Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Elektomotor läuft manchmal nicht an.


von Bernd M. (Firma: Privat) (bjjb)


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Hallo Experten,

ich brauch mal euren geschätzten Rat!

Ich habe einen Wechselstrommotor für ein Dachfenster (Fa. WSS, 
http://www.wss.de/, Typ W3s2B-013,  100W, 1000N Hubkraft) welcher ab und 
an nicht mehr anläuft - beide Richtungen. Zuerst dachte ich, dass die 
Welle mechanisch verklemmt, aber nun habe ich ihn ausgebaut und konnte 
das Problem mehrfach ohne last herbeiführen. Ich habe den Motor 
angeschlossen und den Endschalter immer wieder betätigt, wenn der Motor 
zum Stillstand kam habe ich den Keilriemen einfach ein Stück 
zurückgedreht. Bei ca. 1 von 20 Versuchen hat der Motor dann nur noch 
gebrummt wenn ich den Endschalter wieder losgelassen habe. Ein kurzer 
Schubs am Keilriemen und er ist wieder los gelaufen...

Der Hersteller kann sich nicht vorstellen was das Problem sein könnte 
und will gleich mal 80-100€ zum ankucken...

Kann es trotzdem der Anlaufkondensator sein?

Danke und Gruß,
Bernd

von Jens G. (jensig)


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>Kann es trotzdem der Anlaufkondensator sein?
Ja.

von Bernd M. (Firma: Privat) (bjjb)


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Hallo Jens,

danke für deine schnelle Antwort!

Ich war mir nur unsicher weil er eben oft auch geht...dachte der 
Kondensator tut oder halt nicht.
Nur um meine Neugier zu befriedigen...hast evtl. du ne technische 
Erklärung? Verschiebt er das Feld unter Umständen nicht mehr weit genug 
wenn er nicht mehr die volle Kapazität hat oder sowas in der Art?

Danke und Gruß
Bernd

von oszi40 (Gast)


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Bernd Maier schrieb:
> der Anlaufkondensator

Durchaus möglich. Kapazität gemessen? Vorher entladen!
MP-Kondensatoren sind oft "selbstheilend" Das heißt, daß dort, wo der 
Kurzschluss war, ein Stück Metallisierung rausgebrannt wird. Damit sinkt 
natürlich mit der Zeit die Kapazität. Schau Dir das Etikett gründlich 
an! Es gibt dünne Anlaufkondensatoren und dicke Betriebskondensatoren 
für die gleiche Kapazität.

Falls es der Kondensator nicht ist, hast Du evtl. ein mechanisches 
Problem wie ausgeschlagene Lager weshalb der Läufer am Stator schleift?

von Bernd M. (Firma: Privat) (bjjb)


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Hallo Jens,

hab eben mal gegoogelt...der hier isses. Hersteller und Werte sind 
identisch.

http://www.ebay.de/itm/Anlaufkondensator-Motorkondensator-3uF-3-F-450V-KBK-ICAR-/181330271310?pt=Bauteile&hash=item2a38205c4e

Bild vom Motor hab ich mal dran gehängt.

Hab leider kein Messgerät um die Kapazität zu messen.

Gruß
Bernd

von Jens G. (jensig)


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>Ich war mir nur unsicher weil er eben oft auch geht...dachte der
>Kondensator tut oder halt nicht.

Kann eben daran liegen, daß die Kapazität kräftig abgenommen hat, und 
deswegen, je nach Stellung des Rotors, das Moment gerade so noch reicht, 
oder auch nicht.

>Ebay-Artikel Nr. 181330271310

Naja, sieht von der Geometrie her etwas anders aus. Aber wenn Du den 
mechanisch irgendwie reingefummelt bekommst, dann kauf ihn.

von Max M. (jens2001)


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Das ist nicht der Kondensator der kaputt ist.

Kondensatormotore sind Wechselstrommotore und bei denen kann man nicht 
einfach die Drehrichtung ändern indem man den Stecker umdreht!

Um bei einem Kondensatormotor die Drehrichtung zu ändern muss man die 
verschaltung von Hauptwicklung und Hilfswicklung mit Kondensator ändern.
Und dazu dient wohl das Relais das ich auf dem Bild identifizieren kann.
Entweder ist das Relais selbst def. oder in den anschlüssen ist ein 
Wackler.

von René B. (reneb)


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Prinzipiell ist der Anlaufmoment bei einem Motor mit Steinmetzschaltung 
wesentlich geringer im Vgl. zum Anschluss an den echten 3 Phasen.
Wenn jetzt der Kondensator auch noch defekt ist, bzw. keine nennenswerte 
Kapazität mehr hat, dann sieht man durchaus dein Fehlerbild.
Der Nennmoment sackt dann auch erheblich durch.
Den Kondensator den du da siehst ist nicht der Anlaufkondensator. Den 
gibt es bei dir anscheinend nicht, geht ja idR auch ohne. Das ist der 
normale Kondensator in Steinmetzschaltung. Der Anlaufkondensator läge 
dann parallel dazu und würde nach dem Anlauf weggeschaltet.

Bei Lüftern hört sich das z.B. "unrund" an oder der Schlupf wird so 
groß, dass keine ausreichende Luftmenge mehr gefördert wird. Auch hier 
wegen des Momentenverlustes.

Für einen Wicklungsschluss ist das Fehlerbild auch denkbar untypisch. 
Ich gehe daher auch von einem gealterten MPK Kondensator aus. Such mal 
einen "Motorkondensator" mit etwa 8uF/400V, 10uF gehen auch. Kostet auch 
zum Ausprobieren mit Versand idR keine 10€. IMPO auf jeden Fall einen 
Versuch wert.

PS: Die MPK altern auch und halten nur 10000h durch, was etwa einem 
Dauerlauf von 1Jahr entspricht. Bei deinem Verbauort wird sicher auch 
die Temperatur erheblich schwanken, so dass die Alterung dort schneller 
fortschreitet. Dann kannst du pro Jahr zwischen 200 und 1000 
"Betriebsstunden" rechnen, auch wenn er in der Zeit garnicht viel 
gelaufen ist.

Die Richtungsumkehr wird wahrscheinlich durch dein Relais gemacht, 
welches den Kondensator über der dritten Wicklung jeweils "umhängt". 
Dann eilt die Kondensatorgestütze Wicklung dem ersten Paar entweder vor 
oder nach und somit ändert sich die Drehrichtung.

Wie alt ist der Motor und wie oft läuft er in etwa pro Tag?

: Bearbeitet durch User
von Harald W. (wilhelms)


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René B. schrieb:

> Prinzipiell ist der Anlaufmoment bei einem Motor mit Steinmetzschaltung
> wesentlich geringer im Vgl. zum Anschluss an den echten 3 Phasen.

Ich glaube nicht, das hier eine Steinmetzschaltung verwendet wird.
Das sieht mir nach einem ganz gewöhnlichen Kondensatormotor mit
zwei Wicklungen aus.
Gruss
Harald

von Bernd Maier (Gast)


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Hallo René,

laut Typenschild ist er Baujahr 2011.

Momentan läuft der Motor gar nicht mehr da ich die Automatik 
abgeschaltet habe...ist einfach schlecht wenn das Fenster offen ist und 
dann nicht schließt wenn es regnet :)

Bei den Vorbesitzern ist er bestimmt sehr sehr oft gelaufen, da die 
Elektronik nicht sonderlich clever eingestellt war...

Gruß
Bernd

von Max M. (jens2001)


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René B. schrieb:
> Prinzipiell ist der Anlaufmoment bei einem Motor mit Steinmetzschaltung
> wesentlich geringer im Vgl. zum Anschluss an den echten 3 Phasen.
> ........

Schwafel schwafel...
Das ist keine Steinmetzschaltung!
Das ist ein ganz normaler Wechselstrommotor mit 
Hilfswicklung/Anlaufwicklung und Kondensator.
Bei Motoren die im Dauerbetieb laufen wird nach dem Anlaufen die Hilfs 
weggeschaltet(Zeitgesteuert oder über Fliehkraftschalter). Bei Motoren 
die nur im Kurzzeitbetieb oft Anlaufen müssen spart man sich diese 
störanfällige Technik.
Auf jeden fall braucht man zum Drehrichtungswechsel einen Manuellen 
Schalter oder ein Relais das um die Phasenlage der Hilswicklung zur 
Hauptwicklun zu verändern.

von hinz (Gast)


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René B. schrieb:
> "Motorkondensator" mit etwa 8uF/400V, 10uF gehen auch.

Das ist ganz sicher viel zu viel für den kleinen Kondensatormotor.


Aber der Kondensator ist ja auf der Leiterplatte gut zugänglich, also 
ablesen und neuen kaufen.

von oszi40 (Gast)


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Max Mustermann schrieb:
> dazu dient wohl das Relais das ich auf dem Bild

Glücklicherweise hat das Relais ja ein Klarsichtgehäuse. Dann schau auch 
mal die Kontakte genauer an. Sie könnten weggebrannt sein? Dann hilft 
auch der schönste Anlauf/Betriebskondensator wenig. 
http://de.wikipedia.org/wiki/Kondensatormotor

von hinz (Gast)


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Max Mustermann schrieb:
> Schwafel schwafel...
> Das ist keine Steinmetzschaltung!

ACK.

> Das ist ein ganz normaler Wechselstrommotor mit
> Hilfswicklung/Anlaufwicklung und Kondensator.

ACK.

> Bei Motoren die im Dauerbetieb laufen wird nach dem Anlaufen die Hilfs
> weggeschaltet(Zeitgesteuert oder über Fliehkraftschalter).

Schwafel schwafel...

Das kann so sein, ist aber selten so.

von Udo S. (urschmitt)


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Am besten Relais und Kondensator tauschen. Kostet nicht die Welt.

von Harald W. (wilhelms)


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hinz schrieb:

> Schwafel schwafel...
>
> Das kann so sein, ist aber selten so.

"Steinmetz" verwenden eigentlich nur Bastler. Gerade solch kleine
Steuermotore sind praktisch immer Kondensatormotoren. Kann man
übrigens gut am deutlich kleineren Kondensator erkennen. Mein
Vertikutierer mit gut 1kW Leistung kam jedenfalls mit 20µF aus.
Gruss
Harald

von Bernd M. (Firma: Privat) (bjjb)


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Danke für euer Feedback! Schätze ich beginne mal mit dem Kondensator und 
arbeite mich dann Stück für Stück weiter vor... :)

Die Kontakte vom Relais sehen übrigens aus wie neu, zumindest soweit 
dies von außen zu beurteilen ist.

Mal noch ne Frage am Rande...früher hatten solche Motoren auch Kohlen 
bzw. Bürsten wenn ich mich richtig erinnere...könnte der Motor auch 
welche haben und wäre es dann möglich, dass hier eine abgenutzt ist oder 
dergleichen? Sollte ich den Kameraden gelegentlich mal zerlegen oder ist 
das völlig abwegig?

Gruß
Bernd

von Max M. (jens2001)


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> Mal noch ne Frage am Rande...früher hatten solche Motoren auch Kohlen
> bzw. Bürsten wenn ich mich richtig erinnere...könnte der Motor auch
> welche haben und wäre es dann möglich, dass hier eine abgenutzt ist oder
> dergleichen? Sollte ich den Kameraden gelegentlich mal zerlegen oder ist
> das völlig abwegig?


Das sind sog. Universalmotoren. Die sind über die Spannung in der 
Drehzahl
 verstellbar und haben ein sehr viel höheres Anlaufmoment. Deshalb 
werden sie z.B. in Elektrowerkzeugen(z.B. Handbohrmaschine) verbaut.

von hinz (Gast)


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Bernd Maier schrieb:
> Mal noch ne Frage am Rande...früher hatten solche Motoren auch Kohlen
> bzw. Bürsten wenn ich mich richtig erinnere...könnte der Motor auch
> welche haben und wäre es dann möglich, dass hier eine abgenutzt ist oder
> dergleichen? Sollte ich den Kameraden gelegentlich mal zerlegen oder ist
> das völlig abwegig?

Völlig abwegig.

von Bernd M. (Firma: Privat) (bjjb)


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Hallo zusammen!

Also ich hab jetzt mal 7,50€ inclusive Versand investiert und wie 
angeraten den Kondensator ausgetauscht und.......... 
Trommelwirbel...............alles Schick bis jetzt! Yes!

Hab etwa 50 Mal getestet wie zu Anfang beschrieben und keine Probleme 
gehabt. Gut, das hätte rein statistisch gesehen lediglich 2,5 Mal das 
Problem zeigen müssen, aber vielleicht hatte ich ja auch heute ein 
(un-)glückliches Händchen :)

Das Sauding hat ja auch zuvor ab und an für Tage funktioniert ohne zu 
mucken also verhaltener Jubel. Ich trink mal ein Siegesbier, aber 
natürlich nur ein kleines. Schampus gibt's nach 10 fehlerlosen 
Betriebsstunden!

So, Spass beiseite. Euch allen nochmals vielen Dank für eure Hilfe! War 
sehr informativ und lehrreich!

Ich lass wieder von mir hören!

Gruss
Bernd

von Jens G. (jensig)


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>Hab etwa 50 Mal getestet wie zu Anfang beschrieben und keine Probleme
>gehabt. Gut, das hätte rein statistisch gesehen lediglich 2,5 Mal das
>Problem zeigen müssen, aber vielleicht hatte ich ja auch heute ein
>(un-)glückliches Händchen :)

Mit defektem C hatte er wahrscheinlich gerade so das Anlaufmoment 
aufbringen können, was meistens ausreichte, manchmal aber auch nicht.
Mit neuem C sollte er ein deutlich kräftigeres Moment erzeugen können. 
Man kann also mal testen, ob er zuverlässig anzieht, wenn man mal mit 
dem Finger versucht, den Riemen/die Riemenscheibe im Anlaufmoment zu 
bremsen. Er sollte das lässig machen könne. Aber aufpassen, daß Du nicht 
reingezogen wirst, und im Schneckengetriebe zur Schnecke gemacht wirst 
;-)

von Bernd M. (Firma: Privat) (bjjb)


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Ich pass auf, versprochen! :)

von Bernd Maier (Gast)


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...und er läuft und läuft... :)

Gruß
Bernd

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