Forum: Ausbildung, Studium & Beruf FH oder Uni?


von Kevin (Gast)


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Guten Tag liebe Forenmitglieder,

ich habe mir vor wenigen Wochen schon einmal in diesem Forum einen Rat 
eingeholt, als ich vor der Entscheidung zwischen Ausbildung und Studium 
stand. Nach der Entscheidung für ein Studium stehe ich jetzt allerdings 
vor einer mindestens genauso schwierigen Entscheidung: FH oder Uni?

Eigentlich hatte ich meine Entscheidung schon getroffen, da ich 
Informatik an der FH Dortmund studieren wollte. Sie genießt einen guten 
Ruf unter den FHs und ist gut mit der Bahn zu erreichen. Allerdings 
scheinen FHs alles andere als gut angesehen zu sein. Hier im Forum hört 
man desöfteren, dass die FH nur eine Uni für doofe ist.

Während sich FHler selber als "Macher" bezeichnen, bezeichnen alle 
anderen sie als Fachidioten. Auch dieser Flyer 
(http://www.fh-dortmund.de/de/fb/4/medien/pi_flyer.pdf) der FH ist nur 
wenig hilfreich dabei, dieses Vorurteil zu widerlegen. Der hört sich für 
mich nämlich ganz nach Programmier-AG in der Schule an. Ein heranzüchten 
von Java-Fricklern und Code Monkeys. Gekrönt wird das ganze noch durch 
Formulierungen wie "Graue Theorie war gestern".

Ich selber müsste allerdings schon alleine aufgrund meines fehlenden 
Abis an eine FH. Zum Glück gibt es die Möglichkeit auch mit 
Fachhochschulreife an manchen Unis zu studieren. Eine dieser Unis ist 
die Uni Paderborn. Ich habe auch schon die Modulhandbücher dieser zwei 
Hochschulen verglichen und mir ist aufgefallen, dass viele interessante 
Themen (z.b. Komplexitätstheorie) an der FH, anders als an der Uni, erst 
im Master behandelt werden.

Um eine Chance auf Annahme bei der Uni Paderborn zu haben, muss ich 
besondere Leistungen in der Schule erzielen und Tests in Englisch, Mathe 
und Deutsch an der Uni ablegen. In den Arbeiten der Hauptfächer hatte 
ich bis jetzt noch keine 3 oder schlechter. Mündlich beteiligt habe ich 
mich am Unterricht jedoch auch nicht allzu viel. Ich müsste daher früh 
genug Bescheid wissen, für welche Hochschule ich mich entscheide, um 
meine Noten entsprechend anzupassen.

Letztendlich frage ich mich jedoch, ob dieser Aufwand sich überhaupt 
lohnt. Schließlich ist die FH Dortmund unter ihrer Art der Hochschule, 
anders als die Uni Paderborn, eine der besten. Außerdem haben es 
Abiturienten einfacher an der Uni Paderborn genommen zu werden als an 
der FH Dortmund. Auch ist zu bedenken, dass beide Hochschulen die 
gleichen Abschlüsse vergeben. Ist es daher vielleicht nicht sogar egal 
wo ich studiere?

Möglichst vermeiden möchte ich jedoch, mein restliches Leben als 
SAP-Zombie verbringen zu müssen. Wenn eine Laufbahn an der Uni dies 
vermeidet, dann strenge ich mich noch einmal in der Schule an, um an der 
Uni genommen zu werden. Lieber ein halbes Jahr SAP an der Schule, als 
mein restliches Leben!

Mit freundlichen Grüßen Kevin

: Gesperrt durch User
von Antimedial (Gast)


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Jeder ist seines eigenen Schicksals Schmied. Die Wahl der 
Ausbildungsstätte ist nicht so entscheidned wie manche dich glauben 
machen wollen. Wenn dich die graue Theorie so interessiert, kannst du 
sie auch als FH-Student lernen. Schließlich gibt es Bücher, und die 
Grundlagen bekommst du auch an der FH.

von sdf (Gast)


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Ich habs so gemacht:

Bachelor an der FH, Master an der Uni. Ist doch ein prima Kompromiss.. 
und nebenher sein Geld als Werkstudent verdienen.w

von Floh (Gast)


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Wo willst du denn hin? Was willst du später machen? Theorielastig oder 
praktische Arbeiten (Programmieren)?
Wenn das klar ist, kannst du den Studiengang an der HS/Uni nehmen, der 
am meinsten dazu passt.
Die ganze Diskussion Uni vs. HS ist sinnfrei, da es auf die jeweiligen 
Interessen ankommt. Beides wird gebraucht.

von yannik (Gast)


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Auch ich kann bestätigen, dass viele die es an der Uni nicht schaffen an 
die FH wechseln und dort dann den Abschluss schaffen (kann natürlich 
auch daran liegen, dass diese Leute dem Studium eine höhere Priorität 
beigemessen haben)

von FH'ler (Gast)


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Am Ende kochen doch alle nur mit Wasser und müssen sich in der Praxis 
beweisen...

Ich habe meinen Bachelor an einer FH gemacht (Technische Informatik) und 
mache gerade ein Praktikum in Japan, wo ich mich mit den Absolventen von 
japanischen Eliteuniversitäten messen darf.
Dabei verstehen die Japaner nicht den Unterschied zwischen FH und Uni. 
Da es in Japan keine FH gibt denken alle, dass ich einen 
Universitätsabschluss habe (der einzige Unterschied ist, dass Japaner 4 
und nicht 3 Jahre studieren - die lernen ein Tick mehr).
An der FH habe ich weniger im Bereich Mathematik gelernt und muss daher 
mehr Zeit in das Lösen der mathematischen Aufgaben stecken, als die 
japanischen Kollegen. Ok, da sind sie wesentlich schneller.
An der FH habe ich jedoch praktisches Arbeiten und Grundlagen von 
Technologien gelernt. Ich brauche daher nur zwei Tage um mich in eine 
neue Technik einzuarbeiten. Die japanischen Kollegen von den 
Eliteuniversitäten brauchen dafür ein Tick länger...
Kurzum: Ich brauche zwar bei ein paar kleinen Teilen länger, schließe 
jedoch die gleichen Projekte in einem Fünftel der Zeit ab, habe dabei 
eine bessere Dokumentation und das Ergebnis lässt sich auch leichter von 
anderen nachvollziehen.

Sorry, aber Universitäten sind genau so für'n Arsch, wie die 
Fachhochschulen. Am Ende kommt es auf die Person drauf an!

P.S.: Heute durfte ich mit einem Doktor der Physik zum Mittag essen 
gehen. Er hat das Geld erstmal für alle ausgelegt und danach wurde 
abgerechnet. Der Herr Doktor war an einer Eliteuniversität und durfte 
auch schon Fachvorträge am CERN halten.
Kurzum: Mit grundlegenden Rechnung bezüglich Geld (also Grundlagen BWL) 
war es dann nicht soweit bei ihm und ich habe umgerechnet 4 Euro weniger 
für mein Essen bezahlt (wer ist da wohl die vertrauenswürdigerer 
Führungspersönlichkeit für eine Firma: BA FH oder Dr Uni?).

von Karli (Gast)


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Die Frage "FH oder Uni" wird erst dann sinnvoll, wenn klar ist, wohin 
man will.

Mal abgesehen davon, daß es wirklich ein soziales Gefälle und einen 
Niveau-Unterschied zwischen FHs und Universitäten gibt, sind auch >95% 
Leute mit
Universitätsabschluß gezwungen, sich die Hände schmutzig zu machen.

Hochabstraktes Wissen aus Berechenbarkeits- und Komplexitätstheorie 
werden
die wenigsten brauchen, wenn sie nicht in der Forschung oder z.B. bei 
Google als Architekten tätig sind. Alle anderen müssen sich praktisch 
spezialisieren und das passiert über viele Jahre hinweg nach dem 
Studium. Um z.B. ein profilierter Java-Architekt zu sein, reicht die 
Hochschulausbildung nicht aus.

Es ist in anderen Bereichen nicht anders: Die Tatsache, daß die hohen
Führungskräfte in der Wirtschaft fast alle an der Universität BWL 
studiert haben, sollte einen durchschnittlichen BWL-Studenten nicht 
glauben lassen, daß er nach Bestehen seiner "endschweren" Prüfungen für 
eine hohe Position prädestiniert ist. Auch das große Latinum nützt einem 
wenig bis nichts, wenn man anschließend bei der örtlichen Sparkasse 
arbeitet und nur wenige Lateinlehrer als Kunden hat. Das Wissen um die 
europäische Geistesgeschichte bringt vielen auch nicht viel mehr als 
gelegentlich ein gutes Trinkgeld nach längeren Taxifahrten.

Um richtig weit zu kommen, braucht man eine gute Allgemeinbildung, die 
Beherrschung des Knigge und souveränes Auftreten. Den Beweis des 
Halteproblems der Turing-Maschine oder den Unterscheid zwischen NP-hart 
und NP-vollständig aus dem Stegreif ausführen zu können, führt wenig zur 
Profilierung bei, wenn man nicht gerade im Hörsaal oder in der Prüfung 
ist. Da ist Small- und Businesstalk wichtiger.

"SAP-Zombies" haben sehr oft hohe formale Abschlüsse, es gibt viele, die 
einen Dr. in Mathematik oder Physik haben. Die Entscheidung ist halt, ob 
man eher der Nerd-Typ ist, der sich unbedingt der aktuellen Technik 
beschäftigt, dafür nicht so sprachgewandt ist und politischen Themen 
lieber aus dem Weg geht, oder ob man sich im Business-Feld wohlfühlt, 
gerne (re)präsentiert und sich an der großteils veralteten und 
umständlichen Plattform nicht stört. Ein mathematisches Genie, das nicht 
auftreten kann, ist außerhalb der Wissenschaft kaum wertvoller als ein 
Dampfplauderer ohne analytische Fähigkeiten.

von genervt (Gast)


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Karli schrieb:
> sind auch >95% Leute mit
> Universitätsabschluß gezwungen, sich die Hände schmutzig zu machen.

Vor allem im Bereich "Informatik" müssen die Leute dann "aufpassen", 
dass ihnen die Fachinformatiker nicht die Butter vom Brot nehmen.

von Karli (Gast)


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FH'ler schrieb:
> P.S.: Heute durfte ich mit einem Doktor der Physik zum Mittag essen
> gehen. (...)
> Kurzum: Mit grundlegenden Rechnung bezüglich Geld (also Grundlagen BWL)
> war es dann nicht soweit bei ihm und ich habe umgerechnet 4 Euro weniger
> für mein Essen bezahlt

Sowas kann auch einem zerstreuten Wirtschaftsprofessor passieren.

von Seano L. (Gast)


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Kevin schrieb:
> Möglichst vermeiden möchte ich jedoch, mein restliches Leben als
> SAP-Zombie verbringen zu müssen. Wenn eine Laufbahn an der Uni dies
> vermeidet, dann strenge ich mich noch einmal in der Schule an, um an der
> Uni genommen zu werden. Lieber ein halbes Jahr SAP an der Schule, als
> mein restliches Leben!
Ach Gottchen wie grün hinter den Ohren. Typische überhebliche 
Erstsemstersprüche, wenn sie dann mal fertig sind merken sie Kinder, 
dass ihr Theoriewissen praktisch kaum nachgefragt wird, auch wenn der 
Dummprof ausm Unielfenbeinturm der noch nie in der Wirtschaft gearbeitet 
hat, 100 mal was anderes erzählt hat; und wenn dann extrem mies bezahlt 
(halbe Assi-Deppenstelle an der Uni u.ä., Forschungsabt. im Konzern aber 
dennoch relativ mies bezahlt). Manche merken dann nach wenigen Jahren 
Selbstkasteiung, dass die SAP-Jobs vielleicht doch die bessere Wahl 
sind, vor allem wenn man ne Olle daheim hat die nicht völlig 
anspruchslos ist. SAP-Jobs sind unsexy, bringen aber 
überdurchschnittlich viel Geld in die Kasse und das regelmässig, 
zuverlässig vermutlich bis zur Rente, besser als Regalauffüller oder 
Forschungsdepp mit tickendem Schleudersitz an der Uni. Wenn die Kohle 
stimmt fass ich auch ABAP an und rede mit BWLern. Naja gut ich geb es zu 
inzw. bin ich wieder weg von der SAP-Schiene aber wer die Möglichkeit 
hat in dem Bereich Fuss zu fassen sollte es machen, kann ich nur 
empfehlen es wenigstens mal auszuprobieren, an das regelmässig hohe 
Gehalt gewöhnt man sich ziemlich schnell und will das auch nicht mehr 
missen, die Alternativen sind meist wesentlich schlechter bezahlt und 
mit absolut null Perspektive um sich weiterzuentwickeln.

von Karli (Gast)


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Schwen Gel schrieb:
> SAP-Jobs sind unsexy, bringen aber
> überdurchschnittlich viel Geld in die Kasse und das regelmässig,
> zuverlässig vermutlich bis zur Rente, besser als Regalauffüller oder
> Forschungsdepp mit tickendem Schleudersitz an der Uni. Wenn die Kohle
> stimmt fass ich auch ABAP an und rede mit BWLern.

Exakt. Rasieren, duschen, Anzug anziehen und vor den BWLern als 
wichtiger Experte auftreten und Ihnen teuer verkaufen, was sie haben 
wollen.

Die Vorstellung, daß man nach dem Studium mit dem gleichen Aufgaben, wie 
man in den Klausuren hat, plötzlich Geld verdient (also quasi 
theoretische Informatikaufgaben lösen und dann fett Kohle dafür 
kriegen), ist in der Tat unreif.

von Kevin (Gast)


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Karli schrieb:
> Die Vorstellung, daß man nach dem Studium mit dem gleichen Aufgaben, wie
> man in den Klausuren hat, plötzlich Geld verdient (also quasi
> theoretische Informatikaufgaben lösen und dann fett Kohle dafür
> kriegen), ist in der Tat unreif.

Unreif? Vielleicht. Aber trotzdem nicht ganz undenkbar.
Ich will ja auch garnicht für theoretische Informatik bezahlt werden. 
Aber gibt es diese typischen Studenten, diese linksliberalen 
Revolutionäre, auch an FHs? Ich meine damit Leute die coole Startups 
gründen und sowas. So typisch 68er-Bewegung halt.

von zeit (Gast)


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Hallo Kevin,

lass dich nicht irritieren. Wichtig ist das Du das machst was dich 
wirklich interessiert. Wenn du glaubst das die Uni deinem wirken näher 
ist melde dich dort an und gucke wie es dir gefällt. Sicher ist das 
Forum kein Spigel der Gesellschaft aber du merkst wie einige über FHs 
denken und schreiben. Ich möchte dir aber sagen das dies mit der 
realität wenig zu tun hat und dich in der Industrie keiner mehr nach dem 
Abschluss bewertet(spätestens nach ein paar Jahren Berufserfahrung) 
sondern lediglich an Deinen Leistungen.

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