder herunter 
gedrückt. Also eine Gegenkoppelung.

Je höher die Frequenz ist, umso stärker wirkt die Geenkoppelung, weil 
der Innenwiderstand des Kondensators ja mit steigender Frequenz sinkt.

von Achim M. (minifloat)


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OPV schrieb:
> . Die Notwendigkeit hierzu kann über das Noisegain auch relativ simpel
> hergeleitet werden.

Nein. Die Notwendigkeit ist das von dir bereits genannte 
Stabilitätskriterium, sonst wäre dein Opamp nicht Unity-Gain-stabil.
Rauschanalyse und Rauschoptimierung kommen i.A. nach der Stabilität.

mfg mf

von OPV (Gast)


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@Stefan: Vielen Dank für diese anschauliche Erklärung, jetzt hat es 
endlich bei mir Klick gemacht!

@Achim: Man muss ja erstmal erklären, wo das Stabilitätskriterium 
herkommt, und wenn das LoopGain -1 wird, wird das Noisegain unendlich.

von Carlo (Gast)


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von IC Desinger (Gast)


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OPV schrieb:
> @Achim: Man muss ja erstmal erklären, wo das Stabilitätskriterium
> herkommt, und wenn das LoopGain -1 wird, wird das Noisegain unendlich.

Aber das Stabilitätskriterium ist doch z.B. Phase Margin > 45° bei Gain 
0dB (=1) und nicht -1.

von Lutz V. (lvw)


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OPV schrieb:
> @Stefan: Vielen Dank für diese anschauliche Erklärung, jetzt hat es
> endlich bei mir Klick gemacht!
>
> @Achim: Man muss ja erstmal erklären, wo das Stabilitätskriterium
> herkommt, und wenn das LoopGain -1 wird, wird das Noisegain unendlich.

Man muss ja nur an die Tiefpasswirkung einer RC-Kombination denken. Der 
Ausgangswiderstand der ersten Stufe arbeitet auf die Eingangsimpedanz 
der zweiten Stufe, deren kapazitiver Anteil relativ groß ist, denn die 
Kapazität C1 wirkt durch den Miller-Effekt ja drastisch vergrößert. Erst 
dadurch kann die Grenzfrequenz des Tiefpasses ausreichen klein gemacht 
werden,(10..500)Hz. Mit einem Kondensator nach Masse (klassischer 
Tiefpass) wäre das nicht möglich, da so eine große Kapazität 
nicht/schwer/ungünstig In IC-Technologie zu realisieren wäre.

Zum "loop gain": Das ist die Verstärkung der gesamten geöffneten 
Rückkopplungsschleife - so wie man es messen und simulieren würde bei 
Einspeisung des Testsignals an der Öffnungsstelle. Daher ist das 
negative Vorzeichen (bei Gegenkopplung) natürlich mit drin in der 
Definition und die Stabilitätsgenze ist bei |Loop gain|=1 und Phase=0.

: Bearbeitet durch User
von OPV (Gast)


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Wenn man sich den Regelkreis anschaut, dann ergibt sich die 
Oszillationsbedingung bei
Die 45° Phasemarging kommen daher, dass man von diesem Punkt ausreichend 
Abstand halten sollte.

Die Simulation des Open Loop Gains ist bis jetzt am Finden des 
DC-Arbeitspunkts gescheitert. Mit einem RC-Glied ausreichend tiefer 
Grenzfrequenz klappt auch das :)

Damit sind alle meine Fragen beantwortet, vielen Dank! :)

von Carlo (Gast)


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von Lutz V. (lvw)


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OPV schrieb:
> Wenn man sich den Regelkreis anschaut, dann ergibt sich die
> Oszillationsbedingung bei
> Die 45° Phasemarging kommen daher, dass man von diesem Punkt ausreichend
> Abstand halten sollte.
>
> Die Simulation des Open Loop Gains ist bis jetzt am Finden des
> DC-Arbeitspunkts gescheitert. Mit einem RC-Glied ausreichend tiefer
> Grenzfrequenz klappt auch das :)
>
> Damit sind alle meine Fragen beantwortet, vielen Dank! :)

Nur noch ein kurzer Nachtrag, weil es dabei immer wieder 
Missverständnisse gibt.
Es ist alles richtig, was Du schreibst. Aber das Produkt (A*Beta) ist 
noch nicht das, was man "Schleifenverstärkung" (loop gain) nennt. Dazu 
gehört das Minuszeichen an der Vergleichsstelle, also:
Schleifenverstärkung Vs=-A*Beta (mit A=A(jw)) und die schon von 
Barkhausen formulierte Schwingungsbedingung ist Vs=+1 (was auch 
anschaulich gut nachvollzogen werden kann mit Eingang=Ausgang an der 
Schnittstelle).

Kurz zur Phasenreserve: Wenn der OPV so kompensiert ist, dass die 2. 
Eckfrequenz gerade da liegt, wo die erste Asymptote (-20dB/Dek) die 
0dB-Achse schneidet, dann ist die Phasendrehung an der Stelle gerade 
-90-45=-135 Grad und man hat noch 45 Grad Reserve zur Stab.Grenze. Liegt 
die 2. Eckfrequenz etwas höher, dann ist die Reserve natürlich größer.

: Bearbeitet durch User
von OPV (Gast)


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Bist du dir da absolut sicher? Im Mancini z.B. steht es mit Aβ, und mir 
ist auch keine anderslautende Literatur bekannt.
> The quantity Aβ is so important that it has been given a special name: loop 
gain.
https://web.mit.edu/6.101/www/reference/op_amps_everyone.pdf Seite 81 
erster Absatz.

Da wir das ganze auf einem Breadboard aufbauen wollen, werde ich 
vermutlich großzügig kompensieren. Erstens um Schwingneigungen zu 
reduzieren, und zweitens damit sie sich auch die durch Q4, R2 und C1 
begrenzte Slewrate sauber anschauen können.

von Lutz V. (lvw)


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OPV schrieb:
> Bist du dir da absolut sicher? Im Mancini z.B. steht es mit Aβ, und mir
> ist auch keine anderslautende Literatur bekannt.
>> The quantity Aβ is so important that it has been given a special name: loop
> gain.

Ja, ich weiß, dass der Term "loop gain LG" in manchen Veröffentlichungen 
einfach mit Aβ (ohne Minuszeichen) benutzt wird - finde ich sehr 
unglücklich und verwirrend. Ist aber vielleicht auch Ansichtssache.
Meine Begründung:
* Was ist Gegenkopplung? Antwort: Negative Schleifenverstärkung. In dem 
Modell von Mancini wäre diese aber bei LG=Aβ positiv. Für mich 
unlogisch.

* Die Stabilitätsgrenze ist bei Aβ=-1 - also bei LG=-1? Schon bei 
Barkhausen ist die Schwingbedingung "Scheifenverstärkung LG=+1 . Klingt 
also nach Widerspruch.

* Messung/Simulation: In beiden Fällen wird die Schleife an geeigneter 
Stelle (ohne Belastungsänderung) geöffnet und ein Testsignal 
eingespeist. Dabei wird das Minuszeichen natürlich automatisch mit 
reingerechnet.
Das ist für mich das stärkste Argument für die Berücksichtigung der 
IMMER vorhandenen Phasenumkehr innerhalb der Schleife.

* Es gibt (gerade in der Regelungstechnik) viele Systeme, bei denen die 
für Gegenkopplung unabdingbare Phasen-Inversion irgendwo innerhalb der 
Schleife (also nicht "vorne" beim Soll-Ist-vergleich) erfolgt. Auch dann 
ist das Minuszeichen automatisch mit drin.

* Fazit: Es gibt zwei unterschiedliche Namensgebungen, die sich durch 
ein Minuszeichen unterscheiden (Bei Bode ist Aβ das sog. "return ratio" 
und der "loop gain" is LG=-Aβ).
Es ist wohl so, dass LG=-Aβ eher in der Regelungstechnik und LG=Aβ in 
der Schaltungstechnik angewendet wird.
Das Ganze ist ja auch kein Problem, da es "nur" um die Namensgebung geht 
- und wenn man den Hintergrund versteht, kann es auch zu keinen Probleme 
kommen.
Aber wenn man nicht so ganz drin ist in der Materie, dann ist man 
verwirrt, da die Phasenreserve manchmal im Vergleich zu -180 Grad und 
manchmal zu -360 (also Null) Grad ermittelt wird.
Ich habe das nämlich oft genug erlebt und es gibt in den einschlägigen 
Foren auch entsprechende Fragen in dieser Richtung.

von OPV (Gast)


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Lutz V. schrieb:
> Was ist Gegenkopplung? Antwort: Negative Schleifenverstärkung. In dem
> Modell von Mancini wäre diese aber bei LG=Aβ positiv. Für mich
> unlogisch.

Das ist ein sehr gutes Argument! Vielen Dank für die ganzen Hinweise, 
das ist guter Stoff für den Unterricht.

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