Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Umbau des Preheaters Aoyue853


von Kai K. (klaas)


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Für den Rework von SMD-Platinen verwende ich den Preheater Aoyue853. Der 
soll die Platine gleichmäßig auf eine Temperatur von etwas über rund 
100°C durchwärmen, wozu ein Luftstrom von rund 150°C an der Unterseite 
der Platine nötig ist. Die Unterseite wärmt sich dann auf rund 130°C auf 
und auf der Oberseite kommt noch rund 100°C an. Die Differenzen erklären 
sich durch den recht punktförmigen Luftstrahl und die Wärmeleitung 
aufgrund der Massefläche(n) der Platine.

Eigentlich sollte die Platine mit diesen Temperaturen keinen Schaden 
nehmen, da die Tg der Platine bei dieser einfachen Rechnung nicht 
überschritten wird. Beim Experimentieren habe ich dennoch Schäden 
entdeckt und dann mal mit einem schnellen Temperaturfühler die 
Temperatur des Luftstroms gemessen. Zu meinem Erstaunen schwankte dabei 
die Temperatur um 50°C zwischen Minimal- und Maximaltemperatur während 
dem Regeln, während die Regelperiode des Heizers etliche Sekunden 
betrug. Die Maximaltemperatur kann also doch kurzzeitig deutlich über 
der Tg der Platine liegen und diese schädigen.

Grund für die Trägheit ist aber nicht die Elektronik, sondern der 
Temperaturfühler mit seiner Verklebung selbst. Ich habe daher 
beschlossen, die Regelung zu ändern. Als neuen Temperaturfühler verwende 
ich eine Siliziumdiode, hier eine 1N4151, die ich über einen 1k 
Widerstand an die interne 5V hänge. Die Flußspannung ist dann ein Maß 
für die Temperatur. Da ich den Preheater ausschließlich für 150°C-Zwecke 
einsetze, ist ein solche Siliziumdiode problemlos einsetzbar. Ansonsten 
verwende ich die bereits vorhandene Elektronik, die ich nur geringfügig 
modifiziere:

1. Der 1M5 Vorwiderstand wird durch 1k ersetzt.

2. Statt des eingebauten Temperaturfühlers wird an die Platine die 
1N4151 angeschlossen.

3. Die beiden "+" und "-" Eingänge des als Komparator geschalteten LM358 
werden miteinander vertauscht. Die Einstellcharakteristik des Potis ist 
nun umgekehrt: Im Uhrzeigersinn gedreht wird es kälter.

4. Die Verstärkung des Sensorverstärkers wird auf Faktor 5 reduziert, 
also 1k vom "-" Eingang nach Masse und 3k9 in die Gegenkopplung. Der 
vorhandene Trimmer wird kurzgeschlossen.

5. Mit Hilfe der beiden Abgleichtrimmer über und unter dem Einstellpoti 
wird der einstellbare Temperaturbereich auf rund 100...200°C 
eingeschränkt. Schätzwerte für die entsprechenden Flußspannungen der 
1N4151 findet man hier:

http://thomaspfeifer.net/laminator_temperatur_regelung.htm

Die Bildchen im Anhang zeigen, daß ich zwei stabile Drähte an der 
Zylinderwandung der Heiztrommel mit Kabelbinder festzurre und dort 
später die 1N4151 Diode festlöte. Die Wand der Heiztrommel wird nicht 
sehr heiß, sodaß ein normaler Kabelbinder ausreicht. Man kann natürlich 
auch eine 105°C-Ausführung wählen. Die Diode sitzt rund 5mm über der 
Oberfläche der Heiztrommel.

Zur Sicherheit:

Die Umbauten erfordern natürlich Erfahrung, da der Heizer mit 
geschalteten 230V betrieben wird! Zwischen den 230V und der 
Regelungselektronik ist kein ausreichernder Sicherheitsabstand vorhanden 
und der Preheater ist in Schutzklasse I gebaut. Also darf die 1N4151 
nicht berührbar sein. Ich habe über der Diode deshalb noch ein geerdetes 
Lochblech montiert, das in den Bildern aber nicht zu sehen ist!

Lohn der Mühe ist eine Reduzierung der Temperaturschwankung der 
eingeschwungenen Regelung von 50°C auf 5°C!

von Magnus M. (magnetus) Benutzerseite


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Kai Klaas schrieb:
> Zu meinem Erstaunen schwankte dabei die Temperatur um 50°C
> zwischen Minimal- und Maximaltemperatur während dem Regeln,

Das geht ja direkt noch. In meiner Arbeit haben wir eine 
Heissluftstation, die die vorgegebene Temperatur permanent um mehr als 
100°C überschreitet. Ich hatte mich bereits bei den ersten Lötversuchen 
über die Rauchentwicklung gewundert.

Der Link zum Übeltäter:

http://www.reichelt.de/Diverse-Rework-Stationen/STATION-ZD-939L/3//index.html?ACTION=3&GROUPID=4288&ARTICLE=90914&SEARCH=heissluft&SHOW=1&OFFSET=16&;

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von Kai K. (klaas)


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>Das geht ja direkt noch. In meiner Arbeit haben wir eine
>Heissluftstation, die die vorgegebene Temperatur permanent um mehr als
>100°C überschreitet.

Ach Gott! Ich verwende die 899A+ von Aoyue und bin recht zufrieden. Aber 
wenn sich der Luftstrahl auf der Platine oder an Beuteilen staut, kann 
auch dort die Temperatur einige 10 Grad über dem angezeigten Wert 
liegen. Wer also mit 300°C arbeitet und denkt, die Platine wird nie 
heißer als 250°C, der irrt.

Ich habe natürlich auch beim Heißluftlöten Messungen mit dem schnellen 
Temperaturfühler gemacht und war überrascht wie schnell die Temperatur 
ansteigen kann, vor allem, wenn man mit kleiner Düse und in kleinem 
Abstand über die Platine wandert. Verglichen mit den empfohlenen 3°C pro 
Sekunde beim Reflow-Löten kann das doch auch ordentliche 
Temperaturschocks geben.

Ich habe deshalb beim Löten den Abstand von der Platine deutlich 
vergößert, so rund 15mm dürften das jetzt sein. Gleichzeitig habe ich 
die Temperatur drastisch reduziert, bis auf rund 220°C, wenn bleihaltig. 
Selbst mit Luftstau komme ich praktisch nie über 250°C. Außderdem 
versuche ich hektische Bewegungen zu vermeiden und das Teil nur langsam 
über die Platine zu ziehen. Das Löten dauert jetzt zwar deutlich länger, 
aber die Gefahr von Temperaturschocks ist erheblich reduziert. In den 
Videos, die im Netz kursieren, in denen die Düse rekordverdächtig 
schnell über die Platine rast und das Lötzinn beinahe augenblicklich 
aufschmilzt, wird meiner Meinung nach mit völlig irrsinnig hoher 
Temperatur gearbeitet. Das gibt die gleichen Temperaturschocks wie beim 
Kolbenlöten.

In alten Datenbüchern von NS findet man oft Hinweise zum Rework von 
SOIC-Gehäuse. Dort gibt es zuerst einen Preheating der Platine auf 100°C 
und dann wird mit einem 260°C warmen Luftstrom gelötet. Der Abstand von 
der Düse ist da auch erheblich größer als 5mm.

Bei SMD-Bauteilen wie SMD-PET von WIMA, die eine empfindliche Folie 
haben und nie intern auf über 210°C erhitzt werden dürfen, wird auch der 
Reflow mit maximal 220°C empfohlen. Deswegen denke ich, daß 260°C 
eigentlich auch schon zu viel sind.

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