Hallo HF-Gemeinde, bin jetzt leider nicht so Elektronik bewandert, interessiere mich aber stark für SDR und bin dazu auf der Suche nach etwas Grundlageninformation. Es geht um folgendes: Habe mir in der Vergangenheit, schon den einen oder anderen Empfänger (Audion, aber auch Superhet) gebaut. Zurzeit habe ich ein SDR am PC in der Mache, welcher mit einem IQ-Mischer arbeitet. (Dazu findet man recht viel im Netz, z.B. bei Herrn Kainka, auf deren Basis auch meine Basteltätigkeiten aufbauen). Jetzt ist mir die Verarbeitung der digitalisierten I und Q Signale durch die Software irgendwie suspekt. Durch den IQ-Mischer wird das Signal doch zunächst einfach nur in das Basisband „geschoben“ und steht einmal als I und Q Signal zur Verfügung. (Sind das jetzt nicht einfach zwei Direktmischempfänger?) Was muss jetzt mit diesen Signalen seitens der Software passieren dass man damit AM, FM, SSB oder was auch immer demodulieren kann? Gibt es dazu irgendeine Abhandlung die vielleicht nicht zu wissenschaftlich orientiert ist? Ps. Wenn die Frage nonsense ist, bitte einmal kommentieren und gut ist. Herzlichen Dank Transi
Hallo Transi
> Sind das jetzt nicht einfach zwei Direktmischempfänger?
Ja, so ist das. Die beiden Oszillatorsignale, mit denen runtergemischt
wird, sind um 90° verschoben. Dadurch ist die Phaseninformation in den
beiden Ausgangssignalen I und Q noch vorhanden. Ein Signal alleine würde
einfach nur die Amplitudeninformation enthalten.
Wird jetzt die Phase ein zweites mal um 90° verschoben, gibt es
Frequenzen, welche sich um 180° unterscheiden. Die können durch
Subtraktion ausgelöscht werden. Damit ist das unerwünschte Seitenband
entfernt. Werden die Signale addiert, erhält man das andere Seitenband.
Vorteile des Verfahrens:
- Die komplette weitere Verarbeitung kann per Software erfolgen
- Es können nahezu perfekte Filter verwirklicht werden
mit einstellbarer Bandbreite
- Beliebige Modulationsarten können ausgewertet werden
Nachteil:
Phase und Amplitude müssen sehr genau eingehalten werden. Eine
Abweichung um 1° oder um 1% verschlechtert die Seitenbandunterdrückung
auf <40dB.
Gruß, Bernd
Ein weiterer Vorteil: die Nyquist-Frequenz verdoppelt sich, also die maximal mögliche Bandbreite entspricht der Samplefrequenz (z.B. der Soundkarte 44...192 kHz), nicht nur der halben.
Transi schrieb: > Gibt es dazu irgendeine Abhandlung die vielleicht nicht zu > wissenschaftlich orientiert ist? Ja, die 4teilige Artikelserie von Gerald Youngblood. https://sites.google.com/site/thesdrinstitute/A-Software-Defined-Radio-for-the-Masses 73
> dass man damit AM, FM, SSB oder was auch immer demodulieren kann?
Bei AM muss mit einen Sinus multipliziert werden, welcher der Frequenz
des AM-Trägers entspricht. Multiplizieren entspricht einem idealen
Mischvorgang.
Dito bei FM, es wird jedoch mit dem Cosinus multipliziert.
SSB ist direkt hörbar, falls vorher der VFO auf der richtigen Frequenz
war. Meist jedoch befindet sich das Signal irgendwo auf dem Bildschirm.
Es wird mit der Frequenz multipliziert, welche man auch für den BFO
verwenden würde, also auch auf der "richtigen" Seite.
Bei CW ist es egal, der zu multiplizierende Sinus oder Cosinus kann sich
links oder rechts vom Träger befinden.
Das Ganze muss in Echtzeit verarbeitet werden. Die Sampleraten der
beiden ADCs müssen exakt eingehalten werden, ebenfalls die des DAC bei
der NF-Ausgabe. Dazu wird genügend Rechenleistung benötigt, da pro
Sample nur eine begrenzte Zeit zur Verfügung steht. Bei einem heutigen
PC ist das sicher kein Problem, aber ein kleiner ATmega wäre
überfordert.
Herzlichen Dank für die Antworten, damit kann ich schon mal was richtig anfangen. Aber gleich noch eine Fragen nachgeschoben. @Bernd W. möchte in kleinen Schritten die Sache verstehen: Würde AM dann etwa folgendermaßen ablaufen: Das eine Signal wird um 90° Phasenverschoben und dann mit dem nicht phasenverschobenen Signal addiert. Das was dort herauskommt ist dann bereits die demodulierte NF, richtig? Wenn jetzt noch gefiltert wird, dann ist das „nur noch“ Bandbreitenbegrenzung um z.B. Störungen auszublenden, Klangbeeinflussung usw. <<SSB ist direkt hörbar, falls vorher der VFO auf der richtigen Frequenz war.>> Ist hier der VFO jetzt gleichbedeutend mit der Oszillatorfrequenz des IQ-Mischers? Wenn ja, reicht dann ein Signal aus und beinhaltet gleich das demodulierte Signal oder gilt das gleiche wie bei AM? Weitere Fragen stelle ich erst wenn ich die genannten Schriften durchgearbeitet habe, glaube dann kann ich Fragen präziser stellen. Bis dahin Danke für Eure Hilfe.
Hallo Transi > Würde AM dann etwa folgendermaßen ablaufen: > Das eine Signal wird um 90° Phasenverschoben und dann mit dem nicht > phasenverschobenen Signal addiert. Das was dort herauskommt ist dann > bereits die demodulierte NF, richtig? Nein, es ist nur das unerwünschte Seitenband entfernt. Das entspricht der Spiegelfrequenzunterdrückung beim Superhet. Das AM-Signal befindet sich typischerweise auf einer sehr niedrigen ZF, z.B. 10 oder 15 kHz, irgendwo im gesampleten Bereich. Es sind aber noch der Träger und beide Seitenbänder vorhanden. Theoretisch könnte man auch die Hüllkurve auswerten. >> SSB ist direkt hörbar, falls vorher der VFO >> auf der richtigen Frequenz war. > Ist hier der VFO jetzt gleichbedeutend > mit der Oszillatorfrequenz des IQ-Mischers? Ja, mit der Frequenz des 1. Mischers. Alleine zur Seitenbandunterdrückung gibt es einige Methoden. Die nennen sich dann auch: 1. Methode (Filtermethode, Superhet) 2. Methode (Phasenschieber) 3. Methode (Weaver-Methode) 4. Methode (Tayloe Polyphasen-Netzwerk) 5. Rückmisch-Methode Für die Weaver-Methode hatte ich mal eine prinzipielle LTspice Simulation eingestellt: Beitrag "Re: Weaver Demodulator - Seitenbandunterdrückung abgleichen" Weitere Links: http://www.andreadrian.de/sdr http://yu1lm.qrpradio.com Ansonsten bitte erst die 4 Schriften durcharbeiten, dann wird einiges klarer. Für detailierte Ausführungen der einzelnen Demodulatoren müsste man eher in den Code einer quelloffenen Software eindringen. Gruß, Bernd
B e r n d W. schrieb: > Bei AM muss mit einen Sinus multipliziert werden, welcher der Frequenz > des AM-Trägers entspricht... > > Dito bei FM, es wird jedoch mit dem Cosinus multipliziert. Nana.. für FM den Cosinus?? das war wohl nix. Vorausgesetzt, das I/Q-Signalpaar befindet sich bereits auf der ZF von 0, dann müßte man Für AM die Zeigerlänge berechnen, also NF:= wurzel(I^2 + Q^2) Für FM die Abweichung der Drehgeschwindigkeit des Zeigers ggü. der mittleren Drehgeschwindigkeit berechnen. Also theoretisch 2. Ableitung des Winkels des Zeigers. Erfahrung, wie man sowas praktich umsetzt, hab ich jedoch noch nicht. W.S.
Danke, Bernd und W.S. bin begeistert. Das sind ja Hammerlinks. Und die Anmerkungen von W.S zur AM und FM finde ich jetzt auf den ersten Blick schlüssig. Vielleicht kann ich sie ja bestätigen oder korrigieren wenn ich mich durch all die Informationen gearbeitet habe ;-) Danke, ich bleibe dran.
@W.S. Stimmt, es funktioniert nicht! Asche auf mein Haupt. Möglicherweise hatte ich den Koinzidenzdemodulator im Hinterkopf. Der könnte eventuell auch per Software nachgebildet werden. > Für AM die Zeigerlänge berechnen, also NF:= wurzel(I^2 + Q^2) Vorher wurde Ua aus I + Q oder I - Q berechnet. Der Winkel ist damit weg, es gibt nur noch den Vektor. Man kann aber den Betrag des Signals bilden und dann durch einen Tiefpass jagen. > Also theoretisch 2. Ableitung des Winkels des Zeigers. Da hat sich bestimmt schon eine Rechenmethode etabliert. Aber weiter hab ich mich noch nicht mit beschäftigt. @Transi Hast Du Dich schon mal mit LTspice beschäftigt? Dann würde ich jeweils den asc-File mit dranhängen. Gruß, Bernd
Schon etwas ältere Literatur (1996): ISBN 9783540611943 "Digitale Signalverarbeitung in der Nachrichtenübertragung" Gerdsen/Kröger da werden die Verfahren zur digitalen Modulation und Demodulation von AM, FM usw. beschrieben. Auch die Lehrbücher von Kammeyer sind für den Praktiker einigermaßen verständlich https://www.google.de/search?tbm=bks&hl=de&q=kammeyer&gws_rd=ssl#hl=de&tbm=bks&q=Karl+Dirk+Kammeyer
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