Forum: Mechanik, Gehäuse, Werkzeug Festigkeitsberechnung an Stahlprofil


von Johannes S. (demofreak)


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Moin zusammen!

Ich bräuchte ein klein wenig fachliche Hilfe bei der Abschätzung der 
Biegebelastbarkeit eines Stahlprofils.

Ich möchte eine Kiste schwenk-/neigbar an der Decke aufhängen. Dazu soll 
eine Art Schwenkbügel aus Stahlprofilen zusammengeschweißt werden, die 
ein umgedrehtes "U" bilden (die Kiste wird dann in den Schenkeln des "U" 
seitlich mit Klemmhebeln befestigt).

Die beiden Schenkel des "U" werden ja hauptsächlich auf Zug belastet, 
daher ist dort die Belastbarkeit aus Tabellenbüchern ablesbar. Der Boden 
des "U" (also das oben quer verlaufende Profil) wird aber auf Biegung 
belastet, und dort finde ich keine für mich eingängige ;-) Methode, die 
Belastbarkeit abzuschätzen.

Die Kiste ist 70cm breit und wiegt 35kg, das Gesamtkonstrukt wird mit 
einer M12-Schraube oben mittig an der Decke befestigt, d.h. im Profil 
ist dann noch eine Bohrung ø13, die das Material schwächt.

Für den quer verlaufenden Teil ist momentan ein flaches U-Profil (65mm 
breit, 20mm hoch, 3mm stark) geplant, das Material ist normaler Baustahl 
S235.

Wie kann man rechnerisch ermitteln, ob dieses aus Bauchgefühl heraus 
geplante Profil ausreichend ist? Dass sich das Profil elastisch mehr 
oder weniger stark verformt, ist klar, es soll sich nur nicht dauerhaft 
(also plastisch) verformen. Es soll halt, salopp ausgedrückt, nicht 
krumm aussehen, wenn man es von unten anschaut.

Danke für's Lesen der etwas länglichen Abhandlung. ;-)

/Hannes

von heinz (Gast)


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Für die Faulen
http://www.schweizer-fn.de/festigkeit/biegung_traeger/biegung_traeger_start.php

Nur 1 Schraube würde ich aus dem Bauch nicht machen

von Daniel F. (df311)


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mach bitte mal eine skizze mit ein paar (groben) maßen wie das ganze am 
ende ausschauen soll - irgendwie kann ich mir das nicht so recht 
vorstellen...

generell: ein U-profil mit der offenen seite nach unten zu belasten ist 
die schlechtere wahl.

folgende annahme:
eingespannter träger UPN65, 2m lang, punktlast am äußersten ende, 
flächenlast (eigengewicht vernachlässigt), ungünstige belastung (unten 
offen), belastung ca. 350 N

wenn ich mich nicht verrechnet habe, dann biegt sich der träger ca 32mm 
durch die belastung.

bei belastung in "optimaler" richtung beträgt die durchbiegung (bei 
ansonsten gleicher annahme) "nur" ca. 8 mm.

mit dem 65mm x 20mm profil wirst du eher nicht glücklich werden, das 
profil das ich in meiner rechnung verwendet habe hat 65mm x 42mm, bei 
annähernd doppelter materialstärke

: Bearbeitet durch User
von herbert (Gast)


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heinz schrieb:
> Nur 1 Schraube würde ich aus dem Bauch nicht machen

Wenigsten doppelte Sicherheit sollte man schon einplanen... Da gibt es 
durchaus Standarts in der Statik. Bei 35 Kg über der "Birne" sollte man 
auch ein sehr persönliches Interese daran haben... vernüftig geht das 
aber nur an einer Betondecke. Bei Fehlboden wirft man besser einen Blick 
in die Baupläne.

von Klimmzug (Gast)


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Johannes S. schrieb:
> Wie kann man rechnerisch ermitteln

Nix rechnen. Du hängst das Profil irgendwo provisorisch auf und packst 
beide Enden und machst daran einen Klimmzug.
Wenn es das aushält, dann hast du auch die erforderliche 
Überdimensionierung.
Und für den Drehpunkt würde ich vor allem prüfen, das die Verankerung in 
der Decke passt

von Bernd F. (metallfunk)


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Klimmzug schrieb:
> Johannes S. schrieb:
>> Wie kann man rechnerisch ermitteln
>
> Nix rechnen. Du hängst das Profil irgendwo provisorisch auf und packst
> beide Enden und machst daran einen Klimmzug.
> Wenn es das aushält, dann hast du auch die erforderliche
> Überdimensionierung.
> Und für den Drehpunkt würde ich vor allem prüfen, das die Verankerung in
> der Decke passt

Dem schließe ich mich an.
Eine solche Konstruktion mit einer Schraube an der Decke?
Nicht mal im Scherz.

Gerade solche Deckenbefestigungen sind nicht rechenbar.
Eventuell eine vernünftig dimensionierte Verstärkungsplatte und
6 Schrauben.

Und dann bewegt sich das Teil auch noch...

Ich löse solche Probleme mit einem Test.
Wenn das Überkopf!, das vierfache der späteren Last ohne Knirschen
aushält, kann ich ruhig schlafen.

Und zum Stahlprofil: Nimm Vierkantrohr, das ist um Klassen besser,
als ein U-Profil.

Grüße Bernd

: Bearbeitet durch User
von heinz (Gast)


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>Gerade solche Deckenbefestigungen sind nicht rechenbar.
Bezieht sich das auf die Befestigung in der Decke?

von Bernd F. (metallfunk)


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heinz schrieb:
>>Gerade solche Deckenbefestigungen sind nicht rechenbar.
> Bezieht sich das auf die Befestigung in der Decke?

Genau.

du weißt doch nie, wie genau die Stelle gemacht wurde, wo du
deine lebenswichtige Schraube setzen willst.

Natürlich ist es wichtig, die Grundkonstruktion zu wissen,
Stahlbeton, Holzbalkendecke, Hourdisdecke usw.

Langjährige Erfahrung sagt aber: "Rechne mit dem Schlimmsten"

Grüße Bernd

von Johannes S. (demofreak)


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Erstmal danke für die vielen Antworten. Ich versuche das mal schnell 
zusammenzufassen.

1. Ausprobieren statt rechnen ist sonst auch meine Verfahrensweise 
(schon bloß deswegen, weil ich das nicht rechnen kann ;-), hier wollte 
ich es vorher mal grob überschlagen haben, ehe ich etwas bauen lasse.

2. Die eine Schraube ist Vorgabe, aber ich habe das hier auch etwas 
vereinfacht dargestellt. Die Schraube ist nicht in der Decke, sondern 
mit einer Schelle (geprüft für 250kg) an einer Stahlkonstruktion 
befestigt. Da es mir nicht um den Befestigungspunkt, sondern um die 
Belastbarkeit des Profils ging, habe ich diesen Punkt vereinfacht 
dargestellt. Man möge mir bitte verzeihen.

3. Vierkant hätte ich auch genommen, aber dann schaut die Mutter der 
bewussten Schraube unten in den Schwenkbereich der Kiste hinein. Im 
U-Profil verschwindet sie fast vollständig.

4. Nach der oben verlinkten Formelsammlung habe ich jetzt nach etwas 
"Herumspielen" (Querschnittswert des Profils, hier U-Profil offen, und 
dann mit einem einseitig eingespannten Träger von halber Länge die 
Durchbiegung einer Seite) eine Durchbiegung von 0.14mm ermittelt. 
Maximale Biegespannung ist laut dieser Rechnung 24N/mm², da wäre bei 
S235 also reichlich Sicherheit vorhanden.

Schön, das mal gesehen zu haben, aber so richtig Vertrauen habe ich da 
noch keins. Danke trotzdem für diesen Link, das ist eine wirklich 
brauchbare Sammlung.

Ich werde also morgen dort mal vorbeifahren und mich an ein 
vergleichbares Profil hängen, das ging nur leider letzte Woche nicht, 
weil der Mann in den Osterferien weilt und hier die Zeit etwas 
pressiert. Klimmzug wird es mit meinem Gewicht sicher eher nicht, aber 
dafür bringe ich wenigstens die nötige Sicherheitsspanne mit. ;-)

Gruß, Hannes

von heinz (Gast)


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Nur mal ganz grob

Und nicht hauen wegen dem jpg

von Johannes S. (demofreak)


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heinz schrieb:
> Nur mal ganz grob
>
> Und nicht hauen wegen dem jpg

Super, danke! :-)

Ich vermute, das "Displacement" ist die Verformung in mm? Aber in 
welcher Einheit ist der "Nodal Stress" zu sehen? Oder sind das Prozente 
bezogen auf den Zustand ohne Krafteinwirkung?

/Hannes

von heinz (Gast)


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Displacement in mm
Stress in Newton

Aber die Werte nicht für bare Münze nehmen, das ist nur grob.
Ausserdem hab ich 2 Kisten dran gehängt.

Ich habe eigentlich gedacht dass an der Bohrung eine Spitze auftauch. 
Hmm?

von Johannes S. (demofreak)


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heinz schrieb:
> Aber die Werte nicht für bare Münze nehmen, das ist nur grob.
> Ausserdem hab ich 2 Kisten dran gehängt.

Klar.

> Ich habe eigentlich gedacht dass an der Bohrung eine Spitze auftauch.
> Hmm?

Ich spiele gerade mit FreeCAD und Z88 herum, sehr interessant. Danke, 
dass du mich darauf gebracht hast. ;-)

/Hannes

von Johannes S. (demofreak)


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So, nach einigem Rumspielen habe ich jetzt zumindestens schon mal eine 
Grafik.

Zehnfach überhöht sieht man die Spitze sehr schön. Ich habe allerdings 
offenbar den falschen Typ der Krafteinleitung gewählt, die Verformung 
scheint mir ein paar Hausnummern zu hoch.

Da denke ich morgen nochmal drüber nach, jetzt ist es zu früh am Tage. 
Spannendes Thema... ;-)

/Hannes

von Pandur S. (jetztnicht)


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>Nix rechnen.

Hihi.. lieber 4 Mal mit falschen Annahmen neu machen und probieren...

von Klimmzug (Gast)


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Jetzt Nicht schrieb:
>>Nix rechnen.
>
> Hihi.. lieber 4 Mal mit falschen Annahmen neu machen und probieren...

mAn kann sich auch totrechnen.
Ist eigentlich nicht zu glauben, dass die Steinzeitmenschen ohne ein 
Finite Elemente Programm es geschafft haben irgendwann Bronzewerkzeuge 
herzustellen und damit in die Bronzezeit zu kommen.

Das eigentliche Problem ist eh nicht der Metallrahmen, zumindest nicht 
wenn er dazu nicht ein 1mm Alu Winkel nimmt, sondern die Schweissnähte 
und vor allem die Aufhängung an der Decke.
Und genau das könnt ihr nicht rechnen.

Aber rechnet nur weiter... :-)

von Pandur S. (jetztnicht)


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Naja, die Winkel kann man hinreichend verstaerken. Sicher nicht stumpf 
schweissen.

von Karl (Gast)


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heinz schrieb:
> Stress in Newton

N/mm² ? Die Einheit Newton mach kein Sinn.

Aber wie immer, wo die Farbe anfängt hört das Verständnis auf. Wie man 
sieht steigt die Spannung am Stegrand auf über 200 N/mm² d.h. dein 
Profil plastifiziert schon unter Gebrauchslast. Die Konstruktion ist zu 
schwach!

von heinz (Gast)


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Ja N/mm**2 - mein Fehler

Ich denke nicht dass das plastische Verformung gäbe
St37 Druck Lastfall HZ = 180N/mm**2


Mb = F * l / 4  Punktlast auf Träger auf 2 Stützen
Mb = 350N * 70cm / 4
Mb = 6125Ncm

65 x 20 find ich nicht und bin zu faul zum rechnen
40x20x3 hat Wb YY 1,3cm**3

sigma b = Mb / Wb = 6125Ncm / 1,3N/cm**3 = 4710N/cm**2

Ich würde trotzdem eine Platte am Loch aufsetzen

von Gerd E. (robberknight)


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Johannes S. schrieb:
> 3. Vierkant hätte ich auch genommen, aber dann schaut die Mutter der
> bewussten Schraube unten in den Schwenkbereich der Kiste hinein. Im
> U-Profil verschwindet sie fast vollständig.

Was spricht denn dagegen Vierkantprofil zu nehmen und die eine Seite 
davon nur an der Stelle für die Schraube ausreichend aufzubohren so daß 
die Mutter (und die Nuss zum Schrauben) im Vierkant verschwinden?

Natürlich schwächt ein solches Loch das Profil, aber ein Vierkantprofil 
mit einem solchen Loch ist immer noch um Längen stabiler als ein 
U-Profil.

von Johannes S. (demofreak)


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Gerd E. schrieb:
> Was spricht denn dagegen Vierkantprofil zu nehmen und die eine Seite
> davon nur an der Stelle für die Schraube ausreichend aufzubohren

Nix. Gute Idee. :)

/Hannes

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