Forum: HF, Funk und Felder Tempest / Van-Eck-Phreaking


von Fragender (Gast)


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Hi,

ich hab da mal ne Fage ...

Kann man heutzutage Handydisplays, Digicam-Displays und Tablets in denen 
kein Kabel steckt, per Tempest abgreifen?

Wenn ja - aus welcher Entfernung?
1m, 10m, 20m? Geht sowas?
Ist sowas möglich?

MfG
Fragender

von Jasch (Gast)


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Fragender schrieb:
> Hi,
>
> ich hab da mal ne Fage ...
>
> Kann man heutzutage Handydisplays, Digicam-Displays und Tablets in denen
> kein Kabel steckt, per Tempest abgreifen?

Kein Kabel? Das dürfte eher unmöglich sein, natürlich ist da ein 
Flachkabel dran. Ist nicht soo lang, aber Kabel ist Kabel...

> Wenn ja - aus welcher Entfernung?
> 1m, 10m, 20m? Geht sowas?
> Ist sowas möglich?

Ja. Details dürften geheim (militärisch oder kommerziell) sein, 
ausserdem hängt das auch vom Gehäuse (Metall oder Plaste), verwendeter 
Schnüffeltechnik (evtl. mal bei Rohde & Schwarz oder so anfragen ;-) 
etc. pp. ab.

Das ist aber wahrscheinlich kein echtes Problem, an Deine Daten kommen 
"Sie" sehr wahrscheinlich sehr viel einfacher dran. Siehe z.B. 
http://www.heise.de/newsticker/meldung/Sicherheitsforscher-weist-auf-Hintertueren-in-iOS-hin-2263888.html 
.

von Michael Hayden (Gast)


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Zuerst einmal die Funktionsweise des Van-Eck Phreakings:
Jede elektrische Aktivität erzeugt ein Feld, das man von woanders wieder 
auffangen kann. Das ist im Wesentlichen nicht örtlich begrenzt. Es kommt 
nur auf die Stärke des Signals, das Rauschen (andere Geräte in der 
Umgebung), den Empfänger und den Filter an, ob oder aus welcher 
Entfernung man etwas abgreifen kann.
Ein Kabel am Display erhöht die Abstrahlung der Signale und macht es 
damit einfacher das Signal einzufangen. (Tatsächlich ist das Kabel die 
Haupt-Signalquelle).
Sehr einfach lässt sich z.B. ein PAL-Signal oder einzelne Farben eines 
VGA-Bildschirms empfangen.
Andererseits kann ich die Signale eines bestimmten Monitors (wenn 
mehrere da sind) nur abgreifen, wenn ich 1. Sehr Gute (Richt-)Antennen 
habe und 2. Das Signal aufwendig bearbeite.

Realistisch betrachtet ist es wohl die teuerste Variante um an 
Informationen zu gelangen. So etwas lohnt sich nur bei bestimmten 
Zielen.
Dich (also den Durchschnittsbürger) kann man ganz einfach 
"ausspionieren", in dem man einfach aufs Facebook-Profil schaut, oder 
auf das deiner Freunde.
Eine Konzernchef hat sicher eine Sekretärin, die mit der richtigen 
"Verhörtechnik" ein paar Details fallen lässt.
Einen Politiker, der fröhlich auf seinem privaten nicht Kryptohandy 
Regierungsgeschäfte tätigt, oder auf seinem Windows-PC seine E-Mails 
tippt, oder einfach nur käuflich ist kann man auch recht einfach Infos 
entlocken.
Und wenn man dann auch noch das gesamte Internet überwacht braucht man 
auch nicht mehr einzelne Monitore überwachen.

von Günter R. (guenter-dl7la) Benutzerseite


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Ich tendiere dazu, dass es sich hier um eine urban legend handelt, wenn 
man nicht gerade direkt neben dem zu interzipierenden Gerät sitzt. 
Beobachtet man das in Städten völlig zugemüllte Spektrum im 
Video-Basisband und die Streueigenschaften von Gebäuden samt Innen- und 
Außenverdrahtung, empfange ich zweifellos sehr sehr vieles, aber aus dem 
Summensignal da noch das Video eines_ _einzelnen_ dedizierten Monitors 
von vielen im selben Raum herausfiltern zu können (wenn sie alle auf 
fast derselben H- und V-Frequenz 'senden'), fällt mir schwer zu glauben, 
Die FBAS-Zeiten des C64 und VGA sind ja nun schon lange vorbei.

Dem nichtsahnenden Politiker kann die Lobby natürlich alles verkaufen, 
ist ja nicht sein Geld und die Wirtschaft will auch leben...

von HF-Werkler (Gast)


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Wie wäre es denn damit, auch mal die Welt ausserhalb der Kurzwelle zu 
betrachten?

Wozu das Basisband empfangen, wenn jeder Montor eine Vielzahl von 
Harmonischen des Pixelclocks mit der "Modulation" der Nutzdaten erzeugt?

Warum grosse Antennen herumschleppen, wenn gerade die höheren 
Harmonischen bessere Richtantennen möglich machen?

Auch schon daran gedacht, dass bei extremem Breitbandempfang die Summe 
der harmonischen Abstrahlungen im Zeitbereich gefiltert werden könnten 
(Korrelation/Phasensynchronität)?

Solange der "Zubringer" zum Monitor/Display Treiber nicht verschlüsselt 
ist, wird auch dieses Kabel etwas abstrahlen (gerade bei den Vielfachen 
des Clocks), und dort sind die Daten genauso seriell, wie im FBAS 
Signal.

Und das ist nur der kleine Teil der "passiven" HF-basierten 
Möglichkeiten, Signale zu "belauschen". Dass der Aufwand nicht auf jedem 
Basteltisch Platz hätte, ist kein Grund, das es nicht ginge.

von MaWin (Gast)


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Fragender schrieb:
> Ist sowas möglich?

Statt Van Eck war es (gerade bei Farb-) Bildröhren einfacher, die 
Helligkeit zu scannen, denn der über den Bildschirm wandernde Strahl 
hinterliess markante Helligkeitsänderungen im Raum, bei PAL mit ca. 
3MHz, die man wieder zu einem (Farb-)Bild zusammensetzen konnte.

Das ist heute nicht mehr so einfach, da Daten parallel digital 
übertragen werden und Bildschirminhalte flächenmässig ersetzt werden.

Displays sind also nicht mehr so einfach abzuhören, Touchscreens sind 
nicht mehr so einfach (akustisch) zu erfassen wie Tastaturen, aber dein 
Smartphone, IP-Fernseher oder Tablet ist sowieso ab Werk verwanzt und 
liefert seine Daten direkt, der alte Aufwand ist nicht mehr nötig, die 
Leute freuen sich wenn über ihrer WebCam das rote Licht angeht "endlich 
im Fernsehn" und liefern sowieso jeden Schritt den sie machen über 
Facebook aus.

von HF-Werkler (Gast)


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MaWin schrieb:
> Fragender schrieb:
> Das ist heute nicht mehr so einfach, da Daten parallel digital
> übertragen werden ...
Soso, die Daten kommen also Parallel?

Da gibt es einiges an Schieberegister in der Anzeigekette, bis die Daten 
"Parallel" je Zeile aufbereitet sind. Nicht umsonst sind z.B. die 
DVI-Kabel für ein paar GBit/s ausgelegt. Die Übertragung ist ebenfalls 
bis zum Treiberbaustein auf dem Glas wunderschön seriell.

von Michael Hayden (Gast)


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Fakt ist: Es geht. Und zwar mit jedem beliebigen Signal. Es ist eine 
Frage des Aufwands keine Physikalische. Gib mir ein Milliardenbudget und 
ein paar Fachidioten, dann kann ich innerhalb eines Jahres deinen 
Monitorinhalt aus 1km Entfernung erfassen.

von lötnix (Gast)


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Ein deutscher Oxford Professor hat das mal auf dem Messestand einer 
norddeutschen Tempest Firma vorgeführt.
Die hatten sich dann ein LCD oder Plasma eines nicht allzufernen 
Messestandes "angezapft" Als Frontend einen Mikrowellenmessempfänger - 
als Aufbereitung eine FPGA Evaluationsboard mit schnellem ADC. War so 
2006/2007 auf der CeBit oder HMI. Im Jahr drauf nochmals. War ganz nett 
- aufgrund damaliger eigener Beschäftigung mit SDR auf einem FPGA gab es 
viel zu erfahren...

von Günter R. (guenter-dl7la) Benutzerseite


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HF-Werkler schrieb:
> Wie wäre es denn damit, auch mal die Welt ausserhalb der Kurzwelle zu
> betrachten?
>
> Wozu das Basisband empfangen, wenn jeder Montor eine Vielzahl von
> Harmonischen des Pixelclocks mit der "Modulation" der Nutzdaten erzeugt?
>
> Warum grosse Antennen herumschleppen, wenn gerade die höheren
> Harmonischen bessere Richtantennen möglich machen?
>
> Auch schon daran gedacht, dass bei extremem Breitbandempfang die Summe
> der harmonischen Abstrahlungen im Zeitbereich gefiltert werden könnten
> (Korrelation/Phasensynchronität)?
>
> Solange der "Zubringer" zum Monitor/Display Treiber nicht verschlüsselt
> ist, wird auch dieses Kabel etwas abstrahlen (gerade bei den Vielfachen
> des Clocks), und dort sind die Daten genauso seriell, wie im FBAS
> Signal.

Recht hast du, der KW-Bereich ist nur interessant, wenn man das Spektrum 
eines VGA-Kabels interzipieren möchte. Bei den Frequenzen sieht es aber 
schlecht aus.

Aber mal Butter bei die Fische...Ich hab mal eben zum Spaß den 
Mantelstrom des DVI-Kabels meines Monitors dargestellt. Hier in der 
Berliner City liegt allerdings im Bereich der Pixelcklocks blöderweise 
das Spektrum zweier dicker DVBT-Sender und weiter unten sieht es mit der 
Leistung der ca. 20 UKW-Sender erst mal nicht viel besser aus. Selbst 
bei KW sieht man noch einiges wachsen.

Das Kabel ist nichts Besonderes, ca. 1 m lang mit den üblichen 
Ferrit-Mantelstromdämpfern an jedem Ende.

Auch eine FFT mit dem Direktsampler sieht nicht anders aus und 
Änderungen des Bildinhaltes sind natürlich bei DVI-D nicht zu erkennen. 
Wie es bei DVI-A aussieht, kann vielleicht jemand anders mal er-messen. 
Durch die symmetrische Übertragung koppelt da sowieso wenig aus den 
Bitströmen aus; anders bekäme man ja die hohe Datenrate nicht gebacken.

Ich äußere aber mal Zweifel, ob man bei dem Stör-zu-Signal-Verhältnis 
nicht in Schwierigkeiten beim Abhören kommt.

Im Haus gegenüber (25 m) ist hier ein Steuerbüro, dort sitzen zwei Damen 
an wie es aussieht identischen Monitoren. Ob man diese Signale trennen 
könnte und darstellen, was da auf den Schirmen steht?

Selbst mit größeren Antennen hat man ja das Problem der mit höheren 
Frequenzen zunehmender Dämpfung und Mehrfachreflexionen.

Also ich fühle mich mit meinem Kabel ziemlich sicher. Über die anderen 
Lecks denke ich mehr nach.

von Alter Hase (Gast)


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Michael Hayden schrieb:
> Zuerst einmal die Funktionsweise des Van-Eck Phreakings:
> Jede elektrische Aktivität erzeugt ein Feld, das man von woanders wieder
> auffangen kann. Das ist im Wesentlichen nicht örtlich begrenzt. Es kommt
> nur auf die Stärke des Signals, das Rauschen (andere Geräte in der
> Umgebung), den Empfänger und den Filter an, ob oder aus welcher
> Entfernung man etwas abgreifen kann.

Detail: das Abgreifen von Signalen des Datensichtgerätes kam in der Zeit 
der Röhrenmonitore auf. Da sind noch fette Kilovolt aufgebracht worden 
um den Elektronenstrahl abzulenken und abzudunkeln. Das gab auch 
Fett-Felder die einen Antenne locker auffängt. Mit der Zeit der 
Flachbildmonis war es natürlich vorbei mit dicken Trafos in der 
Zeilenablenkeinheit.

Gruß

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