Forum: Platinen HF-Layout: Schlitz für rücklaufenden Strom sinnvoll?


von koba (Gast)


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Hallo,
ich bin gerade mit einem Layout zugange, ein MMIC-Verstärker (LNA) für 
~868MHz. Bisher sieht mein Layout folgendermaßen aus: 
http://www.imgbox.de/users/public/images/n46727p150.png

Die Versorgungsspannung wird über L1 eingekoppelt. Dazu habe ich vor 
allem eine Frage: Macht der Schlitz (links unterhalb des 
Verstärker-IC's) so Sinn? Hintergedanke war, den rücklaufenden Strom vom 
IC zum GND-Pad von sich in der Nähe befindenden Masseverbindungen (in 
dem Fall C5/C6) fernzuhalten, damit dort das GND-Potential möglichst 
sauber bleibt.


Falls ich andere Dinge eleganter hätte lösen können, bin ich da 
natürlich auch für Hinweise dankbar!

Gruß,
koba

von koba (Gast)


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Kein HF-Experte hier unterwegs, der dazu was sagen kann?

Die Frage ist wie gesagt ob es Sinn macht, durch Schlitze in der 
Massefläche zu verhindern, dass der rückfließende Strom über die Vias 
von C5/C6/R1 geht - um damit das GNT-Potential sauber zu halten.


Eine Andeutung in die Richtung habe ich in irgendeinem Buch 
aufgeschnappt, mir fehlt nur die Erfahrung, in wieweit das praktisch von 
Bedeutung ist.

von Falk B. (falk)


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@  koba (Gast)

>allem eine Frage: Macht der Schlitz (links unterhalb des
>Verstärker-IC's) so Sinn?

Ich würde mal tippen, dass das eher kontraproduktiv ist.

MFG
Falk

von Kai Klaas (Gast)


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Schlitze in Masseflächen sind praktisch immer Schrott, weil die 
Massefläche dann nicht länger eine Massefläche ist.

Es gibt doch da sicher ein vom Hersteller vorgeschlagenes Layout??

Kai Klaas

von Stefan Salewski (Gast)


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Kai Klaas meinte:
>Schlitze in Masseflächen sind praktisch immer Schrott, weil die
>Massefläche dann nicht länger eine Massefläche ist.

Und warum gibt es in Referenz-Layouts zu einigen Schaltreglern wohl 
manchmal Schlitze? U.a. damit die Masse-Ströme geordnet fliessen und 
nicht durch große Schleifen Störfelder erzeugen...

von Falk B. (falk)


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@  Stefan Salewski (Gast)

>>Schlitze in Masseflächen sind praktisch immer Schrott, weil die
>>Massefläche dann nicht länger eine Massefläche ist.

>Und warum gibt es in Referenz-Layouts zu einigen Schaltreglern wohl
>manchmal Schlitze?

Ausnahmen bestätigen die Regel.

> U.a. damit die Masse-Ströme geordnet fliessen und
>nicht durch große Schleifen Störfelder erzeugen...

Naja, aber so ein Schnitt ist immer SEHR heikel und sollte nur von einem 
Vollprofi gemacht werden. Das ist so wie einen Kugelfisch aufschneiden. 
Einen Millimeter daneben, und das war das letzte Ma(h)l. ;-)

Sajonara
Falk

von Kai Klaas (Gast)


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>Und warum gibt es in Referenz-Layouts zu einigen Schaltreglern wohl
>manchmal Schlitze?

Reden wir jetzt über MMICs oder Schaltregler? Mit den Schlitzen will man 
ein "Ausufern" des Stromflusses vermeiden, also, daß ein sehr großer 
Strom auch über Teile der Massefläche fließt, über die er nicht fließen 
sollte, weil sein Spannungsabfall dort unakzeptabel wäre.

Bei HF sieht die Geschichte etwas anders aus. Dort sucht sich der 
Rückstrom auf der Massefläche einen Pfad aus, der direkt unterhalb des 
Hinstroms liegt, weil sich dort die geringste Induktivität einstellt. 
Andere Bereiche der Massefläche sind dadurch praktisch automatisch 
stromfrei, weil jeder Umweg eine weit höhere Induktivität zur Folge 
hätte und deshalb vermieden wird.

Zwingst du jetzt aber einen HF-Rückstrom durch Segmentierung der 
Massefläche (Schlitzung) einen Umweg zu machen, also nicht dort zu 
fließen, wo die reslultierende Induktivität minimal wäre, "fügst" du 
Induktivitäten im Ersatzschaltbild der Schaltung ein, die nicht im Sinne 
des Herstellers sind. MMICs können dadurch spontan anfangen zu schwingen 
und völlig unbeherrschbar werden. Deswegen verlangt der Hersteller ja 
üblicherweise (von Ausnahmen abgesehen) gerade die Verwendung einer 
durchgehenden Massefläche.

Kai Klaas

von faustian (Gast)


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"Bei HF sieht die Geschichte etwas anders aus. Dort sucht sich der
Rückstrom auf der Massefläche einen Pfad aus, der direkt unterhalb des
Hinstroms liegt, weil sich dort die geringste Induktivität einstellt.
Andere Bereiche der Massefläche sind dadurch praktisch automatisch
stromfrei, weil jeder Umweg eine weit höhere Induktivität zur Folge
hätte und deshalb vermieden wird."


Dann muesste ich mit einer Zickzackleitung ueber einer Groundplane doch 
ein hochinteressantes Phasenverhalten bekommen :)

von Kai Klaas (Gast)


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>Dann muesste ich mit einer Zickzackleitung ueber einer Groundplane doch
>ein hochinteressantes Phasenverhalten bekommen :)

Ja, den Zorro-Effekt...

Kai Klaas

von Hauke R. (lafkaschar) Benutzerseite


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Ich hab mal eine Simulation gesehen, die gezeigt hat wie sich Schlitze 
in der Massefläche auswirken. Das ganze war aber glaub ich bei um die 2 
GHz simuliert, deswegen kann ich jetzt schlecht sagen, wie es sich genau 
bei deinen 868MHz verhält.

Dabei kam raus, dass natürlich eine durchgehende Massefläche das Optimum 
ist, aber ein Schlitz falls er denn notwendig ist aus welchem grund auch 
immer, durch seine Kapazität überwunden wurde. D.h. die Kapazität war 
bei 2.4GHz groß genug, sodass das Signal ohne große Umwege die Lücke 
übersprungen hat. Natürlich ist der Signalfluss etwas gestört aber es 
war möglich, das hatte mich überrascht.

Trotzdem bleibt es dabei, eine Lücke in der Massefläche wirkt sich so 
gut wie immer Negativ aus (im höher frequenten Bereich)

von Jens G. (jensig)


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>Dabei kam raus, dass natürlich eine durchgehende Massefläche das Optimum
>ist, aber ein Schlitz falls er denn notwendig ist aus welchem grund auch
>immer, durch seine Kapazität überwunden wurde. D.h. die Kapazität war
>bei 2.4GHz groß genug, sodass das Signal ohne große Umwege die Lücke
>übersprungen hat. Natürlich ist der Signalfluss etwas gestört aber es
>war möglich, das hatte mich überrascht.

Die Kapazität ist aber nur dann groß genug, wenn sich oben und unten 
Masseflächen überlappen, so daß die HF mal nach unten springen kann, und 
bei nächster Gelegenheit wieder hoch (oder umgekehrt).

Generell ist ein Schlitz in rein analogen HF-Schaltungen schlecht, wenn 
der Schlitz nötige HF-Signal-Masseströme behindert. Weil dadurch erhöht 
man die Induktivität (wie Kai Klaas schon schrieb).

Und der "Zorroeffekt" (wenn auch spaßig gemeint) kann hier wirklich 
eintreten, denn ein Schlitz ist nicht nur ein Schlitz, der was 
behindert, sondern ist auch eine resonante Struktur wie ein Leiter 
derselben Länge. Letztendlich eine Antenne. Sowas in der nähe eines 
verstärkenden Teils kann schon mal kritisch werden, wenn diese "Antenne" 
richtig am MMIC angebunden wird. Der kann schließlich in der Regel 
einige GHz, die sich dann über solch ein Resonanzgebilde freuen.

von Jochen F. (jamesy)


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Es gibt in der Radartechnik cor allem, aber auch in anderen Bereichen 
die "Schlitzantenne", auch undichte Gehäuse (HF!) bilden so etwas. Ich 
halte es für ungesund, in die Nähe eines Verstärkers eine solche Antenne 
zu integrieren. Das sendet - im Gegensatz zu einer geschlossenen 
Massefläche. Klar: Hängt auch von Geometrie / Frequenzen ab!

von Guido (Gast)


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Hallo koba,

ich würde den Schlitz weglassen und lieber die Masserfläche unter dem 
Verstärker entfernen. Stichwort "parasitäre Kapazitäten".
Schau Dir die Application Note des Herstellers an.

Mit freundlichen Grüßen
Guido

von Purzel H. (hacky)


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Zur geschlitzten Masseflaeche. - In diesem Fall eine schlechte idee. Man 
muss sich jeweils vorstellen weleche Stroeme wo fliessen (muessen). Der 
Verstaerker wird hinten gespiesen. Der Speisungsstrom fliesst nach GND. 
Der verschwindet nicht irgendwo. Wenn nun ein Pin eine mit Schlitz 
angebundene GND Verbindung induktiv macht, so ist das Verhalten des 
Verstaerkers beeinflusst. Man nimmt wahrscheinlich die Verstaerkung 
durch eine Emittergegenkopplung zurueck. Das ist aber frequenzabhaengig. 
Es koennte auch eine Resonanz mit der Last auftreten, was zu 
ueberheohter Amplitude fuehren wuerde.

von Peter (Gast)


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Ich entwickle HF-Schaltungen bis über 20 GHz und schliesse mich der 
Meinung der meisten an: Schlitze in der Massefläche oder geteilte 
Massenflächen (Inseln) sind zu 99.9% Schrott bzw. schlechter als eine 
einzige, durchgehende Massefläche. Es sei denn man will bewusst einen 
Resonator, Koppler, Transformer oder Antenne bauen...

von Peter (Gast)


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>ich würde den Schlitz weglassen und lieber die Masserfläche unter dem
>Verstärker entfernen. Stichwort "parasitäre Kapazitäten

Quatsch im Quadrat! Die Massefläche brauchts um die Impedanz konstant 
halten zu können...

von koba (Gast)


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Das mit der Schlitzantenne hatte ich grob berücksichtigt, die 
Schlitzlänge beträgt etwas weniger 8mm, also knapp Wellenlänge / 50.

Aber die Meinungen sind ja doch alle recht eindeutig, vielen Dank euch 
allen!

Das heißt, Masseverbindungen von empfindlichen Schaltungsteilen lieber 
möglichst entfernt von höheren Rücklaufströmen platzieren, als sie 
künstlich durch einen Schlitz abzutrennen (auch wenn ich hier den 
bevorzugten Strom-Rückweg direkt unter dem Hinweg nicht abgetrennt habe, 
also quasi keinen Umweg und damit zusätzliche Induktivität verursacht 
habe).


Das mit der Massefläche unter dem Verstärker schaue ich mir mal an, 
allerdings ist im Datenblatt und den AN's vom Hersteller dazu nichts 
erwähnt.

von koba (Gast)


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Peter schrieb:
>>ich würde den Schlitz weglassen und lieber die Masserfläche unter dem
>>Verstärker entfernen. Stichwort "parasitäre Kapazitäten
>
> Quatsch im Quadrat! Die Massefläche brauchts um die Impedanz konstant
> halten zu können...

OK, sonst versaue ich mir meine simulierte Anpassung, weil die 
Leiterbahnimpedanz in Chipnähe anders als angenommen ist, klar - also 
auch hier durchgehend Masse.

von Manfred von A. (dipol)


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Peter schrieb:
>>ich würde den Schlitz weglassen und lieber die Masserfläche unter dem
>>Verstärker entfernen. Stichwort "parasitäre Kapazitäten
>
> Quatsch im Quadrat! Die Massefläche brauchts um die Impedanz konstant
> halten zu können...

Für einen DC-gekoppelten Vorverstärker eines Frequenzzählers der bis 
150MHz zählt, hab ich die Massefläche unter der ersten Eingangsstufe(von 
BNC-Buchse bis zum Gate des ersten FET) weggelassen, weil die 
parasitären Kapazitäten sonst den Amplitudengang vermindert hätte.

von Peter (Gast)


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>Für einen DC-gekoppelten Vorverstärker eines Frequenzzählers der bis
>150MHz zählt, hab ich die Massefläche unter der ersten Eingangsstufe(von
>BNC-Buchse bis zum Gate des ersten FET) weggelassen, weil die
>parasitären Kapazitäten sonst den Amplitudengang vermindert hätte.

Du solltest Dich mal etwas mit Leitungstheorie auseinandersetzen!
Die Kapazität zur Masse ist nicht parasitär sondern ist Teil der 
Leitungsimpedanz!!!!

von Manfred von A. (dipol)


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Peter schrieb:
> Die Kapazität zur Masse ist nicht parasitär sondern ist Teil der
> Leitungsimpedanz!!!!

Aus Sicht des Entwicklers kann diese Kapaziät unerwünscht sein, weil sie 
vom Ideal abweicht. Umgangssprachlich bezeichnet man soetwas als 
parasitär.

Durch ein geschicktes Layout kann man die Leitungsimpedanz so verändern, 
dass diese das Signal mehr oder weniger beeinflusst.

von Uwe N. (ex-aetzer)


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Manfred von Antenne schrieb:
> Aus Sicht des Entwicklers kann diese Kapaziät unerwünscht sein, weil sie
> vom Ideal abweicht.

Impedanz ohne Bezug (GND od.zur Not Vcc) geht nicht. Ob der Entwickler 
das nun gut findet oder nicht ist egal. Aber er muss es wissen, um es 
gegebenenfalls zu berücksichtigen.

Gruss Uwe

von Manfred von A. (dipol)


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Uwe N. schrieb:
> Impedanz ohne Bezug (GND od.zur Not Vcc) geht nicht.

Ich habe nirgendwo das Gegenteil geschrieben.


Uwe N. schrieb:
> Aber er muss es wissen, um es gegebenenfalls zu berücksichtigen.

Warum bestätigst du meine Aussage?

von Guido (Gast)


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Hallo,

Peter schrieb:
>>ich würde den Schlitz weglassen und lieber die Masserfläche unter dem
>>Verstärker entfernen. Stichwort "parasitäre Kapazitäten
>
> Quatsch im Quadrat! Die Massefläche brauchts um die Impedanz konstant
> halten zu können...

Darüber, dass die Impedanz der Leitung konstant gehalten werden muss 
brauchen wir uns nicht zu unterhalten. Aber irgendwo hört die 
Impedanzleitung doch auf, oder? In der Regel an der Terminierung mit 50 
Ohm. Danach kommt noch ein kurzes Leitungsstück zum IC. Darunter 
braucht's keine Masse. Ja nach Gehäusetyp kann auch die Massefläche 
unter dem Gehäuse weggelassen werden.

Siehe z.B. Figure 4-2 bis 4-4 im "THS3202EVM User's Guide" von TI
http://focus.ti.com/lit/ug/slou148/slou148.pdf

@koba
Leider hast Du nicht geschrieben welchen Verstärker Du einsetzt (naja, 
so sind unsere Studis halt). Besitzt der Verstärker eine interne 
Terminierung oder hast Du diese schlicht vergessen?

Mit freundlichen Grüßen
Guido

von Uwe N. (ex-aetzer)


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Manfred von Antenne schrieb:
>> Aber er muss es wissen, um es gegebenenfalls zu berücksichtigen.

> Warum bestätigst du meine Aussage?

Inwiefern habe ich deine Aussage bestätigt ?

von Manfred von A. (dipol)


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Uwe N. schrieb:
> Inwiefern habe ich deine Aussage bestätigt ?

Meine Aussage:
"Durch ein geschicktes Layout kann man die Leitungsimpedanz so 
verändern,
dass diese das Signal mehr oder weniger beeinflusst."

von Jens G. (jensig)


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@ Manfred von Antenne (dipol)

>Für einen DC-gekoppelten Vorverstärker eines Frequenzzählers der bis
>150MHz zählt, hab ich die Massefläche unter der ersten Eingangsstufe(von
>BNC-Buchse bis zum Gate des ersten FET) weggelassen, weil die
>parasitären Kapazitäten sonst den Amplitudengang vermindert hätte.


Wenn Du gleich alles impedanzrichtig machst, haste das nicht. Also 50Ohm 
Leiterzug, der am Ende mit effektiv 50Ohm abgeschlossen ist. Damit 
ergeben "parasitäre" C's und L's einen rein ohmschen R von 50Ohm - also 
nix frequenzabhängiges.

von Manfred von A. (dipol)


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Jens G. schrieb:
> Wenn Du gleich alles impedanzrichtig machst,

Jeder professionelle Frequenzzähler hat mindestens einen Eingang mit 
einem Eingangswiderstand von 1MOhm || wenige pF.
Daraus folgt, dass der notwendige hochohmige Attenuator auch noch mit 
wenigen pF frequenzkompensiert werden muss.
Bei solcher Schaltungstechnik freuen halt die Parasiten.

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