Hallo zusammen,
ich habe da mal eine Frage zum Thema Relais.
Ich möchte die 4 Leitungen eines Netzteil-Kanals ("Power" und Sense)
mittels Relais trennen. Das ganze idealerweise mit zwei FTR-B4-4.5Z.
(DB: https://cdn-reichelt.de/documents/datenblatt/C300/FTR-B4.pdf)
Im Datenblatt steht, dass der initiale, maximale Kontaktwiderstand 100m
Ohm beträgt. Dass dieser sich über die Zeit verschlechtern kann leuchtet
mir ein.
Wenn ich jetzt aber an die Sense-Leitungen denke, fließt dort nach
"einschalten" der Relais sicherlich ein recht geringer Strom, bis
letztendlich die Spannung nachgeregelt ist und der Strom noch geringer
wird. Ein paar Zeilen unter dem Kontaktwiderstand steht, dass die
"Minimum switching load*" 10µA bzw. 10mV beträgt. Ich habe vor längerer
Zeit mal was von "Selbstreinigung" der Kontakte gehört, doch wie
realistisch/kritisch/zutreffend ist das, wenn ich mit dem Relais immer
nur die Sense-Ströme schalte?
Außerdem steht bei dem *:
1
"Minimum switching loads mentioned above are reference values. Please perform the confirmation test with the actual load before production since reference values may vary according to switching frequencies, environmental conditions and expected reliability levels."
Also verstehe ich das so, dass man bei kleineren Werten den
Anwendungsfall testen soll. Da steht aber nicht, dass man bei
Unterschreitung mit einem deutlich schnelleren Anstieg des
Kontaktwiderstandes rechnen muss.
Ich habe es auch mal getestet: Ein Signal mit 500nA sowie die
Sense-Leitungen konnte ich schalten wie erwartet. Ich will aber
vermeiden, dass ich nach einem Jahr das Relais tauschen muss, weil die
Kontakte sich zu schnell zusetzen oder so. Außerdem habe ich immer
gedacht, dass Funken eher schlecht für die Kontakte sind und nicht
irgendwas reinigen sollen. Und welchen Effekt kann denn eine Last haben,
die knapp überhalb des angegebenen Grenzwertes liegen - also z.B. 15µA
bei 15mV?
Kann mich da vielleicht jemand erhellen, was es mit dieser Angabe der
Minimal-Last auf sich hat?
Grüße
Michael
Dann nimm doch für die Sense Leitungen Reed Relais. Das sind
oberflächenveredelte Kontakte in Schutzgasatmosphäre. Die haben ein
langzeitstabiles Schaltverhalten, mögen allerdings keine hohen Ströme.
Mit einem einzigen Relais, das Power und Sense gleichgut kann, wirst du
ansonsten vermutlich eine Solderanfertigung mit 2 unterschiedlichen
Kontaktmaterialien brauchen.
Moin,
Reed-Relais sind für Null-Last Schalten ungeeignet, da sich im
Fertigungsprozess Silikate auf den Zungen ablagern, die zu instabilen
Kontaktwiderständen führen.
Zu dem Thema "trockenes Schalten" habe ich schon einmal ausführlich hier
im Forum geantwortet.
Moin,
Man könnte die Sense Leitungen mit einem PhotoMOS SSR Relais verbinden.
Viele können bis zu 60V. Der Schalter besteht aus zwei gegeneinander
geschalteten oder konstruierten Photo N-Channel MOSFETs, deren
GATE-Struktur photonisch angesteuert werden.
Da Dein Sense-Strom sehr klein ist und RDs-ON unter ein Ohm liegt,
sollte das anstandslos funtionieren. Diese PhotoMOS SSRs gibt es auch in
Doppelausführung. Momentan fällt mir aber die Designation nicht ein.
Sind aber leicht zu finden. Vorteil ist, daß sich da keine Kontakte
abnützen können. Für den Laststrom nimm natürlich angemessene Relais mit
ausreichenden Eigenschaften.
Wir verwenden z.B. solche PhotoMOS Schalter erfolgreich schon jahrelang
in einen Thermocouple Matrix System. Es gibt keine
Thermospannungsprobleme die über normale Thermocouple Schaltungsmethoden
hinausgehen.
Ich bin ziemlich sicher, daß jene SSRs in Deiner Anwendung funktionieren
würden, solange Deine Betriebsspannung im zulässigen Spannungsbereich
liegen.
Das wäre mein Vorschlag.
Gerhard
Michael S. schrieb:> Ich möchte die 4 Leitungen eines Netzteil-Kanals ("Power" und Sense)> mittels Relais trennen.
Um welches Netzteil geht es?
Das Netzteil muss auf jeden Fall auch noch eine interne Rückmeldeleitung
besitzen, damit es keinen Unfug treibt, wenn du die Sense-Leitungen
unterbrichst.
Ein MOSFET hätte keinen Mindeststrom.
Wenn ich richtig verstehe, hat ein gescheites Netzteil eine Reglung, die
auch ohne Sense funktioniern muß. Über die Sens-Leitung soll nur so
nachgeregelt werden, dass am gewünschten Messpunkt die gewünschte
Spannung wirklich ankommt.
Also muß man die Schaltung des noch unbekannten Netzteils mal
genauer ansehen und darüber diskutieren. Wahrscheinlich kann man das
Ganze etwas niederohmiger konstruieren?
Solide Netzgeräte haben intern zw. Sense und Power je 33..220 ohm
geschaltet. Man muss dann natürlich dafür sorgen daß die Relais im
powerz Zweig VOR den Sense Relais einschalten, und beim abschalten NACH
den Sense Relais. Sonst überlastet man die intern Widerstände
Sense Leitungen über Relaiskontakt mit Goldplatierung.
Michael S. schrieb:> Wenn ich jetzt aber an die Sense-Leitungen denke, fließt dort nach> "einschalten" der Relais sicherlich ein recht geringer Strom, bis> letztendlich die Spannung nachgeregelt ist und der Strom noch geringer> wird.
Alles nur Vermutungen. Wie waere es mal mit nachmessen?
Und wenn der Strom wirklich derart zwergig ist, dass man bei
"normalen" Relais etwas fuerchten muesste, koennte man ja
auch mit einer schwachen ohmschen Last fuer genug Strom sorgen...
Vor Jahrzehnten, als man noch bewährte Kontaktmaterialien einsetzen
durfte, hatte ich mal Relais in einer Tankwarnanlage, die mit zuwenig
Strom belastet waren und daher isolierten. Hat aber einige Jahre
gedauert, bis sie ausfielen.
Die größte Herausforderung war damals, überhaupt Datenblätter für die
Relais und die Kontaktmaterialien zu finden. Ich glaube es war
Silber-Cadmiumoxid an 10A-Kontakten. Also fette Knubbel. Oder wie auch
immer die Kontakteinsätze heißen. Und das wurde von dem Meßstrom im
1-mA-Bereich nicht genug gebraten, um Kontakt zu geben. Die
Selbstreinigung dürfte auch nicht geholfen haben, weil das Material ja
wohl bewußt "schmierig" ist, um die Lebensdauer zu erhöhen.
Heutzutage dürfte es egal sein, was man aussucht, weil sowieso alles
nach kurzer Zeit ausfällt. Die Relaismechanik, die viel zu dünne
Kontaktbeschichtung, die ungeeignete Kontaktgeometrie. Bei höheren
Spulenspannungen sicher auch noch durchbrennender Draht und ausfallende
Isolierung mit folgenden Windungsschlüssen.
(Google ist mittlerweile soooo ein Witz. Ich suche Bilder mit "Relais
Kontaktperle", weil ich nicht weiß wie der Knubbel heißt. Kommen paar
halbe Treffer. Nächste Suche "Relais Kontaktperle Zunge" - und es kommen
nur noch rausgestreckte Zungen. Was für Deppen!)
Aus der Reparaturpraxis:
Ein ansonsten sehr robustes Chemielabor-Analysengerät aus USA zeigte
nach einigen Jahren den Fehler, daß die Autozero-Funktion zeitweise
nicht mehr richtig arbeitete (Ein Speicherkondensator wurde über einen
Relaiskontakt geladen). Im verbauten Kartenrelais wurde nur einer der 4
vorhandenen Kontaktsätze dazu verwendet. Nach Reinigung der Kontakte mit
einem Pappstreifen funktionierte alles wieder. Zur Langzeit-Abhilfe
wurden alle Kontaktsätze mit Schaltdraht parallelgeschaltet, das hat
sich sehr bewährt (Reedrelais gab es noch nicht).
Fazit: Parallelschalten von Kontakten kann abhelfen. Viele alte
Post-Relais hatten Doppelkontakte zur Funktionssicherheit.
Stefan P. schrieb:> "Mercury (HG) wetted"
Die sind aber in der EU schwer zu bekommen. Quecksilber gehört zu den
Chemikalien, vor denen unsere Politiker Angst haben. Selbst das gute
alte Keysight 3458A brauchte ein Redesign, um hier weiter verkauft zu
werden.