Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Operationsverstärker: welcher Eingangsspannungsbereich ist erlaubt?


von Andreas S. (igel1)


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Liebe Forengemeinde,

ich habe eine kleine Frage zum Operationsverstärker, die mir die Kenner 
unter Euch sicherlich aus dem Eff-Eff beantworten können:

Angenommen ich versorge einen OpAmp LM358 mit einer einzigen 
Versorgungsspannung (singly supply mode), z.B. 12V.

Welche Spannung darf ich dann maximal und minimal an die beiden Eingänge 
anlegen?

Ist das der "common mode voltage range" aus dem Datenblatt?
Also:   Vcm =   -V .... +V -2V    - im Beispiel also 0V ... 10V ?

Dann wäre die folgende Oszillator-Schaltung also nicht erlaubt, weil sie 
den nicht-invertierenden Eingang mit bis zu ca. -6V beglückt, oder?
Beitrag "Re: Induktiver Positionssensor - Fragen dazu"

Gibt es auch OpAmps, die ich mit negativen Eingangsspannungen am 
nicht-invertierenden Eingang beschicken kann während der invertierende 
Eingang irgendwo im positiven Bereich liegt? Sie sollen in diesem Fall 
nur den Ausgang auf ca. 0V halten und nicht kaputtgehen.

Viele Grüße

Igel1

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von Andrew T. (marsufant)


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Am Eingang: max -0.3V ...(Vcc-2V) über den vollen Temperatur Bereich.
Single supply vorausgesetzt.
Details zum warum sind auf 30 Seiten der TI Beschreibung zu dieser OP 
Ausführung zu lesen
Link suche ich dir morgen gerne raus.

: Bearbeitet durch User
von Christian S. (roehrenvorheizer)


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Andreas S. schrieb:
> die ich mit negativen Eingangsspannungen am
> nicht-invertierenden Eingang beschicken kann

Im einfachsten Fall würde man eine solche negative Eingangsspasnnung 
über einen Widerstand und eine Diode gegen GND einfach unschädlich 
machen.

mfg

: Bearbeitet durch User
von Frank O. (frank_o)


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Ich habe da etwas gefunden. Habe ich auch sicher noch in gedruckter 
Form.
Als ich mit den OpAmps durch war, kannte ich den LM358 in- und 
auswendig.
Leider nicht mehr viel im Kopf davon.

Guckst du hier:
https://www.ti.com/lit/an/snoa662b/snoa662b.pdf?ts=1707955672634&ref_url=https%253A%252F%252Fwww.google.com%252F

Das ist sicher auch interessant:
https://www.ti.com/lit/an/snoa662b/snoa662b.pdf?ts=1707955672634&ref_url=https%253A%252F%252Fwww.google.com%252F

Ich muss jetzt ins Bett.
1
Seite 6:
2
Note that when used as a comparator, only one input needs to be within the common mode range. The other
3
input can be above the common mode range or above VCC and the output will be the expected VOH level (for
4
Vin+ > Vin–) or VOL level (for Vin – > Vin+). If both inputs exceed the upper common mode range, the output is
5
undefined; it could be either the VOL or VOH level and the result may vary part-to-part, lot-to-lot, over process,
6
over temperature, etc. If either input or both inputs are lower than –0.3 V with respect to the negative supply,
7
excessive input current can flow and the output may display phase reversal, also called inversion.
Als ich das mit dem -0,3V las,  kam zumindest hoch, dass ich da mal was 
gelesen hatte.

: Bearbeitet durch User
von Andrew T. (marsufant)


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Frank O. schrieb im Beitr
> Als ich das mit dem -0,3V las,  kam zumindest hoch, dass ich da mal was
> gelesen hatte.

Ist halt eine der ersten OP, die via PNP Eingangsstruktur "ab GND " am 
Eingang könnten

LM 324, 358, 290x und so weiter.
Interessant sind die vorletztes Jahr herausgegebenen B Versionen.


Dann mal morgen mehr.

von Mark S. (voltwide)


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Andreas S. schrieb:
> Ist das der "common mode voltage range" aus dem Datenblatt?
> Also:   Vcm =   -V .... +V -2V    - im Beispiel also 0V ... 10V ?

Ja

von Jörg R. (solar77)


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Frank O. schrieb:
> Guckst du hier:
> https://www.ti.com/lit/an/snoa662b/snoa662b.pdf?
>
> Das ist sicher auch interessant:
> https://www.ti.com/lit/an/snoa662b/snoa662b.pdf?

Hallo Frank,

hast Du dich bei der Verlinkung vertan? Der Link ist doppelt.

: Bearbeitet durch User
von Andreas S. (igel1)


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Andrew T. schrieb:
> Link suche ich dir morgen gerne raus.

Yep Andrew, daran wäre ich tatsächlich interessiert.
Danke schon einmal für die Mühen!

VG
Igel1

von Andreas S. (igel1)


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Frank O. schrieb:
> If either input or both inputs are lower than –0.3 V with respect to the
> negative supply,
> excessive input current can flow and the output may display phase
> reversal, also called inversion.

Ha Frank - das ist ja genau das, was ich wissen wollte.
Gut erinnert, gut gesucht und gut gefunden - danke!

VG

Igel1

von Frank O. (frank_o)


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Jörg R. schrieb:
> hast Du dich bei der Verlinkung vertan? Der Link ist doppelt.

Oh! Sollte eine AN über Sinuserzeugung sein.
Jetzt habe ich den falschen Rechner an. Da kann ich nicht im Verlauf 
gucken.
Habe das eben auch nicht wieder gefunden und ich habe leider keine Zeit 
mehr.

von Andreas S. (igel1)


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Christian S. schrieb:
> Im einfachsten Fall würde man eine solche negative Eingangsspasnnung
> über einen Widerstand und eine Diode gegen GND einfach unschädlich
> machen.

Yep - hatte ich im Vorfeld auch schon so überlegt und simuliert. 
Funktioniert, aber nun weiß ich, dass ich sogar eine Schottky-Diode 
benötige, um unter (bzw. hier müsste es eigentlich "über" heißen)
den -0,3V zu bleiben.

von Purzel H. (hacky)


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Generell muessen alle Eingangsspannungen zwischen den Speisespannungen 
liegen. Wenige Opamps, zB 358, 324 duerfen mit den Eingaengen an die 
negative Speisung und funktionieren sogar noch.
Die normalen, alten OpAmps wollen die Eingaenge nur bis 2v an die 
Speisung ran lassen. Also V- +2V .. V+ -2V, haben dafuer gute Werte.

Moderne OpAmps koennen teilweise RR-Input oder RR-In/Out, haben aber 
schlechtere Werte und/oder kleinere Bereiche. Wobei RR-Out auch nur 50mV 
oder so an die Speisung ran bedeutet.

OpAmps sollte man nicht als Komparatoren verwenden, sie koennten 
antiparallele Eingangsdioden enthalten.

von Andrew T. (marsufant)


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Andreas S. schrieb:
> Andrew T. schrieb:
>> Link suche ich dir morgen gerne raus.
>
> Yep Andrew, daran wäre ich tatsächlich interessiert.
> Danke schon einmal für die Mühen!
>


Gerne geschehen

die sehr alte   snoa662B   hast du ja  schon richtig gefunden, da steht 
schon sehr viel drin

diese
https://www.ti.com/lit/pdf/sloa277
geht noch detaillierter auf die Ursache des "Abstand 2V von der 
positiven rail" ein.
Diese reduziert sich auf 1.5V wenn Du das IC bei Zimmertemperatur oder 
wärmer betreibst.


Nochmal als Erinnerung: die LM358B  bzw. LM2904B sind sehr 
empfehlenswert.
Erstens weil TI die Daten der Biasströme wesentlich eingeengt hat (bias 
compensation Technik),
und zweitens weil diese preiswerter sind
(ok, ich habe 10 Mio Stück per year  - also nicht wieder im Forum maulen 
das bei ... die aber so teuer sind),
weil diese Bauteile auf der neuen 300mm-Silizium Fabrik Linie gefertigt 
werden.

Immer unter dem Aspekt, das man nicht zwingend einen R2R OP einsetzen 
möchte.

von Andreas S. (Firma: Schweigstill IT) (schweigstill) Benutzerseite


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Neben den obigen Aussagen, die sicherlich für die ursprünglichen LM358 
von National Semiconductor bzw. heutzutage TI zutreffen, sollte man 
beachten, dass es mittlerweile unzählige andere Hersteller gibt, die 
Bauteile unter der Bezeichnung LM358 anbieten. Also sollte man im ganz 
konkreten Fall das richtige Datenbatt studieren. Ich würde mich nicht 
darauf verlassen, dass sich ein Bojack LM358 oder ein Wyph LM358 genau 
wie das Original verhalten.

von Andreas S. (igel1)


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Danke an Purzel, Frank O., Andrew T. und Andreas S. für Eure hilfreichen 
Hinweise!

Für mich als Hobby-Elektroniker sind das tolle Infos, die ich gut in der 
Schaltung für Frank O. (siehe Link im Eingangspost) verwenden kann.

Viele Grüße

Igel1

von Roland D. (roland_d284)


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Moin,

Andreas S. schrieb:
> Für mich als Hobby-Elektroniker sind das tolle Infos, die ich gut in der
> Schaltung für Frank O. (siehe Link im Eingangspost) verwenden kann.

In der Schaltung hängt der positive Input ja gefährlich, also eventuell 
auch negative Spannung. Im DaBla vom LM358 steht, dass er sauber geht 
bis V- und kaputt geht unter V- -0.3V. Leider steht da wie immer nicht, 
was dann passiert. Sofortige Explosion mit großem Krater?

Ich würde annehmen, da ist am Eingang eine Schutzdiode, durch die Strom 
aus der Masse zum Eingang raus fließen kann, wenn der zu negativ ist. 
Und bei mehr also 0.3V ist der Strom so groß, dass diese Diode kaputt 
geht, oder noch mehr.

Die Frage - und das finde ich oft in Datenblättern nicht - ist, wie groß 
denn dieser Strom ist/sein darf. In der fraglichen Schaltung könnte man 
ja ungestraft einfach einen Widerstand in Reihe zu diesem Eingang 
klemmen und so den Strom begrenzen.

Mit diesem Strom ist es wohl wie öfters mal: Jeder, aber wirklich JEDER 
weiß, wie viel man so einer ESD-Schutzdiode zutrauen darf und deswegen 
schreibt es NIEMAND auf :-) .

Ich - und du vielleicht auch - würde es aber gerne mal wissen.

Gruß Roland

von Harald W. (wilhelms)


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Andreas S. schrieb:

> Welche Spannung darf ich dann maximal und minimal an die beiden Eingänge
> anlegen?

Die Antwort ist einfach: Erlaubt ist der Spannungsbereich, der im
Datenblatt steht. Wobei es nur wenige spezielle OPVs gibt, die eine
Spannung ausserhalb des Betriebsspannungsbereichs erlauben. Meistens
ist ein solcher Betrieb mit anderen Nachteilen verbunden. Wobei es
ja schaltungstechnisch sehr einfach ist, den Eingangsspannungsbereich
so zu verschieben, das er passt.

> Gibt es auch OpAmps, die ich mit negativen Eingangsspannungen am
> nicht-invertierenden Eingang beschicken kann während der invertierende
> Eingang irgendwo im positiven Bereich liegt? Sie sollen in diesem Fall
> nur den Ausgang auf ca. 0V halten und nicht kaputtgehen.

Die meisten OPVs haben eingebaute Schutzdioden, die Schäden verhindern.
Diese Schutzdioden darf man allerdings strommäßig nicht zu stark
belasten. In den meisten Fällen ist ein solcher Betrieb auch Quatsch,
weil er unsinnige Ausgangswerte ergibt und man durch einfache Änderung
der Eingangsbeschaltung verhindert werden kann.

von Clemens L. (c_l)


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Roland D. schrieb:
> Mit diesem Strom ist es wohl wie öfters mal: Jeder, aber wirklich JEDER
> weiß, wie viel man so einer ESD-Schutzdiode zutrauen darf und deswegen
> schreibt es NIEMAND auf :-) .

In vielen Datenblättern steht das drin, so auch beim LM358-N 
(ursprünglich von National Semiconductor):
> Input Current (VIN < −0.3V) (6)   Max: 50 mA
>
> (6) This input current will only exist when the voltage at any of the
> input leads is driven negative. It is due to the collector-base junction
> of the input PNP transistors becoming forward biased and thereby acting
> as input diode clamps. In addition to this diode action, there is also
> lateral NPN parasitic transistor action on the IC chip. This transistor
> action can cause the output voltages of the op amps to go to the V+
> voltage level (or to ground for a large overdrive) for the time duration
> that an input is driven negative. This is not destructive and normal
> output states will re-establish when the input voltage, which was
> negative, again returns to a value greater than −0.3 V (at 25°C).

Im Datenblatt vom LM358 von TI fehlt dieser Eintrag, aber SLOA277 sagt:
> Do not try to determine phase reversal performance empirically as
> different units may have different performance. Negative inputs must be
> avoided, assuming a single supply configuration, unless the application
> can accept either the VOL or VOH level during the duration of the
> negative input. In cases where a negative input voltage cannot be
> avoided, use a resistor in series with the input to limit the current
> to –1 mA or less.

(< 1 mA vermeidet Phase Reversal; < 50 mA vermeidet einen Krater.)

Beim LM358 und LM358-N gibt es keine explizite Schutzdioden, aber beim 
LM358B.

: Bearbeitet durch User
von Harald W. (wilhelms)


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Andreas S. schrieb:

> Neben den obigen Aussagen, die sicherlich für die ursprünglichen LM358
> von National Semiconductor bzw. heutzutage TI zutreffen, sollte man
> beachten, dass es mittlerweile unzählige andere Hersteller gibt, die
> Bauteile unter der Bezeichnung LM358 anbieten.

Ich vermute mal, das heutzutage alle "modernen" LM358
auf wesentlich kleineren Layouts gefertigt werden als die
"ursprüglichen". Damit wird dann auch die Belastbarkeit der
Schutzdioden verringert. M.E. ist es auch einfach schlechtes 
Schaltungsdesign, diese Schutzdioden auszureizen.

: Bearbeitet durch User
von Roland D. (roland_d284)


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Moin,

Clemens L. schrieb:
> (< 1 mA vermeidet Phase Reversal; < 50 mA vermeidet einen Krater.)

50mA finde ich ganz schön viel, aber gut. Danke für die Info, ich muss 
wohl bei Bedarf demnächst mal genauer lesen.

Gruß, Roland

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