Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Rufstrom und Annahmeerkennung Analogtelefon


von Felix H. (harlix)


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Hallo zusammen,

ich habe eine Frage zur Ansteuerung eines analogen Telefons. Und zwar 
wird ja durch die Abnahme des Hörers der Stromkreis zur Speisung des 
Mikrofons geschlossen, wodurch in der Vermittlungsstelle ein 
entsprechendes, mit dem Apparat in Reihe geschaltetes Relais anzieht. 
Das funktioniert bei Gleichspannung wunderbar.

Um ein solches Telefon klingeln zu lassen, muss aber Wechselstrom 
(Rufstrom) fließen. Ein Relais würde hier flattern oder gar nicht 
anziehen.

Wie wurde das Problem früher seitens der Vermittlungsstellen gelöst? 
Wurde die Speisegleichspannung während des Klingelns kurzzeitig 
abgeschaltet und stattdessen die Rufspannung aufgeschaltet, und die 
Erkennung der Anrufannahme durch Relais war nur während der 
Klingelpausen möglich (entweder-oder)?

Oder wurde die Rufspannung zur Speisegleichspannung addiert 
(überlagert), so dass auch während des Klingelns die Rufannahme durch 
Anstieg des Gleichstromanteils mittels Relais erkannt werden konnte?

In letzterem Fall wären die Spitzenspannungspegel aber erheblich. Bei 
60V Speisegleichspannung im Leerlauf und einer überlagerten Rufspannung 
von 60Vss würde man auf der Leitung Spannungspegel zwischen 0V und 120V 
messen, sehe ich das richtig?

Vielen Dank im Voraus für alle hilfreichen Antworten hierzu.

Felix

von Nemopuk (nemopuk)


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Felix H. schrieb:
> Wie wurde das Problem früher seitens der Vermittlungsstellen gelöst?

Beim Klingeln wird die Wechselspannung zur Gleichspannung addiert. 60 
VDC + 60 VAC (oder waren es 90 VAC?)

Außerdem ist das Relais besonders träge.

Felix H. schrieb:
> In letzterem Fall wären die Spitzenspannungspegel aber erheblich.

Ja. Das kann richtig weh tun.

: Bearbeitet durch User
von Thomas R. (thomasr)


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Damals bis zu 200 Volt auf a/b gemessen :-)

von Harald K. (kirnbichler)


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Nemopuk schrieb:
> Außerdem ist das Relais besonders träge.

Die Frequenz der Rufwechselspannung ist allerdings auch niedriger als 
viele erwarten dürften, die liegt bei 25 statt 50 Hz.

von Felix H. (harlix)


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Vielen Dank für eure Antworten!
Aus heutiger Sicht wirkt es nahezu archaisch, einfache Signale mit 
solchen Spannungspegeln zu übertragen. Das waren andere Zeiten!

Gruß,
Felix

von H. H. (hhinz)


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Nemopuk schrieb:
> Beim Klingeln wird die Wechselspannung zur Gleichspannung addiert. 60
> VDC + 60 VAC (oder waren es 90 VAC?)

60VAC, bis zu.


> Außerdem ist das Relais besonders träge.

Vor allem war der Strom sehr gering. Bei den FeTAp 61/71 waren das kaum 
2mA, AFAIR.

von Nemopuk (nemopuk)


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Felix H. schrieb:
> Aus heutiger Sicht wirkt es nahezu archaisch, einfache Signale mit
> solchen Spannungspegeln zu übertragen. Das waren andere Zeiten!

Das waren ja nicht nur Signale, sondern auch die Stromversorgung der 
Telefone. Und zwar über einige Kilometer Strecke.

Du kannst ja mal versuchen, eine Klingel mit 5V über 15 km CAT5 Kabel zu 
betreiben. Aber so, daß die alte Oma sie noch hört, wenn sie im Garten 
arbeitet.

: Bearbeitet durch User
von Manfred P. (pruckelfred)


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Felix H. schrieb:
> Aus heutiger Sicht wirkt es nahezu archaisch, einfache Signale mit
> solchen Spannungspegeln zu übertragen.

Bei ISDN war die Nennspannung auf dem Uk0 (vor dem NT) 90 Volt. Muss 
halt sein, weil aufgrund der Leitungswiderstände wenig Strom fließen 
soll.

H. H. schrieb:
>> Außerdem ist das Relais besonders träge.

Die Schleifenrelais sind nicht "besonders träge".

> Vor allem war der Strom sehr gering. Bei den FeTAp 61/71 waren das kaum
> 2mA, AFAIR.

Die Klingel sollte um 10kOhm Impedanz haben und damit zu wenig Strom, 
ein Schleifenrelais anzeiehen zu lassen. Irgendwo habe ich noch ein paar 
Relais aus Telefonanlagen, die in Reihe zum Apparat lagen.

von Dieter W. (dds5)


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Manfred P. schrieb:
> Die Klingel sollte um 10kOhm Impedanz haben und damit zu wenig Strom,
> ein Schleifenrelais anzeiehen zu lassen.

Die Klingel konnte das Schleifenrelais überhaupt nicht anziehen lassen 
weil sie über einen dicken Folienkondensator an der Leitung hing.

von Günter L. (Firma: Privat) (guenter_l)


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von Felix H. schrieb
>Bei
>60V Speisegleichspannung im Leerlauf und einer überlagerten Rufspannung
>von 60Vss würde man auf der Leitung Spannungspegel zwischen 0V und 120V
>messen, sehe ich das richtig?

Ja, ist richtig. Die überlagerte Gleichspannung wurde im
Telefon durch ein Kondensator (1µF) von der Klingel
ferngehalten. Wenn man bei Nieselregen dann nasse Hände
hatte, und Freileitungsdrähte repariert hat (Kupferblankdraht)
und es hat dann zufällig jemand angerufen, hat man
schonmal was gemerkt und vor Schreck den Draht weggeschmissen.

von Peter D. (peda)


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Die Ankopplung erfolgt symmetrisch, d.h. das Speiserelais hat 2 * 500R. 
Beim Ruf wird ein Ende an die Wechselspannung gelegt und eine 
Relaiswicklung kurzgeschlossen. Dieser Kurzschluß verzögert das Abfallen 
und schließt den Wechselstrom kurz, sonst würden ja die 25Hz am Relais 
abfallen (Drosselwirkung).

von Joachim B. (jar)


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H. H. schrieb:
> Nemopuk schrieb:
>> Beim Klingeln wird die Wechselspannung zur Gleichspannung addiert. 60
>> VDC + 60 VAC (oder waren es 90 VAC?)
>
> 60VAC, bis zu.

zur Reichweitenerhöhung bis 96VDC (Speisung bei EWSD) schließlich habe 
ich die Spea Unitest100 programmiert für die Wandlerbaugruppen.

: Bearbeitet durch User
von Karl B. (gustav)


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Günter L. schrieb:
> Ja, ist richtig. Die überlagerte Gleichspannung wurde im
> Telefon durch ein Kondensator (1µF) von der Klingel
> ferngehalten.

Und so sieht das Ding von innen aus (sorry, kein besseres Schaltbild 
gefunden)

ciao
gustav

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