Forum: Platinen Plastische Verformung von PCBs


von ElSchlicko (Gast)


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Hallo zusammen!

Bin grad beim recherchieren, ob es eine Möglichkeit gibt, Leiterplatten 
plastisch ein wenig zu verformen.
Hintergrund: Ich möchte eine Leiterplatte (bzw. kupferkaschierte PI 
Folie) an eine konkave Form anpassen (größe ~150x250mm mit 7mm Tiefe, 
Radien >=500mm). Auf der Leiterplatte werden sich nur einige wenige 
Leiterbahnen (und diese in Richtung des größten Radius) und Bauteile 
befinden.

Jetzt meine Frage: Ist es grundsätzlich machbar, eine Leiterplatte (z.B. 
aus Polyimid) plastisch leicht zu verformen?

Danke im Voraus.

von Martin H. (marrtn)


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Warum keine flexible Leiterplatte auf einen passend geformten Träger 
aufkleben? Sowas kann inzwischen fast jeder Leiterplattenhersteller.

Bei einer normalen hätte ich Angst, dass mir die Leiterbahnen reissen...

von ElSchlicko (Gast)


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Danke für den Input.

Flexible Leiterplatte hab ich mir schon angesehen.
Mein Problem ist dann die konkave Form; die Leiterplatte wird Falten 
werfen, da ich die Form nicht entsprechend anpassen kann. Ich benötige 
die Leiterplatte als durchgängiges Rechteck.

Wieviel Prozent kann denn Kupfer gedehnt werden? Gibts da Anhaltswerte?

von ♪Geist (Gast)


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Kann man sicherlich alles ausrechnen. Ich sehe da aber ein anderes 
Problem. Wenn die ICs ungünstig sitzen, erzeugen die Gegenkräfte. Die 
werden sich dann irgendwann mit Leiterbahnen von der PCB lösen. Wozu 
braucht man eigentlich so einen (sorry) Mist?

Andere Möglichkeit, Bestückung auf so einer Art Flex-PCB.
Beispiel: 
http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/6/64/Olympus_Stylus.jpg

Ist aber nicht die günstigste Lösung.

von Lothar M. (Firma: Titel) (lkmiller) (Moderator) Benutzerseite


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ElSchlicko schrieb:
> Ich möchte eine Leiterplatte (bzw. kupferkaschierte PI Folie) an eine
> konkave Form anpassen (größe ~150x250mm mit 7mm Tiefe, Radien >=500mm)
Ich würde da mal eine Leiterplatte mit z.B. 0,8mm Stärke ausprobieren. 
Eine 1,6mm LP braucht da schon mechanische Überzeugungskraft...

♪Geist schrieb:
> Die werden sich dann irgendwann mit Leiterbahnen von der PCB lösen.
Diese Sorge hätte ich nicht.

von Christian B. (luckyfu)


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Das galvanisch abgeschiedene Kupfer ist sehr anfällig gegenüber 
Mechanischen Spannungen. Bei Flexiblen Materialien wird das deshalb 
vorher gewalzt um eine Biegbarkeit zu gewährleisten.
Tendentiell würde ich es mit einer eher dünneren LP, am besten nur 
einlagig, die Leiterseite dann innen, versuchen. aber ob das geht und 
auch dauerstabil ist... k.A.
Starre Platinen sollte man nach Möglichkeit überhaupt nicht verformen. 
Dafür gibt es Flex oder Starrflexmaterial

von Neun (Gast)


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Mal ein ganz anderer Ansatz:
Kannst Du die wenigen Leiterbahnen auf die Innenseite Deiner Form
mit Leitlack malen?

Viele Grüße
Holger

von Reinhard Kern (Gast)


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Hallo,

siehe auch: Beitrag "Gebogene Platinen"

Die Technologie, FR4-Leiterplatten zu biegen, scheint völlig aufgegeben 
worden zu sein zugunsten von Starrflex-Schaltungen.

Aber egal wie du das realisierst, du kannst eine LP mit ICs drauf nicht 
biegen, selbst bei kleinen Bauteilen riskierst du, dass Lötstellen 
abreissen. Eben daher Starrflex: starr zum Bestücken und Flexbereiche 
zum Biegen, aber die ohne Bauteile.

Gruss Reinhard

von LTC1043 (Gast)


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Frag mal bei AT&S nach...

Die haten bei uns mal eine kleine Vorführung über dieses Thema.
4-Lagige PCB mit ca. 0.4mm Dicke, lies sich fast beliebig verformen.

Wir z.B im Auto Armaturenbretter verwendet, um all die schönen Anzeigen, 
Zeigerchen etc. zu Verbinden. Die Einbautiefen der Anzeigen sidn ja 
recht unterschiedlich, dass gibt dir also eine Vorstellung was mögöich 
ist.

Cheers

von Stilzelrumpel (Gast)


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Wenn du normales FR4 auf 250 °C aufheizt, lässt sich das sicher 
entsprechend verformen. Zwei Gipsformen (negativ und positiv) anfertigen 
und die heiße Platine damit verpressen.

Bestücken geht aber dann erst nachher und nur per Hand.

von Falk B. (falk)


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@ Stilzelrumpel (Gast)

>Wenn du normales FR4 auf 250 °C aufheizt, lässt sich das sicher
>entsprechend verformen. Zwei Gipsformen (negativ und positiv) anfertigen
>und die heiße Platine damit verpressen.

Dann kann man je gleich die Platine in die passende Form laminieren!

von Stilzelrumpel (Gast)


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>in die passende Form laminieren!

Und die Leiterbahnen werden dann von Hand auflaminiert?

Ich denke, eine fertig geätzte Platine entsprechend zu verformen, sollte 
kein Problem sein, bei Radien >500mm.

250°C bringt jeder normale Backofen.

von Christian B. (luckyfu)


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du übersiehst dabei jedoch, daß Epoxydharz ein Duropolast ist. d.h. Du 
musst aufpassen, daß du definitiv unter der, als T260-Wert bekannten, 
Zeit bleibst, sonst delaminiert, also zersetzt, sich das BM und die 
Platine verliert ihre Strukturelle Festigkeit.

Das ist ziemlich windig. Nimm Starrflex, oder Semiflex wenns um die 
kurve soll. Das Material ist speziell für diesen Andwendungszweck 
entwickelt worden.
Starrflex kann man prinzipiell auch auf dem Flexiblen Teil mit Bauteilen 
bestücken, du musst nur einen Bestücker mit entsprechender Technik 
finden. Bei Semiflex ist mir die Möglichkeit nicht bekannt.

von bernte (Gast)


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besorg dir geignetes trägermaterial welches du vorher in form bringen 
kannst
möglichtkeit 1
auf das trägermaterial lagerst du mittels eines galvanischen bades 
ausreichend kupfer an
und überträgst das layout anschließen

oder 2
du überträgst das layout vorher(negativ layout)
so dass sich das kupfer nur dort absetzt wo du später die leiterbahne 
haben willst
erspart das ätzen

von MaWin (Gast)


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> Wenn du normales FR4 auf 250 °C aufheizt, lässt sich das sicher
> entsprechend verformen

Das Epoxid wird weich, aber die Glasfasern nicht, deswegen sind die ja 
da drin.

Epoxyplatinen ohne Glasfasern kenne ich nicht, sind technisch aber 
sicher möglich.

von Christian B. (luckyfu)


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ohne Glasfaser ist FR2 und 3, dabei ist FR2 Phenolharz / Papier, und FR3 
Epoxydharz / Papier

bernte schrieb:
> auf das trägermaterial lagerst du mittels eines galvanischen bades
> ausreichend kupfer an

Das kann er kaum zu hause. Dazu bedarf es organischer Chemie, welche das 
Epoxydharz leitfähig macht. Das ist der Schlüsselprozess bei der 
Fertigung von Durchkontaktierungen. Es gibt Freaks, die das sich 
hobbymäßig antun. Aber ob das reproduzierbare Ergebnisse bringt... Ich 
bin mir da unsicher. Und die Galvanik ist auch nicht ohne. nur ein 
bisschen Strom auf eine Platte in einer Kupferlösung zu geben ist das 
auch nicht. Gerade, wenn man keine Kristallisationskeime hat wird das 
dazu führen, daß das Kupfer von der Halterung aus über die Platine 
wächst -> Ergebnis mit Sicherheit alles andere als eine halbwegs 
homogene Dickenverteilung im Kupfer.

bernte schrieb:
> du überträgst das layout vorher(negativ layout)
> so dass sich das kupfer nur dort absetzt wo du später die leiterbahne
> haben willst
> erspart das ätzen

Das geht schonmal gar nicht, da alle Leiterzüge miteinander verbunden 
sein müssen, dmait in der Galvanik überhaupt etwas wächst. Um Ätzmittel 
zu sparen (Und Galvanikzeit sowie Kupfer) macht man es in der 
Serienfertigung so, daß man mit dünnerem Grundkupfer startet und nur 
selektiv aufkupfert. Das jedoch erfordert einen 2 stufigen 
Galvanikprozess, denn nach Entfernung des Fotoresists muss das 
aufgekupferte Kupfer ja gegen das Ätzmedium, welches das Grund kupfer 
abätzt abgeschottet werden. In der Serie macht man das z.B. mit Zinn.

: Bearbeitet durch User
von BT (Gast)


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Hallo,

wie wäre es denn mit einem MID (Molded Interconnected Device)?

Hier mal ein Beispiel:
http://www.cis-europe.eu/molded-interconnect-devices.html


Gruß
BT

von Christian B. (luckyfu)


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Ich möchte aber behaupten, daß Starrflex und Semiflex in 
Einzelstückzahlen oder Klein(st)Serien um Längen Billiger ist als das.

von Reinhard Kern (Gast)


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Christian B. schrieb:
> Dazu bedarf es organischer Chemie, welche das
> Epoxydharz leitfähig macht.

Dazu braucht man keine organische Chemie. Der Aufschluss von Epoxidharz 
erfolgt z.B. mit Schwefelsäure, als Keime für die stromlose Abscheidung 
wird meistens Palladium verwendet, Silber geht auch. Es gibt zwar 
chemische Kupferbäder mit Tartrat, aber auch welche mit 
Natriumhypophosphit - also alle wesentlichen Schritte funktionieren mit 
anorganischer Chemie. Nur der Korrektheit halber, für den 
Leiterplattenbastler ist die ganze Technologie nicht wirklich 
einsetzbar.

Wenn man es ganz genau nimmt: das Epoxidharz wird NIEMALS leitfähig. Das 
wäre auch sehr nachteilig.

Gruss Reinhard

von Christian B. (luckyfu)


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Das mag ja alles so stimmen, ich kenne es jedenfalls anders.

Ich kenne es so, wie beschrieben: Löcher bohren ins BM, dann desmear, 
(um das Epoxydharz etwas zurückzu"ätzen" und danach kam die Platine in 
ein Bad mit Organischer Chemie. Diese hat das Epoxydharz selbst mittels 
komplexbildung leitfähig gemacht (wurde sichtbar schwarz) danach kam die 
Platine so wie sie war ins Galvanikbad, ok, vorher noch Fotoresist 
drauf)

Ergebnis: Alle offenliegenden Epoxydharz Stellen waren anschließend 
verkupfert, auch an den Seiten.

Sicherlich geht es auch mit Palladium, aber in der Firma, in der ich 
gearbeitet habe wurde es eben nicht so gemacht. Meines Wissens ist die 
Palladiumgeschichte teurer. Genau hab ich das aber nie hinterfragt, da 
ich kein Chemiker bin.

von CNC (Gast)


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Bei octamex.de gibt es Platinenmaterial in 0,125 mm mit 35µm Kupfer 
drauf.
Ist in etwas flexibel wie ein Heftumschlag.

von Reinhard Kern (Gast)


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Christian B. schrieb:
> Diese hat das Epoxydharz selbst mittels
> komplexbildung leitfähig gemacht (wurde sichtbar schwarz) danach kam die
> Platine so wie sie war ins Galvanikbad, ok, vorher noch Fotoresist
> drauf)

Dann hätte die fertige Platine eine leitfähige (Epoxid) Oberfläche und 
wäre vollkommen unbrauchbar.

Gruss Reinhard

von Christian B. (luckyfu)


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wieso denn das?
Das Basismaterial hat beidseitig eine Kupferfolie.
diese wird im 1. NC mit Löchern gespickt. Diese Löcher werden dann 
entsprechend Leitfähig gemacht. Danach geht's zum Fotoresist, dann ins 
Galvanikbad. Am Ende des Bades wird der resist entfernt und das 
vollflächige Grundkupfer weggeätzt. Wieso sollte das epoxyd, welches von 
diesem bedeckt war leitfähig sein?

Tut mir leid Reinhard, aber diesen Prozess hab ich tausende Male schon 
so organisiert.

: Bearbeitet durch User
von Reinhard Kern (Gast)


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Christian B. schrieb:
> Diese Löcher werden dann
> entsprechend Leitfähig gemacht.

Soweit Ok. Es gibt aber keinen chemischen Prozess, der Epoxid leitfähig 
macht, man kann nur auf der Oberfläche der Löcher was Leitfähiges 
abscheiden.

Schwarze Färbung könnte für kolloidales Silber sprechen, das wurde mal 
eingeführt, war aber weniger zuverlässig als Palladiumkeime. Im übrigen 
bilden die auch keine leitfähige Schicht, sie katalysieren nur die 
nachfolgende Abscheidung von Chemisch Kupfer. Wurde hier und auf 
Herstellerseiten schon hundertemal beschrieben.

"Leitfähiges Epoxid" ist wahrscheinlich nur eine falsche Begriffsbildung 
von Nicht-Chemikern. Es gibt zwar leitfähige Kunststoffe, aber nicht auf 
Epoxid-Basis.

Gruss Reinhard

PS wahrscheinlich hast du das einfach mit dem üblichen Schwarzoxidieren 
der Kupfer-Oberflächen verwechselt.

von Chris P. (Firma: Eigenbau) (revers)


Angehängte Dateien:

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Mir sind gerade 2 verschiedene Möglichkeiten in die Finger gefallen.

Das eine ist die Platine anritzen, das andere ist abfräsen o.ä. um 
dadurch die Platinendicke zu reduzieren.

Vielleicht kann man auf den Bildern was erkennen. Nur ist hier der 
Radius ein wenig kleiner könnte aber auf größeres adaptiert werden.

von Christian B. (luckyfu)


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Reinhard Kern schrieb:
> PS wahrscheinlich hast du das einfach mit dem üblichen Schwarzoxidieren
> der Kupfer-Oberflächen verwechselt.

Ganz sicher nicht!

Und Silber wurde in dem ganzen Fertigungsprozess nicht eingesetzt.

Der mir bekannte Herstellprozess ist hier: 
http://www.microcirtec.de/_DE/Ect_Pdf_Zip/00_schulungsblaetterD.pdf auf 
Seite 107 und auf Seite 111 im näheren beschrieben. Es tut mir Leid 
Reinhard, aber du bist eben auch nicht allwissend. Wie ich bereits 
schrieb, hab ich jahrelang (u.a.) die Arbeitsabläufe der LP Herstellung 
nach diesem Verfahren bei einem der größeren deutschen LP Herstellern 
erstellt.
Es handelt sich um eine Organische Komplexbildung, welche eine 
Leitfähigkeit auf der Harzoberfläche erzielt. Die ist wiederum 
ausreichend, um in der Galvanik Kupfer abscheiden zu können. Dabei 
wächst das Kupfer von außen nach innen in die Wandung. Spezielle Zusätze 
im Galvanikbad und die Strom/Spannungsform beim Galvanisieren sorgen für 
eine halbwegs gleichmäßige Schichtdicke. Das funktioniert ganz gut im 
Bereich von 20-25µm abgeschiedenem Kupfer in der Lochwandung. Darüber 
und darunter ist das Ergebnis nicht ideal, was bedeutet: die 
Ausschußquote steigt.

@TO:

Das erste scheint mir die Wirelaid oder HSMTech genannte Fertigungsart 
zu sein, dabei werden Kupferdrähte in die LP eingebaut welche dann über 
den Biegebereich die Stromtragfähigkeit garantieren. Das 2. Bild scheint 
das schon angesprochene Semiflex Verfahren zu sein.

: Bearbeitet durch User
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