Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Lauge in offenen NiCd-Akkus


von Waldfee (Gast)


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Hallo,

mal eine grundlegende Frage:
Warum wird in nassen Nickel-Cadmium-Zellen eigentlich KALIUMhydroxid 
statt NATRIUMhydroxid verwendet? Aus chemischer Sicht(Studiere zurzeit 
Chemie...) erschließt sich mir und anderen Kommilitonen kein 
Unterschied, dazu ist NaOH häufig zu einem geringeren Preis mit höherer 
Reinheit als KOH erhältlich. Heißt das im Umkehrschluss, dass man 
"trocken gelegte" NiCd-Zellen auch problemlos mit Natronlauge füllen 
darf? (Gleiche Konzentration wie die ursprüngliche Lauge vorausgesetzt)

von Seife (Gast)


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Waldfee schrieb:
> Heißt das im Umkehrschluss, dass man
> "trocken gelegte" NiCd-Zellen auch problemlos mit Natronlauge füllen
> darf? (Gleiche Konzentration wie die ursprüngliche Lauge vorausgesetzt)

http://www.elektronik-kompendium.de/forum/forum_entry.php?id=118243&page=157&category=all&order=time

von bla (Gast)


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Das ist ein sehr interessantes Thema. Der verlinkte Thread ist aber 
keine große Hilfe. Es wird gemutmaßt, dass es an der geringeren 
Leitfähigkeit liegt. Dann wird ein Diagramm gepostet, welches aber gar 
nicht beide Werte im Vergleich enthält. Im Grunde ist man also genauso 
schlau wie vorher. Vielleicht weiß ja jemand etwas Genaueres?

von Waldfee (Gast)


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Das Problem ist an dieser Argumentation, dass die Forumsmitglieder die 
Na+, bzw. K+ Kationen als Ladungsträger betrachten, was aber in diesem 
Fall nicht so ist. Ladungsträger im Sinne der Batteriechemie sind bei 
NiCd (und auch anderen) Akkus auschließlich die Hydroxidionen, also OH-. 
Außerdem ist die Beweglichkeit der Metallkationen völlig unerheblich, da 
die Ladungsträger (OH- Ionen) über den Grotthuß-Mechanismus einen 
deutlich größeren Effekt spielen. SEHR gut lässt sich das in dem 
Wikipedia-Artikel dazu nachlesen:
http://de.m.wikipedia.org/wiki/Grotthu%C3%9F-Mechanismus
Die geringen Unterschiede zwischen Natrium und Kalium
(0.519 × 10^(-3) vs. 0.762 × 10^(-3) cm2 V−1 s−1) verblassen neben den 
Hydroxidionen: 3.62 × 10^(-3)cm2 V−1 s−1.
Demzufolge muss es eigentlich absolut 'wurst' sein, ob ich in die Zelle 
nun NaOH oder KOH gebe. Nur ist im Internet rein garnichts dazu zu 
finden...Nicht mal die Hersteller geben etwas preis

von bla (Gast)


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NiCd ist natürlich oldschool, daher wird es auch von den Herstellern 
keinen mehr interessieren. Das schreit aber nach Experimenten. :D :D

von Waldfee (Gast)


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Kann sich ein 'alteingesessener' hier auf Erfahrungswerte berufen? Hat 
jemand schon mal mit solchen Zellen gearbeitet?

von Waldfee (Gast)


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Die Experimente sind leider aufgrund des Cadmiums und seinen 
Verbindungen alles andere als spaßig :(

von backup batterie (Gast)


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Also ich habe hier 10 Zellen a 27Ah stehen. Die Kalilauge ist jetzt ~2 
Jahre drin, keine Ahnung wann ich die wechseln sollte.
Das Ganze klingt jedenfalls sehr interessant, ich werde aber einen 
Teufel tun das jetzt auszuprobieren ;)

Frage an die Chemiker: Es wird ja nahezu unmöglich sein eine gebrauchte 
Zelle 100%ig sauber zu bekommen. Was passiert wenn sich Reste der 
Kalilauge mit der Natronlauge mischen?

von Lukas T. (tapy)


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backup batterie schrieb:
> Was passiert wenn sich Reste der
> Kalilauge mit der Natronlauge mischen?

Zwischen den beiden passiert gar nichts.

von Lukas T. (tapy)


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Aber, was ein Argument für Kalilauge sein könnte:
Kaliumsalze sind allgemein weniger löslich als ihre Kollegen mit 
Natriumion.
Folglich fallen Fremdsalze eher aus, als irgendwie die Elektrochemie zu 
beeinflussen.

Ich bezweifle allerdings, dass das in relevantem Maße in diesem 
Anwendungsfall mitspielt.

von M.N. (Gast)


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Könnte es mit der unterschiedlichen Reaktionsfreudigkeit mit dem 
Kohlendioxid der Luft zu tun haben?

von Udo S. (urschmitt)


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Blöde Idee eines Chemieamateurs an Waldfee: Könnten Reaktionen der 
Natrium-Ionen mit den anderen beteiligten Metallen der Grund sein, z.B. 
dass das Natrium mit den anderen Metallen eine Legierung bildet?

von Udo S. (urschmitt)


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M.N. schrieb:
> Könnte es mit der unterschiedlichen Reaktionsfreudigkeit mit dem
> Kohlendioxid der Luft zu tun haben?

Eher nicht, sind beides starke Laugen, die auf jeden Fall mit 
Kohlensäure reagieren.

von backup batterie (Gast)


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Udo Schmitt schrieb:
> Könnten Reaktionen der
> Natrium-Ionen mit den anderen beteiligten Metallen der Grund sein

In Bezug auf das in der Batterie enthaltene Cadmium habe ich einmal 
gelesen das es in der Kalilauge so gut wie nicht löslich ist. Beim 
Spülen der Batterie mit VE Wasser würde man mehr Cadmium lösen 
(Entsorgungsproblem) als in der alten Kalilauge enthalten ist. Diese ist 
praktisch kein Sondermüll.

Ob das alles so stimmt und ob es bei Natronlauge genauso wäre weiß ich 
nicht.

von hinz (Gast)


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Waldfee schrieb:
> Die geringen Unterschiede zwischen Natrium und Kalium
> (0.519 × 10^(-3) vs. 0.762 × 10^(-3) cm2 V−1 s−1) verblassen neben den
> Hydroxidionen: 3.62 × 10^(-3)cm2 V−1 s−1.

Das sind nur die Grenzwerte für stark verdünnte Lösungen. Von stark 
verdünnt kann aber hier keine Rede sein.

von Waldfee (Gast)


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@Hinz
Guter Einwand, mal sehen, ob ich passendere Daten finde
Bezüglich der Reaktion zu den entsprechenden Carbonaten mit dem 
Kohlenstoffdioxid aus der Luft denke ich, dass sie die beiden Substanzen 
nicht viel geben werden, wird sich die Waage halten...

von Andrew T. (marsufant)


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Waldfee schrieb:
> Die Experimente sind leider aufgrund des Cadmiums und seinen
> Verbindungen alles andere als spaßig :(

Der chemische Ablauf ist bei Nickel.-eisen Akkus (ja, sowas richtig 
old-school mäßiges, auc h"Stahlsammler" genant wegen des damls oft 
genutzten Gehäuses) ist ähnlich und relativ zu Cd ungefährlich 
durchführbar.

BTW: Wer wie Du Cehmie mahct, sollte wissen, das es kein Kindergarten 
ist, sondern Laborarbeit. Sowas ist beherrschbar, und wenn Du mal 
organo-Phoskorverbindungen abarbeiten durftest: Da kommt Dir Cadmium wie 
Kinderfasching vor.

BTT: Also Stahlsmamler gibt es in offener Bausweise, gelentlich auch bei 
ebay, und da kannst Du mal einen erwerben, die Lauge rauslaufen lassen, 
das Ganze 2x mit dest. H2O spülen und dna NaOH reinfüllen.
Kostet Dich maximal 20 Euro als Experiment.
Prinzipiell wird es funktionieren wie KOH,  ob die Lebensdauer anders 
ist o.a. Parameter: try it .-)

von Andrew T. (marsufant)


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Waldfee schrieb:
> @Hinz
> Guter Einwand, mal sehen, ob ich passendere Daten finde
> Bezüglich der Reaktion zu den entsprechenden Carbonaten mit dem
> Kohlenstoffdioxid aus der Luft denke ich, dass sie die beiden Substanzen
> nicht viel geben werden, wird sich die Waage halten...

Da denkst Du richtig. Eben auch deshalb werden offene Ni-Sammler mit 
Flüssigelektrolyt mit Stopfen betrieben oder eine Ölschicht 
drübergebracht.
CO2 ist immer das Thema.

von lrep (Gast)


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hinz schrieb:
> Das sind nur die Grenzwerte für stark verdünnte Lösungen. Von stark
> verdünnt kann aber hier keine Rede sein.

Hier gibts Werte für die relevanten Konzentrationen: 
http://www2.emersonprocess.com/siteadmincenter/PM%20Rosemount%20Analytical%20Documents/LIQ_MAN_6039_Conductance_Data_Commonly_Used_Chemicals.pdf

Man sieht dort, dass die KOH im Leitfähigkeitsmaximum etwa 50% besser 
leitet als NaOH.

von Jens G. (jensig)


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KOH ist nun mal die stärkere Lauge, damit stärker dissosziiert, damit 
mehr Ladungsträger -> bessere Leitfähigkeit -> kleinerer 
innenwiderstand.
Cs, Rb oder FrOH wären sicher noch besser ... ;-)

von adam (Gast)


Angehängte Dateien:

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Moin :-)
Jahrelang gabs 6V,100Ah NiCd Akkus von der Firma Saft aus Frankreich für 
die Elektroautos. Die sind mittlerweile verboten.
Dabei wurde Kalilauge verwendet (ca. 20-25%tige). Es gab auch 
Elektrolytmischungen mit Lithium Beigabe als Verstärker. Aber das führt 
dann aber zum schnelleren Verfall der Zellen.
Diese Zellen verfügen an den Seitenflanken über Kühlkreisläufe und oben 
über Beffüllkreise für destilliertes Wasser.
Kontrolliert entladene Akkus (5-20% Restladung) könnnen beliebig lange 
gelagert werden. Niemals sollte man volle Akkus lange rumstehen lassen.
Es sei den die Lauge wird permanent zirkuliert/gerüttelt.

von L. H. (holzkopf)


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Waldfee schrieb:
> Kann sich ein 'alteingesessener' hier auf Erfahrungswerte berufen? Hat
> jemand schon mal mit solchen Zellen gearbeitet?

Du findest massenhaft konkrete Hinweise zum Thema, wenn Du über 100 
Jahre zurückgehst und Dir die Entwicklung vom NiFe-Akku (Edison) und 
NiCd-Akku (Jungner) mal genauer ansiehst.
https://www.chemie.de/lexikon/Nickel-Eisen-Akku.html

Mach bei der Reanimation bloß nicht lang herum:
Elektrolyt ausleeren und entsorgen. (Evtl. über einen Galvanikbetrieb.)
Konkretere Hinweise dazu hier:
file:///C:/Users/Philipp/AppData/Local/Temp/NiFe%20Elektrolyt.pdf
(Wenn der Link nicht funktioniert - findest Du ihn auch hier:
https://www.fingers-welt.de/phpBB/viewtopic.php?t=11366)

Der Elektrolyt verändert sich im Betrieb an sich nicht.
Allerdings kann er durch Reaktion mit CO2 "versaut" werden.
Deshalb auch die Öl-Sperrschicht über dem Elektrolyt.
Kannst Du am besten mit stinknormalem Lampenöl machen, das Du in jedem
Baumarkt für Fackeln und Lampen bekommst.

Ansonsten verhalten sich die Akkus wie alle anderen auch:
Nur die Anoden werden allmählich "zerfressen".
Weshalb die früher auch (separat) erneuert bzw. ausgewechselt werden 
konnten - man dachte wohl vor über 100 Jahren diesbzgl. noch etwas 
anders. ;)

von Werner H. (werner45)


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Akkulauge (20%) gibt es bei ebay mit und ohne LiOH.
Das Lithiumhydroxid soll C02-Verunreinigungen ausfällen, da 
Lithiumcarbonat die schwerlöslichste Lithiumverbindung überhaupt ist und 
CO2 so als Schlamm im Bodensatz entfernt wird. LiOH soll auch die Güte 
verbessern.
Steht alles in Wikipedia, im www habe ich mal eine alte Pflegeanleitung 
für Edisonzellen gefunden.

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