Forum: HF, Funk und Felder Frage zu UHF Sperren


von Tom B. (tom2003)


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Hallo,

vor einigen Tagen hat mir ein Bekannter erzählt dass in der ehemaligen 
DDR im Raum Leipzig das Westfernsehen ZDF vom starken Sender bei Leipzig 
gestört wurde und nur mit speziellen, selbstgebauten, Sperren empfangen 
werden konnte.

Er konnte mir aber keine Einzelheiten nennen.

Mich interresiert das sehr, kennt vielleicht Jemand noch diese Sperren 
und wie die aussahen?

von Christoph db1uq K. (christoph_kessler)


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Ein "Topfkreis" soll das gewesen sein, im wörtlichen Sinn.

https://de.wikipedia.org/wiki/Westfernsehen

Ein Stichwort
https://www.scheida.at/scheida/Televisionen_DDR.htm
"Abhilfe schaffte hier der sogenannte "Russentod", eine leere Kaffeedose 
aus Blech mit einer Spirale darin und einem Einstellregler"
"Häufig jedoch erinnert der Aufbau der Arbeit dem Stil eines 
Installateurs/Klempners."

Mit Youtube-Video:
https://www.hidden-places.de/index.php?threads/westfernsehen-russentod-quelle-der-st%C3%B6rung.12047/

Literatur zu "Helical Filter" habe ich hier mal gepostet
Beitrag "Re: Helical-Resonator bauen"

: Bearbeitet durch User
von Lu (oszi45)


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Suchwort Topfkreis hilft. https://de.wikipedia.org/wiki/Topfkreis
Allerdings ist es wie immer: Ein Filter ist meist die zweitbeste Lösung, 
weil das Signal meist noch kleiner wird. Eine gute Antenne ist der beste 
Verstärker.

: Bearbeitet durch User
von Harald W. (wilhelms)


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Christoph db1uq K. schrieb:

> "Häufig jedoch erinnert der Aufbau der Arbeit dem Stil eines
> Installateurs/Klempners."

Deshalb nennt man ja auch die Menschen, die sich mit Mikrowellen
beschäftigen, "HF-Klempner".

von Christoph db1uq K. (christoph_kessler)


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>Suchwort Topfkreis hilft.
Naja in einem Topfkreis steckt eher eine gestreckte Leitung von 1/4 
Wellenlänge.
Der hier genannte VHF-Kanal 7 (189,25 - 194,75 MHz) hat eine Wellenlänge 
von ca. 1,5m, also müsste der Innenleiter des Topfkreises knapp 40cm 
lang sein, was für einen Blecheimer etwas hoch wäre. Deshalb wird ein 
Helixkreis gewählt, da sind die 40cm zur Spirale gewickelt.

von Thomas U. (charley10)


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Tom B. schrieb:
> Hallo,
>
> vor einigen Tagen hat mir ein Bekannter erzählt dass in der ehemaligen
> DDR im Raum Leipzig das Westfernsehen ZDF vom starken Sender bei Leipzig
> gestört wurde und nur mit speziellen, selbstgebauten, Sperren empfangen
> werden konnte.
>
> Er konnte mir aber keine Einzelheiten nennen.
>
> Mich interresiert das sehr, kennt vielleicht Jemand noch diese Sperren
> und wie die aussahen?

Ich denke, da kann ich helfen!
Die Sperrkreise sind, ohne Übertreibung, zu Hunderten in den Raum 
Leipzig gegangen.
Wie die s-Parameter zeigen, ist die Dämpfung auf dem Nutzkanal (K23) mit 
-1,3dB ziemlich gering, bei -36dB auf dem Bildträger K22.
Nur dieser allein hat es aber nicht gebracht! Sehr wichtig war auch eine 
aufwändige Antennenkonstruktion! Eine 4er Gruppe, horizontal, war 
'Pflicht', um den K22 schon etwas mit der Richtwirkung zu dämpfen.
Diese wurden noch am Mast mit einem sehr rauscharmen Verstärker, mit 
einer ähnlichen Sperre, zusammengeschaltet. (KT391, KT3101, teils auch 
BF960...).
Von diesem Verstärker existiert allerdings kein Muster mehr. Das Bild 
eines 'Dosenverstärkers' habe ich vor längerer Zeit schon mal hier 
eingestellt. Diese Sorte wurde direkt in die Anschlussdose der Antenne 
montiert und hatte dann ca. 15dB Verstärkung.

PS:
Die Abmaße sind 120mm lang, 100mm breit (5 Kammern) und 25mm tief.

Leipzig war bei Weitem nicht der einzige Markt!

: Bearbeitet durch User
von Thomas U. (charley10)


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Christoph db1uq K. schrieb:
>>Suchwort Topfkreis hilft.
> Naja in einem Topfkreis steckt eher eine gestreckte Leitung von 1/4
> Wellenlänge.
> Der hier genannte VHF-Kanal 7 (189,25 - 194,75 MHz) hat eine Wellenlänge
> von ca. 1,5m, also müsste der Innenleiter des Topfkreises knapp 40cm
> lang sein, was für einen Blecheimer etwas hoch wäre. Deshalb wird ein
> Helixkreis gewählt, da sind die 40cm zur Spirale gewickelt.

Diese Bauart wurde für UKW und BI (Russentot)  gewählt. Die Kammermaße 
für UKW waren dabei 70mm*70mm*120mm.
Den Wickeldorn für die Helix habe ich noch im Keller...

: Bearbeitet durch User
von Tom B. (tom2003)


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Das ist ja extrem interresant!

Was für ein Aufwand!

Vielleicht melden sich noch mehr die darüber berichten können.

von Thomas U. (charley10)


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Lu schrieb:
> Suchwort Topfkreis hilft. https://de.wikipedia.org/wiki/Topfkreis
> Allerdings ist es wie immer: Ein Filter ist meist die zweitbeste Lösung,
> weil das Signal meist noch kleiner wird. Eine gute Antenne ist der beste
> Verstärker.

Wobei es dem TO nicht unbedingt um die Signalstärke, sondern um die 
Störung durch den Nachbarkanal geht.
Diese kann bedingt mit einer Antennengruppe vermindert werden, die eine 
Nullstelle in Richtung des Störers aufweist.
Wetterabhängige Reflexionen machen diesen Effekt oft zunichte!
Dass dadurch auch das Nutzsignal stärker reinkommt, ist in diesem Fall 
fast 'Beifang'!

von Jens J. (jensen1)


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Die Problematik des ZDF-Empfangs in Leipzig bestand aus zwei Teilen. Zum 
einen betrug die Entfernung zum Sender Großer Waldstein in Bayern mehr 
als 135km, zum anderen war südlich von Leipzig in Wiederau der 
Grundnetzsender für die beiden Fernsehprogramme und UKW Hörfunk. Das 
zweite Programm wurde auf K22 mit 500kW gesendet und störte aufgrund des 
großen Pegelunterschiedes den aus gleicher Richtung einfallenden 
schwachen Empfang des ZDF auf K23. Der Empfang war nur mit mindestens 
einer 2er-Gruppe von UHF Antennen der höchsten Gewinn-Klasse und unter 
Verwendung von sehr selektiven Filtern und Vorverstärkern möglich. Die 
Filter und Vorverstärker musste man selbst bauen bzw. als 
Spezialanfertigung beschaffen, da die Industrieprodukte nicht die nötige 
Selektion bzw. Rauscharmut hatten. Für Einzelanlagen war der Aufwand oft 
zu groß, so dass hier in Leipzig häufig nur drei Programme standardmäßig 
zu empfangen waren und auf das ZDF verzichtet wurde. Wer 4 bis 5 
Programme oder gar noch mehr hatte, hing an einer größeren Anlage.

Es zog sich ein schmaler Streifen durch die Stadt (beispielsweise das 
Wohnviertel Leipzig-Schleußig), bei dem der Winkelunterschied zwischen 
den beiden Sendern im Süden 0 Grad war. Dort war der Empfang vom ZDF auf 
dem Kanal 23 praktisch unmöglich und es blieb nur, auf den schwächeren 
Berliner Kanal 33 auszuweichen. Dafür war mindestens eine 
2er-Antennengruppe notwendig (c.a. 130km, aber niedrigerer 
Senderstandort). Es bestand auch eine Gleichkanalstörung vom Sender 
Sonneberg. Auf Gemeinschaftsanlagen wurden für den Berliner Sender 
teilweise 8er-Gruppen eingesetzt um auf den notwendigen Pegel und die 
Ausblendung zu kommen.

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