Guten Tag, ich habe jetzt zwar so einige Threads durchforstet, aber bisher keine wirklich befriedigende Antwort über das Zusammenspiel aus Blind- und Wirkleistung gefunden. Wenn Strom und Spannung in Phase sind, ist der Realteil = 1 und somit 100% Wirkleistung. An einem ohmschen Verbraucher tritt nur Wirkleistung auf, also sind Strom und Spannung in Phase. Bei einer Spule oder Kondensator ist die Phasenlage 90° (jeweils vor- oder nacheilend). Das heißt demnach, dass der Vektor im komplexen Zahlenraum eine senkrechte Linie mit der Pfeillänge = Scheinleistung ist. Eine imaginäre stromdurchflossene Spule hätte entsprechend keinen Wirkanteil und könnte damit auch keine Wirkleistung verrichten. Allerdings kann eine Spule beispielsweise eine Lautsprechermembran bewegen, also sehr wohl Wirkleistung abgeben. Irgendwie habe ich da einen Knoten im Kopf. Weiterhin: Eine Phasenlage von 90° sagt ja nichts darüber aus, dass keine Arbeit verrichtet werden kann. Wenn ich mir eine Spule ansehe, so ist für die Entstehung des magnetischen Feldes die angelegte Spannung irrelevant. Und auch für einen Spannungsabfall in einem Widerstand spielt die Phasenlage doch gar keine Rolle, denn eigentlich erzeugt ja der Innenwiderstand den Spannungsabfall. Also kann damit Blindstrom sehr wohl Wirkleistung abgeben. Wieso wird dann allerdings gesagt, dass dem nicht so wäre? Wo ist mein Denkfehler?
Magnetomann schrieb: > Eine imaginäre stromdurchflossene Spule hätte entsprechend keinen > Wirkanteil und könnte damit auch keine Wirkleistung verrichten. > Allerdings kann eine Spule beispielsweise eine Lautsprechermembran > bewegen, also sehr wohl Wirkleistung abgeben. Irgendwie habe ich da > einen Knoten im Kopf. Dann ist es eben keine reine Spule mehr. Die mechanische Leistung erzeugt eine Gegen-EMK, wie bei einem Elektromotor. Magnetomann schrieb: > Und auch für einen Spannungsabfall in einem Widerstand > spielt die Phasenlage doch gar keine Rolle, denn eigentlich erzeugt ja > der Innenwiderstand den Spannungsabfall. Also kann damit Blindstrom sehr > wohl Wirkleistung abgeben. Wenn du den Widerstand einzeln betrachtest, ist Strom und Spannung sehr wohl in Phase. Bei einer Spule hast du nicht exakt 90°, sondern etwas weniger. Das liegt am ohmschen Anteil. Es gibt also einen Wirk- und einen Blindanteil.
>Allerdings kann eine Spule beispielsweise eine Lautsprechermembran
bewegen, also sehr wohl Wirkleistung abgeben.
Deshalb wirst man da auch weniger Phasenveschiebung zwischen Strom und
Spannung messen als man auf Grund des ohmschen Widerstandes der Spule
erwarten würde.
Magnetomann schrieb: > Also kann damit Blindstrom sehr > wohl Wirkleistung abgeben. Du musst es auf den Verbraucher beziehen: dort hast du ein U(t) und ein I(t). Wenn zwischen U und I 90° sind, dann ist der zeitliche Mittelwert aus U(t)*I(t) gleich Null; das ist aber gleichzeitig die Definition der Wirkleistung. Im zeitlichen Mittel nimmt der Verbraucher keine Energie auf. Wird trotzdem Energie aufgenommen, so kann der Winkel eben nicht 90° sein.
Michael W. schrieb: > Wird trotzdem Energie aufgenommen, so kann der Winkel eben nicht 90° > sein. So ist es, denn es fliesst mitunter zwar exakt derselbe Blindstrom, aber eben auch ein zusätzlicher Wirkstrom. Wenn die Quelle den dafür zusätzlicher Strom nicht bringt, bzw die Spannung aufgrund des Innenwiderstandes etwas einbricht, reduziert sich eben die Blindspannung, der Gesamtstrom ab steigt dennoch. Das Ganze kann man sich auch mechanisch vorstellen: Man nehme ein Gewicht, dass an einer Stahlfeder befestigt ist und bewege die Hand rasch auf und ab: Bei einer gewissen Frequenz kann man die Feder jeweils extrem dehnen und komprimieren, ohne, dass sich das Gewicht wesentlich bewegt -> überwiegend Blindenergie, nebst einigen wenigen Verlusten. Die Begeung der Hand hat gegenüber dem Gewicht, fast 90 Grad Vorlauf. Sobald man das Gewicht ins Wasser hält, wodurch mit der Bewegung des Gewichts, erheblich mehr Reibungsenergie verloren geht, als zuvor in Luft, ist das nicht mehr aufrecht zu erhalten. Das Beispiel zeigt auch, warum die Blindleistung mit steigender Frequenz im Grossen und Ganzen wächst.
Magnetomann schrieb: > Wenn Strom und Spannung in Phase sind, ist der Realteil = 1 und somit > 100% Wirkleistung. An einem ohmschen Verbraucher tritt nur Wirkleistung > auf, also sind Strom und Spannung in Phase. Genau anders herum. Weil zwischen Strom und Spannung keine Phasenverschiebung ist, ist alle Leistung Wirkleistung. > Bei einer Spule oder Kondensator ist die Phasenlage 90° (jeweils vor- > oder nacheilend). Das heißt demnach, dass der Vektor im komplexen > Zahlenraum eine senkrechte Linie mit der Pfeillänge = Scheinleistung > ist. > > Eine imaginäre stromdurchflossene Spule hätte entsprechend keinen > Wirkanteil und könnte damit auch keine Wirkleistung verrichten. > Allerdings kann eine Spule beispielsweise eine Lautsprechermembran > bewegen, also sehr wohl Wirkleistung abgeben. Irgendwie habe ich da > einen Knoten im Kopf. Wenn die Spule Arbeit verrichtet, dann ist sie elektrisch keine reine Induktivität mehr. Ein rein passiver Verbraucher im Magnetfeld könnte durch einen Parallelwiderstand modelliert werden. Am einfachsten wird das verständlich, wenn man den "Schmarotzer" als Windung Draht im Magnetfeld ansieht, die Energie aus dem Feld nimmt und in einem Widerstand verbrät. Dann kann man die Standardmodellierung für den Trafo verwenden und den Widerstand auf die Primärseite parallel zur Spule transformieren. Und schon ist die Phasenverschiebung keine 90° mehr, sondern etwas weniger. Allerdings ist eine Lautspechermembran kein passiver Verbraucher (vielleicht wenn sie in einem zähflüssigen Öl schwimmen würde). Die Membran ist selber wieder ein schwingfähiges Gebilde und müßte als Schwingkreis modelliert werden. > Weiterhin: Eine Phasenlage von 90° sagt ja nichts darüber aus, dass > keine Arbeit verrichtet werden kann. Kommt auf die Betrachtungsweise an. Wenn du nur Zeitmomente betrachtest, dann wird in jedem Moment natürlich Arbeit verrichtet. Enscheidend ist das Vorzeichen! Kennzeichen von Scheinleistung ist, daß über einen hinreichend langen Zeitraum [1] die aufsummierten Teilleistungen 0 ergeben. Und bei rein sinusförmigen Größen ist diese Bedingung gleichbedeutend mit der Bedingung einer Phasenverschiebung von 90° zwischen Strom und Spannung. Da läßt die Mathematik nicht mit sich diskutieren. [1] da du anscheinend nur lineare Systeme mit sinusförmiger Anregung betrachtest: ein ganzahliges Vielfaches einer Periodendauer. > Wenn ich mir eine Spule ansehe, so > ist für die Entstehung des magnetischen Feldes die angelegte Spannung > irrelevant. Das mußt du nochmal nachlesen. > Und auch für einen Spannungsabfall in einem Widerstand > spielt die Phasenlage doch gar keine Rolle, denn eigentlich erzeugt ja > der Innenwiderstand den Spannungsabfall. Eben. > Also kann damit Blindstrom sehr wohl Wirkleistung abgeben. Es gibt keinen Blindstrom. > Wo ist mein Denkfehler? Daß du Strom und Spannung als separate, unabhängige Größen betrachtest. Dem ist nicht so. Es ist die Phasenverschiebung zwischen beiden Größen, die bestimmt ob und in welchen Anteilen Wirk- und Blindleistung entsteht. Ob ein Wechselstrom in einem Bauteil Wirkleistung erzeugt, hängt nicht vom Strom allein ab. Sondern ob die an diesem Bauteil entstehende Spannung gegenüber dem Strom phasenverschoben ist oder nicht. XL
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