Forum: Mikrocontroller und Digitale Elektronik EMV Prüfung | Bauteile austauschen


von Tobias (Gast)


Lesenswert?

Hallo,

hat jmd von euch schon mal eine EMV Überprüfung für ein Gerät 
durchführen lassen?

Inwieweit kann man Bauteile austauschen gegen andere Typen, ohne die EMV 
Prüfung ein zweites Mal durchführen zu müssen? Ist das vom Gerät 
abhängig (in meinem Fall ein Industrieprodukt, aber kein HF)?

z.B. Widerstände - zwar die gleichen Eigenschaften, aber anderer 
Hersteller...? Oder wenn von einem Prozessor etc. ein neueres Derivat 
herausgebracht wird.

Gibt es hierzu Informationen?

Mfg
Tobias

von Mine Fields (Gast)


Lesenswert?

Redest du von CE? Da hast du ja keine Zertifizerung im eigentlichen 
Sinne; du kannst also eigentlich mehr oder weniger nach eigenem Ermessen 
entscheiden.

von Tobias (Gast)


Lesenswert?

Stefan L. schrieb:
> Redest du von CE? Da hast du ja keine Zertifizerung im eigentlichen
> Sinne; du kannst also eigentlich mehr oder weniger nach eigenem Ermessen
> entscheiden.

Im Prinzip benötige ich für das Gerät eine EMV-Prüfung, sowie das CE und 
das UL Zeichen.

D.h. man gibt das Gerät einmal ins Labor, kann danach Veränderungen 
durchführen und solange man der Meinung ist, dass es keine großen 
Veränderungen hinsichtlich EMV etc. dadurch ergibt... muss man keine 
zweite Prüfung durchführen?

Tobias

von Mine Fields (Gast)


Lesenswert?

Diese Vorgehensweise kenne ich zumindest, ja. Man sollte es aber auch 
wirklich gut begründen können. Bei einem neuen Prozessortyp würde ich 
mich zum Beispiel nicht darauf verlassen, dass es keine Auswirkungen 
hat.

von Tobias (Gast)


Lesenswert?

Stefan L. schrieb:
> Diese Vorgehensweise kenne ich zumindest, ja. Man sollte es aber auch
> wirklich gut begründen können.

Muss dies irgendwo schriftlich niedergeschrieben werden, wenn solche 
Veränderungen durchgeführt werden (nach einer EMV-Prüfung)?

Tobias

von Mine Fields (Gast)


Lesenswert?

Es ist ja auch teilweise so, dass Geräte über Zusatz-Einsteckkarte oder 
ähnliches erweitert werden können (PCs sind natürlich das klassische 
Beispiel). Man wird hier auch nicht sämtliche Kombinationen testen 
können, sondern überlegt sich, wie eine "Worst-Case-Konfiguration" 
aussieht.

Tobias schrieb:
> Muss dies irgendwo schriftlich niedergeschrieben werden, wenn solche
> Veränderungen durchgeführt werden (nach einer EMV-Prüfung)?

Die Dokumentation von Änderungen und der Untersuchung deren Auswirkungen 
ist bei einer professionellen Entwicklung immer Pflicht.

von Tobias (Gast)


Lesenswert?

Stefan L. schrieb:
> Es ist ja auch teilweise so, dass Geräte über Zusatz-Einsteckkarte oder
> ähnliches erweitert werden können

Stimmt, an den klassischen Computer hab ich grad gar nicht gedacht.

Stefan L. schrieb:
> Die Dokumentation von Änderungen und der Untersuchung deren Auswirkungen
> ist bei einer professionellen Entwicklung immer Pflicht.

Aber muss bzw. wird diese Dokumentation in irgendeiner Form auch 
öffentlich zugänglich gemacht?

von Mine Fields (Gast)


Lesenswert?

Tobias schrieb:
> Aber muss bzw. wird diese Dokumentation in irgendeiner Form auch
> öffentlich zugänglich gemacht?

Nein, wozu?

von Tobias (Gast)


Lesenswert?

als eine Art Beleg... keine Ahnung... normalerweise wird im 
Bürokratenland Deutschland sowas meistens gefordert.

von Horst (Gast)


Lesenswert?

Moin,

also im Maschinenbau kenne ich das so, dass die Eigenschaften des 
getauschten Teils gleich sein müssen. Bestes Beispiel sind Schrauben die 
eine gewisse Festigkeitsklasse haben.
Eine 8.8er Schraube sollte man nicht einfach durch eine 4.6er tauschen 
auch wenn beide überwiegend aus Eisen bestehen ;)

Gruß

von Mine Fields (Gast)


Lesenswert?

Tobias schrieb:
> als eine Art Beleg... keine Ahnung... normalerweise wird im
> Bürokratenland Deutschland sowas meistens gefordert.

Das heißt aber doch nicht, dass es öffentlich zugänglich gemacht werden?

Außerdem hat eine ordentliche Dokumentation nichts mit Bürokratie zu 
tun.

von Peter R. (gelb)


Lesenswert?

Tobias schrieb:

> Aber muss bzw. wird diese Dokumentation in irgendeiner Form auch
> öffentlich zugänglich gemacht?

CE (und EMV als Bestandteil davon) liegt allein in deiner Verantwortung. 
Was du dokumentierst und bei externen Stellen prüfen lässt, ist zunächst 
allein deine Sache. Erst im Schadensfall musst du nachweisen und 
begründen, deine Pflicht getan zu haben. Dann ist es natürlich gut, 
alles vollständig belegen zu können.

Bei UL wird das Produkt durch UL begutachtet, ein Report wird erstellt, 
worin die (nach Ansicht des Prüfers) relevanten Bauteile einzeln genannt 
sind.

Bei diesen Bauteilen ist eine Änderung nur mit Genehmigung möglich. 
Helfen dabei kann der UL-Inspektor, der deine Fertigungsstätte 
regelmäßig besuchen und sich die Produkte anschauen wird.

Grüße, Peter

von Purzel H. (hacky)


Lesenswert?

Wenn man bei der Pruefung Teile tauschen muss hat man irgendwie keine 
Ahnung, und sollte es besser sein lassen. Es gibt in der Tat auch solche 
Firmen, die gehen mit demselben trivialen Teil (1 Relais & 3 
Transistoren) 6 mal an die Pruefung...
Dann spaetestens sollte man sich in das Thema vertiefen und sich 
allenfalls selbst Messmoeglichkeiten erschliessen, oder sich Hilfe 
einkaufen.

von Peter R. (gelb)


Lesenswert?

A...aha Soooo. schrieb:

> Wenn man bei der Pruefung Teile tauschen muss hat man irgendwie keine
> Ahnung,

... es geht um das Ändern von Teilen nach erfolgreicher Prüfung. Die 
Gründe dafür können vielfältig sein. Kosten sparen, abgekündigte 
Bauteile etc.

Und Alternativen testen während der Prüfung ist keine Schande.

Grüße, Peter

von oszi40 (Gast)


Lesenswert?

Wenn die "Verbesserungsvorschläge" die Funktion beeinträchtigen hätte 
ich da schon Bedenken.

Wenn z.B. aus Geiz anschließend der Störschutz fehlt, wäre das böse.

von Etrick (Gast)


Lesenswert?

Da massenhaft CE Zeichen nach Gusto auf Geräte geklebt wurden/werden, 
ist eine Darlegung, wie die Konformität festgestellt wurde, zu erstellen 
und auf Nachfrage vorzulegen (also im Prinzip auch 
Konstruktionsunterlagen).

Ist seit 4 oder 5 Jahren so.


Gruß

von Peter R. (gelb)


Lesenswert?

Etrick schrieb:

> ist eine Darlegung, wie die Konformität festgestellt wurde, zu erstellen
> und auf Nachfrage vorzulegen

Wer darf denn nach deiner Meinung bei welcher Gelegenheit nachfragen?

Grüße, Peter

von Anja (Gast)


Lesenswert?

Tobias schrieb:
> Aber muss bzw. wird diese Dokumentation in irgendeiner Form auch
> öffentlich zugänglich gemacht?

Du mußt die Dokumentation auf Verlangen (von Seiten der Behörden oder 
ggf. eines Kunden der die Teile z.B. in einer Anlage weiterverwendet) 
vorlegen können.

Bei kritischen Änderungen z.B. Maskenshrink beim Prozessor oder 
Änderungen von Entstörbauteilen (EMV-Spulen oder auch Kondensatoren) 
solltest Du im Industriellen Bereich im eigenen Interesse eine 
Nachprüfung durchführen.

Beispiele die ich schon erlebt habe:
- Ein Prozessor wird vom Hersteller durch eine andere Maske ersetzt 
(shrink)
  -> die Störfestigkeit gegenüber Burst-Störungen ist ca Faktor 3-4
     (fast 2 EMV-Stufen) schlechter. Um die gleiche Störfestigkeit zu
     erreichen sind zusätzliche Filter und Schirmungsmaßnahmen
     erforderlich.

- Filter-Kondensatoren Bauform 0805 die zum ESD-Schutz verwendet werden
  wurden aus Kostengründen von einem anderen Hersteller bezogen.
  Es gibt Feld-Ausfälle die sich auf ESD zurückführen lassen.
  Die Leckströme der Kondensatoren nach ESD-Beschuß verhindern
  bei hochohmigen (50-100 kOhm) Eingängen die Funktion.
  Der etwas teurere Hersteller der Kondensatoren verwendet
  ein Naßverfahren für die qualitativ hochwertigeren Bauteile.

- Für eine Schrittmotorendstufe wird ein L298 verwendet.
  Das Original von ST hat jahrelang in einer Maschinen-
  Anwendung einwandfrei funktioniert. Der Einkäufer
  wechselt zu den billigeren TI-Bausteinen (2nd Source).
  Es gibt sporadische Ausfälle der Maschine.
  Ursache ist ein Übersprechen im Flachbandkabel zwischen
  Schrittmotorendstufe und dem Winkelencoder der im gleichen
  Kabel liegt. Die Flanken des TI-Bausteins waren
  wohl etwas steiler.

Gruß Anja

von Purzel H. (hacky)


Lesenswert?

Die Messung bezieht sich natuerlich nur auf das damals gemessene Geraet, 
und nicht auf irgendwelche spaeteren Variationen. Dies in Bezug auf 
Hardware wie auch auf Software.

von Anja (Gast)


Lesenswert?

A...aha Soooo. schrieb:
> Die Messung bezieht sich natuerlich nur auf das damals gemessene Geraet,
> und nicht auf irgendwelche spaeteren Variationen.

Stimmt: zu Dokumentationszwecken sollte man den Prüfling zu 
Beweiszwecken auf jeden Fall archivieren.

Gruß Anja

Bitte melde dich an um einen Beitrag zu schreiben. Anmeldung ist kostenlos und dauert nur eine Minute.
Bestehender Account
Schon ein Account bei Google/GoogleMail? Keine Anmeldung erforderlich!
Mit Google-Account einloggen
Noch kein Account? Hier anmelden.