Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik MOSFET: muss ich parallel schalten?


von Spoe N. (elkoo)


Lesenswert?

Hallo,

Ich arbeite an einer Arduino-Steuerung, welche via MOSFETS Solarmodule, 
eine Batterie und eine Lastseite schalten kann.

Die Batterie operiert zw. 20v und max. 29.4v, bei den Solarmodulen liegt 
die Leerlaufspannung zw. 40&50v und sie liefern max. 600w.
Die Last wird max. 450w betragen.

Schalten möchte ich die Lasten via IRFB3006 MOSFETS:
Drain-Source Voltage: 60v
Drain-Current Continuous :195 A
Total Dissipation @25°C Tc: 375w

Stimmt meine Annahme, dass je zwei solche MOSFETS parallel geschaltet 
und wohlgekühlt meine 450w bzw. 600w leiten & schalten können (da 2x375w 
= 750w) oder bezieht sich der «Total Dissipation» Wert auf etwas 
anderes? (Denn ich erreiche ja niemals die 195A.. bei 20v würden bei 
600w maximal 30A cont. fliessen...)

Vielen Dank für eure Hilfe!

PS: Ihr dürft mir auch sagen, dass meine Bauteilwahl total bescheuert 
ist, dann gern mit besserem Vorschlag :)

von Michael B. (laberkopp)


Lesenswert?

Spoe N. schrieb:
> oder bezieht sich der «Total Dissipation» Wert auf etwas anderes?

Ja. Ein Phantasiewert wenn die Kühlung eines AKW angeschlossen wird.

Ebenso die 195A.

Aber deine 450W bei 20V benotigen maximal 22.5A und die werden an den 
2.5 mOhm des durchgeschalteten MOSFET so 1.2W Verlust bewirken, wie wird 
der noch ohne Kuhlkörper los.

Die 600W bringen die Solarmodule ja nur im MPP von ca. 45V, macht 13A, 
also noch weniger. Aber am 20-28.8V Akku werden das dann halt nur 300W. 
Kommt davon, wenn man unpassendes Zeug zusammenkauft und dann keinen 
MPPT Laderegler um das auszugleichen. Zudem liegt die Akkuspannung eher 
um 25.6-26.4V, so bald nämlich die erste (schwächste) Zelle auf 3.6V 
geladen bzw. auf 3V entladen wurde, muss man abschalten, die anderen 
Zellen haben dann noch Nennspannung.

Falls die Last einen höheren Anlaufstrom zieht, muss der Transistor den 
aushalten.

von Spoe N. (elkoo)


Lesenswert?

Danke Michael, hat mir sehr weitergeholfen!

Ein MPPT-Regler habe ich schon auch dazwischen. Ich überwache nur auch 
die Temperatur von der Batteriebox und will im Bedarfsfall auch die 
Solarmodule abtrennen können (wo dann nach dem MPPT-Regler im 
Extrembesonnungsfall wohl ca. die 600W daher kommen würden). Demnach 
würde aber auch dort - sofern der MOSFET kühl genug bleibt, einer 
reichen - wenn ich Dich richtig verstehe.

Die 7 Zellblöcke (LiIon) gehen in meinem Falle bis 4.2v und ein BMS 
balanced die auch wenns richtung Ladeschluss-Spannung geht... dies als 
Info am Rande.

von Lothar M. (Firma: Titel) (lkmiller) (Moderator) Benutzerseite


Lesenswert?

Spoe N. schrieb:
> bei den Solarmodulen liegt die Leerlaufspannung zw. 40&50v
> ...
> Drain-Source Voltage: 60v
Wäre mir zu knapp. Nimm Mosfet die mindestens 100V aushalten.

> Ich arbeite an einer Arduino-Steuerung, welche via MOSFETS Solarmodule,
> eine Batterie und eine Lastseite schalten kann.
Ein Tipp: lass deinen Schaltplan mal sehen, vor du das Layout machst und 
die Leiterplatte in Auftrag gibst...

> Stimmt meine Annahme, dass je zwei solche MOSFETS parallel geschaltet
> und wohlgekühlt meine 450w bzw. 600w leiten & schalten können (da 2x375w
> = 750w)
Nein. Falscher Ansatz. Denn der Mosfet schaltet keine "Leistung", 
sondern er schaltet einen "Strom". Wenn man also die 195A hernehmen 
würde und 60V schalten täte, dann könnte der einzelne Mosfet über 10 kW 
schalten. Soweit die Theorie.

> oder bezieht sich der «Total Dissipation» Wert auf etwas anderes?
"oder" ist richtig. Weil es dreht sich da um die Leistung handelt, die 
der Siliziumchip abführen könnte, wenn du das Kühlpad auf 20°C halten 
könntest.

: Bearbeitet durch Moderator
von Spoe N. (elkoo)


Lesenswert?

Lothar M. schrieb:

>> oder bezieht sich der «Total Dissipation» Wert auf etwas anderes?
> "oder" ist richtig. Weil es dreht sich da um die Leistung handelt, die
> der Siliziumchip abführen könnte, wenn du das Kühlpad auf 20°C halten
> könntest.

Danke Lothar! Ich glaube mein Hauptproblem war, dass ich «Total 
Dissipation @25°C Tc: 375w» nicht verstanden habe. Durch die Anmerkung 
von Michael habe ich dann aber sehr gut verstanden, dass ich besser ein 
Augenmerk auf den Widerstand des durchgeschalteten MOSFET geworfen und 
dann verstanden hätte, dass nur 1.2W an Wärmeverlustleistung vom Mosfet 
abzuleiten sind.

Zu Deinem 100v Hinweis:
Ist die Auslegung Erfahrung / Gefühlssache oder gibt es da eine 
handfeste Vorgehensweise, welche besagt, dass bei 60v die Reserve zu 
knapp ausgelegt ist?

von Lothar M. (Firma: Titel) (lkmiller) (Moderator) Benutzerseite


Lesenswert?

Spoe N. schrieb:
> Ist die Auslegung Erfahrung / Gefühlssache
Vorrangig ersteres. Die Angelsachsen nennen es "Educated Guess".

> oder gibt es da eine handfeste Vorgehensweise, welche besagt, dass bei
> 60v die Reserve zu knapp ausgelegt ist?
Sobald da irgendeine (Leitungs-)Induktitivtät mit im Spiel ist, bekommst 
du beim Schalten immer irgendwelche Überschwinger. Je schneller du 
schaltest um so höher sind die Spikes.

von Irgend W. (Firma: egal) (irgendwer)


Lesenswert?

Spoe N. schrieb:
> Die Batterie operiert zw. 20v und max. 29.4v, bei den Solarmodulen liegt
> die Leerlaufspannung zw. 40&50v und sie liefern max. 600w.
> Die Last wird max. 450w betragen.

- ca. 22,5A (wenn es auch wirklich ein Ohmscher Verbraucher mit 450W 
ist) bei 20V
- IRFB3006 => 2,5mOhm * 22,5A = 56mV *22,5A = 1,27W
- Das wäre die Leistung, die am Mosfet verbraten wird und gekühlt werden 
muss.
- Bei real 1,27W ist eine Diskussion wie die 375W zustande kommen eher 
nebensächlich.
- Die 22,5A sind auch arg weit weg von den 195A die das Package 
(Bondwire) maximal aushält.

Das alles gilt aber erstmal nur für den eingeschwungenen Zustand. Viel 
interessanter ist wie lange es dauert bis der Fet foll durchgeschaltet 
ist und wie lange dieser irgendwo mittendrin im Linearbetrieb ist mit 
entsprechend höhere Verlustleistung. Bei einmal schalten je Stunde meist 
kein Problem, aber bei PWM in einigen kHz durchaus ein recht großes. 
Erstrecht wenn dein Fet-Treiber nicht genügend Power liefert...

Fang besser mit deiner ganzen Berechnung nochmal ganz von vorne an, male 
dir einen Schaltplan und trage dir dort an allen Stellen die 
entsprechenden Werte für Spannung/Strom/Leistung ein. Dann siehst du 
ganz schnell was an jedem Bauteil los ist.

von Steve van de Grens (roehrmond)


Lesenswert?

Ein paar Grundlagen zum Schalten mit MOSFET: 
http://stefanfrings.de/transistoren/index.html#mosfet

von Michael B. (laberkopp)


Lesenswert?

Spoe N. schrieb:
> Demnach würde aber auch dort - sofern der MOSFET kühl genug bleibt,
> einer reichen - wenn ich Dich richtig verstehe.

Ja.

> Die 7 Zellblöcke (LiIon) gehen in meinem Falle bis 4.2v und ein BMS
> balanced die auch wenns richtung Ladeschluss-Spannung geht...

LiIon ist zwar deutlich leichter zu balancen als LiFePO4, aber auch da 
wird der Balancer keine 20A schaffen und eine Zelle wird zuerst voll 
bzw. leer.

Dann sollte das BMS den Akku nicht abklemmen (Notabschaltung) sondern 
vorher sollte man Ladung bzw. Entladung stoppen. Den MPPT Laderegler, 
wenn er nicht fernsteuerbar ist, schliesst man am besten die Solarmodule 
kurz. Der Wechselrichter sollte in einer Akkuanlage steuerbar sein und 
dem sagt man halt 0W.

von CA (Gast)


Lesenswert?

Irgend W. schrieb:
> Viel
> interessanter ist wie lange es dauert bis der Fet foll durchgeschaltet
> ist und wie lange dieser irgendwo mittendrin im Linearbetrieb ist

Das ist ein ganz wichtiger Aspekt!

Diese sogenannte "rise time" entscheidet über die tatsächlich anfallende 
Verlustleistung.

Vergiss die paar lausigen Watt, die im durchgeschalteten Zustand 
anfallen, das bildet nicht die Realität ab.

Wie hier schon geschrieben:
Irgend W. schrieb:
> bei PWM in einigen kHz durchaus ein recht großes...

Verlustleistungs-Kontingent.

von Jens G. (jensig)


Lesenswert?

Lothar M. schrieb:
> Sobald da irgendeine (Leitungs-)Induktitivtät mit im Spiel ist, bekommst
> du beim Schalten immer irgendwelche Überschwinger. Je schneller du
> schaltest um so höher sind die Spikes.

Naja, das wird diesen Mosfet nicht so sehr kratzen. Der kann schon 
reichlich Energie im Avalanche-Status verbrennen. Oder wie groß willst 
Du die "Spule" machen, damit das relevant wird?
Üblicherweise werden Hin- und Rückleiter auch weitgehend parallel 
verlegt, da hält sich die Induktivität auch schon sehr in Grenzen.

von Michael B. (laberkopp)


Lesenswert?

CA schrieb:
> Wie hier schon geschrieben:
> Irgend W. schrieb:
>> bei PWM in einigen kHz durchaus ein recht großes...
>
> Verlustleistungs-Kontingent.

Bei Akkus hitz ist PWM Humbug, im Gegenteil, grosse Hysterese angesagt. 
So selten eie man schaltet akkumulieren da keine Schaltverluste.

von Lothar M. (Firma: Titel) (lkmiller) (Moderator) Benutzerseite


Lesenswert?

Jens G. schrieb:
> Üblicherweise werden Hin- und Rückleiter auch weitgehend parallel
> verlegt, da hält sich die Induktivität auch schon sehr in Grenzen.
Ich habe die Naivität von Anwendern auch schon ein paar Mal 
unterschätzt.

Spoe N. schrieb:
> Schalten möchte ich die Lasten via IRFB3006 MOSFETS
Du weißt schon und hast auch beachtet, dass Mosfets implizit eine 
"Rückwärtsdiode" eingebaut haben? Und sie deshalb nur in 1 Richtung ein- 
und ausgeschaltet werden können.

Und dass der Mosfet über seine Gate-Source-Spannung gesteuert wird. Und 
nicht allein über die Gate-Spannung, wie es so mancher Anfänger meint. 
Wenn du also mit einem Mosfet die Higside schalten willst, dann brauchst 
du am Gate gut 10
V mehr als an der Source. Und wenn die Source auf 50V liegt, was muss 
dann das Gate haben? Richtig: 10V mehr, also 60V.

Wenn du jetzt aber denkst: "Dann schalte ich eben den GND", dann lass 
dir gesagt sein, dass es eine schlechte Idee ist, einer elektronischen 
Schaltung den Bezugspunkt (aka GND) hochohmig zu schalten.

Bitte melde dich an um einen Beitrag zu schreiben. Anmeldung ist kostenlos und dauert nur eine Minute.
Bestehender Account
Schon ein Account bei Google/GoogleMail? Keine Anmeldung erforderlich!
Mit Google-Account einloggen
Noch kein Account? Hier anmelden.