Forum: HF, Funk und Felder Messung und Simulation abweichend bei Oszillator


von Jürgen B. (juergenq)


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Hallo,

die oben gezeigte Schaltung ist bei dem Versuch entstanden, durch 
Spannungsmessungen mit dem Oszilloskop (Tek TDS2024B) die 
Ersatzschaltung aus Generator (ideal) und Ausgangsimpedanz des 
Oszillators ab Übergabepunkt hinter C4 zu ermitteln. (Dies wollte ich 
machen, um einmal die Leistungsabgabe so eines Oszillators abschätzen zu 
können). Jedenfalls war die Idee, C7 zu variieren und den 
Spannungsabfall über R4 mit dem Oszilloskop zu messen (Probe P2220, 
Masse oben an R8, Prüfklemmhaken oben an R4). Aus drei Messungen sollte 
man U0, ZgRe, ZgIm ermitteln können (U0 ideale Generatorspannung, Zg = 
ZgRe+ j ZgIm Generatorimpedanz bei f= 90MHz). Mit weiteren Messungen 
kann man dann genauer anpassen.

Ursprünglich war die Schaltung anders, anstelle von R8 war eine 
selbstgewickelte Induktivität eingefügt, weil ich zunächst dachte, daß 
die Messungen mit einem Widerstand keine so große Variabilität haben 
würden (und auch irgendwie glaubte, daß ein Bauteil mit s-Abhängigkeit 
auch für das Anfitten an die Meßwerte besser ist). Ich habe im Fall der 
Induktivität auch entsprechende Rückrechnungen versucht, aber die 
Ergebnisse waren teilweise unbefriedigend und es blieb immer 
Unsicherheit durch die selbstgewickelte Spule (Theoretisch hätte man mit 
5 Messungen, die ich gemacht habe, auch den Wert der Spule anfitten 
können, aber leider versagte da wieder die Numerik von Maple).

Letztlich war mir der Aufbau mit der Spule auf dem Steckbrett (sic!) 
dann doch zu "wackelig" und ich habe dann eben mal versucht, statt der 
Spule einen Widerstand zu verwenden. R5 ist auch eine nachträgliche 
Idee, simulieren und messen klappt auch ohne, aber leider ändert R5 
nichts an der schon im Beitext zur Schaltungsgrafik erwähnten 
Meßabweichung.

Kurz gesagt: Spannungsabfall an R4:

gemessen ~ 675 mV pk/pk bei ~90MHz (Grundwelle)
simuliert ~120mV pk/pk bei ~90MHz (bis 200us, maxTimestep 1e-10, Gear, 
modified Trap kein Unterschied)

Ich habe auch schon mal versucht ein korrektes Modell der Probe 
einschließlich Modell des Koaxmeßkabels als Lossy Transmission Line in 
LTSpice (mit R' = 228 Ohm/Meter Widerstandsbelag und 50 Ohm 
Wellenwiderstand) einzubauen, aber dies brachte keine wesentlichen 
Besserungen. (Lediglich die Simulationszeiten wuchsen aus irgendeinem 
Grund ins Astronomische (hat dieses Problem bei Rechnungen mit ltline 
auch sonst schon mal jemand bemerkt?)).

Würde mich freuen, wenn jemand eine Idee beitragen könnte, wie man hier 
Simulation und Wirklichkeit doch noch zur Übereinstimmung bringen kann.

Grüße

Jürgen

von LOL (Gast)


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Jürgen B. schrieb:
> f= 90MHz

Jürgen B. schrieb:
> Steckbrett

von Jürgen B. (juergenq)


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Über die Problematik der Steckbretter bei diesen Frequenzen bin ich 
schon ein wenig im Bilde (daher mein (sic!) in meinem Posting). Dennoch 
denke ich, daß ein Faktor 5 doch einer genaueren Erklärung bedarf. Man 
könnte sich zum Beispiel fragen, wo die berühmten Streukapazitäten der 
Steckbretter in das obige Schaltungsmodell eingefügt werden 
müssen/können, um den Fehler zu reparieren. Ich habe an einigen Stellen 
probiert, aber nichts passendes gefunden.

Anbei übrigens mal ein Foto von dem Aufbau, allerdings noch ohne den 
Anbau mit C4 und dahinter.

von flo (Gast)


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den Aufbau mit dem gelben, weißen und braunen kabel würde ich so 
verkürzen, dass nur noch ein minimum an leitungslänge der bauteile 
zueinander vorliegt.

auf jeden fall würde ich dem steckbrett noch eine masse-fläche 
unterlegen, z.b. alufolie.

BC547B ist eigentlich nur "nominal" für 90MHz geeignet, ein echter 
HF-transistor wäre besser (z.b. aus altem radio, wenn nicht in der 
bastelkiste vorrätig).

masse sternförmig zusammenführen, dort sollte auch der abblock-C direkt 
angeschlossen sein.

nach meinen erfahrungen können steckbrettaufbauten schon bei f < 30MHz 
schwierigkeiten bereiten.
der aufbau von HF-platinen ist denkbar einfach, entweder 
"lötinseltechnik" oder "quadratsägetechnik". schneller geht nimmer...

kann es sein, dass du an R8 statt an R4 misst?

von Jörg W. (dl8dtl) (Moderator) Benutzerseite


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Jürgen B. schrieb:
> Man
> könnte sich zum Beispiel fragen, wo die berühmten Streukapazitäten der
> Steckbretter in das obige Schaltungsmodell eingefügt werden
> müssen/können, um den Fehler zu reparieren.

Überall. :-)

Im Ernst: bei solchen Frequenzen kann man einfach mal "freifliegend"
aufbauen.  Und dann vielleicht wirklich einen Transistor nehmen, der
für höhere Frequenzen konzipiert ist.  Nicht, dass der BC547 unbedingt
bei UKW schon schlapp macht, aber es ist sehr zweifelhaft, ob das
für die Simulation benutzte Modell eines NF-Transistors für diese
Frequenzen auch nur noch halbwegs die Realität widerspiegelt.

Ansonsten war mein erster Gedanke beim Lesen der Subject-Zeile:
"was denn, nur bei einem Oszillator?". ;-)

von Günter R. (guenter-dl7la) Benutzerseite


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Deine Tastkopfmasse (mit allem, was noch an Scope dranhängt) an R8 
(heißes Ende) schließt den R8 schlicht kurz. Das Scope mit seiner 
Anbindung an den Rest der Welt, selbst wenn man es aus einer Batterie 
betreibt, muss erst mal in die Simulation mit hinein. Und der Tastkopf 
hat ja auch eine Eingangskapazität (dann parallel zu R4), die mit C7 
einen Spannungsteiler bildet, usw usf. Ich wüsste nicht, wie man das 
vernünftig simulieren sollte. Auf jeden Fall garantiert und generiert 
die Messmethode so floatend diverse Fehler. Frage: Wieso misst du an 
einem 100-Ohm-R in Reihe mit 10 kOhm? Die praktische Last hinter C7 ist 
doch etwas unter 5 kOhm gegen Masse...

von Jürgen B. (juergenq)


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Günter Richter schrieb
> Deine Tastkopfmasse (mit allem, was noch an Scope dranhängt) an R8:
> (heißes Ende) schließt den R8 schlicht kurz.

Ist das nicht nur dann zutreffend, wenn Masse(Schaltung)=Masse(Oszi) 
ist, also z.B. die Schaltung über ein Netzgerät versorgt wird? Ich 
benutze aber eine (9V Block-)Batterie. Damit sollte dann lediglich eine 
Parallelkapazität zu R8 entstehen, die durch die kapazitive Ankopplung 
der Schaltung und ihrer Masse an die Umgebungsmasse entsteht. Ich habe 
mal angenommen, daß diese Kapazität aufgrund der Distanz zu den nächsten 
Masseflächen eher klein ist (~1 pF habe ich mal gerechnet, hat aber 
nicht wesentlich verbessert).

> Das Scope mit seiner
> Anbindung an den Rest der Welt, selbst wenn man es aus einer Batterie
> betreibt, muss erst mal in die Simulation mit hinein. Und der Tastkopf
> hat ja auch eine Eingangskapazität (dann parallel zu R4), die mit C7
> einen Spannungsteiler bildet, usw usf. Ich wüsste nicht, wie man das
> vernünftig simulieren sollte.

Die Schaltung mit Tastkopf+Oszieingang-Modell habe ich oben beigefügt, 
das Modell ist rechts im Schaltbild. Leider bringt es auch keine 
Verbesserung, nur andere Werte, die genausowenig passen. Außerdem sehr 
lange Rechenzeiten, die auf das Benutzen der lossy transmission line 
zurückgehen. (Hat das auch schon mal jemand sonst beobachtet? Gibt es 
Abhilfen?)

>Auf jeden Fall garantiert und generiert
> die Messmethode so floatend diverse Fehler. Frage: Wieso misst du an
> einem 100-Ohm-R in Reihe mit 10 kOhm? Die praktische Last hinter C7 ist
> doch etwas unter 5 kOhm gegen Masse...

Stimmt natürlich. aber es kommt ja erstmal nur darauf an, daß gemessene 
und simulierte Schaltung identisch sind, was ja der Fall war.

Die Schaltung oben verzichtet jetzt auf allen "Zierrat" und behält nur 
den austauschbaren Kondensator C7 und mißt über R8 mit 1k (damit der 
Oszillator nicht zu stark belastet wird).

Übrigens habe ich heute die Oszillatorgrundschaltung (also von links bis 
C4) doch mal auf Lochrasterplatine aufgebaut (für ugly construction habe 
ich keine Werkzeuge). Es war für mich fast eine Premiere (das erste Mal 
wieder löten seit fast 25 Jahren) und der Lötrauch hängt mir jetzt noch 
in der Nase (mußte extrem dicht ran an die Schaltung, da ich 
mittlerweile kurz- und weitsichtig bin und zur Zeit keine passende 
Nahbrille für so kurze Distanz und so kleine Teile habe). Beim Aufbau 
habe ich (außer bei der Plazierung der überschaubar wenigen Teile) alles 
erdenkliche falsch gemacht, vor allem erst alle Bauteile eingesteckt, 
fixiert durch Klebeband oder Abbiegen der Beine, dann Platine gedreht, 
in den Platinenhalter und dann versucht diesen "Igel" zu löten. Mußte 
also Beinchen wieder kürzen, Ergebnis: Teile hielten nicht mehr gut beim 
Umdrehen => noch mehr Klebeband. Nächstes Problem: Hilfe, die Unterseite 
sieht ja ganz anders aus als die Oberseite, welche Pins muß ich jetzt 
noch mal gleich mit einer Lötzinnspur verbinden? (oh je, was für eine 
armselige Technik, aber ich hatte keinen passenden Draht für die 
Platinenunterseite da usw. usf. Erstaunlicherweise lief die Schaltung 
aber sofort und lieferte natürlich komplett andere Werte als vorher auf 
dem Breadboard. Warum die Frequenz und Amplitude aber immer so "wackelt" 
während das Oszilloskop "beobachtet" ist mir auch nicht ganz klar. 
Immerhin gehe ich dann immer einen Schritt zurück und halte mich ruhig 
um jeden "Theremin-Effekt" auszuschließen - na ja.

Fazit: In theory there is no difference between theory and practice. In 
practice there is!

von Jürgen B. (juergenq)


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Ich muß mir mal selbst antworten, um noch einen Nachtrag anzubringen: 
Beim nochmaligen Überprüfen der Platine ist mir noch ein happiger 
Lötfehler aufgefallen, natürlich bei den auf der Unterseite planmäßig 
gezogenen Zinnspuren. Das obere Beinchen von C6 war mit der Basis von Q1 
verbunden (oh je.. C6 und C3 lagen so ordentlich nebeneinander und 
wurden einfach gleich behandelt..).

Ein Wunder das die Schaltung überhaupt funktionierte. Ich habe dann 
erneut gemessen und gerechnet und komme der Wirklichkeit langsam näher.

Wichtig finde ich die Beobachtung, wie stark bei gleichen Bauteilwerten 
die Oszillatorfrequenz beim Lochrasteraufbau gegenüber dem 
Steckbrettaufbau gestiegen ist. Es müssen also wirklich extrem große 
parasitäre Kapazitäten im Spiel gewesen sein - daß dies solche 
Verfälschungen bewirken kann, hätte ich nie gedacht (hatte höchstens mit 
10-15% Abweichung z.B. für die Frequenz gerechnet (oder besser 
geraten..).

von Günter R. (guenter-dl7la) Benutzerseite


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Also mit deinem dir selbst auferlegten Crash-Kurs "HF-Labor" bist du 
nicht zu beneiden. Du machst gerade die Erfahrung, dass nur in seltenen 
Grenzfällen (<1 x pro Jahr in praxi) Theorie (= Simulation) und Praxis 
übereinstimmen. Wenn man aber alle Störfaktoren mit einbezieht, können 
Simulationen aber durchaus bis auf so 10% oder 1 dB der Praxis 
nahekommen (deswegen brauchst du auch nicht mit der lossy_TL im Tastkopf 
zu rechnen).

(Und der schlimmste Störfaktor ist der unsichtbar im Hintergrund 
mitarbeitende Kollege Murphy).

Beispiel im Bild der blaue C6 auf dem Steckbrett: der hat mit seinen 
Beinen alleine schon 30...40 nH Streu-L (bei dünnen Leitungen ca. 1 
nH/mm). Das ist also kein C (wie das Simulationsprogramm annimmt), 
sondern ein schlechter Serienresonanzkreis bei ca 5 MHz, der bei 100 MHz 
durchaus schon 10 Ohm induktiv ist, von seinen ohmschen Verlusten nicht 
zu reden. Das Gleiche gilt für die restliche Verdrahtung genauso. 
Deswegen ist der möglichst kleine "Igel" in solchen Fällen optimal. Für 
den C6 reicht 1 nF, damit er sich mehr dem Kondensatorverhalten nähert, 
bei höchstens 5 mm Beinlänge insgesamt, noch besser SMD.

Die Masse des Scopes ist praktisch Ground, alle anderen Annahmen sind 
bei HF > 2...5 MHz nahezu bis sicher falsch, selbst wenn die Kiste aus 
einer Batterie gespeist wird. Alleine die 1-m-Tastkopfleitung mit dem 
dicken Scope als kapazitiv/strahlender Endlast ist bei 100 MHz nicht 
mehr sauber einzukalkulieren.

Ich arbeite auch mit Steckbrettern, habe z.B. eins (s.Bild) auf eine 
einseitig kaschierte FR4-Platte geklebt und auf der anderen Seite viele 
Lötnägel als Masse zur Verfügung. Eine von den Steckzungen hat etwa 4 pF 
gegen die Masse und auch etwa 4 pF gegen die beiden benachbarten, 
geschätzte 5 nH in Einzellänge. Wenn man das weiß und noch zusätzlich in 
Igel-Technik arbeitet, geht das aber bis etwa 10 MHz ganz gut.

Zu Simulationen aller Art: --Essentially, all models are wrong, but some 
are useful.--(E.P.Box zugeschrieben)

von Andreas D. (rackandboneman)


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Hinweis: Bei HF-Transistoren ist die geringe Kollektor-Basis-Kapazität 
das was sie zu HF-Transistoren macht, und nicht nur die 
Transitfrequenz... Um die FT vom BC547 tatsächlich im HF-Bereich in 
Emitterschaltung zu nutzen müsste man das ganze brachial niederohmig 
ansteuern damit nach dem Millereffekt noch etwas übrigbleibt.

Hat bei mir auch lange gebraucht bis ich kapiert habe dass man zu der 
Faustregel "<1/10 lambda ist diskretes Bauelement" noch hinzufügen muss 
"ein dünnes Stück Draht ist mitnichten ein diskretes Element in der 
Hinsicht". Auch gemerkt wurden dann irgendwann: "Ein 1:10 Tastkopf hat 
so um die 10pF, das entspricht bei 100MHz 160 Ohm!" und "Ob Kupferdraht, 
Messingdraht, Blumendraht ... als Spulendraht: die paar Milliohm 
Unterschied... - denkste!"

von Günter R. (guenter-dl7la) Benutzerseite


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Oh ja, wie nur zu wahr, allen Simulatoren ins Stammbuch zu schreiben...

Noch zumm Tastkopf: Die lossy-TR ist an der Stelle auch deswegen nicht 
sinnvoll, weil die ja abseits jeder Anpassung betrieben wird. 
Normalerweise ist die Tastkopfleitung extrem kapazitätsarmes Koax, 
dessen Kapazität in den frequnezkompensierten Spannungsteiler aus  R4 
und R5 so eingeht, dass τ(R4*C5) = τ[(R5 || Re_scope)*(C_kabel + 
C_e_scope)] ist. Und - wie Andy schon sagte - ein ziemlich niederohmiger 
Tastkopf, dessen Kapazität natürlich auch deinen Oszillator verstimmt.

von Jürgen B. (juergenq)


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Günter Richter schrieb:

> Noch zumm Tastkopf: Die lossy-TR ist an der Stelle auch deswegen nicht
> sinnvoll, weil die ja abseits jeder Anpassung betrieben wird.
> Normalerweise ist die Tastkopfleitung extrem kapazitätsarmes Koax,
> dessen Kapazität in den frequnezkompensierten Spannungsteiler aus  R4
> und R5 so eingeht, dass τ(R4*C5) = τ[(R5 || Re_scope)*(C_kabel +
> C_e_scope)] ist. Und - wie Andy schon sagte - ein ziemlich niederohmiger
> Tastkopf, dessen Kapazität natürlich auch deinen Oszillator verstimmt.

Die Schlußfolgerung im letzten Satz ist sicher nur zu wahr, aber bei der 
Transmission Line bin ich mir nicht so ganz sicher: Zunächst einmal 
ist in meinem Modell R5 || C8 einfach das Modell des Scope-Eingangs 
(laut Datenblatt des Oszilloskops). C9 ist der Abstimmkondensator, der 
im Tastkopf liegt (bei mir in den BNC-Anschluß integriert und dort zu 
verstellen). Den Wert R4 habe ich gemessen und C5=16pF steht wieder im 
Datenblatt.  Nun ist R4*C5 ~ 143e-6 und (C9 || C8) * R5 =10e-6. Die 
Impedanztransformation durch die Transmissionline des Kabels wird also 
gebraucht, um die Prinzipformel

R1*C1 = R2*C2

zu realisieren. Anders gesagt: Zunächst mal braucht man die 
Kabelkapazität. Ich rechne momentan mit 50pF/m, weiß aber nicht ob das 
realistisch ist. Sehr wichtig ist aber (zur Bedämpfung der Reflexionen 
bei der normalen Fehlanpassung des Kabels), daß die Seele des Kabels aus 
einem speziellen Widerstandsdraht mit angeblich folgenden Werten 
besteht:

Yalu X. schrieb:
> Ich habe gerade mal nachgemessen:
>
> Tek P2220: 343Ω, ca. 1,3m lang, das ergibt 264Ω/m. Das Kabel ist mit
> "0264-11-05" beschriftet.

Eine Transmissionline ist eben kein Tiefpass und hat nicht einmal eine 
Transferfunktion, die als gebrochenrationale Funktion in s ausdrückbar 
ist, sondern hat im s-Bereich so etwas wie exp(sqrt(a*s+b*s^2)) als 
Transferfunktion, wobei a und b aus R', L', C', G', also 
Widerstandsbelag, Induktivitätsbelag usw. berechnet werden (wird aber 
hier wohl jeder besser wissen als ich, also deshalb nur kurz erwähnt). 
Ich habe auch mal mit Hilfe der Vierpoltheorie der Transmissionline für 
eine feste Frequenz eine Ersatzschaltung aus dem ganzen Komplex 
Tastkopfspitze+TMLine+Oszieingang ausgerechnet. Damit kann man dann 
natürlich schneller simulieren, aber es kommen wieder neue 
Fehlermöglichkeiten ins Spiel. Und da es ja zum Glück ein 
parametrisierbares ltline Modell in LTSpice gibt, habe ich es dann doch 
verwandt.

Noch ein schönes Zitat aus dem Meinke/Gundlach [I5] in dessen üblicher 
lakonischer Form:

"Eine Tastkopfleitung von 1.5m hat bei 13.2MHz die elektrische Länge 
lambda/10 und bei 33MHz l/4. Die transformierende Wirkung der Leitung 
ist dann nicht mehr vernachlässigbar und macht Absolutmessungen der 
Amplitude bei unbekannter Signalquellenimpedanz unmöglich."

"..die transformierende Wirkung der Leitung..": dazu wird selbst im 
Tietze-Schenk (13.Aufl.) drei Seiten lang gerechnet, bis man zur 
Vierpoldarstellung der allgemeinen Leitung kommt. Danach versteht man 
aber, was der Meinke/Gundlach eigentlich meint. Ich glaube ein gutes 
nächstes Projekt für mich wäre, mir einen Testaufbau auszudenken, mit 
dem sich R', L', C' (und evtl., falls vorhanden G') für das verwendete 
Kabel real bestimmen lassen.

von Günter R. (guenter-dl7la) Benutzerseite


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Da sieht man wieder, wie ein HFler wie ich halt betriebsblind und 
schmalbandig denkt (nur an deine 90 MHz). Bloß ist der Tastkopf 
natürlich nicht des Instrument des HFlers, der nimmt den 
Spektrum/Netzwerk-Analysator und werkelt in 50-Ω-Technik (oder 
symmetrisch 200 Ohm).

Du hast mit deinem Einwand absolut recht, insbesondere bei 
Breitband-Messungen. (Habe mal eben meine ca.-2-m-Leitung einer P6022 
gemessen: 48 pF und 250 Ohm längs, eine 1 m lange P6106 hat 57 pF und 
129 Ohm). Induktivitätsbelag zu bestimmen stelle ich mir schwieriger 
vor, könnte man aus der Geometrie bestimmen, aber ein dünner Leiter in 
der Nähe des gutleitenden Koaxschirmes lässt sich eher theoretisch 
anfassen und bestimmen. Man müsste aber auch den Verlauf des ε(f) kennen 
und so weiter, alles ein verdammt dickes Brett, das zu deembedden). Und 
jeder wird das Phänomen kennen, dass man mit der Korrektur-Schraube am 
Tastkopf mit einem richtig guten Rechteck (sagen wir mal T_r < 100 ps) 
den nie vernünftig kompensiert bekommt, weil einem sofort Dispersion und 
Gruppenlaufzeit in die Suppe spucken und die Schultern des Rechtecks 
wellig aussehen wie Hund.

Aber auch die Tastkopfleitung mit einem Z um die 400 Ohm herum findet 
weder an der Quelle im Tastkopf noch am Scope-Eingang ein passendes Z. 
Ich vermute, dass man die mit Absicht so lossy macht, damit die 
Reflexionen an den Enden beim Hin-und Herlaufen sich nicht noch weiter 
auftürmen. Bei DC und 1 MΩ ist der Längswiderstand egal. Daher tendiere 
ich eben mehr zur Tiefpasstheorie. Wenn sich dann ein Gauß- oder 
cos²-Frequenzgang zusammen mit dem Scope-Y-Amp einstellt, reicht es. So 
ein Scope ist letztlich ein Schätzeisen, nur in der Zeit recht schnell 
;-) Man muss ziemliche Kompromisse eingehen.

In praxi für die richtig schnellen Sachen nimmmt man den FET-Tastkopf 
(und hofft, dass man ihn beim Abrutschen nicht irgendwo an 12...24 V 
zerschießt).

von Andreas D. (rackandboneman)


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Am besten ein Stück RG58 nehmen, am Oszilloskopende mit 50 Ohm 
abschliessen und am Breadboardende mit zwei möglichst kurzen Stiften 
(10-15mm oder so) abschliessen, und in einen der Stifte einen 470 Ohm 
Widerstand und einen 100nF Kondensator als SMD einlöten. Einmal nahe dem 
aufnehmenden Ende durch einen Ferritkern ziehen. Das funktioniert schon 
zehnmal besser als jeder günstige Tastkopf.... ist leider sehr 
zerbrechlich aber schnell repariert.

von Jürgen B. (juergenq)


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Zum Thema Tastkopf habe ich einen sehr schönen Artikel im Web gefunden:

http://www.dfad.com.au/links/THE%20SECRET%20WORLD%20OF%20PROBES%20OCt09.pdf

Wenn ich jetzt noch die genauen Werte meines P2220 Tek-Probes kennen 
würde, könnte ich, glaube ich, in der Frage "Anpassung von Simulation 
und Wirklichkeit" den "Sack zu machen". (Habe zuletzt mit plausiblen 
Schätzungen für die Werte des Kabels gearbeitet und mit ein bißchen 
Feintuning komme ich jetzt auf 260mVpp gemessen zu 220 mVpp simuliert 
(bei C7=4.7p). Dann auch noch die Batteriespannung der Simulation an die 
Messung angepaßt und der Induktivität L1 einen Serienwiderstand verpaßt 
(@Andy: "..Kupferdraht..Blumendraht.." war ein guter Tip, ich habe 
versucht, auch noch den Skin-Effekt zu berücksichtigen).

Nochmal vielen Dank für die guten Tips (auch die Sache mit dem 
HF-Transistor habe ich im Hinterkopf behalten, generell war mir der Fakt 
mit den Kapazitäten schon bekannt, hatte aber leider kein BF-Modell 
griffbereit. Was ist denn eigentlich der "beste" 
HF-(Kleinleistungs-)Transistor in nicht-SMD-Technik? In SMD kenne ich 
jetzt schon ein paar gute Typen, die sich in der Simulation sehr bewährt 
haben, BFS17, BFP405, BFP520 und einige mehr. Aber die kann ich momentan 
nicht verarbeiten, da ich keinen Reflow-Ofen habe. Bei den klassischen 
TO-92 kenne ich mich nicht so aus. Habe bei meinen Simulationen auch 
meist auf VCOs mit einer Oktave Regelbarkeit und mind. 500MHz untere 
Grenzfrequenz abgezielt. Warum? ..der Traum irgendwann mal einen 
halbwegs brauchbaren Spektrumanalysator selbst zu bauen. Ähnlich wie der 
folgende:

http://norbert.old.no/extra/extra1.html

aber vielleicht mit digitaler Filterung in einem FPGA nach dem ersten 
Lokaloszillator.

von Jörg W. (dl8dtl) (Moderator) Benutzerseite


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Für HF ist SMD aufgrund der geringen Zuleitungsinduktivitäten die
erste Wahl.  Einen Reflow-Ofen braucht man dafür nicht, den braucht
man höchstens für BGA (bei DFN/QFN erleichtert er die Arbeit auch
schon mächtig).  Einfache SOT-23-Gehäuse lassen sich problemlos mit
dem Lötkolben löten, das "Hühnerfutter" (Kondensatoren und dergleichen)
ebenfalls.

"Feld, Wald und Wiese" bei den bedrahteten HF-Transistoren dürfte
ein BFR96 sein.  Sollte man aber auch schon schön kurz auflöten.

von Günter R. (guenter-dl7la) Benutzerseite


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Auch für mich war die Auffrischung meiner Kenntnisse zur 
lossy-Line-Wirkung in der Impulsmesstechnik sehr nützlich (auch wenn man 
sich als HFler, den von p selten das σ, sondern meist nur ω betrachtet 
(und das schmalbandig), ja bequem auf den Frequenzgang des Tastkopfes 
zurückziehen darf -- und dessen Misteffekte duch kapazitive Zusatzlast). 
Glücklicherweise habe ich auch von HP noch einen 500Ω:50Ω-Kopf 
genügender Bandbreite, aber der Hinweis von Andy ist auch sehr gut.

 Ich habe heute auch mal versucht, durch Messung und Simulation meine 
beiden Tektronix-Leitungen zu 'deembedden', aber das gelingt genügend 
genau wohl nur, wenn man ein Stück Kabel zerlegt. Während sich die 
Kapazität noch genügend genau bestimmen lässt, bin ich bei der 
Induktivität wegen des hohen Längswiderstandes gescheitert. Durch 
Herumprobieren findet man aber dann in der Situation einen plausiblen 
Wert, der sich den Herstellerdaten nähert, wenn die Anstiegszeiten des 
Ausgangs optimal werden und die Überschwinger fast auf Null trimmbar 
sind. Das ließe sich sicher einfach und sinnvoll mit einem TDR-Verfahren 
erschlagen, dazu fehlen mir aber die Messgeräte. Danke für den Link auf 
den Artikel aus Australien. Der Schlussbemerkung kann man sich wohl 
anschließen: << It was the invention of John Kobbe, from the halcyon 
days of Tektronix in the early years. His patent is long expired. I take 
my hat off to this gentleman who would have been working without the 
benefit of PCs and simulator software.>>

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