Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Frequenzgangsmessungen von Elektrodenübergangsimpedanzen: Was läuft schief?!


von Alex (Gast)


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Hallo Community,

ich weiß langsam nicht mehr weiter:
Ich habe ein Experiment aufgebaut, mit dem ich verschiedene 
Elektrodentypen in ihrem Frequenzgang im Biosignalbereich vergleichen 
möchte. Optimalerweise gibt es keine großen Unterschiede in der sehr 
geringen Dämpfung.

Dafür habe ich einen Messaufbau (siehe Bild) und ein LabView VI 
geschrieben, das 4 Channel (das heißt 3 Elektroden und das 
Referenzeingangssignal) mit 1kHz 16bit sampled und speichert - und mir 
zur eingespeisten Signalfrequenz per FFT die magnitude sowie den AC Vrms 
der Signale berechnet und alles loggt.

Die Dämpfung berechne ich im VI entweder durch
20*log(mag_out/mag_in) oder
20*log(Vrms_out/Vrms_in)

wobei ich für die FFT magnitude "FFT Power Spectrum and PSD.vi" und für 
den Vrms Wert den "AC & DC Estimator.vi" verwende. Ich habe aber auch 
schon anderes ausprobiert.

Nun folgendes Problem:
=====================
Rund 30% aller errechneten Dämpfungswerte sind positiv - das gemessene 
Signal also (minimal) größer als das eingespeiste.
=====================
 Das ist ja nun völliger quark - ich bekomme aber nicht heraus, woran 
das liegt! Und Neben der Tatsache, dass die Dämpfungen allesamt sehr 
klein (idR ca. <0.01dB) sind, kann ich damit die Messdaten nicht 
sinnvoll vertreten.

Ich suche nun für den Grund für dieses Verhalten, weil ich die Messungen 
gerne noch einmal sauber hätte.
Um alles nachvollziehbar zu machen, ist der Messaufbau kurz beschrieben 
und im Bild verdeutlicht:

Signalgenerator: Agilent DSO-X2014A Oszi mit eingespeistem Signal 1-200 
Hz, Sinus, 100-150mVpp

Probe: Mittig eine typische AgCl Elektrode (vom Signalgenerator) auf ein 
Stück schweineschwarte. Darunter äquidistant drei Elektroden anderen 
Typs.

Das Wavegen Signal vom Agilent und die Signale der Messelektroden werden 
mit einem NI USB-6003 mit 1kHz zwischen -1 und 1V gegen GND (RSE) 
gesampled. Außerdem sind alle Signale noch auf dem Agilent angezeigt. 
Agilent Wavegen und USB-6003 GND sind alle auf einen Punkt verbunden.


Wenn ich auf dem Oszi per AC Coupling messe, misst mir das sinnvolle AC 
RMS Werte auf den Kanälen, das heisst die Referenz ist immer etwas 
größer als das Messsignal. Die NI USB-6003 kann leider nur DC coupling, 
aber ein Offset sollte ja nichts an der FFT magnitude oder Vrms ändern?!

Beispielwerte für eine 80Hz Signal Messung:

LabView:
Referenz: AC Vrms 52,9656mV; FFT magnitude 0,00280508
Messsignal: AC Vrms 52,97mV; FFT magnitude 0,00280531

--> Dämpfung +0,0007dB

Dagegen Laut Oszi
Referenz: AC Vrms 51.98mV
Messsignal: AC Vrms 51.89mV

--> Dämpfung -0,015 dB

Ich brauch geloggte Daten, kann ja nicht alles vom Oszi ablesen und in 
eine Excel Tabelle schreiben. Kann mir jemand mit Feedback helfen?

Beste Grüße

von Alex (Gast)


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Derzeitige Vermutung: 50Hz Brummen wird irgendwie noch eingefangen und 
Anteile erhöhen den Vrms Wert des Messsignals.
Nur: Sollte nicht wenigstens die FFT magnitude der Zielfrequenz dieses 
Problem beheben?

von Stefan (Gast)


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Betrachte mal die prozentuale Abweichung deines Messequiments, dann 
wirst du sehen, dass du versucht in einem Bereich etwas zu 
interpretieren, in dem es nichts zu interpretieren gibt, außer 
Messungenauigkeiten und Rauschen. Dazu kommt noch das Problem von 
Datentypen und der Ungenauigkeit dieser.
Du hast 16bit Daten. Nicht mehr und nicht weniger. Und damit ist eine 
Angabe von 0,00280508 vollkommen unsinnig. LabView gaugelt dir eine 
Genauigkeit vor, die du gar nicht hast.

von Alex (Gast)


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Ja, mir war klar, dass ich mich an der Grenze befinde (und sorry für die 
komplette zahl, ist klar dass wir kein nV auflösen können)- ich hatte 
nur gedacht das klappt noch:
16Bit auf 2Volt (-1 bis +1) sind ja immerhin eine Auflösung von ca. 
30µV.
Selbst wenn ich das LSB als Rauschen nehme habe ich immernoch 60µV - und 
hätte gedacht, dass ich eine Dämpfung durch ein Stück Fleisch und 
Übergangsimpedanzen damit zumindest insofern noch aufgelöst bekomme, 
dass sie negativ bleibt!

von foo (Gast)


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Alex schrieb:
> Dafür habe ich einen Messaufbau (siehe Bild)

Wo sind denn die Lastwiderstände, an denen der von der Schweineschwarte 
durchgelassene Strom abfallen kann?

So, wie du das machst, ist da nur der wahrscheinlich sehr hohe und etwas 
kapazitive Eingangswiderstand des USB-6003.
Da musst du dich nicht wundern, wenn an der Schwarte fast keine Spannung 
abfällt.

Falls sich zwischen den Elektroden eine Gleichspannung ausbilden kann, 
solltest du diese vor dem 4 Kanal Verstärker mittels Kondensator 
entfernen, damit nicht jener durch die Gleichspannung schon übersteuert 
wird.

von Alex (Gast)


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foo schrieb:
> Wo sind denn die Lastwiderstände, an denen der von der Schweineschwarte
> durchgelassene Strom abfallen kann?
>
> So, wie du das machst, ist da nur der wahrscheinlich sehr hohe und etwas
> kapazitive Eingangswiderstand des USB-6003.
> Da musst du dich nicht wundern, wenn an der Schwarte fast keine Spannung
> abfällt.

Da sagst du was! Ich habe Lastwiderstände nicht eingeplant, weil 
Biosignalmessungen ja normalerweise auch mit hoher Messeingangsimpedanz 
gemacht werden - aber da misst man ja im Grunde auch die 
Potenzialabfälle im Gewebe, die von Stromdipolen erzeugt werden und da 
ist - anders als im Aufbau - ja sozusagen das Gewebe die Last.
Würdest du mir da zustimmen?

von Alex (Gast)


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foo schrieb:
> Falls sich zwischen den Elektroden eine Gleichspannung ausbilden kann,
> solltest du diese vor dem 4 Kanal Verstärker mittels Kondensator
> entfernen, damit nicht jener durch die Gleichspannung schon übersteuert
> wird.

Dann habe ich sozusagen meine selbstgebaute AC-Kopplung, stimmt ja. Was 
für eine kapazität (und material?) nimmt man da denn? keramik-pF 
Kondensatoren?

von Utschastnik (Gast)


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foo schrieb:
> Wo sind denn die Lastwiderstände, an denen der von der Schweineschwarte
> durchgelassene Strom abfallen kann?

Richtig. Da gehören ein paar Gänsekeulen als Lastwiderstände dran.
;-)

von foo (Gast)


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Alex schrieb:
> die von Stromdipolen erzeugt werden

"Stromdipole", was ist das denn?

Was deinen Messaufbau angeht, so würde ich empfehlen, die gemeinsame 
Elektrode der Schwarte am Masse zu legen, und das Generatorsignal den 
Einzelelektroden über Widerstände zuzuführen, deren Wert in etwa gleich 
dem erwarteten Messwert ist.

Den USB-6003 auf AC-Kopplung stellen, falls das möglich ist, sonst eben 
Kondensatoren in die Eingangsleitungen legen.

In deinem obigen Ersatzschaltbild fehlt übrigens der Ausgangswiderstand 
des Signalgenerators, vermutlich 50 Ohm.

von foo (Gast)


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Alex schrieb:
> Was
> für eine kapazität (und material?) nimmt man da denn? keramik-pF
> Kondensatoren?

Grüößenordnung je nach Meßfrequenz und Eingangswiderstand des 
Verstärkers eher 1 µF und möglichst keine Keramik, sondern MKP 
Folienkondenstoren.

von Alex (Gast)


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Danke für deine Hilfe!

foo schrieb:
> "Stromdipole", was ist das denn?

z.B. Pyramidenzellen(Synapsen)in Nerven/Muskelgewebe werden als 
Stromdipole beschrieben.

von Henrik V. (henrik_v)


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Wenn Du schon mit Sinus anregst, dann mache doch auch die Auswertung 
schmalbandig, z.B. mit dem Tone_detection.vi. Da solltest Du mindestens 
10 besser 50-100 Perioden Deines Signals reinschieben.

Ich hab mal ein vi LV2012 drangehängt


Da gibt es aber noch ein Problem, das Du prüfen solltest:
'Gosting' heisst Übersprechen zwischen den Kanälen, bedingt durch den 
Multiplexer...


Wollte noch die Dämpfung reinschreiben, aber das sind Deine Hausaufgaben 
;)


Den Aufbau solltest Du wie beschrieben umbauen, etwa 100k(??)  je 
Elektrode als Meßimpedanz. Da die nicht alle gleich sein werden, mit 
einem weiteren 100k statt Elektrode&Schwarte die einzelnen Kanäle 
ausmessen.
Die DC-Abkoppelung ist bei Tone-detection nicht notwendig, solange Du im 
Range der AI bleibst.  Am besten differentiell über den 100k messen. 4x 
diff kann die Box ja.

Gruß
Henrik

: Bearbeitet durch User
von Alex (Gast)


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Danke für alle Tips Henrik!

Zu den Messimpedanzen allerdings, das leuchtet mir noch nicht so ein. 
Erstmal, damit ich dich richtig verstanden habe:

Du meinst, ich soll die Elektroden an (je) 100kOhm gegen GND schalten 
und über den 100kOhm Widerständen mit der USB 6003 Messkarte messen?

Ich verstehe schon den schaltungstechnischen Punkt: Die Messkarte hat ja 
hochimpedante (GOhm?) Eingänge und da fließt keins trom. NUR:
Normale Biosignalmessungen werden ja auch hochimpedant gemessen - es 
fließt also kein Strom in den Verstärker.

Grade wegen Helmoltz-Doppelschicht (z.B. beim Elektrolyt-AgCL-Elektroden 
Übergang) ist es ja nun nicht egal ob ich MIT oder OHNE (bzw mit 
winzigem) Strom messe. Und ich will die Elektroden möglichst nah an der 
Anwendung charakterisieren, daher ja auch die Schwarte.

Ich lasse mich sehr gerne überzeugen - nur diesen Einwurf hätte ich 
gerne noch ausgebügelt :D

P.S.: Mit GND Elektrode (über 150Ohm an GND) an der Schwarte auf der 
Messseite (mittig zwischen den eigentlich zu vermessenden Elektroden) 
sieht das ganze schon sehr gut aus!

von Alex (Gast)


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Bitte den KEIN Strom oben im Text überall in Anführungsstriche setzen 
;-)

von Henrik V. (henrik_v)


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Nun entweder misst Du die Spannung zwischen zwei Elektroden, oder gegen 
eine Masse. Masse muss aber, ein Patient wird ja auch geerded, an Ohr 
oder Bein , seltener an der Swarte ;)

Also ohne zusätzliche Widerstände aber mit Verbindung zu Masse (AGND), 
und den Aufbau symmetrisch machen, Etwa: Swarte rund ausstanzen, 
Signalelektrode als Nadel mittig, Masse als Ring drumrum und Elektroden 
das in einem Radius auf die andere Seite

: Bearbeitet durch User
von Alex (Gast)


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Super, dann haben wir uns richtig verstanden - Ich messe gegen 
Schwarte(-masse). ;)

Der Aufbau ist bereits symmetrisch dreidimensional: Oben auf die 
Schwarte mittig und äquidistant zu allen drei Elektroden die 
Signalelektrode.
Unter der Schwarte mittig und äquidistant zu allen drei Elektroden die 
Masse Elektrode. Darum herum die drei Messelektroden.

Danke nochmal!

Viele Grüße

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