Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik DRV8711 Steppermotortreiber - Hohe Geschwindigkeiten


von Manuel N. (manuelambaum)



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Hi,

Ich möchte für eine Linearachse einen Schrittmotor auf ca. 1000 - 1500 
RPM drehen lassen. Das ganze läuft auf einem BOOSTDRV8711 Evalboard von 
TexasInstruments, zusammen mit einem ESP8266 D1 mini und einigen simplen 
codezeilen.

Leider kriege ich es nicht hin, den Motor auf ca mehr als 300RPM drehen 
zu lassen und wollte fragen, ob ihr mir hier hilfestellung leisten 
könnt. Konfigurieren tu ich den DRV8711 IC über SPI, die Steps schreibe 
ich aber über einen Digitalen Output und nicht über das SPI interface.

Nach meinem Vermuten liegt es daran, dass ich die verschiedenen timings 
(TOFF,TBLANK,TDECAY, etc.) nicht sauber eingestellt habe, habe aber auch 
mit viel rumröbeln keine settings gefunden welche gut funktionieren.

Das Wiring stimmt ganz bestimmt, da ich die Werte ändern kann und sich 
dies auch auf das Verhalten am Motor auswirkt. Je nach Settings vibriert 
der Motor nur oder dreht irgendwo zwischen 200 und 300RPM. Habe den 
Motor auf diversen Microsteps betrieben und allem Anschein nach, steht 
die Step-Frequenz zur Anzahl Microsteps immer im Verhältnis. Also bei 
doppelter Step-Frequenz und doppelter Anzahl Microsteps dreht der Motor 
auch mehr oder weniger gleich schnell, was Sinn macht.

Kann mir jemand helfen oder hat bereits Erfahrungen mit diesem 
Motortreiber gesammelt? Kann es auch möglich sein, dass die 
Geschwindigkeit durch die Technischen Spezifikationen der MOSFETS (Gate 
Charge, etc.) limitiert sind.

Im Anhang einige Datenblätter.

Danke im Vorraus

: Verschoben durch Moderator
von Rüdiger B. (rbruns)


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Mit welcher Spannung läuft der Schrittmotor und welches Drehmoment 
brauchst du ?

von Manuel N. (manuelambaum)


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Rüdiger B. schrieb:
> Mit welcher Spannung läuft der Schrittmotor und welches Drehmoment
> brauchst du ?

Betreibe den Schrittmotor auf 12V. Das Drehmoment ist untergeordnet, bin 
mir ehrlich gesagt auch nicht sicher wo das im "Datenblatt" genau steht. 
Prozentual am liebsten 100%. Stromaufnahme ist 0,35A. Kann man darüber 
das Drehmoment rechnen?

von Rüdiger B. (rbruns)


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Das ist der Fehler, Spannung ruhig auf 24 oder 36 Volt, Strom wie im 
Datenblatt auch gerner 0,4 A. Die 12 Volt im Datenblatt bedeuten nicht 
das du nur eine Versorgungsspannung von 12 V verwenden darfst.

von Rüdiger B. (rbruns)


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Dieser Motor ist in einem 3D Drucker drin und wird mit 24 Volt 
betrieben:
https://www.my-home-fab.de/de/dokumentationen/technische-beschreibungen/technische-daten-zum-nema-17-42byghw609
Du brauchst die Spannung, der Strom wird vom Treiber begrenzt.

von Manuel N. (manuelambaum)


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Rüdiger B. schrieb:
> Das ist der Fehler, Spannung ruhig auf 24 oder 36 Volt, Strom wie im
> Datenblatt auch gerner 0,4 A. Die 12 Volt im Datenblatt bedeuten nicht
> das du nur eine Versorgungsspannung von 12 V verwenden darfst.

Danke für deine Antwort. Werde das so nochmals austesten. Kann also ein 
48V-Schrittmotor beispielsweise auch höher wie 48V betrieben werden? Und 
wie empfiehlst du meine Timings? Sind die Standardmässig gesetzten 
ungefähr gut?

von Rainer W. (rawi)


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Manuel N. schrieb:
> Kann also ein
> 48V-Schrittmotor beispielsweise auch höher wie 48V betrieben werden?

Moderne Schrittmotortreiber regeln den Strom. Die maximal für den 
Betrieb zulässige Spannung wird durch den Treiber und nicht durch den 
Motor bestimmt.

Manuel N. schrieb:
> Stromaufnahme ist 0,35A

Die Stromaufnahme sagt nicht viel und sollte mit höherer Spannung 
sinken. Wichtig ist, wieviel Strom bei maximaler Drehzahl noch durch die 
Motorwicklungen fließt.

: Bearbeitet durch User
von Thomas Z. (usbman)


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1000 U/min bedeutet eine Schrittfrequenz von 6.6kHz im 
Halbschrittbetrieb. (3.3kHz bei Vollschritt) Das schafft dieser kleine 
Motor selbst unter optimalen Bedingungen nicht. Schau dir mal die 
Drehmomentkurve an. Da kannst du an den Parametern spielen wie du 
willst.
Vielleicht wäre es möglich mit einer optimalen Rampe den Motor auf diese 
Drehzahl zu bringen, Das hängt aber ganz wesentlich von den mech. 
Resonanzen ab.

Für 1000 oder gar 1500 U/min musst du andere Kaliber auffahren.

von Rainer W. (rawi)


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Thomas Z. schrieb:
> Vielleicht wäre es möglich mit einer optimalen Rampe den Motor auf diese
> Drehzahl zu bringen

Was ist eine optimale Rampe?
Feste Beschleunigung? Ruck maximal wie groß?

Eine vernünftige Rampe ist doch hoffentlich konfiguriert oder wie wird 
der Motor aktuell auf die Drehzahl gebracht?

: Bearbeitet durch User
von Xanthippos (xanthippos)


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> Das schafft dieser kleine Motor selbst unter optimalen Bedingungen nicht.

Ja, dieser Motor hat eine viel zu hohe Induktivität. Diese alten Motoren 
mit 12V Nennspannung sind vollkommen ungeeignet.

Du brauchst einen Motor, der laut Datenblatt nur 2V Spannung hat. Wie 
bereits gesagt, betreibst du den mit der höchsten Spannung, die dein 
Treiber verträgt.

von Manuel N. (manuelambaum)


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Thomas Z. schrieb:
> 1000 U/min bedeutet eine Schrittfrequenz von 6.6kHz im
> Halbschrittbetrieb. (3.3kHz bei Vollschritt) Das schafft dieser kleine
> Motor selbst unter optimalen Bedingungen nicht. Schau dir mal die
> Drehmomentkurve an. Da kannst du an den Parametern spielen wie du
> willst.
> Vielleicht wäre es möglich mit einer optimalen Rampe den Motor auf diese
> Drehzahl zu bringen, Das hängt aber ganz wesentlich von den mech.
> Resonanzen ab.
>
> Für 1000 oder gar 1500 U/min musst du andere Kaliber auffahren.

Danke für deine Antwort. Habe in der Tat allerhöchstens 1000U/min 
hingekriegt. Das aber nur mit einer seeehr langen Rampe (ca. 2 Minuten 
von 0% auf 100%). Was meinst du mit "andere geschütze auffahren"? Liegt 
es am Motor oder am Treiber oder sonst wo? Würde man das mit einem 
grösseren Motor besser hinkriegen?

von Manuel N. (manuelambaum)


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Xanthippos schrieb:
>> Das schafft dieser kleine Motor selbst unter optimalen Bedingungen nicht.
>
> Ja, dieser Motor hat eine viel zu hohe Induktivität. Diese alten Motoren
> mit 12V Nennspannung sind vollkommen ungeeignet.
>
> Du brauchst einen Motor, der laut Datenblatt nur 2V Spannung hat. Wie
> bereits gesagt, betreibst du den mit der höchsten Spannung, die dein
> Treiber verträgt.

Danke für deine Antworten! Was hat eine hohe induktivität zur Folge?

von Manuel N. (manuelambaum)


Angehängte Dateien:

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Noch eine andere Frage bezüglich der Schrittmotoren.

Für ein anderes Projekt benötige ich noch einen Schrittmotor mit höherer 
Drehzahl und auch höherem Drehmoment. Habe nochmals zwei Dokumente 
(Datenblatt & Drehzahl-Drehmoment-Kennlinie) angefügt. Kann ich diesen 
Motor mit einer praktikablen Rampe von 0U/min auf 1000U/min bei 
entsprechendem Drehmoment von 1,5Nm betreiben?

von J. S. (jojos)


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2 Minuten Rampe kann nicht sein, das ist doch kein Schiffsdiesel, in 2 
Sekunden kann so ein Motor hochdrehen. Hört sich also eher nach schlecht 
realisierter Rampe an.
Mit Encoder und Regelung bekommt man auch bessere Beschleunigung und 
höhere Drehzahl, aber das Drehmoment nimmt trotzdem rapide ab.

von Rainer W. (rawi)


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Manuel N. schrieb:
> Würde man das mit einem grösseren Motor besser hinkriegen?

Damit ein Motor sich schnell drehen kann, muss er nicht größer sein, 
sondern eine geringere Induktivitöt besitzen, d.h. die Drehmomentkurve 
darf nicht schon bei geringer Drehzahl so stark einbrechen.
Hast du inzwischen den Strom bestimmt, der tatsächlich noch durch die 
Motorwicklung fließt, wenn dein Motor sich mit Grenzgeschwindigkeit 
dreht?

von Rainer W. (rawi)


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Manuel N. schrieb:
> Kann ich diesen Motor mit einer praktikablen Rampe von 0U/min auf
> 1000U/min bei entsprechendem Drehmoment von 1,5Nm betreiben?

Die Steilheit der Rampe hängt u.a. davon ab, wie sich das vom Motor 
aufgebrachte Drehmoment in statisch aufzubringendes Drehmoment und 
Beschleunigung aufteilt. Beschleunigt werden muss die angetriebene Masse 
inklusive Rotor des Motors. Systemresonanzen können sich ebenfalls in 
Form von zusätzlichem Lastdrehmoment auswirken und zum Stall führen 
(Überschreitung des maximalen Lastwinkels).

von Rüdiger B. (rbruns)


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So Hohe Drehzahl UND Schrittmotor ? Warum kein BLDC Motor ?

von Michael B. (laberkopp)


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Manuel N. schrieb:
> Ich möchte für eine Linearachse einen Schrittmotor auf ca. 1000 - 1500
> RPM drehen lassen

1500rpm bei 200 Schritten/Umdrehung sind 5kHz.

Da bringt der Motor noch 0.04Nm wenn er mit 24V/0.5A bestromt wird.

Manuel N. schrieb:
> Betreibe den Schrittmotor auf 12V.

Also zu wenig, so schafft er nur die Hälfte des Diagramms und das ist 
bei 10000 zu Ende.

Ein Motor mit 12V Wicklung und 33mH ist auch praktisch ungeeignet für 
hohes Tempo. Man nimmt dazu eher Motoren mit 2mH, 2A und 2V.

Ein 12V Motor an 12V Versorgung kann sowieso nicht am 
Mikroschritttreiber wie DRV8711.

12V an 33mH brauchen 1ms bis der Strom auf 0.35A steigt. Du hast bei 
5kHz aber nur 200us.

Benutze zumindest 48V. Die 0.5Apeak die er für volle Leistung von 
0.35Arms erreichen müsste, schafft er aber trotzdem nicht. Wechsle 
besser die Motoren wie oben genannt.

https://dse-faq.elektronik-kompendium.de/dse-faq.htm#F.10

von Mi N. (msx)


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Rüdiger B. schrieb:
> So Hohe Drehzahl UND Schrittmotor ? Warum kein BLDC Motor ?

Gute und berechtigte Frage. Vielleicht reicht es auch, die Ansprüche 
etwas zu reduzieren.
Mit passendem Motor und höherer Versorgungsspannung >= 24 V sind 1000 
Upm erreichbar - ein mechanisch schwingungsarmer Aufbau vorausgesetzt.

Bei der Resterampe gäbe es einige Angebote für die Motoren. Beispiel:
https://www.pollin.de/p/act-motor-schrittmotor-17hs4417-1-80-2-phasen-2-55-v-310779
Fertige Module für die Ansteuerung sind auch nicht mehr so kostspielig:
https://www.pollin.de/p/act-motor-schrittmotortreiber-nema17-dm430-12-32-vdc-6-0-a-310860
Für die Takterzeugung wäre ein PicoPi-Board mit RP2040 gut geeignet: 
hohe Taktraten möglich und genug Leistung für die Rampenerzeugung zur 
Laufzeit.

Xanthippos schrieb:
> Diese alten Motoren
> mit 12V Nennspannung sind vollkommen ungeeignet.

Die Motore müssen nicht unbedingt alt sein, sie sind nur für andere 
Anwendungen gedacht.

von Rüdiger B. (rbruns)


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In manchen Druckern z.B. HP Deskjet sind 7,5 Grad Schrittmotoren 
verbaut.
Also mal im Schrott suchen.

von Purzel H. (hacky)


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Man sollte sich vergewaertigen, dass bei jedem Motor, auch einem 
Schrittmotor die induzierte, resp die elektromotorische Spannung 
proportional zur Drehzahl ist. Dazu den Schrittmotor mit einem 
Akkuschrauber auf diese Drehzahl bringen und die Spannung messen. Beim 
Antrieb muss man noch etwas drauflegen, denn man moechte noch etwas 
Drehmoment. Die Spezifikationen betreffen jeweils Dauerbetrieb. Dh fuer 
eine kurze Positionierung darf man die Werte auch etwas ueberschreiten. 
Der Treiber muss natuerlich Strom und Spannung liefern koennen. 48V ist 
das Limit, bei hoeheren Spannungen ist die Kleinspannungsnorm nicht mehr 
gueltig, auch wenn die Elektronik mehr koennte.

von Rüdiger B. (rbruns)


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Sehr weitgehende Infos:

http://www.schrittmotor-blog.de/

von Rainer W. (rawi)


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Purzel H. schrieb:
> Man sollte sich vergewaertigen, dass bei jedem Motor, auch einem
> Schrittmotor die induzierte, resp die elektromotorische Spannung
> proportional zur Drehzahl ist.

Deswegen wurde schon zum Betrieb des 12V-Motors an mindestens 24V 
geraten.
An der Motorwicklung ist nur die um die elektromotorische Spannung 
reduzierte Betriebsspannung wirksam.

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