Forum: Mikrocontroller und Digitale Elektronik RS485 Schutzbeschaltung mit Suppressordiode


von Matthias K. (matthiask)


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Es gibt hier schon 3 Beiträge dazu. Dort wird eine Suppressordiode 
jeweils von A und B zu GND vorgeschlagen.

Macht man das bei jedem Teilnehmer oder nur am Ende und Anfang des 
Busses? Wenn ich es bei jedem Slave vorsichtshalber mache (max. 32), hat 
das Auswirkungen auf die Geschwindigkeit? Arbeite bisher mit 9600Baud, 
muss aber noch erhöhen? Entfernungen z.Zt. nur ca. 20m, kann aber mal 
größer werden.

Typ angedacht: VC080514A300 oder in 1206 Bauform

von Kay I. (imperator)


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Bei 9600Bd und 20m würde ich eher von Gleichspannung reden ;)

Die Suppressordiode soll Überspannungen elimieren und nicht als 
Leitungsabschluss dienen.

Abschlusswiederstände kommen tatsächlich nur an den Enden eines Busses 
vor. Schutzelemente (wie Suppressordioden) können / sollten jedoch 
(jenach Ausprägung parasitärer Bauteile) bei jedem Busteilnehmer 
vorgesehen werden, um diesen vor Beschädigung zu schützen.

von Kai Klaas (Gast)


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Der Vorschlag mit dem SMD-Varistor VC080514A300 kam von mir. Er war 
gedacht als zusätzlicher Surge-Schutz beim Einsatz im industriellen 
Umfeld.

Dieser Varistor macht aber nur Sinn in Kombination mit einem RS485 
Transceiver, der +/-60V an den Eingängen verkraftet, wie beispielsweise 
dem LT1785.

Der VC080514A300 hat eine Kapazität von rund 300pF. Hängen davon etliche 
parallel am Netz, kann es schon problematisch werden, vor allem, wenn 
die RS485 Treiber nicht slew rate limited sind. Das hätte dann bei 
steilen Flanken recht großen Stromspitzen zur Folge. Der LT1785 ist slew 
rate limited, so daß das bei diesem eher unproblematisch ist.

Dennoch würde ich nicht sehr viele von den Dingern parallel hängen, da 
der Wellenwiderstand des Kabels durch so viel Kapazität schon eine 
ordentliche Beule bekommt. Da Surge ja relativ langsam ist, müßte es 
eigentlich reichen, wenn man die Varistoren nur bei den 
Terminierungswiderständen anordnet. So etwas hängt aber immer vom 
jeweiligen Einsatz ab, das kann man nicht pauschalisieren. Ich hatte 
jedenfalls nur einen Master und einen Slave und mußte die Varistoren nur 
an den Kabelenden einsetzen.

Du kannst ja den einzelnen Slaves an den Stubs kleinere Varistoren 
anhängen. Auch Cera-Diodes, das sind SMD-Varistoren von Epcos, können 
eingesetzt werden. Allerdings sind die nur ESD spezifiziert, aber nicht 
Surge. Alleine halten die Surge nicht unbedingt aus...

Kai Klaas

von Kay I. (imperator)


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Ok, viele Dioden -> viele kleine Kapazitäten, die über das L der Leitung 
geladen werden müssen.
Da 20m bei 9600Bd noch nicht wirklich reflektieren (bei langsamen 
Flanken), kann man über Serienwiderstände / Ferrite zwischen 
RS485-Treiber und restlichem Netz nachdenken, wenn Du Dir wegen der 
Umladung und der resultierenden Transienten Sorgen machst.

Übrigens könnte ich nicht vorhersagen, welchen Weg sich der Surge gegen 
PE aussucht. Warum soll er über die Suppressor-Dioden laufen, wenn er in 
einem der Busteilnehmer einen bequemeren Weg "sieht"?

von (prx) A. K. (prx)


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Eine Schutzbeschaltung, die eine erhebliche kapazitive Last darstellt, 
sollte folglich nicht direkt an der Leitung hängen, sondern vorgespannt 
hinter entsprechenden kapazitätsarmen Ableitdioden. Die Suppressordiode 
oder der Varistor tritt dann im Normalbetrieb (gesperrte Ableitdiode) 
nicht in Erscheinung. Ist natürlich ein bischen mehr Aufwand (wg. 
Vorspannung).

von Kai Klaas (Gast)


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Hält das noch Surge aus?

von Anja (Gast)


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Kai Klaas schrieb:
> Hält das noch Surge aus?

Ein Brückengleichrichter oder eine 1N400x hält für eine Netzhalbwelle 
(8-10ms) 30-50A aus.
Eine normale Transzorbdiode ist z.B. für ca 50A bei 30V Durchbruch = 
1,5KW für 1 ms spezifiziert.

Einen direkten Blitzeinschlag überlebt keine Schaltung mit vernünftigem 
Aufwand. Wenn die Leitung ins Freie geht würde ich sowieso über 
Isolation mit >= 4KV nachdenken. Für Überspannungen sollten bei 20m 
Leitung in der Halle die 50A Ableitstrom reichen.

Die max. Gesamtkapazität bei RS485 ist ca 50nF. Pro Meter Kabel hat man 
je nach Typ ca 30-100pF. Bei kurzen Leitungen/kleiner Slew-Rate kann man 
den Rest für die Busteilnehmer verbraten.

Gruß Anja

von Matthias K. (matthiask)


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Wie wäre TVS Diode, bidirektional? Kapazität ist recht gering. Preis ok.
http://de.farnell.com/nxp/pesd12vl2bt/diode-tvs-0-05ua-12v-sot-23/dp/1510695?Ntt=1510695

Tranceiver ist vorzugsweise MAX485.

von Kai Klaas (Gast)


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>Ein Brückengleichrichter oder eine 1N400x hält für eine Netzhalbwelle
>(8-10ms) 30-50A aus.

Ja schon, aber das ist dann ungeeignet um ESD abzuleiten. Das ist doch 
gerade die Krux! Eine Schutzschaltung muß sowohl ESD als auch Surge 
können, und da kommen praktisch nur SMD-Transzorbs oder SMD-Varistoren 
in Frage, wenn das Ganze auch noch relativ niederkapazitiv sein soll.

Unglücklicherweise benötigen birdirektionale Transzorbs rund 5nsec zum 
Durchschalten, sind also nicht Sub-Nanosekunden-fähig. Das können nur 
die SMD-Varistoren (Cera-Diodes, Transguards, etc.). Eine einzelne 
VC080514A300 kann sowohl ESD als auch Surge abfangen und das mit nur 
rund 300pF. Allerdings schnellt die Spannung im Überlastfall auf einige 
Dutzend Volt, weswegen der RS485 Transceiver +/-60V fähig sein muß.

Schutzschaltungen mit Schottkydioden wie der BAT54S sind fast 
Sub-Nanosekunden-fähig. Aber Surge halten die auch nicht aus. Das ist in 
der Regel auch kein Problem, weil solche Schutzschaltungen 
üblichwerweise in Consumer-Geräten sitzen, bei denen aufgrund der kurzen 
Kabellängen das Auftreten von Surge sehr unwahrscheinlich ist. 
Jedenfalls müssen diese Geräte beim CE-Test üblicherwiese nicht auf 
Surge getestet werden.

Kai Klaas

von Kai Klaas (Gast)


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>Wie wäre TVS Diode, bidirektional? Kapazität ist recht gering.

Wirklich viel kleiner ist die Kapazität von Transzorbs auch nicht. Im 
Gegenteil, wenn du dir die Zero-Bias-Capacitance anschaust, ist die oft 
sogar noch größer.

Der Hersteller des LT1785 gibt im Anhang des Datenblatts eine 
Schutzschaltung mit der SMBJ36CA an. Das ergibt dann eine ähnliche 
Spannung im Überlastfall wie bei der VC080514A300. Allerdings ist die 
Transzorb deutlich langsamer gegenüber ESD, was hier aber keine Rolle 
spielt, da der LT1785 nicht nur +/-60V-fähig, sondern auch noch ESD 
geschützt ist.

Ich empfehle dir dringend einen solchen verbesserten RS485-Transceiver 
wie den LT1785 einzusetzen, wenn du nicht gerade nur im Wohnzimmer zwei 
Gerätchen miteinander verbinden willst.

Kai Klaas

von Matthias K. (matthiask)


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Mit dem LT1785 könnte ich mich anfreunden, Preis ist allerdings recht 
hoch.

von Kai Klaas (Gast)


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>Mit dem LT1785 könnte ich mich anfreunden, Preis ist allerdings recht
>hoch.

Er ist das, was man "preiswert" nennt...

Kai Klaas

von Abdul K. (ehydra) Benutzerseite


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Hm. Klingt so, als ginge kein Weg an VC080514A300 und LTC1785 vorbei. 
Single-Source, LTC, klingt schlecht.

Könnte man einen DIAC verwenden? Hm hm. Ich glaub ich bleibe auf jeden 
Fall bei meinen Übertragern. Das ist wohl einfach ideal.

TI bietet einen ganzen Haufen Typen mit Leitungskompensation an. Was 
hälst du davon?

von david (Gast)


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Hallo,

eine Variante wäre auch SM712

http://www.semtech.com/apps/product.php?pn=SM712

David

von Abdul K. (ehydra) Benutzerseite


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Es bleibt aber das Problem der Masse und deswegen kommt für mich für was 
stabiles einfach nur die galvanische Trennung in Betracht!

von Kai Klaas (Gast)


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>Hm. Klingt so, als ginge kein Weg an VC080514A300 und LTC1785 vorbei.
>Single-Source, LTC, klingt schlecht.

Ist nicht Single-Source. Von MAXIM und anderen gibt es etliche, die das 
auch können, beispielsweise der MAX3440.

Man muß auch nicht unbedingt den VC080514A300 nehmen, er ist nur 
besonders geeignet.

>Ich glaub ich bleibe auf jeden Fall bei meinen Übertragern. Das ist wohl
>einfach ideal.

Ja, Übertrager haben einige Vorteile.

>TI bietet einen ganzen Haufen Typen mit Leitungskompensation an. Was
>hälst du davon?

Habe ich noch nicht ausprobiert.

>Es bleibt aber das Problem der Masse und deswegen kommt für mich für was
>stabiles einfach nur die galvanische Trennung in Betracht!

Aber nimm nicht die iCoupler von Analog Devices. Bei den meisten sind 
die Barrieren nicht ESD geschützt:

http://www.analog.com/static/imported-files/application_notes/39537483103755554035775972688543764107AN793_0.pdf

Kai Klaas

von Abdul K. (ehydra) Benutzerseite


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Kai Klaas schrieb:
> Aber nimm nicht die iCoupler von Analog Devices. Bei den meisten sind
> die Barrieren nicht ESD geschützt:
>
> 
http://www.analog.com/static/imported-files/application_notes/39537483103755554035775972688543764107AN793_0.pdf
>

Schon gehört. Sowas frist sich bei mir sofort fest.

Ich bevorzuge irgendwelche billigen Übertrager. Interessant wäre es mal, 
einen normalen Kleinnetztrafo dafür zu nehmen. Wir hatten ja noch den 
anderen Simulations-Thread :-)

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