Forum: Mikrocontroller und Digitale Elektronik BLDC ohne Rotorlagegeber


von magic smoke (Gast)


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Hat schon jemand probiert einen BLDC ohne Rotorlageerkennung zu 
betreiben?

Läuft der bei einer festen Frequenz genauso selbständig hoch wie z.B. 
eine Asynchron-Drehstrommaschine?

von H.Joachim S. (crazyhorse)


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Synchron-Motor != Asynchronmotor
Er läuft nicht einfach so an. Man braucht zwar keinen Extra-Sensor 
dafür, aber Lageerkennung ist dennoch nötig (-> brushless sensorless)

von Max D. (max_d)


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Wenn du ihn nur ganz schwach belastest kommst du davon indem du langsam 
die Drehzahl des Feldes erhöhst bis deine Wunschgeschwindigkeit erreicht 
ist. Sollte jedoch mehr als ein paar Prozent der Nennleistung benötigt 
werden "rutscht" der Rotor nach hinten aus dem Feld raus und deine 
Synchronität is futsch und damit dein Drehmoment.
Ein BLDC Regler fährt im unteren Bereich der Drehzahl wo noch kein 
ausreichendes BEMF gegeben ist so den Motor an, das geht aber nur wenn 
der Motor da mitkommen kann . Deswegen haben Brushless-Motoren für Autos 
auch Hall-Snesoren, damit kann man auch beim stehen schon passend 
kommutieren und hat ab 0 RPM das volle Drehmoment.

von MaWin (Gast)


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BLDC ohne Rotorlageerkennung durch Hallsensoren gibt man zum Starten 
einen Impuls auf einen Anschluss und guckt nach der BackEMF an den 
anderen. Dreht er richtig rum, macht man weiter, sonst erfolgt ein neuer 
Startversuch. Damit das klappt, darf der anlaufende Rotor keine Last 
haben, es eignet sich also für Propeller, aber nicht für Antriebe.

Ein BLDC dreht sich nicht im Drehstromfeld mit, weil er immer entweder 
schneller oder langsamer drehen will und schon nach 3 Halbwellen so aus 
dem Tritt ist, dass das Feld rückwärts läuft.

von Torsten C. (torsten_c) Benutzerseite


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In den Datenblättern der Trinamic BLDC-Treiber ist das Prinzip m.E. ganz 
gut beschrieben. Statt Hallsensoren werden die Ströme in den drei 
Strängen über Shunt-Widerstände ausgewertet.

von magic smoke (Gast)


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Ok. Also mit Anfahrrampe möglich, aber keine so gute Idee. Vielleicht 
ließe sich das Ganze mit einer einfachen Drehzahlmessung optimieren, 
dann braucht der Motor nur einmal beim Start auf das Feld einzurasten.

Andere Frage bzw. Plan B: Hat schon jemand probiert, eine 230V/400V 
Drehstrommaschine mit einer Rechteckspannung zu betreiben? Klar, mit 
einem Sinus gehts, aber ist eine Sinusspannung notwendig auch wenn man 
den zulässigen Strom auf den Wicklungen nicht überschreitet? 
Sinusspannung erzeugen find ich viel Aufwand, den ich gerne vermeiden 
würde.

von Torsten C. (torsten_c) Benutzerseite


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magic smoke schrieb:
> ist eine Sinusspannung notwendig

Nein. Durch die Induktivitäten im Motor kann sich der Strom ohnehin 
nicht schnell ändern, die Oberwellen werden durch das R-L-Glied 
weggefiltert.

Nachteil ist nur die EMV Störstrahlung. Aber wer hört noch Mittelwelle. 
;-)

Vorteil: Wenig Verlustleistung in den Transistoren.

Wenn die Transistoren rechtzeitig schalten, brauchst Du nichtmal 
Schottky-Dioden.

von Marc P. (marcvonwindscooting)


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magic smoke schrieb:
> Sinusspannung erzeugen find ich viel Aufwand, den ich gerne vermeiden
> würde

Meinst Du das Berechnen der Sinus-Spannungen oder das Umsetzen in eine 
reale Spannung??
Nur zur Info, ein Frequenzumrichter macht typischerweise auch keine 
Sinusspannungen, sonder nur Sinusstr"ome und zwar mit einer 
Rechteckspannung (PWM-moduliert).

von magic smoke (Gast)


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Ich dachte vor allem an die L-C-Filter, und daß die Spannungen unter 
Last nach diesen Filtern noch stimmen. Das ist alles wieder erhöhter 
Aufwand.

Wenn es mit "einfacher PWM" funktioniert, dann reichen vielleicht zwei 
einfache Timer aus. Einer für die Kommutierung und einer für die PWM zur 
Leistungsregelung. Wenn man beide noch in Hardware ver-und-et, braucht 
sich der µC um so gut wie gar nichts mehr zu kümmern.

Braucht man nur noch eine passende Kommutationstabelle.

Nur eine Idee, ausprobiert habe ichs noch nicht.

von Steffen H. (stef_fen)


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Die Idee mit der Kommutierungstabelle funktioniert auch ganz gut. 
Problematisch ist  das Anlaufverfahren da man in dem Moment ja noch 
keine Informationen über die Lage des Rotors hat. Wenn er vernünftig 
angelaufen ist kann man auf die BEMF umschalten und dann durch den 
Komparator kommutieren lassen. Aber für das Anlaufverfahren habe ich bis 
jetzt noch nichts vernünftiges gefunden.

von Matthias S. (Firma: matzetronics) (mschoeldgen)


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magic smoke schrieb:
> Andere Frage bzw. Plan B: Hat schon jemand probiert, eine 230V/400V
> Drehstrommaschine mit einer Rechteckspannung zu betreiben?

Ja - aber tue es bitte nicht. Erstens ist es eine grosse 
Energieverschwendung, zweitens macht der Motor Radau, und drittens tut 
es den Wicklungen gar nicht gut, denn die harte Umschaltung führt zu 
Bewegungen der Wicklung auf ihrem Kern und kostet somit Lebensdauer.

magic smoke schrieb:
> Sinusspannung erzeugen find ich viel Aufwand, den ich gerne vermeiden
> würde.

Wieso Aufwand? Die Endstufen brauchst du sowieso, und da ist es 
lediglich eine Frage der Ansteuerelektronik, ob diese PWM modulierte 
Sinussignale oder Blocksignale erzeugt. Schau dir mal das Projekt an:
http://www.mikrocontroller.net/articles/3-Phasen_Frequenzumrichter_mit_AVR
und beurteile den Aufwand.

: Bearbeitet durch User
von chris_ (Gast)


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von Steffen H. (stef_fen)


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Hat sich jemand das Programm unter Hackaday was von Davide Gironi stammt 
mal angeschaut? Wie macht er das mit der PWM für die Brückentreiber? 
Keiner der Brückentreiber ist an einem PWM tauglichen Port des Atmega 
angeschlossen. Er konfiguriert Timer 1 jedenfalls als "fast pwm".

von Magic S. (magic_smoke)


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Wieso sollte es eine Energieverschwendung sein, den Motor mit einer 
Rechteckspannung zu befeuern? Solange die Statorbleche nicht in 
Sättigung kommen dürfte es da keine Probleme geben.

Inwieweit der Motor dann lauter läuft müßte man wohl probieren. will ja 
keine Megawatts an Ausgangsleistung.

von Torsten C. (torsten_c) Benutzerseite


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magic smoke schrieb:
> Wieso sollte es eine Energieverschwendung sein …?

Blindleistung führt zu Verlusten in den Leitungsnetzen und bei den 
Transformatoren und Generatoren der Stromversorger.

Also keine Geldverschwendung, aber eben Energieverschwendung, falls ich 
es richtig verstanden habe. Zur "power factor correction" hast Du ja 
noch einen zweiten Thread, wie ich gesehen habe.

: Bearbeitet durch User
von Magic S. (magic_smoke)


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Yep, aber da gehts um eine Gleichstrom-Reihenschlußmaschine, die 
definitiv aus dem Netz versorgt werden soll. Und die ist mir auch 
wichtiger, das hier ist eher ein theoretischer Feldversuch.

Diese Anwendung hier wäre mobil, so in Richtung Antrieb für ein 
Elektro-Gokart, nur mit weniger Leistung. Bei einer Drehstrommaschine 
für 230V müßte ich sowieso eine DC/DC-Stufe zur Spannungsanhebung bauen. 
Die Blindleistung würde in den Zwischenkreiskondensatoren bleiben, also 
kein Problem. Bzw. keines, was ich bei Sinusspannungen nicht auch hätte.

von Matthias S. (Firma: matzetronics) (mschoeldgen)


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magic smoke schrieb:
> Wieso sollte es eine Energieverschwendung sein, den Motor mit einer
> Rechteckspannung zu befeuern?

Neben den schon genannten Gründen entspricht Rechteckansteuerung eben 
nicht der Geometrie des Motors. Das harte Umschalten zur nächsten Spule 
steckt Energie ins Magnetfeld, wenn sie noch gar nicht gebraucht wird - 
ähnlich ist es, wenn der Magnet eine Spule verlässt. Und der Lärm kostet 
auch Energie.

Denke dir das wie bei einem Schrittmotor, der Anker wird ruckartig 
beschleunigt und abgebremst. Bei einem Schrittmotor ist das erwünscht, 
deswegen ja 'Schritt'motor, bei einem BLDC kostet die Beschleunigung und 
Bremsleistung nur, denn eigentlich möchtest du ja Rundlauf.

Du wirst übrigens mit einem sensorless BLDC in einem Gokart schwierige 
Anlaufprobleme bekommen. Ich kann dir nur empfehlen, irgendwie da die 
absolute Position zu erfassen.

: Bearbeitet durch User
von Horst H. (horst_h44)


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Ein kleiner Motorencoder ist einfach mit einen magnetischen 1-Chip 
Encoder, wie z.B. dem iC-MH8, machbar. Hier gibt es ein komplettes 
Beispiel: http://www.gb97816.homepage.t-online.de/mh8_2.htm und die 
Eagles Files sind auch zum Download da. Das iC-MH8 Datenblatt und 
Applikation sind hier: http://www.ichaus.biz/MH8 .

von Magic S. (magic_smoke)


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Baut sich aber alles schwer in so einen Motor ein. Schade, daß es keine 
12V-Drehstrom-Asynchronmotoren gibt. :-(

von Matthias S. (Firma: matzetronics) (mschoeldgen)


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magic smoke schrieb:
> Baut sich aber alles schwer in so einen Motor ein. Schade, daß es keine
> 12V-Drehstrom-Asynchronmotoren gibt. :-(

Die gibt es schon - sind aber natürlich teurer, da sie keine 
Standardware sind - ausser in einigen Pedelecs mit ca. 250W max., was 
natürlich für ein Gokart nur ein Witz ist.
Je nach Polzahl des Motors könnte man z.B. auf die Idee kommen, 
magnetische oder optische Markierungen auf die Motorachse zu bringen und 
diese als Positionssensoren zu benutzen. Eine andere Möglichkeit wäre 
ein 3-Phasen Generator, der stur das Drehfeld erzeugt - ob das zum 
Anfahren ausreicht, müsste man ausprobieren.
Der simpelste Weg ist nach wie vor ein z.B. bürstenbehafteter 
Gabelstaplermotor mit DC-Speisung.

: Bearbeitet durch User
von Torsten C. (torsten_c) Benutzerseite


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Matthias Sch. schrieb:
> magnetische oder optische Markierungen auf die Motorachse

Genau so würde ich das machen. Ein weiches Anfahren und konstante auch 
langsame Geschwindigkeiten und ein "kinderleichtes" fahren, lassen sich 
damit m.E. viel besser erreichen, als mit einem bürstenbehafteten Motor 
ohne Sensoren.

Aufnehmer z.B. wie in Computer-Mäusen (Scrollrad oder wie bei den alten 
mit den Bällen) oder Hall-Sensoren, die sind auch billig.

Induktive Näherungsschalter sind auch billig, da reicht z.B. 'ne Schelle 
um die Welle.

von blablub (Gast)


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Die Chinesen bei Goldenmotor haben z.B. entsprechende BLDC Motoren in 
dem Leistungsbereich. Nur mal so als Tipp!

von Magic S. (magic_smoke)


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Die Leistungsdaten sind alles nur grobe Peilwerte. Auch ein Gokart ist 
nicht geplant, aber sowas in etwa müßte das Ding antreiben können. Eine 
Beschleunigung wie ein 300PS-Gokart wird aber nicht verlangt.

Die Pedelec-Antriebe sind glaub ich permanenterregte Motoren. Also 
nichts mit asynchron. Man spürt die Rastmomente wenn man das Rad per 
Hand durchdreht.

von Max C. (max_der_bastler)


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magic smoke schrieb:
> Schade, daß es keine 12V-Drehstrom-Asynchronmotoren gibt. :-(

Bau dir eine LiMa aus'm Auto um, da hast du ca. 1kW

von Magic S. (magic_smoke)


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Ja toll. Wirkungsgrad wie 'ne Dampfmaschine und asynchron ist das auch 
nicht. Das ist nichts weiter als eine Synchronmaschine. Nur daß diese 
Klauenpolmaschinen im Auto einen lausigen Wirkungsgrad haben.

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