Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Fragen zur Rekuperation mit BLDC-Motor


von Sven G. (captainalbern)


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Ich habe als Hobbyprojekt einen BLDC-Controller gebaut, um einen 
Fahrradanhänger elektrisch zu unterstützen. Im Gegensatz zum eBike habe 
ich keinen Freilauf, sodass ich bergab prinzipiell auch rekuperieren 
kann. Ich mache das, indem ich den Motor über die Low-Side-Transistoren 
kurzzeitig kurzschließe und die induzierte Spannung dadurch erhöhe. Nach 
dem Öffnen fließt der Strom über die Freilaufdioden zurück. Ich regle 
den Strom über das PWM-Tastverhältnis und rampe ihn raus, wenn die 
Spannung Richtung Ladeschlußspannung geht. Soweit funktioniert das 
erstmal ganz gut.

Jetzt habe ich gemerkt, dass der Wirkungsgrad sehr gering ist. Der 
Anhänger bremst deutlich stärker als er mit gleichem positivem Strom 
unterstützt. Das leuchtet auch ein, da über die Freilaufdioden ja immer 
eine Spannung abfällt und damit dort Leistung verbraten wird. 
Prinzipiell nicht so schlimm, da ich ja sowieso bremsen würde. Das 
Problem ist nur, dass die Low-Side-Transistoren (mit integrierten 
Dioden) trotz großem Kühlkörper sehr heiß werden. Ich nehme an, dass ich 
den Effekt vermeiden könnte, wenn ich statt die Freilaufdioden zu 
benutzen, die richtigen Transistoren zum richtigen Zeitpunkt schließen 
würde. Über diese Idee möchte ich an dieser Stelle aber nicht 
diskutieren(*).

Ich habe drei andere Ideen und gern Eure Meinung dazu gewusst.

1. Statt den Motor über die Low-Side-Schalter kurzzuschließen, müsste 
man doch prinzipiell auch die High-Side-Schalter benutzen können. Müsste 
den gleichen Effekt haben. Ist das so oder habe ich was übersehen? Dann 
könnte ich regelmäßig umschalten und die Last verteilen.

Hintergrund zur Schaltung: 6 gleiche N-Kanal-FET mit integrierten 
Dioden, 3 Halbbrücken-Treiber IR2104, 1 PWM-Quelle, die ich mit 
UND-Gattern auf die Halbbrücken-Eingänge verteile. Es ist also auch 
möglich, die High-Side-Schalter synchron mit dem PWM zu schließen.

2. Hat die PWM-Frequenz einen Einfluß auf diesen Effekt? Für mich haben 
sich 32kHz als günstig für den Motor-Betrieb ergeben, deshalb benutze 
ich sie auch für den Reku-Betrieb. Ich könnte auch auf 8kHz umschalten.

3. Eigentlich wollte ich erstmal SW-Lösungen finden, falls ich aber die 
Hardware nochmal überarbeite: Wäre es sinnvoll extra Freilaufdioden mit 
möglichst geringem Spannungabfall zu benutzen?

*Den Wechsel zwischen Kurzschluss und alle Tr. offen kann die Schaltung 
in Hardware via PWM durchführen, der Wechsel zwischen Kurzschluss und 
die richtigen Tr. geschlossen wäre ein erheblicher Aufwand für die SW.

: Verschoben durch Moderator
von Uwe S. (bullshit-bingo)


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Rekuperiert wird einzig und allein über eine kleine Verringerung des 
Tastverhältnisses. Bei selbstverständlich weiterhin komplett aktiver 
Brücke. Wenn du z.B. gerade mit 50% der Maximalgeschwindigkeit fährst, 
dazu z.B. 55% am Motor brauchst, verringerst du zum Bremsen einfach den 
Tastgrad auf 45%. Mehr ist das nicht. All der ganze andere Quatsch mit 
Choppen, zusätzlichen DC/DC-Wandlern usw. ist nur weit verbreiteter 
Quatsch von Leuten, die EC-Motoren nie verstanden haben. Findet man hier 
leider massenhaft, deshalb ist es deine Hauptaufgabe, absehbare 
"Expertisen" solcher Art zu ignorieren.

Natürlich kannst und solltest du besser über den Bremsstrom regeln. Die 
Änderung beim Tastgrad ist aber schlussendlich dieselbe.
Bei idealem Motor, Regler und Akku würde übrigens <1% Verringerung 
reichen.

Viel Erfolg!

von Dieter (Gast)


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Uwe S. schrieb:
> verringerst du zum Bremsen einfach den Tastgrad ...

Da fehlt allerdings noch ein kleiner Phaseversatz bei der Steuerung. 
Beim motorischen Betrieb eilt der Staor dem Drehfeld beim Rotor um rund 
15° voraus und beim generatorischen Betrieb hängt dieser um rund 15° 
nach.

von Sven G. (captainalbern)


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Vielen Dank für die Antworten.

Ich werd' mal sehen, was ich daraus mache. Ich habe einen Motor mit 
Hall-Sensoren, deshalb brauche ich für den Motor-Betrieb bisher keinen 
Timer, kommutiere direkt zum Interrupt. Für den Phasenversatz müsste ich 
mir einen Timer stellen. Muss ich mir in einer ruhigen Minute mal zu 
Gemüte führen. :-)

von Dieter (Gast)


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Sven G. schrieb:
> Ich habe drei andere Ideen und gern Eure Meinung dazu gewusst.

> 1. Statt den Motor über die Low-Side-Schalter kurzzuschließen,

Wenn zu lange nur der Low-Side oder High-Side-Schalter betätigt wird, 
kann es passieren, dass die Bootstrapping erzeugte Hilfsspannung zu 
niedrig werden könnte.

> 2. Hat die PWM-Frequenz einen Einfluß auf diesen Effekt?

Bei niedrigeren Drehzahlen ist die Induktionsspannung geringer und da 
müßte für dieses Prinzip die Frequenz erniedrigt werden oder/und 
zugleich das Tastverhältnis geändert werden.

> 3. ... Wäre es sinnvoll extra Freilaufdioden mit möglichst geringem 
Spannungabfall zu benutzen?

Wenn bei normalen Betrieb ohne ReKu zu wenig Reserven (Erwärmung) 
vorhanden wären, dann wäre so eine Ergänzung ratsam zu versuchen, weil 
es den wenigsten Änderungaufwand verursacht.


Übrigens, falls Du alle drei Low-Side-Schalter durchgeschaltet haben 
solltest, dann war einer davon immer im Kurzschlussbremsmodus. Je nach 
Postion des Drehfeldes, darf einer oder zwei gleichzeitig als 
Aufwärtswandler arbeiten. Das dürfte die Erwärmung verursacht haben. Es 
gibt aber auch Fälle, da ist das sogar beabsichtigt um Schwingungen mit 
der Regelung zu vermeiden.

von Uwe S. (bullshit-bingo)


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Sven G. schrieb:
> Ich habe einen Motor mit
> Hall-Sensoren, deshalb brauche ich für den Motor-Betrieb bisher keinen
> Timer, kommutiere direkt zum Interrupt.

Das reicht völlig, locker 3/4 aller Motoren arbeiten so. Das ganze Thema 
Kummutierungselektronik und -Winkel kann man erstmal ignorieren, sich 
stattdessen einen DC-Motor vorstellen. Diesen kann man fast immer in 
beide Richtungen ähnlich effizient drehen lassen, es gibt nur wenige 
Ausnahmen mit Vorzugsrichtung. Beim EC-Motor ist halt lediglich der 
Kommutator durch Hallgeber ersetzt.
Viel wesentlicher ist, daß man erkennt, daß ein laufender Motor quasi 
eine 2Q-Spannungsquelle/-senke ist, deren Spannung analog zur Drehzahl 
ist. Zwischen dieser Quelle/Senke und dem Akku liegt die Brücke und die 
Motorinduktivität. Den Rest kann man analog zu Schaltreglern mit 
Speicherdrossel und Mosfet-Halbbrücke verstehen. 50% Tastverhältnis 
gleich halbe lowside-Spannung. Oder eben je nach Betrachtung auch 50% 
Tastverhältnis gleich doppelte highside-Spannung.
Tachospannung und Akkuspannung sind über das Tastverhältnis praktisch 
mathematisch gekoppelt. Man könnte z.B. einen Motor mit 50% ansteuern, 
so einen Berg mit 45% Nenndrehzahl hochfahren, während z.B. 20A aus dem 
Akku gezogen würden. Fährt man nun denselben Berg wieder runter, fährt 
man mit 55% Nenndrehzahl, lädt 20A in den Akku. Alles geschähe bei 
unveränderten 50% Tastgrad. Die +-5% Drehzahländerung muss man allein 
den nicht idealen Komponenten zuschreiben.
Um auf ebener Strecke zu bremsen, muss man natürlich den Tastgrad immer 
weiter senken, und stets etwas unterhalb des rechnerischen 
Leerlauf-Tastgrads bleiben.

von Volker B. (Firma: L-E-A) (vobs)


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Oh, unser selbstermannter EC-Motor-Experte hat selber leichte 
Verständnisschwierigkeiten

Uwe S. schrieb:

> Wenn du z.B. gerade mit 50% der Maximalgeschwindigkeit fährst,
> dazu z.B. 55% am Motor brauchst,

Nein. 50% Tastverhältnis an den aktiven Halbbrücken stellen eine 
(mittlere) Motorspannung von 0 dar. Also sind Deine 55% tatsächlich 10% 
der maximalen Motorspannung. Die von Dir gennanten 50% Motorspannung 
liegen bei einem Tastverhältnis von 50%+25% = 75% am Motor an. Denk' 
nochmals in Ruhe darüber nach :-)

Grüßle,
Volker

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