Forum: Platinen Bleifreies Lot und "normales" mischen?


von Michael K. (charles_b)


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Hallo,
habe grade mal ein "Stromverbrauchsmessgerät" von Tchibo 
auseinandergeschraubt, weil es nicht mehr seinen Dienst tat.

Die Sicherung war durchgebrannt. Nun gut. Die Feinsicherung steckte in 
zwei eingelöteten Kappen. Leider war es nicht möglich, die Feinsicherung 
herauszubekommen indem ich diese Kappen zurückziehen konnte. Habe daher 
den ganzen Kram ausgelötet.

Hierbei ist mir aufgefallen, dass ich meinen Ersa (bin Hobby-Bastler, 
ein Elektronik-Fachbetrieb) deutlich höher einstellen musste, damit das 
Lot überhaupt flüssig wurde. Ich vermute daher, dass es sich schon im 
Bleifreies Lot handelt.

Ich habe nun vor, mir einen Sicherungshalter zu besorgen und dann ne 
neue Sicherung einzubauen.

Meine Frage ist nun, ob ich da mit meinem "normalen" bleihaltigen 
Lötzinn arbeiten kann oder ob ich auch auf bleifreies Lot ausweichen 
muss. Mischt sich das Zeugs ohne Probleme?

: Verschoben durch Moderator
von loeti (Gast)


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Kannst du ohne Probleme mischen,
es wird sogar beim Entlöten empfohlen, erstmal richtig verbleites
Lot draufgeben damit der Schmelzpunkt niedriger wird.

von abccba (Gast)


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Hi, das sollte keine Probleme bereiten die beiden zu mischen. Vermutlich 
musst du den Lötkolben hochregeln, weil die Kontakte der Sicherung "viel 
Wärme vom Lötkolben abziehen". Da dauerts halt bissl bis der mit dem 
Heizen nachkommt.

von Michael K. (charles_b)


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abccba schrieb:
> Hi, das sollte keine Probleme bereiten die beiden zu mischen. Vermutlich
> musst du den Lötkolben hochregeln, weil die Kontakte der Sicherung "viel
> Wärme vom Lötkolben abziehen". Da dauerts halt bissl bis der mit dem
> Heizen nachkommt.

ok, danke für die Antworten. Mit den normalen 260 Grad ging fast gar 
nix, so das ich auf 320 hoch bin, auch dann war es noch ne zähe Sache. 
Ich weiß aber, dass ein zu kalter Lötkolben mit dem man stundenlang 
rumgrillt, vielleicht mehr Wärme in die Chips abgibt als ein heißes 
Teil, mit dem es dann Ratz-Fatz ausgelötet wird.

Es lohnt sich also, den Sicherungshalter aufzutreiben (rein technisch, 
ob es wirtschaftlich sinnvoll ist, ist eine andere Frage).

von Jörg W. (dl8dtl) (Moderator) Benutzerseite


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Michael K-punkt schrieb:
> Mit den normalen 260 Grad ging fast gar
> nix, so das ich auf 320 hoch bin

320 °C Lötkolbentemperatur nimmt man für bleihaltiges Lot, bleifreies
braucht 350 °C.

von Hans W. (stampede)


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loeti schrieb:
> Kannst du ohne Probleme mischen,
> es wird sogar beim Entlöten empfohlen, erstmal richtig verbleites
> Lot draufgeben damit der Schmelzpunkt niedriger wird.

Ich habe das genaue Gegenteil gehoert, ich meine von einem PCB 
Hersteller. Die sagten, soweit ich mich recht entsinne, dass die 
unterschiedlichen Temperaturkoeffizienten der Lote zu Microrissen 
fuehren koennen. Fuer deine Applikation wahrscheinlich wurst, fuer die 
damalige Schaltung war eine hohe Lebensdauer ausschlaggebend. Daher 
haben wir es tunlichst vermieden, die Lote zu mischen.

von Zottel T. (zotty)


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Im industriellen Einsatz keine gute Idee. Privat egal. Es gibt noch 
einige andere Effekte bezüglich der Dauerhaltbarkeit von Lötstellen beim 
Vermischen von bleifrei mit bleihaltig, es wird u.a. nicht empfohlen, 
bleifreie Bauteile mit verbleitem Lot zu verarbeiten und umgekehrt. Die 
neg. Effekte sind aber wohl eher theoretischer oder sogar esoterischer 
Natur, wie die berühmten NASA Zinnwhisker.

von Harald Wilhelms (Gast)


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Hans W. schrieb:

> Ich habe das genaue Gegenteil gehoert, ich meine von einem PCB
> Hersteller. Die sagten, soweit ich mich recht entsinne, dass die
> unterschiedlichen Temperaturkoeffizienten der Lote zu Microrissen
> fuehren koennen. Fuer deine Applikation wahrscheinlich wurst, fuer die
> damalige Schaltung war eine hohe Lebensdauer ausschlaggebend. Daher
> haben wir es tunlichst vermieden, die Lote zu mischen.

Ich würde das bleifrei Zinn weitgehendst von der betroffenen Löt-
stelle entfernen und dann neu mit Bleizinn verlöten. Wenn man
seine alte Elektronik ordnungsgemäss entsorgt, braucht man auch
kein schlechtes Gewissen wegen des Bleilots zu haben. Klempner
hinterlassen ganz andere Lotmengen in der Umwelt.
Gruss
Harald

von Michael_ (Gast)


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Ganz egal ist es mir privat auch nicht. Die Festigkeit und 
Schmelztemperatur ist niedriger.
Beispielweise kann es kritisch sein, einen Leistungswiderstand 10W in 
einem Röhren-TV gemischt zu löten.
Ich habe auch schon mit LsN40 gelötet.

von Günter (Gast)


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Durch Mischen der Lote erzeugst du eine neue Legierung mit neuen 
Eigenschaften. Der Schmelzpunkt liegt auf jeden Fall niedriger.
Das bleifreie Lot kann nur mit geeigneten Lötkolben richtig verlötet 
werden. Diese haben eine höhere Leistung und eine schnellere Regelung. 
Bei alten Lötkolben mit hochgedrehter Temperatur ist die Temperatur bei 
Lötbeginn zu hoch (das Flussmittel verdampft zu schnell) und die 
Temperatur bricht schnell auf einen zu tiefen Wert ein. Zudem verzundert 
die Lötspitze durch die hohe Temperatur sehr schnell.
Die Richtlinie 2002/95/EG RoHS ist vor genau 5 Jahren in Kraft getreten. 
Das gilt auch für den KLempner! Der Lötet jetzt auch bleifrei.
Da schreit man immer nach Umweltschutz und kauft trotzdem verbleites 
Zinn ;-)

von Elec (Gast)


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Hallo,

ich hab auch mal mit meinem älteren bleihaltigen Lötzinn eine Lötstelle 
nachgelötet wo bestimmt bleifreies Lötzinn verwendet wurde. Ersa 15W 
Multitip. Es dauerte länger und die Lötstellen glänzen nicht mehr. Sieht 
irgendwie alles stumpf und matt aus. Egal wieviel Kolophomium ich drauf 
"gekippt" hatte.

von Marco S (Gast)


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Das mit den Microrissen klingt für mich plausibel. Wir bekamen früher 
Trafos, deren Drähte bleifrei verzinnt wurden. Beim Anlöten mit 
bleihaltigem Lot sah die Verbindung auf den ersten Blick immer gut aus. 
Allerdings habe ich dann immer einen Zugtest gemacht und mit moderater 
Gewalt an den Leitungen gezogen. Manchmal hat sich die Lötung in der tat 
mit einer Bruchstelle getrennt. War in der früheren Vollbleiphase nicht 
so der Fall.

von Georg (Gast)


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Hallo,

eigentlich stellt sich die Frage garnicht. Für eine saubere Reparatur 
entfernt man immer erst das alte Lot, egal welches. Absaugen reicht 
natürlich.

Georg

von Jörg W. (dl8dtl) (Moderator) Benutzerseite


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Marco S schrieb:
> War in der früheren Vollbleiphase

Eine solche gab es nicht. :-)

Ansonsten: der Thread ist stolze drei Jahre alt, Jungs!

von Stromverdichter (Gast)


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Joa, ist echt ein alter Faden,

trotzdem sollte jemand mal erwähnen das es eigentlich um das Eutektikum 
geht. Die jeweilige Mischung ist eutektisch gewählt, dadurch hat man 
einen niedrigen Schmelzpunkt und einen schnellen Übergang von Fest und 
Flüssig. Wenn das Lot durch mischen von bleihaltig und unverbleit unrein 
ist, wird es nicht sofort fest, sondern schmiert etwas. Die Anteile 
werden nicht zum gleichen Zeitpunkt fest. Das gibt keine brauchbaren 
Verbindungen.

Für mehr Infos einfach mal eine Werkstoffkunde-Buch lesen;-)

von Jörg W. (dl8dtl) (Moderator) Benutzerseite


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Stromverdichter schrieb:
> Die jeweilige Mischung ist eutektisch gewählt, dadurch hat man einen
> niedrigen Schmelzpunkt und einen schnellen Übergang von Fest und
> Flüssig.

Nein, selbst bleihaltiges Lot wird vorsätzlich so gewählt, dass es
(leicht) nicht-eutektisch ist, eben aus dem von dir genannten Grunde:
eine eutektische Legierung erstarrt schlagartig.  Bei Erschütterungen
im Moment des Erstarrens entsteht ein großes Risiko einer Verbindung,
die mechanisch nicht sehr stabil ist.

(Zumindest hat man uns das so im Studium erklärt, warum man eben
lieber ein wenig neben dem Eutektikum liegt.)

von Stromverdichter (Gast)


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Lust

Jörg Wunsch schrieb:
> Nein, selbst bleihaltiges Lot wird vorsätzlich so gewählt, dass es
> (leicht) nicht-eutektisch ist, eben aus dem von dir genannten Grunde:
> eine eutektische Legierung erstarrt schlagartig.  Bei Erschütterungen
> im Moment des Erstarrens entsteht ein großes Risiko einer Verbindung,
> die mechanisch nicht sehr stabil ist.

Lustig, mir hat man das genau anders herum erzählt. Das Lot soll 
schlagartig erstarren, damit man durch Erschütterung nicht ewig dran 
rumrührt. Muss ich bei Gelegenheit nochmal nachlesen.

von Elec (Gast)


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Hallo,

ich hatte nach dem Thema gegoogelt und einfach meine Frage geschrieben. 
Auf das Datum hab ich gar nicht geachtet. Macht doch aber nichts, 
Jung's.  :-)

Das mit dem alten Lot vorher absaugen, hätte bestimmt was gebracht.

Die Drähte sind auch kurz davor festgeklebt. Wenn das jetz so matt 
aussieht, macht das was auf Dauer oder kann ich das so lassen? 
Elektrisch gesehen.

von Stromverdichter (Gast)


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Naja, wenn deine Lötstelle glänzt, kannst du dir relativ sicher sein, 
dass sie was taugt, deshalb schätze ich bleihaltiges Lot.
Bleifrei glänzt es in der Regel eh nicht so. Daher kann man nicht gut 
erkennen, ab die Lötstelle während dem erkalten in Bewegung war --> 
kalte Lötstelle. Beim Platinen löten vielleicht nicht ganz so wichtig, 
wenn man aber viel freihand Leitungen durch Löten auflegt, schätzt man 
den beruhigenden Glanz. Ich würde mit etwas Litze, (das muss keine 
Entlöt-litze sein, ich nehme immer normale) erst mal den Kram 
runterholen und dann frisch verzinnen. das sieht schöner aus und man 
schläft nachts gut, weil man es richtig gemacht hat :-)

von Elec (Gast)


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Hallo,

okay, Danke für die Hinweise, werde ich befolgen.

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