Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Diode in LTspice


von Detlef _. (detlef_a)


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Hallo,

ich betreibe eine Schaltung mit einer Leistungsdiode 1000V/80A. Die 
simuliere ich auch in LTSpice. In meinen Messungen am realen Objekt 
kommt die Diode vom nichtleitenden Zustand zum leitenden Zustand 
deutlich langsamer als in der Simulation.

Woran muss ich denn drehen um die Diode 'langsamer' zu machen, CJO und 
TT hatte ich falsch vermutet.

.model RURG80100 D
+ IS=9.25e-9           N=1.5               RS=0.0044
+ ISR=1.2e-9           NR=2.0              TRS1=1.01e-3
+ TRS2=2.5e-6          BV=1100             IBV=2.5e-4
+ CJO=8.2018e-10       M=0.29              VJ=0.45
+ TT=1.88e-7           EG=1.06             TBV1=1e-3

Das Diodenmodell ist doch recht komplex, vllt. kennt jemand nen 
schnellen hack und ich brauch mich nicht so tief reinwühlen.

Vielen Dank
Cheers
Detlef

von H. H. (Gast)


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Detlef _. schrieb:
> + TT=1.88e-7

Aber der Wert ist für diese Diode plausibel.

von Abdul K. (ehydra) Benutzerseite


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Das speziell wird von LTspice nicht modelliert! Irgendwo sah ich mal 
einen Workaround.

"forward recovery" time ltspice

von H. H. (Gast)


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Abdul K. schrieb:
> Das speziell wird von LTspice nicht modelliert! Irgendwo sah ich
> mal
> einen Workaround.
>
> "forward recovery" time ltspice

Ach je, ich hab ganz automatisch an trr gedacht.

von Abdul K. (ehydra) Benutzerseite


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Wurde nicht irgendwann das Diodenmodell in LTspice erweitert? Bin gerade 
nicht zuhause und LTspice gibt es leider nicht für Handys.

von H. H. (Gast)


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Abdul K. schrieb:
> Wurde nicht irgendwann das Diodenmodell in LTspice erweitert?

Doch, aber nicht in der gewünschten Hinsicht.

http://ltwiki.org/LTspiceHelp/LTspiceHelp/D_Diode.htm

von Falk B. (falk)


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Detlef _. schrieb:
> In meinen Messungen am realen Objekt
> kommt die Diode vom nichtleitenden Zustand zum leitenden Zustand
> deutlich langsamer als in der Simulation.

Nenn mal ein paar Zahlen. Und vor allem, wie hast du das gemessen? Wie 
sieht die reale Schaltung und deine Simulation aus?

von Falk B. (falk)


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Detlef _. schrieb:
> Das Diodenmodell ist doch recht komplex, vllt. kennt jemand nen
> schnellen hack und ich brauch mich nicht so tief reinwühlen.

Man sollte mal die Parameter einer schnellen Diode wie 1N4148 mit einer 
langsamen ala 1N4007 vergleichen, vielleicht sieht man da was.

von korasin (Gast)


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Seit LTSpice XVII wird der zuvor undokumentierte, aber vorhandene 
Parameter Vp auch in der Hilfe erwähnt.
https://electronics.stackexchange.com/questions/494817/how-does-ltspice-model-reverse-recovery-time
1
Vp   Soft reverse recovery parameter   -   0.0   0.65
2
3
The soft reverse recovery parameter, Vp, adds a dQ/dt damping to diode charge as suggested by K.J. Teng and S. Pan in 'Modified charge-control equation for simulation of diode reverse recovery', Electronics Letters, 15th February 1996 Vol. 32 No. 4.

Habe ich aber noch nie dazu benutzt, eigene Dioden zu erstellen. 
Eventuell findet man in der zitierten Arbeit noch ein paar brauchbare 
Hinweise - vor allem in Kombination mit der Sperrverzögerungszeit trr.

Am einfachsten dürfte es aber sein, ein paar Werte per .step/AKO 
auszupobieren und mit den Messungen zu vergleichen.
http://ltwiki.org/index.php?title=Undocumented_LTspice#AKO_Aliases_.28A_Kind_Of.29

von Falk B. (falk)


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korasin schrieb:
> Seit LTSpice XVII wird der zuvor undokumentierte, aber vorhandene
> Parameter Vp auch in der Hilfe erwähnt.
> 
https://electronics.stackexchange.com/questions/494817/how-does-ltspice-model-reverse-recovery-time

Nett, aber der Op hat anscheinend ein Problem mit der FORWARD recovery 
Time!

von korasin (Gast)


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Falk B. schrieb:
> anscheinend ein Problem mit der FORWARD recovery Time!
Ups - keine Ahnung, warum ich das reversiert las.

von Falk B. (falk)


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korasin schrieb:
>> anscheinend ein Problem mit der FORWARD recovery Time!
> Ups - keine Ahnung, warum ich das reversiert las.

Vermutlich weil das um Größenordnungen seltener ein echtes Problem ist. 
Vermutlich auch nicht für den OP, kommt drauf an was er da wie mißt.

von Detlef _. (detlef_a)


Angehängte Dateien:

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Vielen Dank für die Anregungen.

So sieht die Schaltung aus. Wenn der Mosfet ausschaltet kommutiert der 
Laststrom auf die Diode. An 'Node' habe ich bei 30V Eingangsspannung in 
der Spitze gemessen 150V bevor sich die Diode zum Leiten bemüßigt sieht. 
Ein Modell für den FFSH50120A fand ich nicht, deswegen habe ich eine 
ähnliche Leistungsdiode genommen. Die schaltet aber viel schneller ein, 
da kommt keine hohe Spannungsspitze in der Simulation. Deswegen möchte 
ich das Modell 'lahmer' machen um die Spitze zu sehen und den snubber 
und surge arrester für den Mosfet dimensionieren zu können.

Danke fürs kucken.
Cheers
Detlef

von Messtechniker (Gast)


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Etwas mehr gate-Kapazität einstellen,könnte helfen, gfs über einen R. 
Ist aber Gefummel.

von Detlef _. (detlef_a)


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Messtechniker schrieb:
> Etwas mehr gate-Kapazität einstellen,könnte helfen, gfs über einen R.
> Ist aber Gefummel.

falsche Richtung. Mehr gate Kapazität heißt kleineres di/dt, damit wir 
die Spannung noch kleiner. Die ist gemessen höher als simuliert.

von H. H. (Gast)


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Willkommen ide Welt der realen Schaltungen. Du hast in deiner Schaltung 
Induktivitäten, von den die Spicemodelle nichts wissen können. Die musst 
du als extra Bauelement in die Simulation einfügen, dann kommt das der 
Realität gleich viel näher.
Und bei den Messungen kann man auch viel falsch machen, insbesondere 
wenn man mit dem Masseschwänzchen des Oszitastkopfs arbeitet.

von Falk B. (falk)


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Detlef _. schrieb:
> Vielen Dank für die Anregungen.
>
> So sieht die Schaltung aus.

Wie lauten denn die genauen Namen der Bauteile? Links?

https://www.mouser.de/ProductDetail/Microchip-Microsemi/MSC035SMA170B?qs=7MVldsJ5UayHvRrt44LyRg%3D%3D

https://www.mouser.de/ProductDetail/onsemi/FFSH50120A?qs=F5EMLAvA7IAtB2FJIVMu%252BQ%3D%3D

Warum hast du einen 1700V MOSFET in einer 30V Schaltung? Ist das nur 
eine Testschaltung?
Was ist das komische Ding da oben? 150mOhm oder 150nH oder was? UNd wie 
groß ist RL?

> Wenn der Mosfet ausschaltet kommutiert der
> Laststrom auf die Diode.

Wie hoch ist der?

> An 'Node' habe ich bei 30V Eingangsspannung in
> der Spitze gemessen 150V bevor sich die Diode zum Leiten bemüßigt sieht.

Da kann man VIEL falsch machen.

https://www.mikrocontroller.net/articles/Oszilloskop#Tastk%C3%B6pfe_richtig_benutzen

> Ein Modell für den FFSH50120A fand ich nicht, deswegen habe ich eine
> ähnliche Leistungsdiode genommen. Die schaltet aber viel schneller ein,
> da kommt keine hohe Spannungsspitze in der Simulation. Deswegen möchte
> ich das Modell 'lahmer' machen um die Spitze zu sehen und den snubber
> und surge arrester für den Mosfet dimensionieren zu können.

Ein extra Snubber und VDR für eine Freilaufdiode, die den Job eigentlich 
macht? Das klingt nach Würg-Around. Hab ich auch schon mal in einer 4kW 
HV-Quelle eines amerikanischen Herstellers gesehen, sah sehr russisch 
aus ;-)
Ich tippe auf einen Meßfehler oder schlechtes Layout. Zeig mal ein Bild 
vom realen Aufbau incl. Messung.

Fa-heute schlaflos-lk

von Falk B. (falk)


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von Detlef _. (detlef_a)


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Hallo,

vielen Dank für den youtube link, forward recovery ist nicht 
implementiert in Spice, schade.

Falk B. schrieb:
>
> Wie lauten denn die genauen Namen der Bauteile? Links?
>
> 
https://www.mouser.de/ProductDetail/Microchip-Microsemi/MSC035SMA170B?qs=7MVldsJ5UayHvRrt44LyRg%3D%3D
> 
https://www.mouser.de/ProductDetail/onsemi/FFSH50120A?qs=F5EMLAvA7IAtB2FJIVMu%252BQ%3D%3D
>

Ja, genau, die sind das.

> Warum hast du einen 1700V MOSFET in einer 30V Schaltung? Ist das nur
> eine Testschaltung?
> Was ist das komische Ding da oben? 150mOhm oder 150nH oder was? UNd wie
> groß ist RL?

Testschaltung. 600V ist Endausbau. Oben sind 150uH, ich bin Doktor, 
deswegen ist meine Schrift so schlecht.

>> Wenn der Mosfet ausschaltet kommutiert der
>> Laststrom auf die Diode.
>
> Wie hoch ist der?

Unterschiedlich, hab das auch mit RL=0 gemessen. Es ist di/dt 
entscheidend, nicht i.

> Da kann man VIEL falsch machen.
>
> 
https://www.mikrocontroller.net/articles/Oszilloskop#Tastk%C3%B6pfe_richtig_benutzen

Tastköpfe richtig zu benutzen habe ich in den letzten 50 Jahren gelernt, 
das kann ich.

> Ein extra Snubber und VDR für eine Freilaufdiode, die den Job eigentlich
> macht? Das klingt nach Würg-Around. Hab ich auch schon mal in einer 4kW
> HV-Quelle eines amerikanischen Herstellers gesehen, sah sehr russisch
> aus ;-)
> Ich tippe auf einen Meßfehler oder schlechtes Layout. Zeig mal ein Bild
> vom realen Aufbau incl. Messung.

Gibt kein layout, da sollen 40A fließen. Leistungsbauelemente direkt auf 
dem Kühlkörper und mit 4mm^2 frei verkabelt. Gate Treiber direkt am FET.

Ja, Würg-Around. Was soll ich tun. 60A in 15ns an 150uH ausgeschaltet 
macht 600kV :)) . Die Diode muss schnell leitend werden damit das di/dt 
nicht so lange anhält, die forward recovery ist zu 'no forward recovery 
time' gespect aber man hat ja auch noc die Induktivitäten der 
Zuleitungen. Ich werde den FET und die Diode mit einem Gas-Ableiter 1kV 
schützen.

Anderes Problem ist eine Schwingung bei 'lückendem Betrieb', wenn also 
der Spulenstrom durch 0 geht. Dann entsteht eine (in diesem Falle) 6MHz 
Schwingung die sämtliche Schwachstromelektronik drumrum massiv stört. 
Die läßt sich mit einem RC über dem Mosfet allerdings gut dämpfen.

Hohe Ströme und hohe Spannungen ist ungewohnt für mich, da ist noch eine 
Lernkurve nötig.

Vielen Dank
Cheers
Detlef

von Falk B. (falk)


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Detlef _. schrieb:
>>
>> Wie hoch ist der?
>
> Unterschiedlich, hab das auch mit RL=0 gemessen. Es ist di/dt
> entscheidend, nicht i.

War DAS meine Frage?

> Tastköpfe richtig zu benutzen habe ich in den letzten 50 Jahren gelernt,
> das kann ich.

Das sagen viele.

>> Ein extra Snubber und VDR für eine Freilaufdiode, die den Job eigentlich
>> macht? Das klingt nach Würg-Around. Hab ich auch schon mal in einer 4kW
>> HV-Quelle eines amerikanischen Herstellers gesehen, sah sehr russisch
>> aus ;-)
>> Ich tippe auf einen Meßfehler oder schlechtes Layout. Zeig mal ein Bild
>> vom realen Aufbau incl. Messung.
>
> Gibt kein layout, da sollen 40A fließen. Leistungsbauelemente direkt auf
> dem Kühlkörper und mit 4mm^2 frei verkabelt. Gate Treiber direkt am FET.

Auch DAS ist ein Aufbau!

> Ja, Würg-Around. Was soll ich tun. 60A in 15ns an 150uH ausgeschaltet
> macht 600kV :)) .

Dream on.

> Die Diode muss schnell leitend werden damit das di/dt
> nicht so lange anhält, die forward recovery ist zu 'no forward recovery
> time' gespect aber man hat ja auch noc die Induktivitäten der
> Zuleitungen. Ich werde den FET und die Diode mit einem Gas-Ableiter 1kV
> schützen.

Was soll das Ganze werden? Die 1001 Coilgun?

> Hohe Ströme und hohe Spannungen ist ungewohnt für mich, da ist noch eine
> Lernkurve nötig.

Viel Spaß noch.

von Detlef _. (detlef_a)


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Falk B. schrieb:
> Viel Spaß noch.

Vielen Dank.
Dir auch.

Cheers
Detlef

von Abdul K. (ehydra) Benutzerseite


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Was sagt das DB der Diode? Man könnte einen Schalter in Reihe zur Diode 
einsetzen, irgendwie gesteuert. Das wäre dann ein selbsterweitertes 
Diodenmodell.


Vielleicht kommst du mit einer SiC-Diode weiter. Das Problem der zu 
hohen Spannung besteht ja offensichtlich real. Den Rest kann man nur mit 
einem Snubber oder langsamerer Ansteuerung des Gates begrenzen.

Da der MOSFET selbst bereits eine ordentliche Ausgangskapazität hat, 
existiert bereits eine Begrenzung der Induktionsspannung!
Und wenn der MOSFET zu langsam angesteuert wird, geht er kaputt...

: Bearbeitet durch User
von Falk B. (falk)


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Abdul K. schrieb:
> Was sagt das DB der Diode? Man könnte einen Schalter in Reihe zur Diode
> einsetzen, irgendwie gesteuert.

???

> Das wäre dann ein selbsterweitertes
> Diodenmodell.
>
> Vielleicht kommst du mit einer SiC-Diode weiter.

Die hat er schon. Dazu einen SiC MOSFET. Alles kein Spielzeug für 
Möchtegern MOSFET-Schalter.

> Das Problem der zu
> hohen Spannung besteht ja offensichtlich real.

Nö, das ist keine Sekunde sicher.

> Den Rest kann man nur mit
> einem Snubber oder langsamerer Ansteuerung des Gates begrenzen.
>
> Da der MOSFET selbst bereits eine ordentliche Ausgangskapazität hat,
> existiert bereits eine Begrenzung der Induktionsspannung!

Jaja.

> Und wenn der MOSFET zu langsam angesteuert wird, geht er kaputt..

Sehr hilfreich . . .

Abdul, nicht nur Allgemeinplätze zum besten geben, auch mal schauen, was 
der OP so real hat . . .

von Abdul K. (ehydra) Benutzerseite


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Unterwegs im Café am Handy ist von mir leider nicht mehr Expertise 
möglich.

von korasin (Gast)


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Hier modelliert jemand die turn-on time mittels einer Induktivität (6.2, 
p.41 ff).

"CHARACTERIZATION OF SIC POWER SCHOTTKY BARRIER DIODE AND MERGED PIN 
SCHOTTKY DIODE IN SPICE MODEL" 
https://digikogu.taltech.ee/et/Download/f5322cf1-c064-41a8-b2de-c0b0940435d1

Aber auch ich bin der Ansicht, dass deine Spannungsspitze eher durch die 
Induktivität der Verdrahtung verursacht wird oder eben tatsächlich ein 
Messproblem vorliegt.

Es sind die 150nH der Last - auch bei 60A/15ns - nicht maßgebend für 
diese Spannung, sondern die Induktivität der Diode inkl. Zuleitung 
(Drain/Anode bis Vcc); geschätzt 10-20nH, was eben am besten zu deinen 
Messungen passt.

Ein Snubber-C von 100nF könnte die Spannung schon auf <100V begrenzen. 
Problem dabei ist der Spannungabfall am Dämpfungs-R.
1
U=sqrt(L*I²/C)=sqrt(150n*60²/100n)=73

von Falk B. (falk)


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korasin schrieb:
> Es sind die 150nH der Last -

Dert Op meint 150uH.

> auch bei 60A/15ns - nicht maßgebend für
> diese Spannung, sondern die Induktivität der Diode inkl. Zuleitung
> (Drain/Anode bis Vcc); geschätzt 10-20nH,

Woher willst du das wissen? 20nH sind 20mm Leitung.

"Gibt kein layout, da sollen 40A fließen. Leistungsbauelemente direkt 
auf
dem Kühlkörper und mit 4mm^2 frei verkabelt. Gate Treiber direkt am 
FET."

Wenn ich das höre, garniert mit zwei rattenschnellen SiC Bauteilen, legt 
sich ein diabolisches Grinsen auf mein Gesicht 8-)

von Abdul K. (ehydra) Benutzerseite


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Falk B. schrieb:
> legt sich ein diabolisches Grinsen auf mein Gesicht 8-)

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