Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Blindleistungssteuerung mit Wechselrichter. Beispiel HGÜ


von dummkopf (Gast)


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Hallo,

wenn es z.B. heißt, dass sich bei einer 
Hochspannungsgleichstromübertragung auch die Blindleistung steuern 
lässt, wie kann ich mir das vorstellen? Bzw. wie genau funktioniert das?

Ich stelle mir das bisher so vor:
Auf der einen Seite habe ich meinen Gleichrichter, einen 
Gleichspannungszwischenkreis und dann am Ende den Wechselrichter. Der 
Wechselrichter schaltet also entweder auf "UZK" oder auf "0V". Mittels 
PWM lässt sich ja dann eine Wechselspannung mit 50 Hz und einer selbst 
festlegbaren Phasenlage einstellen.
Aber woher kommt dann die Blindleistung? Die ist doch abhängig von der 
Phasenlage zwischen Strom und Spannung.
Nur woher weiß ich wie mein Strom verläuft? Wird der gemessen und in 
Abhängigkeit davon wird dann die Phasenlage der Spannung eingestellt?
Um meine Blindleistung steuern zu können brauche ich doch diese 
Information?!

Wäre nett wenn mir da jemand weiterhelfen könnte. Irgendwie hapert es 
gerade etwas mit dem Verständnis.

von hinz (Gast)


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dummkopf schrieb:
> Auf der einen Seite habe ich meinen Gleichrichter, einen
> Gleichspannungszwischenkreis und dann am Ende den Wechselrichter.

Nein, die beiden Koppelstationen zum Drehstromübertragungsnetz sind 
identisch, beide können Vierquadrantenbetrieb.

von MaWin (Gast)


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Also eine HGÜ überträgt gar keine Blindleistung,
es ist ja schliesslich Gleichspannung und die Leitung
ist i.A. so lang, daß sowieso keine über 100Hz liegenden
Frequenzanteile übertragen werden können.

Aber am Verbraucherende kann die Summe der Verbraucher
nicht nur Wirkstrom, sondern auch Blindstrom benötigen
bzw. erzeugen.

Im Prinzip muss der Wechselrichter die 50Hz Wechselspannung
erzeugen, genau in Phase mit dem Wechselstromnetz welches
er speist. Aber er misst ja die real vorhandene Spannung
und kann sich in jedem Moment entscheiden, ob er Strom in
das Wechselstromnetz hineinspeist oder entgegengesetzt
fliessen lässt, also Strom abzieht. Sein Ziel ist es, die
Sinusform möglichst zu verbessern, liegt also die reale
Spannung knapp über dem Sollwert zieht er Strom ab, liegt
sie unter dem Sollwert schickt sie Strom rein, und weil
dieser Sollwert ja von der genauen Phasenlage abhängt,
kann man auch sagen: Ist die Sinuskurve derzeit so, daß sie
hinter der angestrebten 50Hz Kurve hinterherhinkt, schickt
er Strom rein, um die Kurve voranzuschieben, welches im
Endeffekt die Frequenz erhöhen würde, wenn nicht die Last
des Netzes dem entgegensteht.

Damit trotz dieses unregelmässigen Stromverbrauchs trotzdem
Gleichstrom über das HGÜ Netz fliesst, hat der Wechselrichter
kleine (na ja, bei der Leistung grosse) Speicherkapazitäten
in Form von Kondensatoren, die er entladen und aufladen kann,
wie Siebelkos in einem Netzteil.

Solche Kondensatoren kann er auch aufladen um rückgespeisten
Blindstrom aufnehmen zu können. Würde am Wechselrichter nur
ein einziger Elektromotor als Last hängen, würde dieser Strom
entstehen, wenn der Motor abgeschaltet wird und als Generator
ausläuft um die bewegte Masse zu bremsen, die Bremsenergie geht
dann in die Kondensatoren unter Erhöhung der Spannung. Dabei
könnte die Spannung zu hoch steigen. Ich nehme aber an, daß
dieses in echten Netzen kein Problem ist weil immer genug
reale Lasten existieren.

Ähnlich kann die Einspeisung der HGÜ mal mehr und mal weniger
Strom aus dem Netz ziehen, und damit Blindstromkompensation
ausführen.

von Daniel R. (daniel_r)


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Schaut man sich einen Thyristorumrichter an, hat dieser DC-seitig eine 
grosse Glättungsinduktivität, sodass man auf dieser Seite einen 
konstanten Strom annehmen kann.

Am einfachsten sieht man das Zustandekommen der Blindleistung in 
Vollblocktaktung des Umrichters (also mit Grundfrequenz).

Dabei kann man die Thyristoren mit einem bestimmten Steuerwinkel 
schalten. Dies verschiebt die Grundschwingung des rechteckförmigen 
Stroms (wegen der grossen Glättungsinduktivität) um den Steuerwinkel 
gegenüber der Spannung. Ein Steuerwinkel von 30° führt damit 
beispielsweise zu einer Phasenverschiebung von ebenfalls 30°.
Die Blindleistung bleibt natürlich auf der AC-Seite. Mit DC kann keine 
Blindleistung übertragen werden.

Im Anhang ist ein Beispiel mit einem Steuerwinkel von 50° gezeigt. Als 
Referenz (0°) des Steuerwinkels dient dabei der natürliche 
Kommutierungszeitpunkt unter der Verwendung von Dioden, also dann, wenn 
sich zwei Spannungen schneiden.

Daniel

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