Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Synchrone Tiefsetzsteller Stufe verabschiedet sich nach mehreren Stunden Betrieb


von Tom (Gast)


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Hallo zusammen

Ich arbeite zur Zeit an einem Uni-Projekt welches aus einem 3-Channel 
PCB besteht. Jeder Channel besteht aus einem Tiefsetzsteller 
(Eingangsspannung 96V, Ausgangsspannung variabel so im Bereich 20V bis 
etwa 85V, bei den Versuchen war sie etwa 60V) mit nachgeschalteter 
H-Brücke. Die H-Brücke treibt eine induktive Last. (s. schematic.png)

Ich habe jetzt 5 Prototypen des PCBs bestückt bestellt und habe bisher 
zwei von denen für einige Stunden gestestet unter unterschiedlichen 
Lastbedingungen (inkl. Vollast von ca. 450W pro Channel).

Leider sind bisher beide Prototypen nach ca. 5h bis 8h zerstört worden. 
Es gab einen lauten Knall und die Eingangssicherung der Schaltung 
brannte durch. Wie sich herausstellte wurden in beiden Testfällen zwei 
der MOSFETs welche zur Tiefsetzsteller-Stufe gehören zerstört (s. 
failure_images.png, gate-source der beiden MOSFETs waren jeweils nach 
dem Fehler kurzgeschlossen). Vor dem Fehlerfall schien die Schaltung gut 
zu funktionieren und wurde eigtl. auch nicht übermässig heiss 
(Temperaturen überall unter 80°C). Zudem passierten die Fehler bei 
niedriger Last.

Insbesondere der high-side MOSFET der Tiefsetzsteller Stufe sowie das 
angrenzende PCB wurden in beiden Fällen scheinbar thermisch zerstört, 
was man an den Brandspuren erkennt. Komischerweise wurden der high-side 
MOSFET und das angrenzende PCB stärker verbrannt als der low-side MOSFET 
(könnte es sein, dass es kein "shoot-through" war und der Fehlerstrom 
nicht zwischen den beiden MOSFETs sondern z.B. zwischen high-side MOSFET 
und heatsink geflossen ist)?

Ein Schema des Gate-Treiber sowie ein Layout-Bild habe ich ebenfalls 
angehängt. Für die 96V habe ich im Layout eine clearance von 0.6mm 
definiert, denke das müsste ok sein? (Die Stelle des PCBs die verbrannt 
ist, ist mit dem roten Kreis markiert).

Das der Fehler in beiden Fällen erst nach ein paar Stunden passiert ist 
und Temperatur scheinbar keinen Einfluss darauf hatte bin ich mir nicht 
ganz sicher, wie ich den Fehler ausfindig machen soll.

Ich werde heute sicherlich nochmals die deadtime und die 
Gate-Spannungsverläufe messen. Zudem werde ich wohl noch einen Versuch 
mit nur 48V Eingangsspannung machen und schauen, ob das Problem dann 
auch auftritt.

Hätte jemand vielleicht eine Idee, weshalb die Schaltung zunächst 
funktioniert und dann relativ plötzlich der Fehler auftritt?

: Verschoben durch Moderator
von Volker Z. (vzavza)


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Für mich ( als Softwerker) sieht es mehr nach einem Überschlag 
(Überspannung) aus.
Gruß  Volker

von Lothar M. (Firma: Titel) (lkmiller) (Moderator) Benutzerseite


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Tom schrieb:
> nochmals die deadtime und die Gate-Spannungsverläufe messen.
Mit einer Massefeder.

Und ruhig auch mal die Spannung am Switchnode messen. Nicht, dass da was 
böse klingelt...

von H. H. (Gast)


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Welche MOSFETs waren da im Einsatz?

von MaWin (Gast)


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Tom schrieb:
> Hätte jemand vielleicht eine Idee, weshalb die Schaltung zunächst
> funktioniert und dann relativ plötzlich der Fehler auftritt?

Kondensatoren überlastet.

Jemals in deren Datenblättern nach dem zulässigen Ripplestrom geguckt ?

von Peter D. (peda)


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Ich sehe da nirgends Stromüberwachung und sonstige Schutzschaltungen 
(SOAR).
So eine Schaltung kannst Du nie zuverlässig betreiben.
Buck-Converter-ICs haben diverse Schutzmaßnahmen und einen Hiccup Mode 
zum Wiederanlauf nach Überlast.

Vermutlich machst Du die PWM mit einem MC. Der kleinste Softwarefehler 
und es knallt.

von Der rechte Schweizer (Gast)


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Sieht aus als ob da beide FET auf ON waren. Wie machst du den delay 
zwischen oberem und unterem FET?

Hab das mal mit den beiden PWM kanälen eines zählers eines atmega 
versucht. Geht meistens gut. Der pwm1 wird aber vor dem pwm2 
geschrieben, und wenn genau dazwischen die übernahme der neuen werte 
geschieht kann es "beide auf on" geben.

Die lösung war: low side aus. high side neuer wert. low side neuer wert.

von --- (Gast)


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Ein vernünftiger Halbbrückentreiber hätte sogar (teils programmable)
Dead Time, und eine Hardwareverriegelung kriegt man auch selbst hin,
wenn man keinen nutzen will. Auf SW würde ich mich da nie verlassen.

@TO, bitte nenne, beschreibe, zeige vollständig:

Stückliste, Layout, Strom, Quelle, genaue Last und deren Betrieb.

von Helge (Gast)


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Nur ein Elko für 10A zwischen 2 Schaltern, das ist eine mögliche 
fehlerquelle.

von Peter D. (peda)


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Der rechte Schweizer schrieb:
> Hab das mal mit den beiden PWM kanälen eines zählers eines atmega
> versucht. Geht meistens gut.

Z.B. beim ATtiny261 kann man die Dead-Time getrennt einstellen. Und über 
den Analog-Comparator ist auch eine Überstromschnellabschaltung möglich, 
d.h. in Hardware.

von Matthias S. (Firma: matzetronics) (mschoeldgen)


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Tom schrieb:
> schematic.png

Da fehlen ein paar wichtige Werte für L1,R1 und C1.

Tom schrieb:
> half_bridge_schematic.PNG

Wer hat dir eingeredet, das D2 eine Schottky Diode sein soll? C15 mit 
2,2µF ist eher ein Spass als ein ernsthaftes Reservoir. Und es ist mir 
nicht möglich, die Typen der MOSFets aus dem Plan oder dem Text 
herauszufinden. Was haben wir denn da?

von Mark S. (voltwide)


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Foto 1 sieht so aus, als ob es zwischen drain und source des rechten 
MOSFETs einen Lichtbogen gegeben hätte. Ist bei solchen Gleichspannungen 
ja durchaus denkbar.

von Tom (Gast)


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Hallo miteinander und Danke für euer Feedback bisher, ich versuche auf 
die einzelnen Punkte einzugehen.

Matthias S. schrieb:
> Wer hat dir eingeredet, das D2 eine Schottky Diode sein soll? C15 mit
> 2,2µF ist eher ein Spass als ein ernsthaftes Reservoir. Und es ist mir
> nicht möglich, die Typen der MOSFets aus dem Plan oder dem Text
> herauszufinden. Was haben wir denn da?

Bezügl. der Schottky Diode war ich mir ehrlich gesagt nicht sicher, 
sollte ich besser eine pn Diode nehmen? Ich hatte zuvor eine ähnliche 
Schaltung mit dem 2EDL23I06PJ von Infineon designt (der hat eine 
integrierte Boot-Strap Diode) und hatte den Fehler dort eigtl. nicht. Da 
der Chip nicht mehr lieferbar war musste ich bei dieser Schaltung auf 
den 2EDF7175FXUMA1 ausweichen, der hat keine integrierte Boot-Strap 
Diode.

Es handelt sich um einen IPP200N15N3GXKSA1 von Infineon 
(https://www.digikey.ch/de/products/detail/infineon-technologies/IPP200N15N3GXKSA1/2081172).

Bezügl. der Eingangskapazität, die 2.2uF 250V sind fehlerhaft 
eingezeichnet im Schaltplan, ich habe mit einem 100V 10uF Kondensator 
bestücken lassen. Zudem befinden sich am Eingang der Schaltung noch 
3.5mF Elektrolytkondensatoren (150V) sowie 33uF Folienkondensatoren (vom 
Eingangsfilter), s. auch input.png

Der rechte Schweizer schrieb:
> Sieht aus als ob da beide FET auf ON waren. Wie machst du den delay
> zwischen oberem und unterem FET?

Der delay wird mit dem ePWM Modul auf dem Microcontroller 
(TMS320F28388D) erzeugt. Die dead-time beträgt aktuell 400ns und die 
Schaltfrequenz der Buck Stufe 100kHz. Der duty-cycle welcher vom 
Mikrocontroller kommt ist aktuell open-loop, d.h. er wird momentan nicht 
aktiv geregelt und befindet sich einfach auf einem konstanten Wert.

MaWin schrieb:
> Kondensatoren überlastet.
>
> Jemals in deren Datenblättern nach dem zulässigen Ripplestrom geguckt ?

Ist ein guter Punkt, der Stützkondensator ist tatsächlich 
unterdimensioniert für den simulierten Rippelstrom und ich sollte die 
Kapazität an der Stelle erhöhen, allerdings sind die Fehler jeweils im 
Betrieb mit geringer Last aufgetreten, es kann also sein dass es nicht 
daran lag. Fürs erste werde ich an der Stelle zusätzliche Kondensatoren 
einlöten.

Ich habe zusätzlich die Gate-Source Spannungen gemessen und die sahen 
leider überhaupt nicht gut aus, s. angehängtes Bild 
gate_source_voltages.png. Die Messungen habe ich mit einer 
differentiellen Sonde an den Beinen der MOSFETs gemacht. Wie man sieht 
zeigt der high-side MOSFET teils extreme Oszillationen zwischen gate und 
source, beim low-side MOSFET sieht es eigtl. ok aus.

Ich versuche jetzt mal die dead-time auf 1us zu erhöhen und schaue ob 
ich damit was erreichen kann, evtl. sind die 400ns tatsächlich zu knapp. 
Evtl. könnte ich auch noch versuchen, die gate Widerstände zu erhöhen 
(mit Erhöhung der dead-time).
Zudem könnte ich noch einen Widerstand in Serie zur Boot-Strap Schottky 
Diode schalten, das habe ich auf einigen Referenzdesigns auch so 
gesehen, evtl. hilft das etwas.

Bei einer früheren, ähnlichen Schaltung habe ich den 2EDL23I06PJ von 
Infineon benutzt und hatte damit keine solchen Oszillationen auf dem 
high-side MOSFET gemessen,dieser Gate-Treiber besitzt eine integrierte 
Bootstrapdiode.

von Matthias S. (Firma: matzetronics) (mschoeldgen)


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Tom schrieb:
> sollte ich besser eine pn Diode nehmen?

Ich weiss nicht, was du mit pn Diode meinst, aber eine BA159 oder 1N4007 
ist da genau richtig. Der Job der Diode besteht darin, die Ladungspumpe 
aufzuladen, da ist eine geringe Uf unwichtig. Spannungsfest muss sie 
sein, da sie auf Highside Niveau liegt.

Tom schrieb:
> ich habe mit einem 100V 10uF Kondensator
> bestücken lassen

Immer noch viel zu klein. Der soll als Reservoir für die Halbbrücke 
dienen, sonst fliesst pulsartig alles über die Leiterbahn. Er muss auch 
dicht an die MOSFets. Denke dran, das du da die Speicherdrossel auflädst 
mit entsprechenden Strömen.

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