Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Güte beim state-variable-filter nimmt bei hoher Frequenz ab


von Christian S. (roehrenvorheizer)


Angehängte Dateien:

Lesenswert?

Hallo allerseits,

nachdem meine beiden Superhetempfänger für DCF77 und MSF funktionierten, 
ist  mir bei den gleichartig aufgebauten Bandpässen aufgefallen, daß der 
eine mit 625 Hz Resonanzfrequenz eine deutlich größere 
Resonanzüberhöhung erreicht als der zweite mit 2,4 kHz Resonanzfrequenz. 
Um das genauer zu untersuchen habe ich nochmals so einen Bandpaß 
aufgebaut, diesmal aber mit geschalteten Widerständen, ein 4066 durch 
NE555 angesteuert bei 20...25 kHz macht die PWM. Dahinter ein TP. C ist 
10 nF Folie und R zwischen 2,2 k und 47 k. Der Effekt ist der gleiche in 
etwa. Die Resonanzfrequenz läßt sich per PWM durchstimmen. Bei knapp 2 
kHz ergibt sich noch sehr leicht eine ausgeprägte Resonanzüberhöhung, 
bei z.B 4 kHz und darüber nur noch gering ausgeprägt. Das Poti für die 
Güte ist möglichst weit aufgedreht, jedoch immer unterhalb der Schwelle 
zur Selbsterregung. Diese ist nur mit sehr großen Kondensatoren 
erreichbar.

Ergibt sich dieses Verhalten aus den Verlusten der Kondensatoren? Spielt 
die zurück gehende Verstärkung der OPVs eine Rolle?

Vielleicht hat jemand eine Idee dazu.

mit freundlichem Gruß

: Bearbeitet durch User
von Olaf (Gast)


Lesenswert?

> Spielt die zurück gehende Verstärkung der OPVs eine Rolle?

Sehr wahrscheinlich. Dein OP wird nicht mehr schnell  genug sein
um entsprechend gegen zu regeln. Du brauchst >100x Filtergrenzfrequenz
als GBW.

Olaf

von Lutz V. (lvw)


Lesenswert?

Es ist bei diesen Filtern ganz normal, dass man nicht die Frequenz 
verändern (durchstimmen) kann, ohne dabei die Güte und/oder die 
Mittenverstärkung zu beeinflussen - und umgekehrt.
Ich müsste mir den Filterteil noch mal genau ansehen, um genaueres sagen 
zu können (im Moment Zeitproblem) - sehr hilfreich wäre es, den 
Filterblock als separate Skizze (mit den durchstimmbaren Komponenten) zu 
sehen.

: Bearbeitet durch User
von Christian S. (roehrenvorheizer)


Angehängte Dateien:

Lesenswert?

Danke für die Antworten.
Das verwendete Filter habe ich nochmals separat gezeichnet. Es besteht 
aus zwei Integratoren und einem Summierer.

https://www.ti.com/lit/ds/symlink/tl084.pdf

Im Dabla habe ich "Figure 6-8. Open-Loop Gain and Phase vs
Frequency" mal betrachtet. Bei 1 kHz sind es noch 75 dB Verstärkung, bei 
4 kHz nur noch 60 dB also 1000-fach etwa. Das GBW beim TL084 beträgt 
etwa 3 MHz.

Beim LM324, das im 625 Hz - Bandpass eingebaut ist, nur 1,3 MHz.
https://pdf1.alldatasheet.com/datasheet-pdf/view/182089/STMICROELECTRONICS/LM324.html

Möglicherweise kommen diese beiden Typen bereits an ihre Grenzen, wenn 
bei mehreren kHz höhere Güte verlangt wird.

hier noch ein paar Formeln:

https://en.wikipedia.org/wiki/State_variable_filter


https://www.daycounter.com/Filters/StateVariableFilters/State-Variable-Filter-Design-Equations.phtml
"The state variable filter gives us more than enough free parameter, so 
it is easy to design and tune the Q and the cut off frequency 
independent of each other."



mfg

: Bearbeitet durch User
von Lutz V. (lvw)


Lesenswert?

OK - das Bild ist gut lesbar.

Es handelt sich hier um das KHN-Universalfilter, welches gleichzeitig 
einen Hoch-, Band- und Tiefpassausgang hat.

Es stimmt, dass mit einem Doppel-Poti durch gemeinsame Änderung der
Integrations-Zeitkonstanten die Polfrequenz (Mittenfrequenz des BP)
durchgestimmt werden kann, ohne die Güte bzw. die Mittenverstärkung zu
beeinflussen - solange der OPV "mit macht" (ausreichende Verstärkung und
slew-rate).

Mir ist aus den bisherigen Angaben nur noch nicht so klar geworden, wo 
die verlangte obere Frequenzgrenze liegt.

Mit dem TL084 sollten einige -zig kHz aber kein Problem sein (auch von 
der slew-rate her)

: Bearbeitet durch User
von Pandur S. (jetztnicht)


Lesenswert?

Das Glueck ist, dass es mittlerweile OpAmps mit GHz GBW gibt. Das Pech 
ist, dass obgleich die sich dann Ultra low noise nennen duerfen, 
trotzdem recht rauschen. 1GHz mal 1nV/rtHz ist eben doch etwas ungleich 
Null.

von Lutz V. (lvw)


Lesenswert?

Ich sehe gerade, dass der C zum Einkoppeln des Eingangssignal nur 100nF 
hat. Warum nicht größer? Was ist Deine kleinste Frequenz?
Weitere Frage: In Deinem ersten Beitrag sprachst Du beim Bandpass von 
"Resonanz-Überhöhung" - was meinst Du damit? So etwas gibt es eigentlich 
nur bei Tief- und Hochpass (Güte>0,7071).

: Bearbeitet durch User
von Olaf (Gast)


Lesenswert?

> Das Glueck ist, dass es mittlerweile OpAmps mit GHz GBW gibt.

Klar, aber zum Glueck gibt es zwischen denen und einem TL084 noch
ein paar Zwischenstufen. :-)
Ich meine z.B das gerade TI auch verbesserte Versionen der TL084 
rausgebracht hat, allerdings faellt mir gerade der Namen nicht ein.

ICh wuerde allerdings empfehlen das ganze mal in LT-Spice 
reinzuknueppeln und dort zu simulieren. Dann kann man ja die OPs in 
Minutentakt austauschen und schauen was es bringt oder auch nicht.

Olaf

von Peter D. (peda)


Lesenswert?

Pandur S. schrieb:
> Das Glueck ist, dass es mittlerweile OpAmps mit GHz GBW gibt.

Nur machen die das Platinenlayout erheblich komplizierter. Ein unnötig 
schneller OPV wird sehr schnell zum Oszillator.

Alte Bastlerweisheit: Verstärker schwingen immer, Oszillatoren schwingen 
nie.

von Carlo (Gast)


Lesenswert?


von Lutz V. (lvw)


Lesenswert?

Carlo schrieb:
> "Lutz V. schrieb:
>> "Resonanz-Überhöhung""
> https://www.electronics-tutorials.ws/filter/sallen-key-filter.html

Eben - wie ich schrieb: Von "Resonanzüberhöhung" spricht man beim 
Tiefpass.

von Josef C. (josefc)


Angehängte Dateien:

Lesenswert?

Nur mit Simulation komme ich auf das Ergebnis. siehe Bild.

Ein OP mit 1MHz GBW und Slewrate sollte reichen.
Mit dem OP LM324 oder TL084 sollte es also funktionieren.

Ich bekomme in der Simulation eine deutliche Verschlechterung
der Güte nur wenn ich einen der Kondensatoren deutlich kleiner
mache.

von Christian S. (roehrenvorheizer)


Lesenswert?

Lutz V. schrieb:
> Ich sehe gerade, dass der C zum Einkoppeln des Eingangssignal nur
> 100nF
> hat. Warum nicht größer? Was ist Deine kleinste Frequenz?
Gut, den 100 nF habe ich nur als Hausnummer eingezeichnet und als Info, 
damit jeder sieht, daß keine Gleichspannung drauf gegeben wird. Bei den 
beiden Superhet-Empfängern sind es 625 Hz oder 2,4 kHz, da genügen diese 
100 nF. Ich habe sogar festgestellt, daß zu starke Kopplung die Resonanz 
stört, deshalb der 33 kOhm in Reihe.
Beim Experiment (zweites Bild) mit der per Doppelpoti verstellbaren 
Resonanzfrequenz gebe ich die Anregung über einen Sinusgenerator mit 
veränderlicher Frequenz drauf und versuche auf maximale 
Ausgangsamplitude einzustellen. Die Schaltung wird mit +-12 V symetrisch 
versorgt und bekommt vom Sinusgenerator über 100 kOhm in Reihe nur ein 
kleines Eingangssignal, eben am unteren Einstellbereich des Potis am 
Generator. Bei niedrigen Frequenzen 1..200 Hz kann der Ausgang sogar bis 
in die Begrenzung gehen auf der Resonanzfrequenz, bei z.B. C = 2,2 µF 
dazu gelötet kann man Q bis zur Selbsterregung aufdrehen. Das Spiel geht 
so weit, daß nach Anregung die Schwingung 10 Sekunden lang brauchen 
kann, um abzuklingen, wenn man das Eingangssignal abschaltet.
Größer als 100 nF war eigentlich nie nötig.


> Weitere Frage: In Deinem ersten Beitrag sprachst Du beim Bandpass von
> "Resonanz-Überhöhung" - was meinst Du damit? So etwas gibt es eigentlich
> nur bei Tief- und Hochpass (Güte>0,7071).
Richtig, bei den aktiven Tief- und Hochpässen gibt es an der 
Grenzfrequenz so eine Überhöhung, die je nach eingestellter Güte mehr 
oder weniger ausgeprägt sein kann. Hier meine Bandpass-Schaltung soll 
eigentlich einen Schwingkreis ersetzen, den ich für den NF-Bereich so 
schlecht herstellen kann, daß ich auf ein aktives Filter umgestiegen bin 
als Alternative. Eigentlich will ich nur die Resonanzfrequenz heraus 
filtern und alle anderen Frequenzen möglichst unterdrücken, da diese 
beiden Superhetempfänger nur eine einzige Frequenz mit 
amplitudenmoduliertem 1 Hz-Signal empfangen sollen.
Also was kann der anregende Sinusgenerator so minimal einstellen, 100 
mVss ? Bei Resonanz kommt dann am Ausgang z.B. 5 Vss heraus, das meine 
ich mit Resonanzüberhöhung. Verstimmt man den Generator, sieht man auf 
dem Oszilloskop nur noch eine gerade Linie; mit selektivem 
Messempfänger, der bis -120 dB mißt, agiere ich hier nicht. Den habe ich 
nicht da stehen.

Zu beobachten ist eine immer geringer werdende Ausgangsamplitude, je 
weiter die Resonanzfrequenz zu höheren Frequenzen hin verschoben wird.

Vor 22 Jahren habe ich ein TP-Filter für 750 kHz Grenzfrequenz mit LM318 
aufgebaut, das zufriedenstellend funktioniert hat. Von dem OPV-Typ habe 
ich aber zu wenig Exemplare noch da, um damit experimentieren zu 
wollen...

Danke auch an Carlo für die Links, bin noch nicht dazu gekommen, alles 
zu lesen.
Danke auch an Josef für die Info aus der Simulation.

Dann bleibt noch der Gedanke an die Verluste in den Kondensatoren, die 
zu höhreren Frequenzen hin steigen.

mfG

: Bearbeitet durch User
von Christian S. (roehrenvorheizer)


Lesenswert?

Josef C. schrieb:
> Ein OP mit 1MHz GBW und Slewrate sollte reichen.
> Mit dem OP LM324 oder TL084 sollte es also funktionieren.

Hallo,

ich war noch mal dran an der Geschichte. Das Problem sitzt wie so oft 
vor der Tastatur oder vor dem Experimentiertisch. Ich habe nicht mehr 
die Grenzfrequenz des Tiefpasses beachtet, der dem Filter nachgeschaltet 
ist, weil der 4066 die Widerstandswerte mit 15..20 kHz schaltet. 
Irgendwann verliert man den Überblick.

Der mehrstufige TP hatte im ersten Anlauf eine zu niedrige 
Grenzfrequenz. Diese habe ich nach oben korrigiert. Somit bestätigt 
sich, was Josef simuliert hat, die Güte bleibt in etwa gleich, sogar bis 
4 kHz und darüber auch noch. Einstellbereich des Filters 450 kHz bis 7,3 
kHz mit R von 2,2k bis 100k.

mfg

Bitte melde dich an um einen Beitrag zu schreiben. Anmeldung ist kostenlos und dauert nur eine Minute.
Bestehender Account
Schon ein Account bei Google/GoogleMail? Keine Anmeldung erforderlich!
Mit Google-Account einloggen
Noch kein Account? Hier anmelden.