Habe nach langer Zeit das Oszi mal wieder gebraucht, einen kaputten Kondensator in einer Audio-Analogschaltung suchen. Der erste Ansatz war, in Stellung "AC" den Spannungsabfall über die einzelnen Kondensatoren zu messsen - am Eingang der Schaltung hatte ich ein 500 Hz Signal eingespeist. Zum Messen hatte ich zwei Messspitzen, eine am Innenleiter des Coaxeinganges vom Oszi angeschlossen, eine am Aussenleiter. Das hat etwas gedauert, dann habe ich festgestellt, dass die Polarität der Messspitzen an den Kondensatoranschlüssen einen riesigen Einfluss hat - eine der beiden Messspitzen ist offenbar nicht potentialfrei. Sowohl das Oszi als auch die Audioschaltung hingen am Netz, die Audioschaltung über einen Adapter der 9 Volt an die Audioschaltung gibt. Ich hab dann den Aussenleiter vom Oszi-Eingang auf Schaltungsmasse gelegt und jeweils die "AC" Spannung an den Kondensatoreingängen und den Kondensatorausgängen seperat gemessen und mir daraus dann den Spannungsabfall ausgerechnet. Damit gab es dann brauchbare Ergebnisse und ein Kondensator war auffällig, 2/3 des Signalpegels gingen zwischen Ein- und Ausgang verloren. Frage nun - dass das Oszi nicht potentialfrei misst hat mich zunächst kalt erwischt. Ist das üblich oder liegt das am Chinesium? Hätte ein Trenntransformator zwichen dem Netz und einem der beiden Geräte eine ausreichende Potentialfreiheit hergestellt? Und ja - dies ist ja das Mikrocontrollerforum wo das gerne herausgestellt wird - natürlich weiß ich, dass ich Dilettant bin, weil ich Fragen stelle, die jeder richtige Elektroniker mit 100 Jahren Berufserfahrung nicht zu stellen bräuchte. Das braucht hier also keiner nochmal als Kommentar zu schreiben.
Zweimal ja. Das Oszilloskop ist geerdet und sollte es auch bleiben. Deinen Prüfling kannst Du bei Bedarf mit einem Trenntrafo potentialfrei machen. Wobei der wahrscheinlich über den Signalgenerator am Eingang direkt wieder geerdet wird. Daher ist Deine zweite Methode die richtige. Oszimasse an Schaltungsmasse, und dann die einzelnen Stufen messen und die Differenz ausrechnen. Oder mit zwei Tastköpfen messen und das Oszilloskop rechnen lassen. Da gibt es meist eine "Kanal 1 minus Kanal 2" - Funktion.
Soul E. schrieb: > Das Oszilloskop ist geerdet und sollte es auch bleiben. Ich war recht erstaunt, in einem Keysight-Oszi festzustellen, dass diese tatsächlich nicht „hart“ geerdet sind. Ist aber eher die Ausnahme, und selbst da ist natürlich die kapazitive Last gegen Erde (Schutzleiter) am Außenleiter um ein Vielfaches höher als am Innenleiter.
Jörg W. schrieb: > Ich war recht erstaunt, in einem Keysight-Oszi festzustellen, dass diese > tatsächlich nicht „hart“ geerdet sind. Ist aber eher die Ausnahme, Was war denn das für ein Modell? Es gibt tatsächlich wenige Oszilloskope bei denen alle Eingangskanäle gegeneinander galvanisch isoliert sind. Damit ist der Differentialtastkopf gleich eingebaut. Bei dem einen Gerät, wo ich das gesehen habe, waren die Eingänge "falsch rum" also Stecker statt Buchse. Der BNC Stecker mit dem Bajonett lässt sich einfacher isoliert bauen. Das ist aber auch preislich mit einem professionellen Differentialtastkopf vergleichbar.
Ernest schrieb: > den Spannungsabfall über die einzelnen Kondensatoren zu messsen Ein 5€ Multimeter statt eines Oszi hätte das schneller erledigt. https://de.aliexpress.com/item/33003240593.html
Wolf17 schrieb: > Ernest schrieb: >> den Spannungsabfall über die einzelnen Kondensatoren zu messsen > Ein 5€ Multimeter statt eines Oszi hätte das schneller erledigt. > https://de.aliexpress.com/item/33003240593.html Das sieht wie ein aufgehübschtes "830" aus, dass noch erheblich billiger ist. Viele dieser Billigteile fangen schon bei 400 Hz an, zuzumachen. ☺ Mit Differenzmessungen muss man sich eigentlich auch nicht quälen. Statt 500 Hz besser 50 Hz/Rechteck nehmen. Kaputte Kondensatoren/Elkos differenzieren das Rechtecksignal. Statt eines Dachs sieht man dann nur abfallende Pulse.
Thilo R. schrieb: >> Ich war recht erstaunt, in einem Keysight-Oszi festzustellen, dass diese >> tatsächlich nicht „hart“ geerdet sind. Ist aber eher die Ausnahme, > > Was war denn das für ein Modell? DSO-X 2014. Ich vermute, dass die komplette Serie so aufgebaut ist. Nein, nicht der Eingang ist galvanisch getrennt, sondern der Netzteil ist galvanisch getrennt, sodass GND vom Gerät nicht mit PE verbunden ist. Die einzelnen GNDs der Eingänge sind natürlich alle miteinander verbunden.
Soul E. schrieb: > Daher ist Deine zweite Methode die richtige. Oszimasse an > Schaltungsmasse, Man kann auch die Oszimasse mit einem Kondensator dazwischen an die Schaltungsmasse hängen oder beide über einen Trennungskondensator dran hängen, wenn die Schaltung galvanisch getrennt versorgt wird. Wobei für die Aufgabe des TO dieser sich mit zwei Transistoren, 6 Widerständen, zwei Kondensatoren und einer 9V-Batterie sich schnell einen Differentialvorsatz vors Oszi zusammenbauen könnte.
Jörg W. schrieb: > Nein, nicht der Eingang ist galvanisch getrennt, sondern der Netzteil > ist galvanisch getrennt, sodass GND vom Gerät nicht mit PE verbunden > ist. Schon, wenn man eine Schnittstelle des Oszis mit einem PC benutzt, stehen die Chancen gut, dass ein PE-Verbindung zwischen Oszi-Gnd und PE über den PC hergestellt wird.
Ein einfacher Weg, um an ein galvanisch getrenntes Oszilloskop zu kommen, sind die Rigol DHO800/900. Die werden über USB-C (PD) versorgt, wenn man also eine geeignete USB-C-Powerbank hat, lässt sich das Oszilloskop darüber versorgen. Das ändert natürlich nichts daran, daß die verschiedenen Eingänge des Oszilloskops untereinander nicht galvanisch getrennt und daß alle Oszilloskopmassen die selbe sind.
Harald K. schrieb: > Das ändert natürlich nichts daran, daß die verschiedenen Eingänge des > Oszilloskops untereinander nicht galvanisch getrennt und daß alle > Oszilloskopmassen die selbe sind. Auch ändert der galvanisch getrennte Betrieb des Oszis mit Powerbank oder Netzteiltrennung nichts daran, dass das Oszi bezogen auf die Umgebung eine deutliche Kapazität besitzt. Wenn man dann irgendwo in der Schaltung den Tastkopf-Gnd auf ein Signal klemmt, belastet man dieses Signal mit dieser Kapazität. Das kann zu lustigen Effekten führen.
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Jörg W. schrieb: > Soul E. schrieb: >> Das Oszilloskop ist geerdet und sollte es auch bleiben. > > Ich war recht erstaunt, in einem Keysight-Oszi festzustellen, dass diese > tatsächlich nicht „hart“ geerdet sind. Ist aber eher die Ausnahme, Nö, zB hatte Philips Oszilloskope die einfach nur mit einer zweiadrigen Strippe mit Eurostecker am Netz angeschlossen wurden.
Dieter D. schrieb: > Beinhaltet die Funktionen eines 10-15 Euro Multimeters. Also für > 15 Euro > noch die graphische Anzeige ist gar nicht so schlecht. > > Es würde für die Messungen an den Elkos aus diesem Thread reichen: > Beitrag "Messen mit dem Oszi, Potential"
Rainer D. schrieb: > Nö, zB hatte Philips Oszilloskope die einfach nur mit einer zweiadrigen > Strippe mit Eurostecker am Netz angeschlossen wurden. 👍 PM3215 50MHz zum Bleistift.
Super, Danke! Mit zwei Kanälen zu messen und die Differenz anzuzeigen, das würde das Oszi glaub ich sogar können. Wahnsinn was die Dinger für recht wenig Geld heute alles können. Solche Geräte haben früher 5 und 6 stellige Beträge gekostet, heute hoch 3 bis niedrig 4 stellig. Dafür hat die Anleitung auch irgendwas über 300 Seiten ... Die ganzen Hinweise darauf, wo das Potential herkommen kann und auch der Hinweis darauf, die Masse vom Eingang über einen Kondensator anzuschließen - wieder was gelernt. Danke! Ich hab heute morgen nochmal was geprüft - ich habe keinen seperaten Signalgenerator sondern den Signalgenerator vom Oszi genommen, um die Schaltung zu beaufschlagen - und siehe da, der Signalgeneratorausgang am Oszi und die Messeingänge haben die gleiche Masse ... Auch wieder etwas gelernt. Selbst wenn ich eine galvanische Trennung vom Netz gehabt hätte - durch die gemeinsame Masse vom Signalgenerator und vom Eingang hatte ich auf jeden Fall schon Massepotential auf der einen Messleitung. Alles nicht so einfach und überall Fallgruben. Was das Messen über die Kondensatoren mit einem Multimeter betrifft - habe ich gestern auch gemacht, der gleiche Kondensator war auffällig, aber die Anzeige am Multimeter war so rund 1/2 bis 1/3 von dem, was ich beim Messen mit dem Oszi ermittelt habe, wenn ich beide Kondensatoranschlüsse einzeln gegen Masse gemessen habe. Das Multimeter ist nun kein Fluke oder Rohde sondern ein etwas besseres "Hausmarke" Gerät - und misst TRMS während das Oszi ja auf Peak to Peak eingestellt war. Ist also weitgehend durch TRMS vs. Peak to Peak erklärt, aber im ersten Moment doch etwas irritierend.
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Ernest schrieb: > (...) Das Multimeter > ist nun kein Fluke oder Rohde sondern ein etwas besseres "Hausmarke" > Gerät - und misst TRMS während das Oszi ja auf Peak to Peak eingestellt > war. Ist also weitgehend durch TRMS vs. Peak to Peak erklärt, aber im > ersten Moment doch etwas irritierend. Richtig. Und bedenke, das Multimeter misst AC nur bis ca 400 Hz richtig. Darüber zeigt es etwas bis viel zu wenig an. Der maximale Frequenzbereich und der Fehler in Abhängigkeit der Frequenz sollte in einem der hinteren Kapitel im Handbuch des Multimeters stehen. Deine 500 Hz sind also ok, bei 5 kHz würdest Du deutlich zu wenig messen.
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Soul E. schrieb: > Richtig. Und bedenke, das Multimeter misst AC nur bis ca 400 Hz richtig. Es gibt auch bessere...
Jörg W. schrieb: > DSO-X 2014. Ich vermute, dass die komplette Serie so aufgebaut ist. > > Nein, nicht der Eingang ist galvanisch getrennt, sondern der Netzteil > ist galvanisch getrennt, sodass GND vom Gerät nicht mit PE verbunden > ist. Die einzelnen GNDs der Eingänge sind natürlich alle miteinander > verbunden. Bei den Handhelds von Tek (THS7x0 und THS30xx) waren auch die Eingänge isoliert, m.W. über Optokoppler. Mit den 4-Kanalgeräten konnte man somit 4 Differenzmessungen bei Potentialunterschieden von bis zu 600 oder 1000 V machen. Auch die RS-232-Verbindung zu einem PC hatte auf die Isolation der Eingänge keinen Einfluss. Leider waren die Bajonettverschlüsse der BNC-Buchsen (das dünnwandige Röhrchen außen herum mit den beiden Nasen daran) aus Kunststoff und fielen deswegen gerne mal Grobmotorikern zum Opfer.
Harald W. schrieb: > Soul E. schrieb: > >> Richtig. Und bedenke, das Multimeter misst AC nur bis ca 400 Hz richtig. > > Es gibt auch bessere... Wenn man an der Stelle sparen will, benutzt man einfach einen Prüfkondensator. ☺ Da muss man gar nichts messen, sondern nur hören.
Norbert schrieb: > 👍 PM3215 50MHz zum Bleistift. Jepp. Bin mir nicht mehr sicher, imho hatte ich damals ein PM3262 zur Verfügung.
Rainer W. schrieb: >> Nein, nicht der Eingang ist galvanisch getrennt, sondern der Netzteil >> ist galvanisch getrennt, sodass GND vom Gerät nicht mit PE verbunden >> ist. > > Schon, wenn man eine Schnittstelle des Oszis mit einem PC benutzt, > stehen die Chancen gut, dass ein PE-Verbindung zwischen Oszi-Gnd und PE > über den PC hergestellt wird. Ich benutze ihn auch über den PC, aber mit Ethernet, das ist auch potenzialgetrennt.
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