Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Sperrwandler: Frage zu Sekundärströmen


von Peer (Gast)


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Guten Morgen,

ich habe gerade mit einem Sperrwandler zu tun. Dabei bin ich auf eine 
Frage gestoßen.

Der Strom durch die Sekundäre Gleichrichterdiode (im Bild D1) ist 
Dreieckförmig. Der entsprechende Effektivstrom wurde mit 3.44A 
simuliert.
Der Ausgangsstrom des Netzteils I(R1) ist ein Gleichstrom mit 2A. Wieso 
ist da eine Differenz von 1.44A, oder wo fließt die hin? Laut Kirchhoff 
muß das Rausfließen, was Reinfließt.

Hinweis: Die Simulation hat nichts mit meinem realen Netzteil zu tun, 
also zur Sinnhaftigkeit bitte keine Kommentare, denn es geht primär nur 
um oben gestellte Frage. Weiterhin sollte die Simu nur meine 
Berechnungen und Messungen stützen, was sie auch tut.

von (prx) A. K. (prx)


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In diesem Zusammenhang ist der Mittelwert (Average) relevant, nicht der 
Effektivwert, da der Kondensator die Spannung an der Last konstant hält, 
die im Effektivwert enthaltene Quadrierung folglich falsch ist.

von Ben _. (burning_silicon)


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in der leitend-phase des primären schalttransistors sperrt die diode am 
ausgang, es erfolg nur eine energiespeicherung im transformatorkern 
(magnetfeld). wenn der schalttransistor sperrt kehrt sich durch das 
zusammenbrechende magnetfeld im kern die polung der spannung an den 
wicklungen um, die sekundäre diode leitet daraufhin und es erfolg der 
energietransfer zum ausgang.

wenn du nun konstant 2A am ausgang sehen willst, aber nur sagen wir die 
hälfte der zeit eine leitende diode hast, dann mußt du die 2A in der 
hälfte der zeit durch die diode kriegen. das geht nur mit einem höheren 
spitzenstrom. den rest muß der ausgangskondensator erledigen, er muß in 
der leitend-phase des primären schalttransistors auch ganz allein die 
versorgung des ausgangs übernehmen. deshalb braucht man beim 
sperrwandler besonders gute kondensatoren mit niedrigem ESR, die den 
hohen ripple-strom vertragen. eine parallelschaltung von mehreren 
kondensatoren vereinfacht das.

von Peer (Gast)


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Danke für die schnellen Antworten.

@A.K. Ich hätte nur mal besser schauen sollen. Über dem Effektivwert 
steht ja direkt der Mittelwert und der ist 2A.

von Peer (Gast)


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A. K. schrieb:
> In diesem Zusammenhang ist der Mittelwert (Average) relevant, nicht der
>
> Effektivwert, da der Kondensator die Spannung an der Last konstant hält,
>
> die im Effektivwert enthaltene Quadrierung folglich falsch ist.

Sorry, kleines delay.

Ehrlich gesagt kann ich mir immer noch nicht recht vorstellen wo die 
Differenz bleibt. Ist das der Wechselanteil des Stromes, der über den 
Kondensator kurzgeschlossen wird?

Die Verlustleistung der Diode muss aber schon mit dem Effektivwert des 
Stromes berechnet werden, oder?

von Jörg R. (Firma: Rehrmann Elektronik) (j_r)


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Peer schrieb:

> Ehrlich gesagt kann ich mir immer noch nicht recht vorstellen wo die
> Differenz bleibt. Ist das der Wechselanteil des Stromes, der über den
> Kondensator kurzgeschlossen wird?

Nein, der Effektivstrom ist eine fiktiver Wert, der nicht real fließt. 
Er benennt nur den Wert eines Gleichtromes, der in einem ohmschen 
Widerstand die gleiche Verlustleistung verursachen würde.

> Die Verlustleistung der Diode muss aber schon mit dem Effektivwert des
> Stromes berechnet werden, oder?

Nein, die Diode ist kein ohmscher Widerstand. In gewissen Grenzen kann 
man die Diodenflußspannung als konstant annehmen, sodass die 
Verlustleistung eher durch den Mittelwert des Stromes bestimmt wird.

Jörg

von Ben _. (burning_silicon)


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für die dioden ist im datenblatt angegeben wieviel strom ein sich 
wiederholender impuls haben darf. im zweifelsfall würd ich die diode 
immer überdimensionieren, das senkt oft auch die verlustleistung. eine 
siliziumdiode hat bei 20 grad etwa 0,6V flußspannung, bei erwärmung der 
diode sinkt diese flußspannung relativ stark ab (deswegen kann man 
pn-übergänge als temperaturfühler verwenden). bei einem hohen strom im 
bereich der leistungsgrenze kann der spannungsabfall an einer diode aber 
schon mal auf 0,8V oder 1V steigen, und das find ich dann ganz schön 
viel. mit etwas großzügiger dimensionierten dioden bekommt man da aber 
keine probleme.

wichtig ist eher die sperrspannung, die diode muß beim sperrwandler die 
negativ gepolte periode der sekundärspannung (leitendphase des primären 
schalttransistors) gegen die ausgangsspannung sperren können!

zum strom muß man wissen, daß das es z.b. bei einer glühlampe ein 
resultat aus widerstand und spannung ist. ein 50 Hz Sinus ist nun kein 
gleichstrom, sondern besitzt (auch gleichgerichtet) 100 halbwellen pro 
sekunde, in jeder dieser halbwellen ist der strom einmal null und einmal 
maximal (spitzenstrom). er ist also nicht konstant wie bei gleichstrom. 
dauerhaft null brächte nicht das gewünschte ergebnis und dauerhaft 
spitzenstrom wäre ziemlich schnell tödlich für die lampe. also braucht 
man einen wert dazwischen, bei dem die lampe die gleiche leistung bringt 
wie an einem sinusförmigen strom.

der sekundärstrom beim sperrwandler ist eher dreieckförmig, er steigt zu 
beginn der leitend-phase der sekundären diode sofort auf ein maximum und 
fällt dann ziemlich linear zu null ab. der spitzenstrom ist also auch 
deutlich höher als der wert eines konstanten ausgangsstromes.

von Jörg R. (Firma: Rehrmann Elektronik) (j_r)


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Ben _ schrieb:

> bei einem hohen strom im
> bereich der leistungsgrenze kann der spannungsabfall an einer diode aber
> schon mal auf 0,8V oder 1V steigen,

Das ist sehr tief gegriffen. Spannungen von 1...1,5V sind durchaus 
üblich. Die Flußspannung steigt übrigens auch tendenziell mit der 
maximalen Sperrspannung.

> der sekundärstrom beim sperrwandler ist eher dreieckförmig, er steigt zu
> beginn der leitend-phase der sekundären diode sofort auf ein maximum und

Die Erklärung ist hier irreführend. Beim Sperrwandler bezeichnet man mit 
"Leitend-Phase" die (Fluß)Phase, in der der Primäre Leistungsschalter 
leitend ist. Die sekundäre Gleichrichterdiode leitet während der 
Sperrphase.

> fällt dann ziemlich linear zu null ab.

Nicht unbedingt. Die Sperrphase des Sperrwandlers kann auch vorzeitig 
beendet werden, wenn noch Energie im Trafo gespeichert ist und Strom 
durch die Diode fließt. Diese Betriebsart sollte man aber nur 
Schottky-Dioden oder ultraschnellen Dioden zumuten, da der plözliche 
Übergang vom Arbeitsstrom zur max. Sperrspannung bei normalen Dioden 
erhebliche Schaltverluste verursacht.

Jörg

von Peer (Gast)


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Jörg Rehrmann schrieb:
> Nein, die Diode ist kein ohmscher Widerstand. In gewissen Grenzen kann
>
> man die Diodenflußspannung als konstant annehmen, sodass die
>
> Verlustleistung eher durch den Mittelwert des Stromes bestimmt wird.

Habe das mal mit einem Dreieckförmigen Gleichstrom von
und
simuliert.
Das Ergebnis (Bild obwohl dort Average steht) zeigt, man muss mit dem 
Effektivwert des Stromes rechnen.

Gruß

von Jörg R. (Firma: Rehrmann Elektronik) (j_r)


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Peer schrieb:
> Jörg Rehrmann schrieb:
>> Nein, die Diode ist kein ohmscher Widerstand. In gewissen Grenzen kann
>>
>> man die Diodenflußspannung als konstant annehmen, sodass die
>>
>> Verlustleistung eher durch den Mittelwert des Stromes bestimmt wird.
>
> Habe das mal mit einem Dreieckförmigen Gleichstrom von
>
> und
>
> simuliert.
> Das Ergebnis (Bild obwohl dort Average steht) zeigt, man muss mit dem
> Effektivwert des Stromes rechnen.

Natürlich ist für die Verlustleistung in einem ohmschen Widerstand der 
Effektivwert relevant. Aber was willst Du jetzt damit sagen ? Es ging 
doch um die Verluste in einer Diode.

Jörg

von Ben _. (burning_silicon)


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> Nicht unbedingt. Die Sperrphase des Sperrwandlers kann auch vorzeitig
> beendet werden
ist dann immer noch ein linearer abfall, auch wenn dieser vorzeitig 
beendet wird.

die erklärung "leitendphase der sekundären diode" finde ich übrigens 
nicht irreführend, aber das ist wohl ansichtssache.

von Peer (Gast)


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Jörg Rehrmann schrieb:
> Natürlich ist für die Verlustleistung in einem ohmschen Widerstand der
>
> Effektivwert relevant. Aber was willst Du jetzt damit sagen ? Es ging
>
> doch um die Verluste in einer Diode.
>
>
>
> Jörg

Hallo Jörg,

mir will nicht in den Kopf, dass bei einem Widerstand der Effektivwert 
des Stromes aber bei einer Diode der Mittelwert des Stromes für die 
Verlustleistungsberechnung herrangezogen werden muss. Der Strom fliesst 
doch, egal ob da eine Diode kommt oder ein Widerstand. Mir ist schon 
klar, dass Uf an der Diode nicht linear ist wie bei einem Widerstand.

Das Beispiel mit dem Widerstand war nur zum einfacheren Verdeutlichen 
des Sachverhaltes :-).

Peer

von Jörg R. (Firma: Rehrmann Elektronik) (j_r)


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Peer schrieb:

> Hallo Jörg,
>
> mir will nicht in den Kopf, dass bei einem Widerstand der Effektivwert
> des Stromes aber bei einer Diode der Mittelwert des Stromes für die
> Verlustleistungsberechnung herrangezogen werden muss. Der Strom fliesst
> doch, egal ob da eine Diode kommt oder ein Widerstand. Mir ist schon
> klar, dass Uf an der Diode nicht linear ist wie bei einem Widerstand.

Hallo Peer,

Der wesentliche Unterschied ist, dass die Verlustleistung in einem 
Widerstand P=I²R ist, also mit dem Quadrat des Stromes steigt. Einfaches 
Beispiel:
Der Strom mit dem Mittelwert I ist rechteckförmig und periodisch 75% 
null und 25% 4I. Die Verlustleistung ist aber 75% null und 25% der 
Periodendauer beträgt sie 1600%. Der Mittelwert der Verlustleistung ist 
dann 400%. Ein Gleichstrom, der 400% der Verlustleistung produzieren 
soll, müßte also doppelt so groß sein. D.h., bei einem rechteckförmigen 
Strom, der 25% ein- und 75% ausgeschaltet ist, ist der Effektivwert 
doppelt so groß wie der Mittelwert.
Die analoge Betrachtung bei der Diode mit konstanter Flußspannung führt 
zu dem Ergebnis, dass die Verlustleistung in der Diode linear mit dem 
Strom steigt und deshalb auch die mittlere Verlustleitung proportional 
zum mittleren Strom ist.
Das ist aber nur theoretisch. Natürlich hat auch die Diode einen kleinen 
Innenwiderstand, sodass auch der Effektivwert einen Einfluss auf die 
Verlustleistung hat.

Jörg

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