Forum: Offtopic Stromausfall in Spanien


von Tom H. (toemchen)


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Das ist natürlich ein brisantes Thema, das politische Kommentare und 
jede Menge hitzige Diskussionen und Unsinnsgeschwätz hervorruft.

Kann auch sein, daß der Thread sofort gesperrt oder gelöscht wird - 
nicht schlimm, da bin ich nicht sauer.

Muß aber nach einem gestrigen kurzen Gespräch mit jemand ein paar Fragen 
loswerden.

1. Stand gestern war noch: Keiner "weiß" was über die Ursachen bzw. 
keiner will was rausrücken. Heute habe ich danach gegoogelt und 
zumindest heißt es jetzt vage, da wären also 15GW an solarer 
Einspeiseleistung weggefallen und das hätte das spanische Netz zerlegt.
Jetzt die Fragen hierzu:
Warum kursieren nicht mehr Diskussionen mit Daten und Erkenntnissen zum 
fraglichen Zeitraum? Es gibt doch sicher einen Haufen Leute, welche - 
vielleicht hobbymäßig - die Netzfrequenz protokollieren. Oder tun das 
nicht die besseren/größeren Wechselrichter? Was spricht dagegen, solche 
Protokollier-Stationen relativ engmaschig zu verteilen, um aus solchen 
Ereignissen zu lernen? Wo kann ich solche Daten bzw. Diskussionen zu dem 
aktuellen Ereignis finden?

2. Grundsätzliche Verständnisfrage: Wir sprachen gestern über die 
Netzfrequenz und von meinem Gesprächspartner kam der berechtigte 
Einwurf, die Netzfrequenz müsse doch ständig im ganzen europäischen 
Verbund gleich sein. Ich hab nochmal in Ruhe darüber nachgedacht und 
kann meine Verständnisfrage nochmal präzisieren: Es muß doch sogar die 
Phasenlage gleich sein? Es kann ja nicht sein, daß ein Teil des Netzes 
um 0,1Hz davonläuft - nach wenigen Sekunden ist man ja bei 
entgegengesetzten Phasenlagen und irren Kurzschlußströmen? Ich weiß 
nicht genau, wie das mit "stehenden Wellen" quer über die gut 3000km von 
Portugal bis Polen ist. Aber nach meinem naiven Verständnis muß in quasi 
derselben Millisekunde L1 im positiven Scheitel sein - in Polen wie in 
Portugal - sonst rauscht's gewaltig.
Demnach müßte die erhöhte Frequenz wegen zu viel Solarstrom ja in ganz 
Europa aufgetreten sein, und überall zu Abschaltungen geführt haben?
Oder gab es diesen kritischen Moment, wo ein Bereich vom Resteuropa 
getrennt wurde und dann die Frequenz dieses Bereichs aus dem Ruder lief?
Aber genau diese Abfolgen von Abschaltungen und Verrückspielen von 
starken Einspeisern im getrennten Bereich, das muß sich doch 
nachvollziehen lassen? Und zwar nicht nur vom Netzbetreiber oder vom 
spanischen Staat, sondern auch von Hobby-Datensammlern?

3. Ist es denn wirklich so, daß auch die größten Solarparks und 
Windparks keinerlei Einrichtung haben, die Netzfrequenz zu beeinflussen? 
Ist das Simulieren träger rotierender Massen von elektrischen Maschinen 
tatsächlich immer noch nur Forschungsgegenstand? Selbst größte Erzeuger, 
oder die Einspeisepunkte aus HGÜ, die dann ins Wechselstromnetz 
einspeisen, machen das sturheil wie der kleine Balkonwechselrichter - 
Netzfrequenz erkennen und mit voreilender Phase draufbuttern?

: Gesperrt durch Moderator
von Matthias S. (dachs)


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Tom H. schrieb:
> Kann auch sein, daß der Thread sofort gesperrt oder gelöscht wird

Nachdem das der x-undzwanzigste zu dem Thema ist, wahrscheinlich.

von Tom H. (toemchen)


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Schade, hab die (x-1)zwanzig vorherigen hier alle nicht mitbekommen.

von (prx) A. K. (prx)


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Tom H. schrieb:
> Schade, hab die (x-1)zwanzig vorherigen hier alle nicht mitbekommen.

Probier es mal da: Beitrag "Test aktuelle Netzfrequenz"

von Dieter D. (Firma: Hobbytheoretiker) (dieter_1234)


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Tom H. schrieb:
> Schade, hab die (x-1)zwanzig vorherigen hier alle nicht mitbekommen.

Naja, die Medien und die Experten wollen vielleicht den Schuldigen keine
Bühne bieten, wenn es welche geben sollte.

von Darius (dariusd)


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Hallo

Tom H. schrieb:
> Warum kursieren nicht mehr Diskussionen mit Daten und Erkenntnissen zum
> fraglichen Zeitraum? Es gibt doch sicher einen Haufen Leute, welche -
> vielleicht hobbymäßig - die Netzfrequenz protokollieren.

Meine Vermutung:
Weil den wildesten (dümmsten, "aufregendsten", politischen, "böser 
Feind") Theorien dankenswerterweise durch die verantwortlichen 
Netzbetreiber bzw. spanischen Energielieferanten der Wind aus den Segeln 
genommen wurde.

Die Leute, die selbst (und nicht einfach die bekannten Internetservices) 
und bewusst die Netzfrequenz protokollieren, sind erstens doch relativ 
wenige und vor allem technisch meist überdurchschnittlich gebildet und 
zum Glück mehr an Technik, Physik und Astronomie (Sonnenstürme etc.) als 
an Politikbashing, den "bösen Feind" oder die "unfähigen Betreiber" und 
anderen Quark aus Laberkreisen interessiert.
Sie würden sich in ihrer Gemeinde und bei ihrem erwünschten Publikum mit 
typischen Theorien bei solchen Ereignissen nur lächerlich machen.
Das überlassen sie zum Glück den Hetz- und Schrei Medien und privaten 
Wirrköpfen.

Tom H. schrieb:
> Wo kann ich solche Daten bzw. Diskussionen zu dem
> aktuellen Ereignis finden?

Erstmal Allgemeine und ältere Fachpublikationen und Paper?

Dann einfach mal einige Monate abwarten und auf entsprechende Paper und 
dann (in einigen Monaten) technisch wissenschaftliche Publikationen  zum 
aktuellen Vorfall lesen und verstehen:

Die sind generell allerdings eher schwer verdaulich, nicht medial 
aufregend (unterhaltsam) und vermutlich (vorerst) auf Spanisch / 
Portugiesisch verfasst.

Tom H. schrieb:
> Es muß doch sogar die
> Phasenlage gleich sein? Es kann ja nicht sein, daß ein Teil des Netzes
> um 0,1Hz davonläuft - nach wenigen Sekunden ist man ja bei
> entgegengesetzten Phasenlagen und irren Kurzschlußströmen? Ich weiß....

Ich sehe es ähnlich, aber wenn man ernsthaft anfängt (mehr als  "Die 
Sendung mit der Maus" oder "Galileo" oder auch was man vielleicht in der 
Schule gehört hatte) sich mit dem Verbundnetz und der realen Verteilung 
von elektrischer Energie zu befassen und den Feinheiten der 
Wechselstromlehre versucht nachzuvollziehen, stellt man schnell fest, 
dass das alles sehr anspruchsvoll ist und viele, nur schwer 
verständliche Faktoren, sowohl in der Theorie als auch in der Praxis mit 
ins Spiel kommen.
Also kann es durchaus sein, das unsere "einfache Denke" und "Fachwissen" 
nicht ausreicht, nicht umsonst ist Energietechnik ein eigenes sehr 
breites und verzwicktes Gebiet in der sowieso schon anspruchsvollen 
(wenn es in das Ingenieurniveau geht) E-Technik.

Über tiefe Einblicke und verständliche(Der Knackpunkt) Erklärungen zu 
den Details hätte ich auch Interesse.



Wenn es in die Details der Praxis geht wird es auch schwierig an 
aktuelle Informationen zum realen Verbundnetz zu kommen (Bestandteile: 
Was, von wem, wann, wo, warum, welche Werte) - das große WWW wird da 
dann doch recht klein...

Tom H. schrieb:
> 3. Ist es denn wirklich so, daß auch die größten Solarparks und
> Windparks keinerlei Einrichtung haben, die Netzfrequenz zu beeinflussen?

Zumindest Windkraftanlagen sind sogar auf das Netz (und zwar nicht nur 
zur Abgabe der Leistung, sondern damit die Generatoren überhaupt 
funktionieren) angewiesen und die Frequenz wird rein physikalisch / 
technisch aufgezwungen.
Soweit zumindest mein Verständnis von dem, was man an "Laienerklärungen" 
zu Windkraft Generatoren findet - in den Details kann ich durchaus 
einiges  missverstanden haben und es sind halt (relative) 
Laienerklärungen....

: Bearbeitet durch User
von Rainer Z. (netzbeschmutzer)


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Tom H. schrieb:
> Ich weiß
> nicht genau, wie das mit "stehenden Wellen" quer über die gut 3000km von
> Portugal bis Polen ist. Aber nach meinem naiven Verständnis muß in quasi
> derselben Millisekunde L1 im positiven Scheitel sein - in Polen wie in
> Portugal - sonst rauscht's gewaltig.

Auf eine Besonderheit Spaniens und Portugals im Stromnetz wurde in 
früheren Threads schon hingewiesen: Das spanisch-/portugiesische Netz 
ist nur schwach über Frankreich an das übrige Europäische Netz 
angebunden, nur mit rund 3GW.

Dann habe das spanische Netz innerhalb von nur fünf Sekunden 15GW 
Leistung verloren.

https://www.zdf.de/nachrichten/panorama/stromausfall-spanien-portugal-anfaellig-stromnetz-100.html

Mehr ist offenbar bis jetzt nicht bekannt und darüber zu diskutieren, 
wäre reine Spekulation. Und weil das passiert ist und ausuferte, wurden 
die früheren Threads (zu schnell) gesperrt.

von Darius (dariusd)


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Hallo,

Na ja Putin, Chinesische Staatshacker, das böse "Spanische RWE", die 
bösen erneuerbaren Energien und Parteien (Leute und deren 
Einstellungen, welche diese bejubeln oder als das böse schlechthin 
darstellen), die Politiker an sich und das jammern über die 
Energiepreise sind halt unterhaltsamer und jeder hat da eine Meinung. 
Außerdem muss man sich nicht mit anstrengender Physik und Technik 
auseinandersetzen...

Dass so manches bei den "Diskussionen" und Theorien gar nichts mit dem 
Vorfall zu tun haben kann, bzw. in keinerlei Zusammenhang steht (z.B. 
Energiepreis) interessiert gerade die lautesten Schreier nicht.

Und was man von den allgemeinen Reichweiten starken Medien in einem 
solchen Themengebiet zu erwarten hat, dürfte in diesem Forum eigentlich 
fast jeden bekannt sein.

Da reicht ja der typische 15000 Volt Stromschlag einer regionalen 
Meldung aus....

von Marcel V. (mavin)


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Tom H. schrieb:
> muß in quasi derselben Millisekunde L1 im positiven Scheitel sein - in
> Polen wie in Portugal - sonst rauscht's gewaltig.

Nein, rechnerisch ist die Phasenlage quer durch Europa betrachtet fast 
einmal um 360° gedreht.

von Wolf17 (wolf17)


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Tom H. schrieb:
> das muß sich doch nachvollziehen lassen

Frequenzverlauf vom Montag in DE:
https://www.energy-charts.info/charts/frequency/chart.htm?l=de&c=DE&timeslider=1&hour=12&datetimepicker=28.04.2025&interval=day&stacking=sparkline&timezone=utc&legendItems=1&print-type=extremevalues&boost=1

Ob die 3GW Spanienverbindung über die Pyrenäen nach Frankreich zu 
unserem Verbundnetz frequenzstarr oder über HGÜ Kurzkupplung erfolgt, 
kann man hier sehen, sobald die spanischen Frequenzmesswerte wieder 
online sind:
https://gridradar.net/charts/map/map.php?lang=de

von Helmut H. (helmuth)


Angehängte Dateien:

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Auf Linkedin hat Artjoms Obusevs
https://www.linkedin.com/in/artjoms-obusevs-3b456135/recent-activity/all/#

eine CSV-Datei mit einer Stunde Netzfrequenzen aus Litauen, Schweiz, 
Spanien, Kroatien, Deutschland und nochmal Litauen verlinkt,
die die inter-area oscillations zeigen: 
https://drive.google.com/file/d/1b9XK0LCIJer6t2Nexj-Og4miqN4r6YYp/view?usp=sharing

Er sagt zu Recht: "We need to wait official reports from ENTSO-E, all 
news are only guesses"

von R. L. (roland123)


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Tom H. schrieb:
> Aber nach meinem naiven Verständnis muß in quasi
> derselben Millisekunde L1 im positiven Scheitel sein - in Polen wie in
> Portugal - sonst rauscht's gewaltig.

Der Scheinwiderstand von Hochspannungsleitungen ist hauptsächlich 
induktiv. D h. dass ein Wirkstrom über die Leitung hauptsächlich eine 
Phasenverschiebung hervorruft, weniger einen Spannungsabfall

von Jörg R. (solar77)


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Tom H. schrieb:
> ()
> jede Menge hitzige Diskussionen und Unsinnsgeschwätz hervorruft.

Die vielen unsinnigen Threads nicht zu vergessen..

von Ben B. (Firma: Funkenflug Industries) (stromkraft)


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> Wir sprachen gestern über die Netzfrequenz und von meinem
> Gesprächspartner kam der berechtigte Einwurf, die Netzfrequenz
> müsse doch ständig im ganzen europäischen Verbund gleich sein.
Also in der Hoffnung, daß das nicht sofort gelöscht wird... ist sie 
auch. Deswegen kann man solche "Probleme" in Spanien von Deutschland aus 
merken.

Die Netze der westeuropäischen Länder sind nicht so stabil aufgebaut wie 
das in Deutschland. Spanien ist nur über wenige und nicht besonders 
starke Hochspannungsleitungen über die Pyrenäen mit Frankreich 
verbunden. Fallen diese aus (z.B. aufgrund von Überlast), dann bildet 
Spanien zusammen mit Portugal eine Insel, die stärker ist als die 
Netzverbindung zum Rest Europas. Das hat den Ausfall sicherlich 
begünstigt.

Bei Ausfall von Erzeugern muss man sehr schnell handeln und am besten 
automatisiert nachregeln. Wenn man nicht schnell genug weitere Erzeuger 
bereitstellen kann (Pumpspeicherkraftwerke können Volllast in wenigen 
Sekunden erreichen, Gasturbinen abhängig vom vorherigen Lastzustand in 
wenigen Minuten), dann muss man zwangsweise Last abwerfen, also genügend 
Verbraucher abschalten, so daß sich Erzeugung und Verbrauch wieder die 
Waage halten. Macht man das nicht, setzen sehr schnell Kettenreaktionen 
durch Netzschutzeinrichtungen ein, die Betriebsmittel wegen Überlastung 
abschalten. Das kann das Netz binnen Sekunden komplett außer Betrieb 
setzen. wie schnell man das Netz dann wieder aufbauen kann, hängt davon 
ab, welche Kraftwerke stehen zur Verfügung, welche haben sich im 
Eigenbedarf fangen können, sind evtl. Schäden entstanden, die zunächst 
behoben werden müssen. Das ist nichts, was man mal eben so nebenbei 
macht.

Warum die Spanier (ob nun angeblich oder tatsächlich mal komplett außen 
vor gelassen) nicht wissen woran das lag, spielt doch keine Rolle. 
Wichtig ist, sowas in Zukunft zu vermeiden.

Hochspannungsleitungen verhalten sich kapazitiv, besonders 
Höchstspannungsleitungen. Als Gegenmaßnahme wird das in den großen 
Umspannwerken durch Drosselspulen wegkompensiert. Andernfalls bewirkt 
das einen Anstieg der Spannung, besonders in schwach belasteten Teilen 
des Netzes.

: Bearbeitet durch User
von Dieter D. (Firma: Hobbytheoretiker) (dieter_1234)


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Darius schrieb:
> Theorien dankenswerterweise durch die verantwortlichen Netzbetreiber

Der Unterschied ist, dass Netzbetreiber belangt werden koennen, 
JournalistInnen in der Regel nicht.

Daher wird dort nur preisgegeben, was auch von deren juristischen 
Abteilung freigegeben wurde.

von Icke ®. (49636b65)


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Tom H. schrieb:
> Es muß doch sogar die
> Phasenlage gleich sein? Es kann ja nicht sein, daß ein Teil des Netzes
> um 0,1Hz davonläuft - nach wenigen Sekunden ist man ja bei
> entgegengesetzten Phasenlagen und irren Kurzschlußströmen?

Nicht Frequenz und Phasenlage verwechseln oder in einen Topf schmeißen. 
Die Frequenz muß natürlich gleich sein, während die Phasenlage durchaus 
(geringfügig) anders sein kann. Dies wird sogar mit 
Phasenschiebertransformatoren absichtlich gemacht, um die Stromflüsse in 
einem vermaschten Netz gezielt zu steuern.

https://de.wikipedia.org/wiki/Phasenschiebertransformator

von R. L. (roland123)


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Icke ®. schrieb:
> Nicht Frequenz und Phasenlage verwechseln oder in einen Topf schmeißen.
> Die Frequenz muß natürlich gleich sein, während die Phasenlage durchaus
> (geringfügig) anders sein kann.

Um eine Phasenverschiebung zu erreichen, muss sich auch die Frequenz für 
eine gewisse Zeit ändern. Bei einer Differenz von 0,01Hz dauert es über 
10s bis sich die Phase um 90° verschoben hat

von Tom H. (toemchen)


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Danke für alle Antworten.
Alle bleiben bei technischen Spekulationen und Fragestellungen und 
sprechen den Populismus höchstens dahingehend an, daß sie ihn 
kritisieren und von sich weisen.
Hoffe, es bleibt hier so.

Also erstens der Verlauf der Netzfrequenz. Sieht ja nicht so aus, als 
hätte es europaweit um 12:33 Uhr einen großen Ausschlag gegeben.

Wenn die iberische Halbinsel tatsächlich nur so schwach oder gar durch 
HGÜ mit dem Rest Europas verbunden ist, dann ist schon ein gewisser Teil 
meiner Fragen beantwortet. Ja, dann kanns bei denen turbulent zugehen, 
ohne daß wir etwas davon abbekommen.

Für mein Verständnis von weitgespannten Wechselstrom-Netzen (das 
natürlich echt fast auf Sendung-mit-der-Maus-Niveau) ist das mit den 
Phasendrehungen sehr interessant. Gerne darüber mehr Info! Oder nen Link 
zum Nachlesen.

Und bei den großen Einspeisern und die dort verwendete Technik würde ich 
auch gerne mehr lernen.
Zu HGÜ gibts Wikipedia, ist aber tatsächlich schon etwas anstrengend. 
Müßte ich mehrmals lesen.
Windkraftanlagen, arbeiten die echt auf Generatorenbasis netzsynchron? 
Also das Windrad muß eine konstante Drehzahl fahren, höchstens in ein 
paar Stufen mit Polumschaltung veränderbar? Oder ist da nicht längst 
fette Leistungselektronik involviert, um mit angepasster Geschwindigkeit 
jeweils das beste aus der Windsituation rauszuholen?

Sonst wärs ja toll! Rotierende elektrische Maschinen an den Windrädern, 
also Massenträgheit, und könnte ein netzsynchron an einem Windrad 
laufender Generator nicht nahtlos zum Motor werden, der 
Überschußleistung im Netz in Wind verwandelt? Das klingt jetzt total 
naiv, aber ein bißchen was hab ich mir schon dazu überlegt: Während 
andere Turbinen wie die Dampf- und Wasserturbinen doch recht starr als 
Stromerzeuger arbeiten, sie haben nunmal den Druck des Mediums auf den 
starren Schaufeln, und der läßt sich nicht so schnell wegnehmen oder gar 
umkehren, könnte man Windräder doch recht schnell durch Flügelanstellung 
zu einem Luftquirl verwandeln, der überschüssige Energie aus dem Netz 
verbrät? Oder?

von (prx) A. K. (prx)


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Tom H. schrieb:
> sie haben nunmal den Druck des Mediums auf den
> starren Schaufeln, und der läßt sich nicht so schnell wegnehmen

Dampf lässt sich sehr schnell kontrolliert an der Turbine vorbei direkt 
in den Kondensator schicken, oder notfalls auch ausblasen.

Vor den Turbinen der Wasserkraft sind natürlich Ventile.

: Bearbeitet durch User
von Ralf X. (ralf0815)


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R. L. schrieb:
> Um eine Phasenverschiebung zu erreichen, muss sich auch die Frequenz für
> eine gewisse Zeit ändern. Bei einer Differenz von 0,01Hz dauert es über
> 10s bis sich die Phase um 90° verschoben hat

Schau doch einfach auf

https://gridradar.net/charts/map/map.php?lang=de
oder
https://www.swissgrid.ch/de/home/operation/grid-data/current-data.html#wide-area-monitoring

nach, wie sich die Frequenzen und Phasenwinkel gegeneinander, bzw. der 
Referenz in einem steten Wechsel befinden.

Alleine wenn man sich mal alle Induktivitäten und Kapazitäten wegdenkt:
Die Signallaufzeit über 3.000 km beträgt rechnerisch bei 0,75 C schon 
gut 0,0133 s, was bei 50 Hz einer Phasenverschiebung von 240 Grad 
entspricht.

von (prx) A. K. (prx)


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Tom H. schrieb:
> Rotierende elektrische Maschinen an den Windrädern,
> also Massenträgheit, und könnte ein netzsynchron an einem Windrad
> laufender Generator nicht nahtlos zum Motor werden, der
> Überschußleistung im Netz in Wind verwandelt?

Ich habe schon mal gejuxt, dass man notfalls die hiesigen Windkraftwerke 
umdreht und den Franzosen bei einem Super-GAU den Fallout wieder zurück 
bläst. Leider wurde die Anregung bisher nicht aufgenommen. ;)

von Dieter D. (Firma: Hobbytheoretiker) (dieter_1234)


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Ralf X. schrieb:
> Die Signallaufzeit über 3.000 km beträgt rechnerisch

Aus diesem Grunde gibt es Länder, bei denen gibt es schon viel länger 
HGÜ-Anlagen (HGÜ: HochspannungsGleichspannungsÜbertragungs...).

von Tom H. (toemchen)


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Der Swissgrid-Link ist ja interessant.

Also da treten auch auf kurzen Distanzen, vom einen zum anderen Eck der 
Schweiz, schon mal 15 oder 20° Phasendifferenz auf.

Nun, das ergibt nach meinem begrenzten Verständnis, mächtigen Stromfluß. 
90° oder gar 180° sind es natürlich noch nicht.

Das mit der Signallaufzeit: Ja, aber von wo nach wo gilt die 
Signalübertragung? Ist der Start in Portugal in einem Wasserkraftwerk, 
wo das Potential von L1 gerade von Null auf positiven Scheitelwert 
anschwillt? Während in Polen die um 240° verzögerte Information ankommt, 
also L1 gerade bei der vorherigen Vollwelle über den negativen 
Scheitelwert ist?
Oder ist es andersherum?
Woher weiß die Information oder der Strom das?
Oder gälte das nur für den Sonderfall, daß die Erzeugung ausschließlich 
an einem Punkt stattfindet und der Verbrauch nach Durchleitung über 
3000km (Verlust vergessen wir mal) ganz am anderen Ende?
Da das ja nicht so ist, ist es vielleicht doch so, daß ganz Europa mehr 
oder weniger synchron sein muß?
Fragen über Fragen.

von Tom H. (toemchen)


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Der andere Link, gridradar, gibt mir Rätsel auf:

Sind Inseln wie die Balearen, Kreta, Zypern echt ins 
Wechselspannungs-Netz integriert? Das gridradar gibt für diese Orte 
Frequenzwerte und auch eine Phasenbeziehung an?
Selbst bei Großbritannien wär ich mir nicht sicher, ob das über 
Wechselspannung oder HGÜ verbunden ist mit dem europäischen Festland.

: Bearbeitet durch User
von Peter M. (r2d3)


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Hallo Tom H.,

neben dem anscheinend unterdimensionierten Interconnector von Spanien 
gen Frankreich gibt es anscheinend noch Spezialaspekte bei der 
wechselrichterbasierten Stromerzeugung:

https://www.youtube.com/watch?v=oF5rHr0qapg

[...
Prof. Dr.-Ing. Stefan Krauter interviewt den Netzspezialisten Dr.-Ing. 
habil Michael Fette, der sich sehr intensiv mit 
Netz-Systeminstabilitäten beschäftigt hat. 2 Tage nach dem Blackout eine 
ersten Stellungnahme, Sobald weitere Daten (z.B. Spannungsverlauf) 
vorliegen kommt ein update.
...]

von Tom H. (toemchen)


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Und nochmal zu den Denkmodellen mit den Wind- Wasser- und Dampfturbinen.

Klar, man kann den Dampf oder das Wasser an der Turbine vorbei leiten 
ins Nichts oder in den Kondensator.
Das geht natürlich nicht unendlich schnell.
Einfach "zudrehen" geht sicherlich nicht: Was mit dem Dampfdruck 
passieren würde, kann man sich vorstellen, und beim Waser habe ich von 
einer Art "Rückschlag" gehört, nach meiner laienhaften Vorstellung weil 
das Wasser in den Rohren ja eine gewisse Bewegungsenergie hat. Da muß 
man wohl sehr behutsam und langsam zudrehen.
Aber gut, Bypass geht, vielleicht innerhalb von wenigen bis wenigen zehn 
Sekunden.
Was aber nicht geht: Außer mit der Rotationsträgheit kann die Wasser- 
und Dampfturbine keine Energie aufnehmen.

Aber das Windrad könnte doch tatsächlich dazu übergehen, aktiv Wind zu 
erzeugen?
Natürlich ist die Rotorblatt-Verstellung auch nicht sehr schnell.
Ich weiß nicht einmal, ob es bei heutigen Windkraftanlagen eine 
Rotorblattverstellung gibt.

von (prx) A. K. (prx)


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Tom H. schrieb:
> Das geht natürlich nicht unendlich schnell.

In 0,5 Sekunden ist dicht, las ich dazu.

> beim Waser habe ich von einer Art "Rückschlag" gehört

Trifft zu, muss die Technik aushalten. Aber wenn man nicht nach jeder 
Schnellabschaltung die Turbine austauschen will, muss man damit 
zurecht kommen.

: Bearbeitet durch User
von Ben B. (Firma: Funkenflug Industries) (stromkraft)


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Es gibt eine Netzzeit und diese kann man auch in "Inselnetzen" regeln, 
die lediglich über eine HGÜ mit dem kontinentalen Netz verbunden sind.

Die Schnellschlussventile in Dampfkraftwerken bewirken, daß sich das 
Kraftwerk ganz sicher nicht im Eigenbedarf fängt und somit für den 
Netzwiederaufbau nicht zur Verfügung steht, bzw. ein paar Stunden 
Vorlaufzeit erfordert und meistens nicht schwarzstartfähig ist. Das ist 
ein reiner Anlagenschutz gegen Überdrehzahl und kein normales 
Regelsystem. Bei Atomkraftwerken bewirkt eine Turbinenschnellabschaltung 
auch gleichzeitig eine Reaktorschnellabschaltung. Atomkraftwerke können 
normalerweise bis zu zwei Drittel der Reaktornennleistung an der Turbine 
vorbei direkt in den Kondensator ableiten und das würde man zuerst 
versuchen (zusammen mit einer schnellen Leistungsabsenkung des 
Reaktors), um die Anlage im Eigenbedarf zu fangen. Kohlekraftwerke 
können mindestens Dampf abblasen und im Notfall können sie die Leistung 
der Brenner sehr schnell reduzieren, auch wenn sie dann evtl. ihre 
Abgas-Grenzwerte überschreiten. Das ist bei Netz in Gefahr erstmal nicht 
mehr ganz so wichtig.

Edit:
Bei Wasserkraftwerken gibt es Ausgleichsräume, sonst würde der Schlag 
durch den Wasserhammer-Effekt (die kinetische Energie der sich in den 
Druckstollen bewegenden Wassermenge) die Anlage zerstören.

: Bearbeitet durch User
von Dieter D. (Firma: Hobbytheoretiker) (dieter_1234)


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(prx) A. K. schrieb:
> Ich habe schon mal gejuxt, dass man

Tja, ich habe auch schon mal gejuxt in der Vergangenheit:

Wenn man sich überlegt, wie viele Geizhalsende und Leitende, bezahlt aus 
den den Rundfunkgebühren, dort unten ihre Villa haben. Wenn das dort 
unten der erste schöne heiße Tag gewesen wäre und zufällig gleichzeitig 
mittags die Klimaanlage starten würde, dann ergäbe das schon mal einen 
schönen schwingungsanregenden Impuls ins Netz.

von (prx) A. K. (prx)


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Ben B. schrieb:
> um die Anlage im Eigenbedarf zu fangen

Dieses Diagramm legt nahe, dass eine Reduktion auf Eigenbedarf nicht 
stattfand. Denn die KKWs waren noch nicht wieder mit von der Partie.
Beitrag "Re: Test aktuelle Netzfrequenz"

Ist es tatsächlich möglich und betrieblich zulässig, ein übliches 
ziviles KKW bei schlagartigem Wegfall des Netzes auf Eigenbedarf zu 
drosseln? Ich bin da nicht im Bilde, aber doch etwas skeptisch. Zum 
Einen braucht es dazu eine sehr hohe Reaktivitätsreserve, zum Anderen 
dürfte man in solche Features früher nicht allzu viel investiert haben. 
Auch die Aussage "laufen auf Diesel" spricht dagegen, dass dies 
stattfand.

: Bearbeitet durch User
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