Immer wieder wird behauptet, dass externe Mitarbeiter maximal 1/2 Jahr für eine Firma tätig sein können, weil sonst die Gefahr bestünde, dass sie als Scheinselbständig eingestuft werden, da sie u.a. mehr, als 5/6 mit nur einem Auftraggeber erwirtschaftet haben. Spätestens, wenn sie 1 Jahr bei ein und demselben Kunden tätig sind, ist das ja automatisch erfüllt. Dass dem nicht so ist, wurde bereits in mehreren Urteilen festgestellt - nun habe ich auf dem heutigen Freiberuflerstammtisch jemanden kennengelernt, der sogar prozessiert hat. Er wurde von einem Gericht trotz 3-jähriger permanenter Tätigkeit für einen Kunden als selbständig eingestuft, obwohl er 100% nur für diesen Kunden gearbeitet hatte. Maßgeblich für die Begründung waren folgende Tatbestände: 1) Er hat eine mehr als 20-jährige Erfahrung und gilt damit als Experte in seinem Fachgebiet, zu dem kann er durch Veröffentlichungen auf seiner Webseite zeigen, dass er ein Spezialist für diesen Themenbereich ist. Damit geht das Gericht davon aus, dass eine beratende Tätigkeit vorliegt, bei der ER feststellt, was gebaut und programmiert wird und keine Beauftragung oder Weisung durch den Kunden erfolgt. 2) Die Abhängigkeit, die zu diesem Kunden besteht, ist eine freiwillige, dass heisst, er arbeitet aus Projektgründen so lange bei dieser Firma und nicht, weil er es muss. Er könnte seine Ideen auch bei anderen Firmen umsetzen, unter anderem bei der direkten Konkurrenz. Dies konnte er in Form von Beispielen dem Gericht kenntlich machen und beweiskräftig aufzeigen. 3) Zwar ist die lange Daseinszeit bei dem einen Kunden ein Hinweis auf eine enge Bindung zu diesem Kunden und es ist anzunehmen, dass er nicht nur berät, sondern auch praktische Aufgaben erledig und damit umsetzend tätig wird, wie ein ganz normaler Ingenieur, aber aus Effizienzgründen ist er derjenige, der die Aufgabe aufgrund seines Knowhows am Besten umsetzen kann. Er kann nicht ohne Weiteres durch einen anderen ersetzt werden. Damit ist die Firma mehr von ihm abhängig, als er von ihr. Die Bindung an die Firma konnte von ihm jederzeit gelöst werden und zum Zeitpunkt der Verfahrens war er auch bereits wieder bei einem anderen Kunden tätig. Die gängige Regel des 5/6tel Umsatzes gilt demnach nur für normale Dienstleister, die in Konkurrenz stehen und keine Option haben, an anderen Kunden zu liefern. Zudem sei diese nur ein von mehreren Kriterien. Massgeblich war auch, dass der Selbständige immer wieder Ideen eingebracht hat und es deshalb zu neuen Beauftragungen gekommen war. Die immer wieder fortgesetzte Beauftragung in Teilprojekten schliesst also eine freiberufliche Tätigkeit nicht aus, sonder war in diesem Fall sogar ein Kriterium gegen die Scheinselbständigkeit.
Es ist keine Frage, sondern ein Beitrag, weil man in Foren wie diesen immer wieder auf Diskussionen zu freiberuflichen Tätigkeiten und deren Einstufung trifft. Da halten sich viele Märchen, die nicht der aktuellen Rechtsprechung entsprechen. Freiberufler sind in Deutschland gut geschützt. Auf Gulp wurd sogar mal ein Fall eines normalen Programmierers publiziert, der 4 Jahre für denselben Kunden aktiv war. Er wurde von der RV verklagt und musste keinen Cent zahlen.
Ich verstehe noch nicht ganz, ob er nun einfach sich selbst prozessiert hat um im Recht zu sein oder gab es irgendeinen Kläger (z. B. Sozialversicherungen oder gar die Firma) welcher den Prozess initiierte?
Freier Berufler schrieb: > Immer wieder wird behauptet, dass externe Mitarbeiter maximal 1/2 Jahr > für eine Firma tätig sein können, weil sonst die Gefahr bestünde, dass > sie als Scheinselbständig eingestuft werden Ich behaupte nicht, dass du etwas Gegenteiliges behauptet hast, möchte jedoch explizit anmerken, dass das "Kontrust" Scheinselbstständig zum Schutz der (faktisch nicht) "Selbstständigen" gedacht ist und nicht, um diese zu schikanieren. Auch falls es zu dem Falle kommen sollte, dass Scheinselbstständigkeit festgestellt wird, ist eher die Firma die leidtragende, da diese in der Regel die Scheinselbstständigen ausnutzt (Kündigungsschutz, Urlaubstage, Krankheit, Rente, Scheinselbstständiger muss sich selbst versichern, ...)
tacheles13 schrieb: > Ich verstehe noch nicht ganz, ob er nun einfach sich selbst prozessiert Gegen den Bescheid der Rentenversicherung mit Festsetzung von Rentennachzahlungen wurde prozessiert. Arbeiter schrieb im Beitrag #4020681: > @Freier Berufler (Gast) : > WO IST DEIN PROBLEM??? Es ist insofern auch mein Problem, weil ich wie jeder andere Freiberufler von der Thematik tangiert ist. Freiberufler sollte es hier wohl einige geben. Wenn Du nicht betroffen bist, darfst Du weiterarbeiten :-)
Chris schrieb: > Ich behaupte nicht, dass du etwas Gegenteiliges behauptet hast, möchte > jedoch explizit anmerken, dass das "Kontrust" Scheinselbstständig zum > Schutz der (faktisch nicht) "Selbstständigen" gedacht ist und nicht, um > diese zu schikanieren. Da hast Du wohl sicher Recht. Allerdings geht die RV nach anderer Strategie vor: Einheimsen, wen man kriegen kann, scheint da die Devise. > Auch falls es zu dem Falle kommen sollte, dass > Scheinselbstständigkeit festgestellt wird, ist eher die Firma die > leidtragende, Nun ja, man muss Beiträge nachzahlen, kann sie aber nicht mehr wirksam von der Steuerabsetzen. Das ist schon ein enormer Schaden. Zudem gilt man für diese Zeit als Angestellter und muss alle Umsatzsteuer, die man gezogen hat, wieder erstatten. Alle Rechnungen mit UST an Kunden müssen revertiert werden. Enormer Aufwand!
Wer sich in rechtlichen Grauzonen bewegt, muss halt damit leben, dass einige der Meinung sind "ganzschoen hell das Grau, also weiss" waehrend andere sagen "ganz schoen dunkel das Grau, also Schwarz". Das ist wie mit dem halbvollen/halbleeren Glas. Wers braucht sollte allerdings auch Reserven fuer einen (u.U. verlorenen) Prozess haben. ;-( wendelsberg
Der Unterschied zwischen einem selbstaendigen Spezialisten und einem Scheinselbstaendigen ist auch die Entloehnung. Damit will der Gesetzgeber die Schwachen schuetzen. Bei 200Euro die Stunde gehoert man nicht mehr zu den schuetzenswerten Schwachen.
Chris schrieb: > Auch falls es zu dem Falle kommen sollte, dass > Scheinselbstständigkeit festgestellt wird, ist eher die Firma die > leidtragende, da diese in der Regel die Scheinselbstständigen ausnutzt > (Kündigungsschutz, Urlaubstage, Krankheit, Rente, Scheinselbstständiger > muss sich selbst versichern, ...) So ist es. Der scheibar Selbstständige wird nur für die letzten drei Monate zu den Sozialabgaben herangezogen. Die vier Jahre zuvor hat der Auftraggeber zu zahlen, was dem Selbstständigen zusätzlich eine kleine Rente bringt. Dagegen würde ich doch nicht klagen! Wenn der Auftraggeber keine Aufträge mehr erteilt (oder sonstwie 'stänkert'), gibt es u.U. noch Kündigungsfristen zu beachten und eine Abfindung. Jetzt Nicht schrieb: > Bei 200Euro die Stunde gehoert man nicht mehr zu den schuetzenswerten > Schwachen. Das schützt den Auftraggeber dennoch nicht davor, Sozialabgaben selber in voller Höhe zu zahlen!
Jetzt Nicht meinte > Der Unterschied zwischen einem selbstaendigen Spezialisten und einem > Scheinselbstaendigen ist auch die Entloehnung. wer Lohn mit Selbstsändigkeit so in den Raum stellt, und dann noch das dazu gibt > Damit will der Gesetzgeber die Schwachen schuetzen. der hat wohl nicht den wahren Sinn der Wirtschaft und des Staates kapiert? > Bei 200Euro die Stunde gehoert man nicht mehr zu den schuetzenswerten > Schwachen. seit wann steht die Höhe der Vergütung in direktem Verhältnis von schwach u. stark? Auf einer IBN im Kongo sind 200,- Euro die Std. ja wohl ein Witz, wenn nur nach Std. abgerechnet wird! Als Maßgabe für die Einstufung als abhängig Beschäftigter gelten da ganz andere Umstände, die man so einfach manipulieren und damit argumentieren kann, wenn man denn will, und das auch so anerkannt wird. Entschieden in der ersten Instanz wird aber immer nach Nasenfaktor, meist immer gleich lautend..
m.n. meinte > ...... Der scheibar Selbstständige wird nur für die letzten drei Monate zu > den Sozialabgaben herangezogen. die Quelle dieser Behauptung > Die vier Jahre zuvor hat der Auftraggeber zu zahlen, was dem > Selbstständigen zusätzlich eine kleine Rente bringt. Dagegen würde ich > doch nicht klagen! du hast doch noch nie in dem Status gearbeitet, sonst würdest du solchen Käse nicht so ohne Weiteres schreiben. Als Slbststndgr. hat man i.d.R. keine SzlVrschrng. > GKV u. gesetzl. RV, schon allein diese beiden Posten plus der noch dazu anfallenden Lohnsteuern würde jeder SB im Nachgang nicht so akzeptieren. > Wenn der Auftraggeber keine Aufträge mehr erteilt (oder sonstwie >'stänkert'), gibt es u.U. noch Kündigungsfristen zu beachten und eine > Abfindung. das interessiert dann aber die RV einen feuchten was danach kommt. Im Zusammenhang Denken u.v.a. Handeln ist nicht jedermanns Sache.
@Niemand nomen est omen.
m.n. schrieb: > So ist es. Der scheibar Selbstständige wird nur für die letzten drei > Monate zu den Sozialabgaben herangezogen. Die vier Jahre zuvor hat der > Auftraggeber zu zahlen, was dem Selbstständigen zusätzlich eine kleine > Rente bringt. Das finde ich aber interessant. Soweit ich weiss, sind es die letzten 3 Jahre und der AG kann 30 Jahre herangezogen werden. Wenn als ein Scheinelsbständiger 20 Jahre aktiv war, kann es für die AG teuer werden. Und: Wenn es soviel REnte bringt, warum machen die Selbständigen das dann nicht einfach? Sie könnten sich doch anonym anzeigen und dann bei den Ermittlungen brav ANgaben machen.
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