Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Netzteile für höheren Strombedarf parallel betreiben


von stefan (Gast)


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Hallo zusammen,

mein Kollege hat mir mehrere Schaltnetzteile geschenkt. 4 sind vom 
gleichen Typ und mit 12 V Ausgangsspannung.

Kann ich diese mit Dioden parallelschalten um mehr strom entnehmen zu 
können. Meiner Meinung nach dürfte dann ja kein Ausgleichsstrom zwischen 
den Netzteilen fließen und wenn ich Schottky Dioden nehme habe ich ca. 
0,5 V Spannungsabfall.

Wenn ihr wollt kann ich noch das datenblatt dazu hochladen.

von Fabian B. (fabs)


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Wenn die Ausgänge der Netzteile potentialfrei von einander und vom 
speisenden Netz sind, müsste das auch ohne Dioden gehen. Macht man ja 
bei normalen mehrkanaligen Labornetzteilen auch um die 
Stromlieferfähigkeit zu erhöhen.

Gruß
Fabian

von Andreas K. (a-k)


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Die Dioden sorgen zwar dafür, dass das eine Netzteil nicht durch 
rückwärtige Ströme das andere verheizt, ein effektiver Lastausgleich 
entsteht damit aber nur, wenn der differentielle Innenwiderstand der 
Dioden wesentlich grösser als die Toleranz der Ausgangsspannung der 
Netzteile ist.

Die Netzteile dürfen also dazu sehr geringe Spannungsabweichungen haben, 
und je besser (steiler) die Dioden sind, desto schlechter ist der 
Lastausgleich. Und wenn Du Pech hast, dann steigt bei den Netzteilen die 
Ausgangsspannung mit steigender Temperatur und es wird noch schwieriger.

Das wird eher dazu führen, dass nur eines der 4 Netzteile wirklich 
arbeitet und die anderen 3 interessiert dabei zusehen. Bis dieses eine 
durch Überlastung aufgibt und den Schwarzen Peter an das nächste 
weiterreicht.

Zwar findet man öfter eine Parallelschaltung von Netzteilen, ob nun mit 
oder ohne Dioden, beispielsweise bei redundanter Auslegung in Servern (3 
Stück bei Last für 2), aber ohne explizite Angaben würde ich mal davon 
ausgehen, dass es nicht so funktioniert wie gedacht.

von Michael A. (micha54)


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Hallo,

parallele Labornetzteile sind meist kein Problem, weil am Limit die 
Strombegrnzung einsetzt, d.h. die Spannung fällt, bis das zweite 
Netzteil ebenfalls genügend Strom liefert. Die Dioden sind verlustfrei 
einbegaut, d.h. vor der Regelung.

Bei Foldback-Netzteilen schwingt die Sache vermutlich.....

Gruss,
Michael

von Atmega8 A. (atmega8) Benutzerseite


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@ Andreas Kaiser (a-k)
> Und wenn Du Pech hast, dann steigt bei den Netzteilen die
> Ausgangsspannung mit steigender Temperatur und es wird noch schwieriger.

Ich hab ein 12V Netzteil bei dem Steigt die Ausgangsspannung bei höherer 
Last.

Man müsste vor jedes Netzteil eine Strombegrenzung bauen.
Manche schalten sich auch ab wenn zu viel Strom rüber fließt, es gibt 
aber auch welche die einfach kaputt gehen. (auch von Firmen wie Enermax)
Wichtig wär noch eine Temperaturmessung an den wichtigen Stellen.

von yalu (Gast)


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Wenn die Netzteile eine Strombegrenzung haben, die so beschaffen ist,
dass bei Überlastungs der Maximalstrom bei geringerer Spannung
weiterfließt (das Gerät also nicht abschaltet oder gar kaputtgeht),
müsste die Parallelschaltung mit den Dioden möglich sein.

Der Strom wird zwar nicht gleichmäßig auf alle vier Geräte verteilt, das
macht dann aber nichts. Liefern die Geräte bspw. maximal 1A, und man
zieht 2,4A, dann liefern die beiden Geräte mit der höchsten
Ausgangsspannung je 2A, das nächste die fehlenden 0,4A und das letzte
überhaupt keinen Strom.

Kritischer wird die Sache wahrscheinlich dann, wenn die vier Geräte
tatsächlich alle exakt gleiche Parameter und die Dioden sehr steile
Kennlinien haben, da dann die Stromverteilung undefiniert ist. Die 2,4A
aus dem obigen Beispiel könnten sich in viermal 0,6A aufteilen,
genauso gut möglich wären aber bspw. 0,3A + 0,5A + 0,7A + 0,9A. Es gibt
also keinen stabilen Zustand, was sich schlimmstenfalls in Schwingungen
äußern kann. Gerade bei Schaltnetzteilen besteht das Problem des
nichtsynchronen Takts, der in Form von Ripple nach außen gelangt und mit
den Takten der anderen Netzteile zu Schwebungseffekten führt, der die
Regler möglicherweise verwirrt.

> Macht man ja bei normalen mehrkanaligen Labornetzteilen auch um die
> Stromlieferfähigkeit zu erhöhen.

Die (besseren) Labornetzgeräte werden bei Parallschaltung der Ausgänge
so geschaltet, dass der erste Ausgang die Spannung definiert und der
zweite so regelt, dass er den gleichen Strom liefert wie der erste.
Durch diesen "Tracking-Modus"  erreicht man eine stabile Regelung. Bei
den Geräten ohne Tracking läuft bei Parallelschaltung eben einer der
beiden Ausgänge in die Strombegrenzung (s.o.), was bei Labornetzgeräten
aber i.Allg. kein Problem ist, da sie ja für den Betrieb als
Konstantstromquelle ausgelegt sind.

von tini (Gast)


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Ich habe mal einen Link zum Datenblatt des Schaltnetzteiles mit 
angehängt. Demnäch hat es einen Schutz vor Überlast.
Ob es jedoch dann trotzdem den Maximalstrom weiterliefert, muss ich 
testen. Aus dem Datenblatt habe ich eine solche Angabe nicht entnehmen 
können.
Bei Reichelt habe ich Schottkey Dioden für bis zu 10A für ca. 50 Cent 
gefunden. Für diese Dioden ist doch eine Steile Kennlinie durch den 
Metall-Halbleiterübergang charakteristisch, oder.
Das ist doch dann, den vorigen Aussagen zufolge, nachteilig, oder?
Welche Dioden sollte ich dann stattdessen verwenden?

http://www.pollin.de/shop/downloads/D350712D.PDF

von yalu (Gast)


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> Für diese Dioden ist doch eine Steile Kennlinie durch den
> Metall-Halbleiterübergang charakteristisch, oder.
> Das ist doch dann, den vorigen Aussagen zufolge, nachteilig, oder?

Aus einer guten Diode wird eine schlechte, wenn du einen kleinen
Widerstand in Reihe schaltest. Die Kennlinie dieser Kombination verläuft
flacher als diejenige der Diode alleine. Dadurch wird der
Spannungsabfall bei hohen Strömen größer und die Stromverteilung auf die
vier Netzteile gleichmäßiger.

von Andreas K. (a-k)


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Bin ein bischen verwirrt. Gilt hier tini=stefan?

PC Netzteile gibt's doch wie Sand am Meer und dieses Teil hat als 
einzige Besonderheit die 24V. Das lohnt diesen Zirkus doch wirklich 
nicht. Ist der Kram dahinter so wertlos, dass du ihm einem solchen 
Experiment ausliefern willst?

Netzteile mit 6% Regelbreite blind parallel zu schalten ist etwas mutig.

von Rolf H. (Firma: AERAS GmbH) (rolf-heindorf)


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wenn ich mich nicht täusche, können doch die meisten Netzteile nur Strom 
liefern und nicht aufnehmen, oder?
Dann wäre Parallelschalten mit Strombegrenzung doch OK, oder sehe ich 
das falsch?
Gruß

von Andreas K. (a-k)


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Sie sind nicht dafür konstruiert, Strom aufzunehmen. Das heisst nicht, 
dass sie es nicht können. Je nach Bauweise können sie das nämlich 
durchaus. Ein einziges letztes Mal.

Ich skizziere das hier mal an einem stark vereinfachten so heute 
nirgends realisierten Modell, das zudem auf die aufgeführten 
Schaltnetzteile erst recht nicht passt, aber als Illustration dazu 
dienen soll, was da schief gehen kann:

Einfache lineare Spannungsregler und auch viele Labornetzteile arbeiten 
in Kollektorschaltung, Wenn du mehrere davon parallel schaltest dann 
wird der mit der kleinsten internen Referenz seinen Längstransistor 
abschalten. Im hier angenommenen Extremfall zieht die Regelschaltung die 
Basis also aktiv runter, auf 0V. Der andere Regler sorgt nun aber 
weiterhin für 12V am Ausgang, also am Emitter. Ergibt eine 
Emitter-Basis-Spannung von 12V an einer Sperrschicht die bei 
Silizium-Transistoren meist bei 7-8V durchbricht.

Ein entfernt ähnlicher Effekt ist der Grund für die bei manchen Reglern 
und Schaltungen sinnvollen Rückwärtsdioden parallel zum Regler.

Etwas anders sind die Verhältnisse beispielsweise beim einfachen 
Sperrwandler, denn der hat die Trenndiode sowieso schon drin, d.h. da 
fliesst garantiert nichts retour. Der kriegt höchstens Probleme mit 
seiner Regelung und wird vielleicht instabil.

von Rolf H. (Firma: AERAS GmbH) (rolf-heindorf)


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@Andreas
die Frage ist natürlich, wie scharf die Strombegrenzung eingreift.Der 
Regler muß ja nicht gleich auf 0 gehen.Aber mit dem Durchbruch hast Du 
schon Recht, muß man berücksichtigen.
Wir hatten hier mal auf die Schnelle aus der Not heraus und ohne 
tieferes Nachdenken 2 NT parallelgeschaltet.Hat ohne weiteres 
funktioniert, vielleicht auch Zufall.
Gruß

von yalu (Gast)


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Zum Thema Stromaufnahme:

Ich habe schon ein paarmal erlebt, dass Leute beim Aufladen von Akkus
Labornetzgeräte beschädigt haben, weil sie erst den Akku angschlossen
und dann erst die Spannung hochgedreht haben. Im einfachsten Fall wurde
aber nur eine Diode zerstört, die intern in Sperrrichtung zwischen die
Ausgangsanschlüsse geschaltet war, wahrscheinlich um kurze, vom
Verbraucher erzeugte Spannungsspitzen aufzunehmen. Die "Spannungsspitze"
des Akkus war wohl nicht kurz genug :)

Deswegen bin ich immer vorsichtig beim Anschließen von Dingen, die
selbst Strom liefern.

von Andreas K. (a-k)


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Rolf Heindorf wrote:

> die Frage ist natürlich, wie scharf die Strombegrenzung eingreift.Der
> Regler muß ja nicht gleich auf 0 gehen.

Das hat nicht unbedingt etwas mit der Strombegrenzung zun tun. 
Angenommen sei Teillast bei der ein Netzteil ausreicht. Wenn Netzteil A 
12,1V liefern will, Netzteil B aufgrund von Toleranzen 11,9V und wir den 
dynamischen Innenwiderstand vernachlässigen können weil sehr klein oder 
negativ, dann wird Netzteil A den gesamten Strom übernehmen und der 
Regler in Netzteil B die Basis soweit an die Kante fahren wie er 
auslegungsbedingt kann.

Und wie ich schrieb war das ein simplifiziertes Modell für ein 
bestimmten Problem bei einer bestimmten Bauweise. Da muss nicht so 
aussehen und kann auch funktionieren, u.U. auch vom Lastgrad abhängen. 
Da du das Verhalten aber selten vorher kennst, ist das immer ein Risiko.

von Rolf H. (Firma: AERAS GmbH) (rolf-heindorf)


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@ Andreas
"dann wird Netzteil A den gesamten Strom übernehmen und der
Regler in Netzteil B die Basis soweit an die Kante fahren wie er
auslegungsbedingt kann."

Ich weiß nicht genau, was Du mit Kante meinst, aber ich denke NT B macht 
voll auf, treibt aber keinen Strom.Die 0,2V rückwärts erscheinen mir 
unproblematisch?
Wenn ich mir das bei einer einfachen Z-Dioden-NPN-Stabilisierung 
vorstelle, müßte das problemlos funktionieren.
Gruß

von Andreas K. (a-k)


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Rolf Heindorf wrote:

> Ich weiß nicht genau, was Du mit Kante meinst, aber ich denke NT B macht
> voll auf, treibt aber keinen Strom.

Im Gegenteil. Der Regler in B will auf 11,9V kriegt aber 12,1V. Das ist 
ihm zu viel also regelt er ab. Was aber nichts an der Situation ändert, 
denn die 12,1V liefert ja A. Also wird er abhängig von seinem 
Verstärkungfaktor die Ansteuerung der Basis des Längstransistors so weit 
runter fahren wie er kann.

von Andreas K. (a-k)


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Zur Z-Dioden-Schaltung: Erstens betrifft mein Modell nur eine bestimmte 
Schaltungsauslegung. Zweitens ist die Z-Dioden-Schaltung auch mit 
Transistor dran noch kein echter Regler, weil ohne Rückkopplung, da 
tritt dieser Effekt nicht auf.

von Andreas K. (a-k)


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Ist übrigen weniger simplifiziert als ich erst dachte. Siehe 
http://www.elektronik-kompendium.de/public/schaerer/kdarl2.htm Bild 1. 
Ohne den nachträglich eingefügten Rn1 wird da entweder T2 oder OA1 
ernste Probleme kriegen. Mit Rn1 geht es weil ein Durchbruch der 
BE-Strecke reversibel ist, es wird aber bei Parallelschaltung 
entsprechend Strom dort reinfliessen.

von Andreas K. (a-k)


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PS: Die EB-Diode braucht's da garnicht, dank der BC-Diode von T3. In der 
RZ-Variante dieser Schaltung (also mit Rm1,Zm1 und ohne Rn1) wird bei 
Parallelschaltung der Ausgang des OPV praktisch gegen Ua kurzgeschlossen 
und so wird der OPV mindestens durch thermische Überlastung bald den 
Löffel abgeben.

von Rolf H. (Firma: AERAS GmbH) (rolf-heindorf)


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Hallo Andreas,
danke für die Nachhilfestunde.
"Zweitens ist die Z-Dioden-Schaltung auch mit
Transistor dran noch kein echter Regler, weil ohne Rückkopplung"
Akzeptiert
http://www.elektronik-kompendium.de/public/schaere... Bild 1
Überzeugt
Gruß

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